Protocol of the Session on November 7, 2007

(Rita Henke, CDU: Ach!)

Ich verspreche Ihnen, dass es auch im Freistaat Sachsen flächendeckend, vielleicht sogar überall Gemeinschaftsschulen geben wird, und zwar mit dem Anspruch einer Gemeinschaftsschule und nicht einer Schule, die Sie sich irgendwo aus den Altbundesländern heraussuchen. Das sage ich klar und deutlich.

Und noch eins, Herr Colditz: Ich glaube, Sie sollten einmal in die jüngere Geschichte schauen. Als das Bundesprojekt zu den Ganztagsschulen aufgelegt worden ist, hat sich der Freistaat Sachsen, insbesondere die CDU, die damals noch allein regiert hat, vehement geweigert, Ganztagsschulen und Ganztagsangebote in Sachsen umzusetzen. Ganze zehn Schulen sind damals in dieses Bundesprojekt gegangen. Heute – darüber sind wir sehr froh – sind es fast eintausend Schulen nach den Zahlen, die der Kultusminister veröffentlicht hat.

(Zuruf des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Natürlich hätten wir lieber Ganztagsschulen, das ist keine Frage. Aber wir haben jetzt in Sachsen Schulen mit Ganztagsangeboten. Es sind immerhin fast tausend. Wie haben Sie denn das erreicht? Weil der Druck da ist, weil die Leute das wollen und, Herr Colditz, weil das Kultusministerium selbst mit seinen nachgeordneten Behörden, den Regionalstellen, im vergangenen Schuljahr in sehr vielen Schulen war, und die Lehrerinnen und Lehrer in Dienstberatungen davon überzeugt hat, dass Ganztagsangebote an den Schulen etwas sehr Sinnvolles sind.

(Rita Henke, CDU: Ist auch ihre Aufgabe, ist nichts Besonderes! – Zuruf von den GRÜNEN: Weil Geld da war!)

Voraussetzung – ist in Ordnung –: weil Geld da war seit zwei Jahren. Aber wir hatten auch schon ein Jahr, indem Geld da war und wir nicht so viele Anträge hatten. Deshalb denke ich, wenn es irgendwann die CDU begriffen hat, dass Gemeinschaftsschulen wirklich einen sehr hohen Wert für die Bildung unserer Schülerinnen und Schüler in Sachsen haben; dann werden wir auch die Möglichkeit haben, hier ernsthaft Veränderungen zu schaffen.

Herr Dulig, zu Ihnen natürlich auch noch ein paar Worte.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Der Grund unseres Antrages ist vorrangig, dass im Dezember Antragsschluss ist. Schauen Sie sich Ihre eigenen Festlegungen an, Leitlinien, die Sie mit Ihrer Koalition getroffen haben.

(Martin Dulig, SPD: Sie hätten einen anderen Antrag einbringen müssen!)

Demzufolge waren wir der Auffassung, dass es notwendig ist, wenn wir auch in sozialen Brennpunkten Gemeinschaftsschulen haben wollen, den Antrag jetzt zu stellen

und nicht im Januar. Dann ist Antragsschluss. So viel dazu.

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Außerdem glaube ich, dass dem Freistaat Sachsen jede Aktion, die sich mit dem längeren gemeinsamen Lernen befasst, sehr gut tun wird.

Zur NPD möchte ich nur sagen: Ich wäre sehr dafür, wenn wir im Landtag beschließen würden, dass Landtagsabgeordnete nicht zu Themen sprechen dürften, von denen sie gar nichts verstehen, auch nicht reden.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich kann im Moment von den Fraktionen keine weiteren Redewünsche erkennen. – Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sage ich denn nun dazu?

(Lachen bei der CDU und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

So neu ist ja die Diskussion nicht. Immerhin hat die CDU einmal klar die Haltung dargelegt. Herr Dulig hat es für die SPD getan. Das war vor drei Jahren so, als wir die Koalition begannen. Es ist heute so. Und ich nehme an, dass die Haltung auch in zwei Jahren noch so sein wird.

Trotzdem müssen wir klarkommen; das werden wir auch. Wir werden uns an das halten, was wir vereinbart haben. Das ist etwas gänzlich anderes als hier die Linksfraktion – Herr Hahn, Linksfraktion, nicht?, Linksfraktion wollen Sie gern hören –

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ja, ja!)

vorschlägt. Darin sind wir uns in der Koalition einig, dass das nicht der richtige Ansatz ist, Frau Falken, sosehr Sie auch versuchen, das noch einmal zu begründen. Ich will sagen: Natürlich sind die Schulen in Sachsen sehr unterschiedlich. Da hat es die eine vielleicht ein bisschen leichter; vielleicht im Erzgebirge, wo die Welt im Großen und Ganzen noch in Ordnung ist.

(Beifall des Abg. Gottfried Teubner, CDU)

Dann gehen Sie nach Leipzig, und dort gibt es genau solche Schulen, wie Sie sie beschrieben haben. Aber ich mache keinen Bogen darum. Ich schaue mir auch diese Schulen an. Ich habe allergrößten Respekt vor den Lehrerinnen und Lehrern, die dort Schülerinnen und Schüler unterrichten, also in einem schwierigen sozialen Umfeld, sage ich einmal. Wenn sie dort diese Schüler zu einem Abschluss bringen, dann haben sie möglicherweise eine größere Leistung vollbracht als an einer anderen Schule, wo das Umfeld ein besseres ist und auch die Zensuren besser sind.

