Protocol of the Session on June 25, 2009

Wir haben durch Konsolidierungsmaßnahmen und eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse strukturelle Defizite der drei Staatstheater ausgeglichen. Es bleibt eine kulturpolitische Aufgabe, staatliche Vorsorge für Tarifsteigerungen beim Personal zu treffen. Das trifft übrigens nicht nur die staatlichen Theater, sondern auch die Theater im Land.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der Staatsregierung)

Haustarifverträge sind keine Dauerlösung, um Qualität zu sichern.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der Staatsregierung)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Auftrag der Kulturstiftung wurde ein Festivalgutachten für den Freistaat vorgelegt. Erstmals wurde der Kulturwirtschaftsbericht für Sachsen unter der Verantwortung des Wirtschafts- und Wissenschaftsministeriums erarbeitet. Es liegt die erste Bibliothekskonzeption für die wissenschaftlichen Bibliotheken vor – die erste Fachkonzeption in diesem Bereich, die den mittelfristigen Ausbau zur Verbesserung der Informationsversorgung vorsieht.

Im Jahr 2006 wurde die Arbeit der Kulturstiftung erfolgreich evaluiert. Ich möchte mich bei Herrn Heitmann und Herrn Lindner bedanken, die den Förderauftrag der Kulturstiftung mit den Fachbeiräten gemeinsam hervorragend umgesetzt haben.

(Beifall bei der Staatsregierung und vereinzelt bei der SPD)

Sie dürfen ruhig klatschen.

Die Kulturstiftung hat sich damit als staatlich unabhängige und fachbezogene Kulturfördereinrichtung für Projekte in Sachsen bewährt. Das SMWK hat gemeinsam mit der Kulturstiftung seit 2005 seinen Fokus stärker auf die zeitgenössische Kunst und Kultur gelenkt. Dazu gehören auch die jüngsten Ankäufe durch den Kunstfonds ebenso wie die Förderung der Festivals „Moderne Kunst – CyNet Art“ und die „euro-scene“ in Leipzig. Damit geben wir auch jungen Künstlerinnen und Künstlern und modernen Ausdrucksformen der Kunst eine Chance. Die zeitgenössische Kunst braucht jedoch angemessene Präsentationsmöglichkeiten – nicht nur in Chemnitz und Leipzig, sondern auch in der Landeshauptstadt.

(Beifall der Abg. Martin Dulig, SPD, und Regina Schulz, Linksfraktion)

Das SMWK hat für den Bereich der staatlichen Museen Prozesse des Strukturwandels eingeleitet: Umbau statt Abbau – in einer Zeit des demografischen Wandels und der begrenzten finanziellen Ressourcen. Dazu gehören die Staatsbetriebsgründungen bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, den staatlich ethnografischen Sammlungen und dem Landesamt für Archäologie ebenso wie die einmalige Überführung der naturhistorischen Museen in Dresden und Görlitz in die Senckenbergische Gesellschaft – eine Institution der Leibnitz-Gemeinschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Doch wir können und dürfen uns auf dem Kulturerbe nicht ausruhen, als sei in diesem Land, um noch einmal Erich Kästner zu zitieren, alles ehemalig.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Der Freistaat Sachsen verfügt seit Kurzem über eine Museumskonzeption 2020, die vom SMWK im öffentlichen Dialog erarbeitet wurde. Ich will nur wenige Aspekte dieser Konzeption herausheben. Seit 2007 verfügt Sachsen als einziges Bundesland über ein einzigartiges Forschungsprojekt bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: die Museumsdatenbank Daphne. Wir verfügen damit über ein umfassendes Recherchesystem und können so unsere Verpflichtungen aus der Washingtoner Erklärung zur Rückgabe jüdischen Eigentums besser erfüllen.

