Wir als LINKE werden diesem Antrag nicht zustimmen. Ich habe es vorhin schon gesagt. In unseren Augen greift er zu kurz, weil er das langfristige Problem, das die Wirtschaft mit den bereits bestehenden Sanktionen hat, nicht aufgreift, selbst wenn die Sanktionen abgeschafft werden. Das Kind ist in den Brunnen gefallen.
Eine kurze Randbemerkung noch einmal an Sie, Herr Heidan: Ein kleines bisschen bin ich inzwischen schon belustigt, dass Sie nicht in der Lage sind, den Unterschied zwischen unserem Antrag und dem AfDAntrag zu erkennen.
Das bestätigt mich etwas in meiner Vermutung von vorhin, dass Sie den Antrag in seiner Bedeutung bzw. inhaltlich nicht wirklich erfasst haben.
Das war jetzt, wie ich das festgestellt habe, ein Debattenbeitrag, der in aller Regel hier vorn vom Rednerpult zu halten ist. Ich war der Meinung, Sie wollten eine Kurzintervention halten. Es war aber keine Kurzintervention.
Meine Damen und Herren! Wir fahren fort mit der SPDFraktion. Herr Abg. Baumann-Hasske, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was ich jetzt sagen möchte, hätte man eben auch schon sagen können. Die Themen vermischen sich jetzt. Was mich ein bisschen wundert, ist, dass wir hier eine Debatte führen, die sehr stark außen- und sicherheitspolitisch geprägt ist. Verzeihen Sie, ich bin neu hier. Ich hatte nicht erwartet, dass wir außen- und sicherheitspolitische Diskussionen führen. Aber sei es drum.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe jetzt überall gehört, wie furchtbar diese Sanktionen sind. Ich glaube, wir haben Einigkeit darin, dass die Sanktionen für den Freistaat Sachsen und für die sächsische Wirtschaft nicht positiv sind. Ich glaube, dass unsere Unternehmen in Sachsen darunter leiden. Aber ich glaube, wir müssen auch darüber nachdenken, warum diese Sanktionen verhängt worden sind. Man kann sich lange darüber streiten, ob das Instrumente sind, die man anwenden
Meine Damen und Herren! Aktuell rollen über die Grenze von Russland in die Ukraine Panzer und Lieferungen von Waffen. So sagt es die OSZE, die, glaube ich, nicht unbedingt besonders tendenziös berichtet. Die Alternative würde doch lauten, nichts zu tun oder mit ähnlichen Waffen dort einzugreifen. Ich halte es eher für einen Fortschritt – und einen Fortschritt der letzten 25 Jahre –, dass die Europäische Union heute über ein Instrumentarium verfügt, dass in dem Fall, wenn Aggression auftritt, mit anderen Mitteln reagiert werden kann als mit einer kriegerischen Auseinandersetzung. Ich glaube, das, was dort getan wird, provoziert normalerweise und hätte vor wenigen Jahrzehnten eine kriegerische Auseinandersetzung provoziert.
Dann sind Sanktionen meines Erachtens doch eher verhältnismäßig und sehr viel weniger problematisch, als wenn man tatsächlich heraufbeschwören würde, die nächste kriegerische Auseinandersetzung in Europa anzufangen.
Meine Damen und Herren! Ich habe bei dem vorangegangenen Debattenpunkt von Herrn Wurlitzer von der AfD gehört, einer der Gründe sei auch, der deutsche Steuerzahler müsse für die Sanktionen der EU zahlen, was er nicht soll. Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden. Es war akustisch nicht gut. Ich glaube, wir müssen uns darüber klar werden, dass das, was die EU an Sanktionen verhängt hat, unsere Sanktionen sind. Wir sind die EU. Das außen- und sicherheitspolitische Instrumentarium, das da zum Einsatz kommt, ist so deutsches Instrumentarium wie das der ganzen EU. Jeder EU-Steuerzahler muss dafür einstehen.
Ich hatte bei Vorbereitung meines Beitrags erwartet, dass heute Herr Gorbatschow zitiert wird, der in diesen Tagen Europa und den Westen daran erinnert hat, dass man Russland nicht in die Ecke drängen dürfe und dass Europa und der Westen vor 25 Jahren auf dem Weg zur Deutschen Einheit Versprechen gegeben haben, die man einfordere. Ich glaube, da ist etwas dran. Ich glaube, dass es in der Zeit danach eine ganze Reihe von Angeboten gab.
Wir wissen, dass Herr Putin im Deutschen Bundestag eine europäische Freihandelszone unter Einbeziehung Russlands angeboten hatte. Ich glaube, es wäre besser gewesen, darauf wie auch immer einzugehen, statt es offensichtlich einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen. Ich glaube aber auch, das erklärt nur etwas. Das macht es vielleicht nachvollziehbar. Ich glaube nicht, dass es etwas rechtfertigt, was dort gerade geschieht.
Deshalb meine ich, wir müssen auf diese Dinge reagieren. Wir können nicht einfach sagen, wir gehen zur Tagesordnung über, sollen die doch dort in der Ukraine machen, was sie wollen. Es muss etwas passieren. Solange die jetzt anstehenden Verhandlungen nicht zu einem Ergebnis
führen, das deeskaliert, so lange, meine ich, werden wir von den Sanktionen nicht herunterkommen, so unangenehm sie für uns selbst und für unsere Wirtschaft sind.