Das ist übrigens auch ein Grund, warum ich ein Ranking zwischen den Schulen ablehne: weil man dabei berücksichtigen muss, in welchem Umfeld sich eine Schule bewegt.

Ich habe noch keine einzige Lehrerin und keinen einzigen Lehrer in Sachsen getroffen, die gern an ihrer Schule ein Etikett hätten „Soziale Brennpunktschule“.

(Beifall der Abg. Rita Henke, CDU)

Das lehnen wir ab.

Wenn Sie jetzt Ihr Ziel erreichen wollten, was müssten Sie dann tun? Sie müssten eigentlich zweierlei tun: Sie müssten entweder das Gymnasium abschaffen – wenn das Ihr Ziel ist, dann sollten Sie das erklären, Frau Falken, oder Sie müssten die freie Schulwahl abschaffen. Wenn das Ihr Ziel ist, dann müssten Sie es auch benennen. Denn ansonsten geht es nur so, wie wir es in der Koalition vereinbart haben.

Es geht nur der freiwillige Weg. Ich muss dafür Eltern gewinnen, ich muss Lehrerinnen und Lehrer gewinnen. Wenn das Konzept stimmt, auch wenn es dem einen zu lange dauert und dem anderen vielleicht ein bisschen zu schnell geht, dann gibt es auch eine Genehmigung für Gemeinschaftsschulen in Sachsen. Dann sollte es auch so angelegt sein, dass diese Schulen tatsächlich zum Erfolg kommen.

Der Zusatz, Frau Günther-Schmidt, macht es eigentlich nicht besser. Zunächst freue ich mich aber ausdrücklich, Frau Günther-Schmidt, dass Sie die Arbeit der Servicestellen für die Ganztagsangebote hier lobend erwähnen. Das ist ja immerhin schon mal was, dass wir hier deutlich vorangekommen sind. Aber ich möchte daran erinnern, dass diese Servicestellen vollauf zu tun haben, denn es gibt mittlerweile jede Menge Anträge von Schulen. Ich denke, es ist vernünftig, dass die Servicestellen auch in Übereinstimmung mit der Kinder- und Jugendstiftung – diese Kooperation funktioniert sehr gut – genau bei ihrer Aufgabe bleiben.

Deshalb wäre ich auch dafür, Ihren Antrag abzulehnen und es dabei zu belassen, dass das Ministerium die Entscheidung für Gemeinschaftsschulen zu treffen hat und dass selbstverständlich – Herr Dulig, da nehme ich auch jeden Hinweis gern entgegen – die Regionalstellen der Bildungsagentur Schulen so gut es geht auf ihrem Weg der Gemeinschaftsschule unterstützen. Deshalb, denke ich, war die Debatte heute im Großen und Ganzen wieder einmal überflüssig.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Schlusswort hat die Linksfraktion, Frau Falken.

Ich wollte eigentlich kein Schlusswort mehr halten.

(Rita Henke, CDU: Dann lassen Sie es!)

Aber ich kann es hier nicht so stehen lassen, dass die Debatte überflüssig war. Mit dem Satz, Herr Flath, haben Sie mich doch gereizt, noch einmal ans Pult zu gehen.

(Staatsminister Steffen Flath: Hätte ich ihn nur nicht gesagt!)

Hätten Sie es nicht gesagt, ganz genau. Dann hätten wir es dabei belassen können. Überflüssig ist eine Diskussion zu Gemeinschaftsschulen nach unserer Auffassung auf keinen Fall,

(Beifall des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

weil wir wissen, dass wir hier im Freistaat Sachsen im Bildungsbereich nur über Anträge und über Öffentlichkeit Veränderungen bekommen.

Herr Staatsminister, ich möchte auch kein Ranking für die Schulen. Das haben Sie ganz hervorragend begründet. Ich sehe das genauso wie Sie, weil die Voraussetzungen, die Bedingungen und das soziale Umfeld von Schule zu Schule extrem unterschiedlich sind. Das schließt aber nicht aus, Herr Staatsminister, dass natürlich die Bevölkerung vor Ort in den Regionen genau weiß, welche Schule wie ist und in welcher Schule welches Umfeld existiert.

Wir hatten in Leipzig jetzt den Fall, dass eine Schule sogar ihren Namen umbenannt hat, weil sie hofft, dass sie damit ihr Stigma loswird. Aber das wird natürlich so nicht funktionieren. Das funktioniert nur mit praktischer Bildungsarbeit. Deshalb sind wir der Auffassung: Wir müssen an diesen Schulen in sozialen Brennpunkten etwas tun.

Es kann nicht sein, dass diese Schulen genauso behandelt werden wie andere Schulen, in denen solche Brennpunkte

nicht existieren. Deshalb sollten wir uns überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, ob über Gemeinschaftsschulen oder über andere Wege. Diese Kinder dürfen wir nicht einfach vergessen und fallen lassen. Hier muss etwas passieren!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung.