Dieses Mischsystem, meine Damen und Herren, verhindert Wettbewerb und Transparenz und letztendlich auch, dass es niedrige Energiepreise für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gibt. Wegen dieses Mischsystems ist es ziemlich einfach mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Der eine zeigt auf den anderen und letztendlich bleibt der Bevölkerung verborgen, wer die höheren Preise zu verantworten hat. Diese unbefriedigende Situation für alle Seiten zeigt deutlich: Wer gegen die Regeln der sozialen Marktwirtschaft verstößt, verletzt ganz klar die
Meine Damen und Herren, bei den Preisen für Gas handelt es sich um eine noch spezifischere Situation, denn hier findet überhaupt keine Preisbildung am Markt statt. Die Gaspreise sind mit den Erdölpreisen gekoppelt, und das schon seit über 40 Jahren. Keiner kann sagen, was ein Kubikmeter Gas wirklich wert ist. Weiterhin wird über langfristige Lieferverträge zwischen 20 und 30 Jahren der Wettbewerb ausgeschlossen.
Das Bundeskartellamt hat sich dieser Problematik angenommen – das unterstützen wir natürlich sehr –, aber die Meldungen, die heute Morgen durchsickerten, dass sich Kartellamtschef Böge mit den Unternehmen geeinigt habe, wundern mich sehr. Ich kann nur an den Vorsitzenden des Bundeskartellamtes appellieren. Herr Böge, Sie sind als Tiger losgesprungen und haben sich des Themas angenommen, auch wenn es viel zu spät gewesen ist. Man hätte schon viel eher in dieses Wespennest stechen können. Wenn Sie sich jetzt auf halbherzige Regelungen zugunsten der Erdgaswirtschaft einlassen, steht die Frage, ob das Bundeskartellamt in der Öffentlichkeit seine Aufgabe erfüllen kann.
Mit dieser Entscheidung des Kartellamtes wird sich zeigen, meine Damen und Herren, wie stark die Behörde ist und ob wir sie eigentlich noch brauchen, denn hier steht ein ganz grundlegendes Problem auf dem Prüfstand.
Werfen wir ganz kurz einen Blick auf die Gaspreise in Sachsen. Wenn die veröffentlichten Zahlen stimmen – davon gehe ich aus –, dann führen die deutsche Preishitliste drei sächsische Unternehmen an. Gold bekommen die Stadtwerke aus Dresden, die haben deutschlandweit mit Abstand die höchsten Preise. Silber geht an die Gasversorgung Sachsen-Ost und Bronze an die Stadtwerke Leipzig.
Meine Damen und Herren, das ist kein besonders gutes Ruhmesblatt für unser Land, wenn wir die ersten drei Plätze belegen. Den undankbaren vierten Platz erreichen dann die Stadtwerke in München und dahinter auf dem fünften Platz folgt die Gasversorgung Thüringen.
Wenn ich nicht sehr irre, meine Damen und Herren, hatten auch alle Preisträger einschließlich der Thüringer erneute Preiserhöhungen bei der Kartellbehörde angezeigt. Herr Minister, wir erwarten von der Landeskartellbehörde eine Preisprüfung nach strengsten Maßnahmen.
Selbst wenn sich die Landeskartellbehörde darauf zurückzieht – so wie sie das jetzt zum Teil in öffentlichen Äußerungen macht, auch in der Beantwortung von Kleinen Anfragen –, dass sie nur eine vergleichende Preiskontrolle durchführen kann, bleibt doch trotzdem die Frage übrig, warum es so deutliche Preisunterschiede allein in unserem kleinen Sachsenlande gibt.
Alle Gasversorger in Sachsen und in Ostdeutschland hatten 1990 die gleichen Ausgangsbedingungen. Wir dürfen dieses hohe Preisniveau, welches wir gegenwärtig in Sachsen zu verzeichnen haben, nicht mit Hilfe der Kartellbehörden zementieren. Wir brauchen hier Transparenz.
