Protocol of the Session on September 19, 2013

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das haben wir auch über Fukushima hinweg durchgehalten und das werden wir auch weiterhin tun.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Zum Thema Güllebonus. Als dieses Thema bei der Strompreisbremse Altmaier auftauchte, haben unsere Alarmglocken geläutet. Es wird sicher im Bereich Lausitz auch so gewesen sein, dass die Vieh haltenden Betriebe sich gefragt haben, was hier eigentlich läuft, als der Vorschlag kam. Deshalb war es richtig, dort für die Landwirtschaft und für die an die Viehhaltung angebauten Gülleanlagen den Finger zu heben und zu sagen: Das ist mit uns nicht zu machen. Das haben wir getan und das werden wir auch wieder tun.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Das Nächste: SPD-Industriepartei. Um das Thema hat sich die SPD gerade gedrückt, denn letztendlich sind die Probleme in den großen Industriebetrieben, wie Dow bei uns, natürlich vorhanden. Wenn sich solch ein Weltkonzern entschließt, jetzt in Amerika und nicht mehr in Böhlen zu investieren, dann haben wir auf Dauer ein Problem. Ich denke, auch dort sollte die SPD mehr an ihre Tradition, an den Gewerkschaftsflügel, denken und vielleicht einmal im Sinne dieser Frage diskutieren und sich nicht dem linken Mainstream anbiedern, wie es teilweise vorhin bei der ersten Runde gelaufen ist.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Jetzt komme ich zu Frau Hermenau. Wir haben sehr genau registriert, dass nicht mehr Herr Lichdi für die Energiefragen hier vorn steht, sondern Sie. Das finde ich ja schon bemerkenswert.

(Staatsminister Sven Morlok: Fortschritt!)

Herr Lichdi stand hier immer mit 100 % erneuerbaren Energien.

(Frank Heidan, CDU: Und mit der Eiskugel!)

Darunter konnten wir uns nichts vorstellen und wir können uns immer noch nichts darunter vorstellen, weil wir es nicht für realistisch halten. Sie haben das Thema ja nicht mehr angesprochen. Insofern freuen wir uns, dass es so ist und auch so bleibt.

Sie sprachen von Arbeitsplatzvernichtung. Selbstverständlich ist es so, dass hier Arbeitsplätze auf einem Marktkonzept aufgebaut wurden, das dann nicht gestochen hat.

(Torsten Herbst, FDP: Ja, Subventionspolitik!)

Das ist genau der Punkt. Deshalb haben sich insbesondere Arbeitsplätze in der Solaranlagenproduktion zurückentwickelt; sie müssen sich neu ausrichten. Wahrscheinlich hat man sie viel zu lange unterstützt und gefördert und sie nicht eher auf andere Wege geschubst. Dann wäre uns das nicht passiert. Das wissen Sie, und deshalb ist es etwas scheinheilig, dass Sie uns hier Arbeitsplatzvernichtung vorwerfen.

(Beifall des Abg. Torsten Herbst, FDP – Antje Hermenau, GRÜNE: Na, na!)

Noch einmal zum Thema „dezentral“. „Dezentral“ klingt immer gut, aber ich habe noch niemanden, der eine Solaranlage auf dem Dach oder im BHKW hat, gesehen, dass er sich vom öffentlichen Netz abgekoppelt und den Mut gehabt hätte, wirklich diesen Schnitt zu machen. Das macht ja keiner. Insofern ist „dezentral“ das eine, aber man muss das Thema über Deutschland hinweg, in die EU hinaus bedenken. Sprich: Die Netze müssen EU-weit ausgeglichen werden. Der Wind weht eben in Spanien anders als in Deutschland. In Deutschland ist diese Gleichzeitigkeit sehr viel enger. Insofern ist der Ausbau der EU-weiten Netze nötig und wichtig und muss auch bezahlt werden. Das ist auch eine Herausforderung von dem Großpaket, das ich vorhin angesprochen habe.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Reden Sie doch mal mit den Stadtwerken!)