Deshalb, meine ich, sollten wir nicht dieses Instrument Sanktionen angreifen, weil es im Moment populär ist. Wir sollten das Gefühl, das viele Bürgerinnen und Bürger haben, dass man Russland nicht unter Druck setzen sollte, weil man Russland dankbar sein müsste, nicht zweckentfremden. Dieses Gefühl gilt einem Russland Gorbatschows. Es gilt, glaube ich, nicht dem Russland Putins heute; denn Putin ist im Moment derjenige, der aggressiv ist. Die Sanktionen sind die geringstmöglichen Mittel, die man einsetzen kann, um das aufzufangen.
Deswegen noch einmal zurück zu den Kompetenzen. Eigentlich ist Außen- und Sicherheitspolitik nicht etwas, was wir hier diskutieren sollten. Ich verstehe, dass sich der Sächsische Landtag auch damit befassen will, aber eigentlich ist Außen- und Sicherheitspolitik nach den Artikeln 73 und 74 des Grundgesetzes Aufgabe der Bundesregierung.
Wir sollten versuchen, in diesem Hohen Hause Probleme Sachsens zu lösen, und zwar ganz konkrete Probleme Sachsens. Wirtschaftssanktionen sind Aufgabe des Bundes, nicht unsere Aufgabe.
Meine Damen und Herren! Nun spricht Herr Abg. Dr. Lippold für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben das Wort, Herr Lippold.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon der Antrag der Linksfraktion sorgt ja für Nachdenken darüber, auf Basis welcher Faktenlage sie zu der Auffassung kommt, in Sachsen brauchten gerade die durch Sanktionen gegen Russland betroffenen Unternehmen einen speziellen Schutzschirm, wobei das ja auch durch die Themen Rubelabwertung, russische Wirtschaftskrise, Ölpreisentwicklung etc. überlagert wird.
Die Forderung, die Staatsregierung möge sich im Bund dafür einsetzen, dass dieser sich in der EU dafür starkmacht, die Sanktionen gegen Russland sofort zu beenden, wollen wir gern als einen Versuch inhaltlicher parlamentarischer Arbeit verstehen. Die Begründung hingegen ist abenteuerlich. Da wird von massiven Arbeitsplatzverlusten gesprochen, völlig egal, was die Zahlen sagen. Ich will Ihnen gern sagen, wann massive Arbeitsplatzverluste drohen: Wenn die Wählerinnen und Wähler Sie jemals in die Lage versetzen sollten, Ihre europafeindliche Politik
Während es DIE LINKE bundesweit sehr gut schafft, auch ohne harte Fakten ihre Meinung zu organisieren, müssen Sie bei der AfD das mit den Meinungen noch üben.
Da geht regelrecht ein Riss durch Ihre Partei. Während sich Herr Gauland russlandfreundlich äußert – ähnlich wie Sie –, haben sich Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel ganz klar für Sanktionen gegen Russland ausgesprochen.
Zum Thema Russland möchte ich Ihnen ein persönliches, prägendes Erlebnis zur gewaltsamen Durchsetzung von Machtansprüchen nicht vorenthalten. Ende August 1968 stand ich, mitten im Frieden, als Siebenjähriger an einem Straßenrand in Plauen. Meine Großmutter zog mich zurück, als eine lange Kolonne von Panzern vorbeizog und den Asphalt zerwalzte. Ich erinnere mich an kindliche Neugier, aber auch an Albträume ob der erschreckenden Gewalt, die von diesen Bildern ausging. Die Panzer waren auf dem Weg zur tschechischen Grenze, gesandt von jenen, die in der Tschechoslowakei welche gefunden hatten, die sie zu Hilfe riefen, weil sie Anspruch auf eine Macht zu haben glaubten, die durch den demokratischen Aufbruch im Prager Frühling bedroht war. Die Weltgeschichte wäre vielleicht anders gelaufen, meine Damen und Herren, wenn damals eine europäische Staatengemeinschaft in der Lage gewesen wäre, mit einer starken einheitlichen Stimme und durch Maßnahmen Gehör zu finden – Maßnahmen, die sich deutlich unterhalb militärischer Drohungen bewegen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Das kann ich nicht feststellen. Die Staatsregierung möchte zu diesem Thema nicht noch einmal sprechen. Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zum Schlusswort. Für die Fraktion der AfD spricht Herr Dr. Dreher.
Meine Damen und Herren! Dass dies ein eigener Tagesordnungspunkt geworden ist – zur Frage der Effizienz –, lag nicht an der Alternative für Deutschland. – So weit zum Ersten.
Zum Zweiten. Die lebhafte Debatte hat ja gezeigt, dass das Problem hier bekannt ist und bekannter werden muss. Das ist der Sinn dieser Debatte, und es ist schön, dass so engagiert diskutiert wurde. Maßgeblich für diese Debatte ist Sachsen. Die Auswirkungen treffen unsere Industrie, unsere Arbeitgeber, unsere Arbeitnehmer. Dass die Ursache in Europa liegt, ist nicht das Entscheidende.
Zu Artikel 64 Abs. 1 der Landesverfassung – darauf hatte ich verwiesen. In Kurzfassung: „Die Staatsregierung beschließt … über Fragen von … weittragender Bedeutung.“ Die Umsatzeinbußen, die wir hatten, haben weittragende Bedeutung. Das sollte nicht ernsthaft im Streit stehen.
Ich bitte das Parlament, bitte alle Kolleginnen und Kollegen um Zustimmung. Denken Sie bitte noch einmal darüber nach. Geben Sie unserer Staatsregierung ein starkes Zeichen in die Hand, damit sie in Bonn – wir haben in beiden Fällen eine schwarz-rote Regierung –