Meine Damen und Herren, die Gasversorger in Sachsen wurden ja teilweise aufgefordert, nachdem sie ihre Preiserhöhungen angemeldet hatten, wegen des Missbrauchverdachtes weitere Unterlagen nachzureichen. Auch hier erwarten wir in dem Bericht, den die Koalitionsfraktionen angefordert haben, von der Staatsregierung klare Aussagen, um welche Unternehmen es sich handelt, welchen Unternehmen also der Missbrauchsverdacht vorgeworfen wird und welche Unternehmen letztendlich Preise nachbessern mussten. Hier brauchen wir die Transparenz. Die Öffentlichkeit soll wissen, welche Unternehmen versuchen, ihre Marktbeherrschung zulasten der Verbraucher auszunutzen.
Werfen wir doch einmal einen Blick auf die Preisentwicklung und die Struktur der Preise, meine Damen und Herren. Die Preisentwicklung ist ganz kurz beschrieben: 1997 kosteten 33 500 Kilowattstunden – das ist ungefähr der Verbrauch eines kleineren Eigenheims – rund 1 000 Euro. 2005 kostet die gleiche Leistung 1 700 Euro.
Mehr muss man wohl dazu nicht sagen. Denn jeder kann sich ausrechnen, wie viel Kaufkraft der Bevölkerung mit diesen Energiepreiserhöhungen – dazu müssen wir ja noch den Strom und das Benzin betrachten – verloren geht.
Meine Damen und Herren! Etwa 48 % des Preises verbleiben beim Vorlieferanten – dazu komme ich dann gleich noch einmal –, 25 % verbleiben beim Regionalversorger – was in der Regel die Stadtwerke sind, teil- oder vollkommunal – und 27 % des Preises bestehen aus staatlichen Abgaben und Steuern.
Dies bedeutet: Alle drei Partner in dieser Preisstruktur haben Grund, über ihren Anteil an den Preiserhöhungen nachzudenken. Wenn man sich jetzt noch einmal die Preisstruktur des Vorlieferanten anschaut, dann kommt man ziemlich schnell zu der Erkenntnis, dass ungefähr ein Drittel dieses Preises für den Transport des Gases eingesetzt wird. Das sind die so genannten Netz- oder Leitungskosten.
Meine Damen und Herren, jetzt kommen wir einer wichtigen Sache auf die Spur, nämlich dem Thema Netzkosten. Wir haben bei der Liberalisierung des Strommarktes schon sehr schmerzliche Erfahrungen machen müssen. Wenn kein Wettbewerb im Netz besteht – ob das nun das Stromnetz oder das Leitungsnetz für das Gas ist –, handelt
es sich ganz klar um monopolistische Strukturen. Niemand kann nachweisen oder beurteilen, wie die Preisbildung innerhalb dieses Netzes oder bei der Benutzung des Netzes geschieht.
Deswegen muss das Netz dereguliert werden, meine Damen und Herren. Andere Anbieter müssen Zugang zu den leistungsgebundenen Systemen erhalten.
Die Netzkosten müssen transparent sein. Sie müssen kalkulierbar sein und sie müssen für jeden Anbieter gelten, der in dieses Netz einspeist. Hier haben wir das Energiewirtschaftsrecht, das neue Energiewirtschaftsgesetz, welches die Regulierung des Gasnetzes vorsieht. Das muss schnellstens umgesetzt werden, sonst kommen wir in dieser Thematik keinen Schritt weiter.
Kommen wir einmal zum Thema Steuern und Abgaben, meine Damen und Herren. Natürlich hat der Staat in den letzten Jahren – und das besonders unter Rot-Grün – enorm dazu beigetragen, die Energiekosten zu steigern. Natürlich schlägt sich Ökosteuer, natürlich schlägt sich das Energieeinspeisegesetz, natürlich schlägt sich auch das KWK-Gesetz auf die Energiepreise nieder. Das kann doch keiner bestreiten.