Noch einmal: Wer soll es denn bezahlen? Es ist ja widersinnig, dass auf der einen Seite Großkonzerne und Stadtwerke durch den Ausstieg jetzt abschreiben, dass Werte vernichtet werden, und auf der anderen Seite gehen Sie auf die Allianz und auf die Industrie zu und sagen: Gebt uns doch mal Geld! Also auch hier ist etwas schief, und da müssen wir zu einer Mitte kommen, die Sie bisher nicht formuliert haben.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Noch einmal zu den generellen Themen, die für uns wichtig sind: Wir müssen klären, dass die Grundlast für den rentabel bleibt, der sie betreibt, damit auch eine Langfristigkeit da ist und uns die Grundlast letztendlich hilft, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu flankieren. Den Ausbau wollen wir, aber es muss angepasst und nicht so schnell wie bisher sein – erstens.

Zweitens: Selbstverständlich müssen die Netze ausgebaut werden, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern mit Europa. Das ist wichtig.

Drittens zu den Speichern: Ich halte das Speicherthema eigentlich noch für ein Forschungsthema. Da muss Geld hinein, das ist auf Dauer wichtig. Aber das Erste, was gelöst werden muss, ist die Frage der Netze.

Das ist eigentlich der Fahrplan. Ich denke, die große Herausforderung liegt darin, das zusammenzuziehen. Das heißt, wir brauchen diesen Blick nach vorn, diese – ich möchte diesen Begriff hier wiederholen – Generalrevision des EEG, wo wir, glaube ich, mit dieser Formulierung auch die meisten von uns einbinden.

Selbstverständlich – da haben Sie recht – ist das Investitionsthema – sprich: wer wird in Zukunft in diesen Bereich investieren? – eines der Kernthemen dazu.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich sehe, es gibt weiteren Redebedarf. – Damit ist Frau Dr. Runge an der Reihe.

Meine sehr verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch etwas zu der von Herrn Morlok im Bundesrat eingebrachten Initiative zur Einführung eines Quotenmodells sagen,

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, räumen Sie mit ab!)

was mittlerweile auch im Bericht der Monopolkomission an die Bundesregierung nach dem Vorbild Schwedens favorisiert wird. Mittlerweile sind sich alle – von den Stadtwerkeverbänden bis hin zum BDW und allen Energieexperten – einig, dass dieses schwedische Quotenmodell nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragbar ist, weil nämlich in Schweden die Energieversorgung zu 38 % aus Atomstrom, 42 % Wasserkraft, einem hohen Angebot an Biomasse und vielen guten OnshoreWindparks besteht und so nicht auf Deutschland übertragbar ist.

Zum anderen würde es einseitig die gerade günstigste Technologie – das wäre die Windkraft, die Sie hier in Sachsen beschneiden wollen – befördern und die Entfaltung von Technologievielfalt behindern. Aber genau das wollen wir: Technologievielfalt innerhalb der erneuerbaren Energien. Das aber kann sich ein Technologieexportland wie Deutschland überhaupt nicht leisten.

Es wäre für unsere technologische Weltführerschaft in diesem Bereich geradezu kontraproduktiv, wenn wir das Quotenmodell, das Herr Morlok vorgeschlagen hat, in Deutschland einführen würden. Ich bin der festen Überzeugung: Es wird weder im Bundesrat noch im Bundestag noch sonst wo die Mehrheit finden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Herbst zu einer Kurzintervention.

Also, wenn ich hier höre, dass Frau Dr. Runge für staatlich regulierte Märkte wirbt, wo Preise politisch festgelegt sind, dann muss sie einmal die Frage beantworten, warum die deutsche Wirtschaft erfolgreich ist: zum Beispiel, indem sie Autos exportiert, für die der Staat nicht festlegt, welche Autos zu welchen Preisen exportiert werden. Mir ist nicht bekannt, dass die deutsche Wirtschaft im Export von Solarmodulen so supererfolgreich ist, ein politisch festgelegter und weitgehend regulierter Markt.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Frau Dr. Runge, bitte.

