Protocol of the Session on June 22, 2006

(Beifall bei der NPD)

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Die Staatsregierung auch nicht. Dann bitte ich die NPD-Fraktion um das Schlusswort.

(Uwe Leichsenring, NPD: Sie haben es eben gehört!)

Sie verzichten.

(Uwe Leichsenring, NPD: Nein, das war das Schlusswort. – Beifall bei der SPD – Stefan Brangs, SPD: Sie haben doch schon ein bisschen was gelernt!)

Ich muss trotzdem feststellen, dass das ein Redebeitrag war. Die Redezeit wurde um drei Minuten überschritten. Es war ein Redebeitrag inklusive Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 4/5525. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer großen Anzahl von Gegenstimmen und einer entsprechenden Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt und der Tagesordnungspunkt 4 ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 5

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zur Verwaltungs- und Funktionalreform

Drucksache 4/5377, Antrag der Fraktion der FDP

Unterrichtung des Landtages über die Verwaltungsreform

Drucksache 4/4852, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen in der Reihenfolge FDP, GRÜNE, CDU, Linksfraktion, SPD, NPD Stellung nehmen. Die Staatsregierung hat gebeten, zuerst zu sprechen. Herr Staatsminister Buttolo, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die Notwendigkeit, über das Für und Wider einer Funktional- und Verwaltungsreform haben wir im Hohen Haus bereits mindestens zweimal diskutiert. Aus diesem Grunde möchte ich mir erlauben, gleich dazu überzugehen, Ihnen zu erläutern, wo wir bei diesem Gesetzesvorhaben, das von der Staatsregierung betrieben wird, gegenwärtig stehen.

Sie wissen, dass wir nach einem Fahrplan, den wir durch den Lenkungsausschuss und das Kabinett bestätigen lassen haben, eine Zweistufigkeit der Bearbeitung vorgesehen haben, wonach zunächst eine Kritik der Aufgaben, eine Analyse dessen, was zur Kommunalisierung an staatlichen Aufgaben ansteht, zu tun war und in einem zweiten Schritt Strukturvorschläge zu erarbeiten waren.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie an dieser Stelle über das informieren, was wir als Ergebnisse der Arbeit der vergangenen Wochen dem Lenkungsausschuss am 19. Juni zum Verzicht, zur Privatisierung und Kommunalisierung von Aufgaben vorgestellt haben.

Hinsichtlich verzichtbarer Aufgaben hat die Stabsstelle für Verwaltungsreform in Zusammenarbeit mit den Ressorts spezielle Projekte der Landesanstalt für Landwirtschaft, der staatlichen Ämter für Landwirtschaft und der staatlichen Landesämter für Landwirtschaft und Gartenbau benannt, ebenso Aufgaben der Landesstelle für Museumswesen.

Als zu privatisierende Aufgaben wurden das Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaften und die Überprüfung anderweitiger betriebswirtschaftlicher Organisationsformen für die staatlichen naturhistorischen Kunstsammlungen, für die Staatsbetriebe Schlösser, Burgen und Gärten sowie für das SIB, Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, benannt.

Auf die Kreise übertragbar hat sich ein Aufgabenspektrum erwiesen, das sich wie folgt zusammensetzt: Wir möchten die Aufgaben der staatlichen Vermessungsämter auf die kommunale Ebene übertragen. Dieser Schritt – –

Ja, Sie können ruhig nachlesen. Da wir das Papier des Lenkungsausschusses nicht geheim halten, haben wir es auch den Fraktionen, dem Ausschuss zur Verfügung

gestellt. Herr Dr. Martens, Sie müssen mir schon einräumen, wenn am Montagmittag der Lenkungsausschuss tagt, werde ich mir wohl als zuständiger Fachminister das Recht herausnehmen dürfen, am Dienstagabend mit meinem Haus noch einmal über die Ergebnisse und über die Zusammenfassung zu diskutieren, bevor wir dann dieses Ergebnis am Mittwoch dem Ausschuss, so wie es versprochen war, auch zur Verfügung stellen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Wir haben weiter als Aufgaben festgestellt, die auf die Kreise zu übertragen geeignet sind: die gesamte technische Verwaltung der Kreisstraßen sowie der Unterhalt der Bundes- und Staatsstraßen. Ebenso möchten wir Teilaufgaben des Landesamtes für Familie und Soziales sowie der Ämter für Soziales auf die kreisliche Ebene übertragen.

Zu den Übertragungspotenzialen gehören auch die Aufgaben der Ämter für Landwirtschaft, jedoch ohne die dort angesiedelte Förderung nach EU-Recht. Ebenso möchten wir die Ämter für ländliche Entwicklung in die kommunale Hoheit abgeben und dabei sowohl die Aufgaben der Flurneuordnung als auch das Förderverfahren für die Dorfentwicklung künftig bei den Kreisen ansiedeln.

Ebenso schlagen wir vor, Umweltfachaufgaben der Regierungspräsidien auf die Kreise zu übertragen sowie Vollzugsaufgaben des Denkmalschutzes, des Arbeitsschutzes und der Heimaufsicht.

Auf kreisangehörige Städte und Gemeinden sollen als wesentliche Aufgaben übertragen werden: verkehrsrechtliche Anordnungen, Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, Aufgaben der Gewerbe- und Gaststättenaufsicht, Aufgaben als Widerspruchsbehörden in der Selbstverwaltung. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass Kreise mit ihren kreisangehörigen Gemeinden regeln, was sie zusätzlich auf die gemeindliche Ebene verlagern möchten.