Überlegen Sie sich doch einmal: Die Grünen sind einmal in den Wahlkampf gezogen mit „ein Liter Benzin fünf D-Mark“; also 2,50 Euro, und davon sind wir ja nicht mehr allzu weit entfernt. Natürlich hat der Staat hier eine Verantwortung zur Senkung der Energiepreise. Er darf nicht nur auf die anderen zeigen, sondern muss sich selbst überlegen, wie er durch eine Senkung der Steuern und Abgaben dazu kommt, auch Energiepreise zu senken.
Meine Damen und Herren, die Kommunen sind dabei, und zwar über die Konzessionsabgaben und letztendlich der Bundesfinanzminister über die Mehrwertsteuer. Genau dort liegt der Hase im Pfeffer. Der ehemalige Finanzminister hat in den letzten Monaten oder Wochen gar nichts mehr zu dem Thema gesagt, weil er nämlich unheimliche Zuflüsse in seine Kasse hat. Hohe Energiepreise bedeuten natürlich auch einen hohen Anteil an Mehrwertsteuer. Darüber schweigt der Staat. Meine Damen und Herren, auch das muss sich ändern!
Jetzt zum Thema Stadtwerke. Das ist der dritte Teil innerhalb dieser Preisstruktur. Ich kann mich vielleicht irren, eventuell habe ich das eine Mal vergessen: Ich bin selbst Verbraucher von Erdgas. Mir ist es, glaube ich, noch nie passiert, dass die Stadtwerke in Dresden den Preis gesenkt haben, egal, wie die Preiskurven am Markt waren. Einen niedrigeren Preis habe ich noch nie bezahlt. Im Gegenteil. Es flattern regelmäßig die Preiserhöhungen ins Haus.
Da sind wir auch ganz schnell beim kommunalen Wirtschaftsrecht, meine Damen und Herren. Über das kommunale Wirtschaftsrecht haben wir hier im Landtag heftig gestritten, heftig diskutiert, es hin und her gewendet. Aber es zeigt sich bei der Gaspreispolitik genau wie beim Strom: Monopolistische Strukturen auch im kommunalen Bereich sind tödlich für die Verbraucher.
Wir brauchen auch dort Wettbewerb. Es sollte sich niemand einbilden, meine Damen und Herren, dass man über Gaspreise oder über Strompreise öffentliche Haushalte subventionieren, öffentliche Haushalte sanieren oder über Quersubventionierungstatbestände sozusagen immer mehr öffentliche Leistungen letztendlich vom Stromverbraucher oder vom Gasverbraucher bezahlen lassen kann. Hier besteht ganz großer Diskussionsbedarf und vor allem die Pflicht zur Transparenz. Ich fordere auch die Staatsregierung hiermit auf, in ihrem Bericht einen Vergleich der Anbieter von Erdgas in Sachsen aufzustellen, diesen öffentlich zu machen und ständig zu aktualisieren. Man braucht ganz einfach mal die Gewichtung in Sachsen, welche Preispolitik die einzelnen Anbieter verfolgen.
Jetzt komme ich zu einem Thema, das in der Öffentlichkeit heftig diskutiert wird und das auch die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag benannt haben, nämlich der Entkoppelung der Preisbindung von Öl und Gas.
Meine Damen und Herren! Ich warne davor: Das ist kein Allheilmittel. Die reine Entkoppelung der Gas- und der Ölpreise wird überhaupt nichts verändern. Sie wird deshalb nichts verändern, weil es gar keine freie Preisbildung bei Gas gibt, weil es über die langfristigen Lieferverträge keinen Wettbewerb im Gasmarkt gibt, und damit würde die Entkoppelung zunächst keinen Effekt zeigen.
Außerdem – das möchte ich auch als Verbraucher deutlich sagen – habe ich keine Lust, die Auslandsschulden der Russischen Föderation mit zu finanzieren.
