Protocol of the Session on February 4, 2016

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war zu erwarten, dass wir in dieser Debatte über kurz oder lang auf das Thema Meißen zu sprechen kommen. Ich werde der Versuchung widerstehen, eine ausführliche Debatte zum Thema Meißen zu führen.

(Jens Michel, CDU: Mal sehen!)

Herr Colditz, Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass Sie ein Beispiel dafür haben möchten, dass eine Verdunkelungsabsicht vorliegt: Als es um die Darlehen an das Unternehmen Staatliche Porzellan-Manufaktur ging,

haben wir erst im Nachgang über die üpl-Liste davon Kenntnis erlangt. In dieser Liste wurde es noch nicht als Unternehmensdarlehen an die SPM ausgewiesen. Es war einfach nur als ein Darlehen an ein Unternehmen ausgewiesen. Wenn es dadurch eine Verzögerung des Informationsflusses gibt – wir erfahren erst durch Nachfragen, worum es geht, und durch wiederholtes Nachfragen, warum diese Darlehen notwendig waren, dann spreche ich von dem Versuch des Verdunkelns, aber mindestens des In-die-Länge-Ziehens.

(Thomas Colditz, CDU: Die Fragen wurden doch beantwortet!)

Somit machte der zeitliche Abstand ein Eingreifen nicht mehr möglich.

(Jens Michel, CDU: Das war nicht rechtswidrig!)

Entschuldigung, Herr Michel, ich habe Sie nicht verstanden.

(Jens Michel, CDU: Das war nicht rechtswidrig!)

Ich rede nicht von rechtswidrig. Worüber wir heute reden, ist eine anderer Punkt. Wir reden darüber, dass der Freistaat eine Menge Beteiligungen hat. 79 sind es an der Zahl. Diese Beteiligungen sind nicht unwesentlich. Folgende Fragen sind wichtig: Welche Verantwortung trägt das Parlament, die Vertretung des Volkes und der Steuerzahler, am Ende? Es stellt sich die Frage nach der Besteuerung solcher Beteiligungen. Wie sehen die strategische Weichenstellung und die damit verbundenen Zahlungsverpflichtungen aus? Handelt es sich um Darlehen oder Eigenkapitalzuführungen? Inwieweit sind die Steuerzahler und die Vertreter der Steuerzahler in diese Fragen eingebunden? Dies sind die entscheidenden Fragen, die wir anhand dieses Antrags diskutieren müssen. Diese müssen wir einer größeren Transparenz unterziehen. Wir müssen miteinander reden.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Colditz, einen Schwenk erlauben Sie mir bitte noch. Wenn wir über geheime Dinge reden, dann reden wir vor allen Dingen darüber, dass Geschäftsgeheimnisse geheim zu halten sind. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand in irgendeiner Weise diese in der Öffentlichkeit – egal auf welches Unternehmen bezogen – preisgegeben hat.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn das am Ende ein Maulkorberlass sein soll – niemand darf mehr über Probleme, die manche Unternehmen haben, reden –, dann haben wir uns missverstanden. Wenn das so wäre, dann müsste ich Ihnen deutlich widersprechen, Herr Colditz.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Kommen wir zu den Beteiligungen. Ich sagte es bereits: Es gibt 79 Stück. Die SPM ist nur eine davon. Bei 79 Beteiligungen sprechen wir von einer Bilanzsumme in Höhe von 10,3 Milliarden Euro. Das ist nicht gerade wenig. Es geht um über 4 000 Mitarbeiter, die in unseren Beteiligungen tätig sind. Sie sind weit und breit gestreut. Das fängt bei Universitätskliniken an und geht bei den Verkehrsinfrastrukturunternehmen weiter. Ich komme gleich noch einmal darauf zu sprechen.

Diese Unternehmensbeteiligungsstruktur, die es im Freistaat gibt, ist historisch gewachsen. Ich weiß nicht, ob heute noch jemand auf die Idee kommen würde, ein Gestüt, ein Staatsweingut oder eine staatliche Porzellanmanufaktur neu zu gründen. Das wäre wahrscheinlich nicht der Fall – vielleicht auch aus gutem Grund. Diese sind historisch gewachsen. Es gibt Gründe, warum sie sich im Staatsbesitz befinden. Wir werden uns weiterhin mit den Fragen auseinandersetzen müssen, die damit zusammenhängen.

Niemand stellt infrage, dass Wackerbarth, Meißen oder andere Unternehmen zum Freistaat Sachsen gehören. Historisch gewachsen heißt aber auch, dass wir mit folgenden Fragen umgehen müssen: Wie stellen wir beispielsweise die Leipziger Messe in einem gnadenlosen Wettbewerb auf? Wie stellen wir unsere Flughäfen auf, die sich auch in einem gnadenlosen Wettbewerb befinden? Wie viel Geld möchten wir zukünftig in diese Unternehmen stecken? Wackerbarth ist auch ein Unternehmen, welches im Wettbewerb steht, auch wenn es uns nicht mehr direkt, sondern indirekt gehört. Dass dies auch Auswirkungen auf den Steuerzahler hat, müssen wir uns vergegenwärtigen.

Im Doppelhaushalt 2015/2016 werden allein Zuschüsse für laufende Zwecke an diese Unternehmen in Höhe von 80 Millionen Euro ausgegeben. Ich rede noch nicht vom Universitätsklinikum an sich. Das Eigenkapital im laufenden Doppelhaushalt beträgt 30 Millionen Euro. Das sind Zuschüsse für das Eigenkapital. Für Investitionen sind noch einmal 24 Millionen Euro eingeplant. Das ist nicht wenig. Das ist eine Menge Geld – vor allem, wenn

wir überlegen, über welche Summen wir manchmal in diesem Hause streiten. Das sind nicht unwesentliche Größenordnungen.

Wir reden darüber, einen Punkt zu erreichen, durch den vielleicht ein Dokument erstellt wird. Das ist schon allein ein Mehrwert. Wenn wir ein Dokument in der Hand haben, dann haben wir auch einen Grund, über ein solches Dokument im Ausschuss zu reden. Es bestünde dann nicht die Notwendigkeit, dass der Sächsische Rechnungshof am Ende uns oder die Staatsregierung berät. Das ist der Grund, warum wir nur über bestimmte Probleme reden können oder die Opposition Anträge schreiben muss. Es müssen Probleme genannt werden, damit wir die Möglichkeit haben, darüber zu reden. Der Mehrwert eines Berichts, der dem Landtag vorgelegt werden würde, liegt darin, dass wir eine Drucksache vorliegen hätten. Mit dieser können wir dann umgehen. Allein das wäre gut. Ein systematisches Abarbeiten und Umgehen mit den Themen der Beteiligungen im Freistaat Sachsen wäre möglich.

Dass der Landtag und Gesetzgeber dies für sinnvoll erachtet, kann man allein an folgendem Punkt erkennen – Frau Schubert hatte bereits darauf abgestellt: Wir verpflichten die Gemeinden, jedes Jahr genau solche Berichte neu vorzulegen. Wir verpflichten sie nicht nur dazu, einen Bericht vorzulegen. Wir schreiben ihnen sogar vor, was der Inhalt dieser Berichte sein soll. Es geht beispielsweise um Lageberichte und wesentliche Geschäftsvorfälle. Das ist im § 99 der Sächsischen Gemeindeordnung, übrigens neu, festgeschrieben. Wir haben die Gemeinden verpflichtet, uns Auskunft zu geben.

Ich kann aus meiner früheren Erfahrung als Stadtrat in Leipzig zumindest Folgendes sagen: Ich weiß, dass es mit Beteiligungen auch ein paar Probleme gab. Ich war Mitglied des Verwaltungsausschusses. Ich war ebenso im Aufsichtsrat einer Beratungsgesellschaft tätig, die sich mit Beteiligungsverwaltungen auseinandersetzt hat. Es hat jedem Stadtrat im Verwaltungsausschuss gutgetan, mindestens einmal jährlich ein Blatt vor Augen zu haben, in dem die wesentlichen Geschäftsvorfälle des Jahres und das Geschäftsumfeld enthalten waren. Ich rede noch nicht von der Ampel – rot, gelb oder grün –, die den Handlungsbedarf des Stadtrates anzeigt. Es würde uns guttun, wenn wir uns öfter und professioneller mit den Beteiligungen, die der Freistaat hat und die strategisch und wesentlich sind, in einer geeigneten Form auseinandersetzen und nicht anhand von akuten Problemlagen, die in dem einen oder anderen Haus entstehen, damit befassen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Wir haben doch auch Erfahrungen. Es ist ja nicht so, als würden wir etwas aus der hohlen Hand leben oder – auch das ist angesprochen – uns jetzt irgendetwas zusammenfantasieren.

Ich frage mich Folgendes: Wäre denn die Frage der Landesbank – Entschuldigung, dass es hier wieder mit zum Thema werden muss – so beantwortet worden, hätten

wir den Landtag in diesen Fragen, in diese strategische Weichenstellung einbezogen? Hätte denn dieser Landtag ernsthaft bewilligt, dass der Steuerzahler mit bis zu 42 Milliarden Euro für irgendwelche Ramschpapiere in Amerika bürgt? Hätte er das bewilligt, wenn er es denn gewusst hätte? Wir haben die Entscheidung zu dieser Frage einem Verwaltungsrat und am Ende einem Kreditausschuss von gerade einmal fünf, sechs Leuten überlassen. Bluten für den Schaden, der dort entstanden ist, muss am Ende aber das ganze Land und die gesamte Bevölkerung.

Jetzt könnte ich dieselbe Frage stellen – es kommt der Schwenk wieder zur Porzellanmanufaktur –: Hätte denn dieser Landtag die Entscheidung eines solchen Strategiewechsels gebilligt, wenn wir ihn hier denn hätten diskutieren können, wenn wir ihn mit den Auswirkungen hätten diskutieren können, dass es wahrscheinlich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag braucht, diese Strategie umzusetzen? Hätte dieser Landtag diesen Beschluss gutgeheißen? Hätte er das Steuergeld freigegeben? Es käme auf den Versuch an.