Ein zweiter Punkt, der uns sehr wichtig ist: Die Industriekultur Sachsens ist mindestens so bedeutsam wie die Schatzkammer August des Starken.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der Staatsregierung)

Deshalb müssen wir sie auch so behandeln und pflegen. Der in den kommenden Wochen im Industriezweckverband eingesetzte wissenschaftliche Beirat wird die Industriekultur auf solide theoretische Füße stellen. Doch das reicht nicht. Dazu gehört auch eine stärkere aktive Betei

ligung des Freistaates neben den Kommunen und der Wirtschaft.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Ein dritter Punkt: Die Landesstelle für Museumswesen – ein wichtiger Garant für die Qualität der immerhin über 400 nichtstaatlichen Museen in Sachsen – konnte erhalten werden und muss auch zukünftig ihre Unabhängigkeit wahren.

Ein vierter Punkt: Die SKD und die staatlich lithografischen Sammlungen haben – zu einiger Überraschung – durch einen Kooperationsvertrag 2009 die intensive Zusammenarbeit auf eine neue Grundlage gestellt. Perspektivisch kann daraus die neue alte Schatzkammer unter einem Dach entstehen.

Ergänzt wird Dresden – so wie Paris mit seinem Grand Palais und Berlin mit seinem Gropiusbau – durch das Japanische Palais als Kunst- und Ausstellungsort, das in seiner ursprünglichen Bestimmung wieder ausgebaut wird. Wir werden im Herbst einen Ideenwettbewerb ausschreiben und die zahlreichen Ideen, die zur musealen Gestaltung des Japanischen Palais vorliegen, auswerten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schaffung eines Hauses der Archäologie – eines neuen Landesmuseums im ehemaligen Kaufhaus Schocken in Chemnitz, von dem Sie sich in diesen Tagen überzeugen können – wird bis 2012 eine einmalige Chance sein, ein modernes Museum des Wissens zu gestalten, während in anderen Ländern zu dieser Zeit Museen geschlossen werden.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der CDU und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ein wesentlicher Punkt dieser Museumskonzeption 2020 ist der freie Eintritt für Jugendliche unter 16 Jahren in Sachsens Museen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass dieser für die kulturelle Bildung so wichtige Punkt inzwischen auch beim Koalitionspartner auf große Zustimmung stößt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

Daher bin ich für die Zukunft und für die Umsetzung der Museumskonzeption nun sehr zuversichtlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einen Punkt in diesem Kontext besonders hervorheben: Das SMWK fördert die Ehrenamtlichen der sächsischen Museen und deren besonderes Engagement. Vor allem auch nichtstaatliche Museen bekommen dadurch Anerkennung für Qualität, Attraktivität und hohe Besucherresonanz. Viele der kleinen Museen würden heute gar nicht mehr geöffnet sein, wenn es dieses ehrenamtliche Engagement nicht gäbe.

Unsere Instrumente sind der neu geschaffene Museumspreis sowie die Auszeichnung Ehrenamt im Museum. Ich

möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern bedanken – nicht nur in den Museen, sondern in allen Kultureinrichtungen.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und vereinzelt bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu einem mir besonders wichtigen Punkt der Kulturpolitik des Landes kommen: die Stärkung der kulturellen Bildung. Sie ist ein Schwerpunkt und sollte ein Schwerpunkt sächsischer Kulturpolitik bleiben. Denn kulturelle Bildung sowohl für Kinder und Jugendliche als auch im Sinne lebenslangen Lernens ist eine wesentliche Investition in die Zukunft.

Kulturelle Bildung ist eine Querschnittsaufgabe und darf daher nicht an den Ressortgrenzen abgebremst werden. Deshalb wurde auf Anregung des Kultusministeriums eine interministerielle Arbeitsgruppe mit den Staatsministerien für Soziales sowie für Wissenschaft und Kunst eingerichtet. Damit erfolgt eine deutliche Verbesserung der Koordinierung zwischen den Häusern auf diesem Gebiet.

Wir fördern die Vernetzung zwischen Kultur- und Bildungseinrichtungen auf regionaler Ebene. Wir haben den anderen Kulturräumen das erfolgreiche Projekt zur Netzwerkbildung aus dem Kulturraum OberlausitzNiederschlesien unter der Leitung von Herrn Ohlau zur Übernahme unter Beachtung der regionalen Besonderheiten empfohlen.