Präsident Putin kann dem deutschen Bundeskanzler locker die Zusage geben, Auslandsschulden früher zu tilgen. Die größten Einnahmen hat die Russische Föderation jedoch durch den Verkauf von Erdöl und Erdgas und hohe Preise bedeuten natürlich auch hohe Einnahmen für die produzierenden Länder, meine Damen und Herren.
Das ist bei diesem ganzen Markt das größte Problem. Deutschland ist von wenigen Lieferanten abhängig. Im Zusammenhang mit der neuen Pipeline, die gemeinsam mit der Russischen Föderation gebaut wird, muss man sich fragen, wie abhängig Deutschland und Europa von wenigen Lieferanten sind, zumal die meisten Lieferanten von Öl und Gas – das hat auch ein Grünbuch der Europäischen Union deutlich aufgezeigt – in politisch sehr instabilen Regionen unserer Welt beheimatet sind.
Meine Damen und Herren, man muss sich doch auch fragen, an welcher Stelle entkoppelt werden soll, wenn
man sich die Lieferkette des Erdgases einmal anschaut. Da ist zunächst der Produzent. Er fördert das Erdgas und liefert es an den Vorlieferanten. Zwischen Produzenten und Vorlieferanten herrscht Preiskoppelung. Danach gibt es die Lieferkette vom Vorlieferanten zum Stadtwerk. Auch diese Kette wird über eine Preiskoppelung verriegelt. Dann gibt es die Lieferstrecke vom Stadtwerk zum Verbraucher. Es ist doch geradezu witzig, meine Damen und Herren: Dort, wo es an den Verbraucher geht, gibt es keine Preiskoppelung. Das heißt also, auf dem letzten Stück der Lieferstrecke besteht plötzlich ein eingeschränkter freier Markt. Das bedeutet, die Stadtwerke können im Prinzip dem Verbraucher Preise in Rechnung stellen, die sie selbst festlegen.
Meine Damen und Herren, man kann sehr viel darüber diskutieren, wie wir von Gas und Öl wegkommen. Das ist sicherlich eine ganz andere Diskussion, die geführt werden muss. Bei der jetzigen Debatte aber geht es um die Gaspreise. Zu den anderen Themen kommen wir später.
Das Fazit, meine Damen und Herren: Die Möglichkeiten der Politik müssen genutzt werden – dabei geht es vor allem um die Umsetzung des Energiewirtschaftsgesetzes –, aber der Staat muss selbst sehen, wo er dazu beitragen kann, Preise zu reduzieren. Wir müssen sehen, wie wir über das kommunale Wirtschaftsrecht der überhöhten Preisgestaltung im halböffentlichen Raum begegnen können.
Meine Damen und Herren, es fehlt vor allem der Wettbewerb. Das ist ein klarer Verstoß gegen die soziale Marktwirtschaft. Wir brauchen den Wettbewerb. Unser oberstes Ziel muss sein, alles zu tun, damit auf dem Gasmarkt ein freier Wettbewerb herrscht. Ich garantiere Ihnen, dass es dort zu echten Preissenkungen kommen wird, und nicht dort, wo der Staat reguliert. Dafür wollen wir uns auch weiterhin einsetzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Oktober 2004 ist der Gaspreis um durchschnittlich 25 % gestiegen. Verständlicherweise ist der Unmut sehr groß. Die Erwartungen an die Politik, gegen diese Belastungen der Gasverbraucher vorzugehen, nehmen zu. Die Verbraucher dürfen hier nicht allein gelassen werden. Aus meiner Sicht gibt es drei Möglichkeiten, um dem jetzigen Treiben zu begegnen.
Der eine Weg ist das Einschalten der Verbraucherschutzorganisationen. Sie haben unter der rot-grünen Bundesregierung eine deutliche Stärkung erfahren. Die SPDFraktion im Sächsischen Landtag hat sich während der Koalitions- und Haushaltsverhandlungen ebenfalls für die Verbraucherzentrale Sachsen stark gemacht und im