Aber ich denke, es wäre legitim, dass eben die Vertretung des Volkes in diesem Haus genau zu dieser Frage sich hätte auseinandersetzen müssen, wenn es um solche wichtigen strategischen Weichenstellungen in diesem Unternehmen geht, meine Damen und Herren,

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

weil es am Ende des Tages eben um Steuergeld geht. Das müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen. Es ist kein Privatvergnügen, weder von Herrn Prof. Unland in seinem Haus noch vom Referat Beteiligungen im Haus noch von den jeweiligen Aufsichtsratsmitgliedern, die von den jeweiligen Ministerien in die Unternehmen geschickt werden. Vielmehr sind es Beteiligungen des Freistaates Sachsen, und Sie sind insofern treuhänderisch beauftragt.

Aber wenn eben solch gravierenden Entscheidungen anstehen, dann müssen wir unseres Erachtens dort einbezogen werden, und wir müssen einen Weg finden – ich versuche das auch in aller Ruhe und aller Sachlichkeit darzulegen –, dort diese Entscheidung gemeinsam wegzutragen und vielleicht das Pro und das Kontra und vielleicht auch die Widersprüche aufzuzeigen, damit wir gar nicht erst in irgendwelche Fehlentwicklungen in den Unternehmen hineinlaufen, die wir später mit teurem Geld korrigieren müssen; denn dann kommen Sie auf jeden Fall zum Haushaltsausschuss und sagen, wir hätten gern ein bisschen Geld dafür. Das ist aber der Punkt, an dem es dann einfach zu spät ist.

Deswegen appellieren wir noch einmal: Lassen Sie uns erstens das mit gutem Grund im Jahre 1997 vom Haushalts- und Finanzausschuss geschaffene Instrument des Beteiligungsberichtes wieder aufleben, das 2009 damals ja an der Borniertheit der FDP gescheitert ist, und lassen Sie uns zweitens einen solchen Bericht wieder in dieses Haus einbringen, damit wir auch eine vernünftige Diskussionsgrundlage haben.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Und nun bekommt die SPD-Fraktion das Wort, Herr Abg. Pecher. – Sie haben das Wort, Herr Pecher.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gute vorweg: Ja, wir werden einen Beteiligungsbericht vorlegen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nein!)

Das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach, komm uns nicht mit dem Koalitionsvertrag!)

und wir werden diese Vereinbarung wie viele andere, die wir bereits eingelöst haben, ebenfalls einlösen.

Zuvörderst werde ich noch einmal darauf eingehen: Ja, wir haben 80 Beteiligungen – so habe ich es jetzt bei mir stehen – mit einem Bilanzwert von rund 10 Milliarden Euro.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das ist die Übersicht von 2014!)

Ich möchte an dieser Stelle einfach einmal positiv erwähnen: Das ist Vermögen, vielleicht nicht in dieser Höhe – das ist ein Bilanzwert –, aber es ist Vermögen, das in den Beteiligungen steckt, und es steht uns als Freistaat gut zu Gesicht, dass wir dieses Vermögen haben. Darauf kann man auch ein bisschen stolz sein. Das geht im Übrigen aus dem Beteiligungsbericht, der seit 2009 im Internet steht, auch hervor.

(Beifall des Abg. Jens Michel, CDU)

Bei Vermögen ist es immer gut zu klatschen, Herr Michel.

(Jens Michel, CDU: Ja, bis 2014!)

Hinsichtlich dessen, was in einen solchen Beteiligungsbericht hineingehört, kann man natürlich, wenn man sich mit dem Verband kommunaler Unternehmen oder insgesamt mit der kommunalen Ebene unterhält, aber auch, wenn man sich mit dem Rechnungshof unterhält oder wie jetzt im Parlament, ganz Unterschiedliches hören. Das ist eine ganz große Bandbreite. In einem Aktenstapel geht das von hier bis dort.

Wenn man sich einfach einmal die ComplianceRichtlinien hernimmt und sagt, okay, es hat dort drin zu stehen, was gesetzlich gefordert ist und was gesetzlich einzuhalten ist, wird man dazwischen einen Mittelweg finden. Darum denke ich, dass wir mit dem Finanzministerium darum ringen werden, den Koalitionsvertrag dahin gehend einzuhalten und Ihnen diesen Mittelweg hier vorzulegen. Das ist schon einmal das Erste.

Das Zweite, sage ich, weil Sie den Finanzausschuss angesprochen haben: Sie haben natürlich auch die entsprechenden Möglichkeiten – das hat ja die Diskussion

unter Geheimhaltung zu den Vorlagen der beratenden Äußerungen des Rechnungshofs an die Staatsregierung gezeigt –, sich sehr intensiv informieren zu lassen. Ich halte es für gut, dass das Finanzministerium das an dieser Stelle auch einmal gemacht hat.