Aus dem zu übertragenden Aufgabenumfang leiten wir die Notwendigkeit einer Kreisgebietsreform ab, um in größeren Strukturen künftig dieses zusätzliche Aufgabensegment auch tatsächlich effektiv abarbeiten zu können.

Wir haben dem Lenkungsausschuss ein Leitbild vorgelegt, bei dem analysiert wird: Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen eingehalten werden? Welche Abwägung von kommunalrechtlichen Alternativen gibt es zur Neugliederung? Welche Größenordnung sollte ein künftiger Kreis haben und hinsichtlich Fläche nicht

überschreiten? Welche Größenordnung regen wir für die künftige Einwohnerzahl an?

Wir haben in diesem Papier dem Lenkungsausschuss auch eine kommunale Findungsphase vorgeschlagen. Zwar wollen wir als Innenministerium in absehbarer Zeit mit einem Strukturierungsvorschlag in die Diskussion eintreten, aber wir möchten natürlich sehr gern die kommunale Seite aktiv in diesen Entscheidungsprozess einbinden. Wir sind für Veränderungsbedingungen, für veränderte Vorschläge, wie eine Neustrukturierung der Kreise aussehen soll, offen.

Hinsichtlich der Mittelebene hat sich der Lenkungsausschuss darauf verständigt, dass die staatliche Mittelebene durch zwei Landesdirektionen widergespiegelt werden soll und dass im Jahr 2012 eine Überprüfung angesetzt ist, ob zwei Landesdirektionen auch künftig erforderlich sind oder ob die Mittelebene künftig mit einer Landesdirektion auskommen kann.

Wie soll das weitere Verfahren sein? Im Zuge der Haushaltsklausur am 26. Juni 2006 werde ich das Kabinett über die Vorschläge informieren. Wir möchten dann, wenn das Kabinett die Verfahrensweise akzeptiert, in die Erarbeitung von Gesetzentwürfen einsteigen. Das Ziel besteht, sowohl für die Funktionalreform als auch für die Kreisgebietsreform einen Referentenentwurf so weit zu bringen, dass wir zum Jahresbeginn 2007 in eine Anhörung der Entwürfe gehen können.

Als Ziel für die Umsetzung der Reform sehen wir den 01.07.2008. Teile des Gesetzgebungsverfahrens, schlagen wir vor, sollten bereits am 01.01.2008 in Kraft treten, damit in den neuen Kreisgebietsstrukturen tatsächlich schon die Vorbereitung einer Landrätewahl erfolgen kann, damit zu Beginn der Neustrukturierung zum 01.07.2008 für diese neue Struktur bereits neu legitimierte Landräte benannt sind.

Wir möchten des Weiteren, dass neben der Übertragung der Aufgaben auf die kreisliche Ebene zeitgleich zum 01.07.2008 auch die Kreisgebietsreform erfolgen kann.

So weit zum gegenwärtigen Stand.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Danke schön. – Jetzt der erste Einreicher, Herr Dr. Martens für die FDPFraktion.

(Zuruf von der NPD: Jetzt können wir Zeit sparen, es ist alles vorgetragen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss schon ziemlich brennen bei der Staatsregierung, wenn der Staatsminister, bevor überhaupt zum Antrag zu einer Regierungserklärung gesprochen wird, sich vor die Einreicher einreiht, um hastig innerhalb von nicht einmal zwölf Minuten darzustellen, was denn jetzt der Stand der Verwaltungsreform sein soll.

Meine Damen und Herren, das wird weder einer Regierungserklärung gerecht noch dem von uns gewünschten Beitrag zu einer Debatte über eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Es geht hier nicht um die Neuordnung von zwei Außenstellen einer Landesunterbehörde, sondern um das – Zitat – „größte Vorhaben der Verwaltungsstrukturreform, das in dieser Legislaturperiode überhaupt ansteht“. Die Aufgaben, die zu bewältigen sind, sollen einen erheblichen Umfang haben. Hier soll die Verwaltung für das Jahr 2020 konzipiert werden.

Eine Erklärung, wie sie der Staatsminister des Innern hier abgegeben hat, wird dem berechtigten Anliegen des Parlaments nach einer frühzeitigen und vor allem umfassenden Information über die Planungen und die Überlegungen der Staatsregierung mit Sicherheit nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP, den GRÜNEN und des Abg. Dr. Michael Friedrich, Linksfraktion.PDS)

Wir haben deswegen eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gewünscht, die Klarheit darüber bringen soll, ob die Staatsregierung eine Funktional- und Verwaltungsreform eigentlich noch will. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, so heißt es, sei das noch so. Aber das ist ausdrücklich als Stand vom 19.06. mitgeteilt worden.

Es sind weiterhin die Fragen offen, unabhängig von dem mitgeteilten Stand der Überlegungen: Will die Staatsregierung in ihrer Gesamtheit diese Verwaltungsreform? Wollen alle Mitglieder der Staatsregierung diese Verwaltungsreform? Wollen sie alle die gleiche Verwaltungsreform? In welchem Zeitraum soll denn diese Reform fertig werden?

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Das hat er gesagt!)

Wann soll das beraten werden? Von wem? Und wann soll es umgesetzt werden?

Teile zum 01.01.2008, der Rest zum 01.07.08. Meine Damen und Herren, das ist alles reichlich unbefriedigend.