In Erwiderung auf Herrn Herbst ist ganz einfach Folgendes zu sagen: Wir hatten schon einmal einen Bundeskanzler – Schröder –, der versäumt hatte, der Automobilindustrie bestimmte Abgas- und Umweltnormen vorzugeben, und immer geglaubt hat: Sie werden das schon auf freiwilliger Basis tun.

Was hat sich herausgestellt? Innerhalb von wenigen – fünf – Jahren hatte Deutschland beim Hybridantrieb weltweit das Nachsehen. Es waren Japaner, die zuallererst alternative Antriebstechnologien in die Autos gebaut haben, und sie waren damit sehr erfolgreich.

Nun haben die Kanzlerin und ihr Wirtschaftsminister wieder eine strengere Abgasnorm in Brüssel für die Automobilindustrie verhindert. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir damit künftig Wettbewerbsvorteile in der Welt verlieren werden. Es hat bisher immer dazu geführt, wenn staatliche Umweltnormen eingeführt worden sind, dass das auch zu technologischer Innovation geführt

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

und uns letztlich Wettbewerbsvorsprünge in der Welt ermöglicht hat.

Gibt es jetzt weiteren Redebedarf? – Herr Jurk, bitte. Sie haben noch eine Minute und 20 Sekunden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Kürze der Zeit sind viele Meinungen ausgetauscht worden, die man – das will ich noch einmal festhalten – so oder so bewerten kann. Für mich ist festzuhalten: Das Management dieser Energiewende ist katastrophal. Das muss sich dringend ändern.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Ich bin ein großer Freund von klaren Strukturen und Zuständigkeiten. Ich sage sehr deutlich: Bundesregierung

und Länderregierungen müssen wissen, was sie zu tun haben, jedoch ist das aus meiner Sicht nicht ganz klar. Für mich steht aber außer Frage: Wir brauchen bei der Bedeutung des Themas ein eigenständiges Energieministerium auf Bundesebene. Aus den Erfahrungen mit einem anderen Länderkollegen, der ein Energieministerium führt, weiß ich auch, dass, wenn man sich dazu bei Koalitionsverhandlungen entscheidet, dann schon klar sein muss, welche Abteilungen und Referate in dieses Energieministerium gehen, also auch hier deutlich wird, welche ihren Beitrag leisten müssen, damit es nachher nicht zu Zuständigkeitsstreitereien kommt.

Der zweite wichtige Punkt ist für mich, dass wir durch den Bundestag auch die entsprechende Kontrolle ausüben. Hier, denke ich, wäre ein eigener Energieausschuss sehr hilfreich. Da wir nicht die Insel der Glückseligen sind – beim Thema Energie sowieso nicht –, brauchen wir die Vernetzung mit unseren Nachbarn. Das ist ein europäisches Thema, und da erwarte ich – auch von einem EUKommissar, der aus Deutschland kommt –, dass wir hier stärker die europäischen Nachbarn einbinden, weil wir diese zur Systemintegration brauchen.

Ein letzter wichtiger Punkt: Man kann über Planwirtschaft denken, wie man will. Fakt ist: Momentan haben wir keinen richtigen Plan. Ich erkenne keinen. Keinen Zeitplan, auch keinen Masterplan. Deshalb werbe ich – neudeutsch – für einen solchen Masterplan.

Und um das Ganze auf die Spitze zu treiben: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, in vielen Zielen können sich große deutsche Parteien einig sein. Was ich mir wünsche, ist, dass wir diese Ziele mit marktwirtschaftlichen Elementen erreichen. Ich halte das nach wie vor für möglich.