Die Sächsische Landesstelle für Museumswesen schuf mit ihrem Projekt „Museen entdecken“ neue Wege der Kooperation zwischen Schulen und Museen. Erstmals – und hoffentlich nicht einmalig – gelang es im Doppelhaushalt 2009/2010, jährlich 600 000 Euro zusätzlich zur Förderung der kulturellen Bildung bereitzustellen. Damit werden wir unter anderem das Projekt „Jedem Kind ein Musikinstrument“ gemeinsam mit den Musikschulen anstoßen. Ich bitte Sie alle, bei einer erfolgreichen Evaluierung dieses Projektes die zukünftige Verbreiterung auf alle Grundschulen des Landes zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Zuruf des Staatsministers Thomas Jurk)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lebendige Kulturpolitik findet ihren Ausdruck in einer Kultur der Weltoffenheit, der Pluralität und der Toleranz. Diese Offenheit ist selbst eine kulturelle Errungenschaft und die Vielfalt der Kulturen trägt dazu bei, die Offenheit kulturell zu begleiten. Mehrheits- oder gar Leitkulturen kann es in einer sozialen Demokratie nicht geben.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion, und des Staatsministers Thomas Jurk)

Sachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat eine ganz besondere Verpflichtung gemeinsam mit dem Land Brandenburg und der Bundesregierung: die Förderung des sorbischen Volkes, seiner Sprache und Kultur. Das Verhal

ten der Mehrheit in unserem Land gegenüber einer Minderheit ist auch ein Ausdruck von Kultur, einer Kultur der Toleranz, der Akzeptanz und der solidarischen Förderung.

Insofern freue ich mich, dass der mehrjährige Prozess der Aushandlung eines neuen Finanzierungsabkommens nun in wenigen Tagen sein würdiges Ende findet. Sachsen wird wie bisher zu seiner Verantwortung stehen. Der 4. Bericht zur Lage des sorbischen Volkes, den mein Haus in den vergangenen Wochen vorgelegt hat, wird in den kommenden Tagen noch Gegenstand der Beratung in diesem Haus sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in einem anderen Punkt ist Toleranz und Respekt in unserer Kulturpolitik erforderlich. Die demokratische Erinnerungskultur ist eben nicht allein Aufgabe der Stiftung sächsischer Gedenkstätten, wenn auch dort ein zentraler Ort der Verantwortung liegt.

Wir haben in der Koalitionsvereinbarung die demokratische Erinnerungskultur der sächsischen Gedenkstätten im Geiste von Toleranz und Weltoffenheit als langfristige und dauerhafte Aufgabe definiert. Im Geiste von Toleranz und Respekt muss es aber auch gelingen, die Vertretungen der Opferverbände und Gedenkstätteninitiativen in Sachsen unabhängig von der betreffenden Verfolgungsperiode in die Gedenkstättenarbeit einzubeziehen.

(Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

Dabei bleibt es bei dem Grundsatz – und dies ist mir wichtig zu betonen –, dass weder die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus und die Singularität des Holocaust relativiert noch die Geschichte der kommunistischen Diktatur in der SBZ und in der DDR bagatellisiert werden dürfen.

Auf dieser Basis haben wir uns auch den ausgetretenen Opferverbänden vor 1945 genähert. Doch ohne Novellierung des Gedenkstättenstiftungsgesetzes wird es keine dauerhafte Rückkehr der ausgetretenen Verbände geben.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Dieser Aufgabe müssen sich die neue Regierung und der Landtag stellen. Eckpunkte dafür liegen auf dem Tisch des Stiftungsrates.

Lassen Sie mich mit Blick auf eine andere erinnerungspolitisch wichtige Institution in Sachsen hinzufügen: Im Zusammenhang mit der Zeitgeschichte kommt auch der Arbeit des Schlesischen Museums zu Görlitz ein wichtiger Stellenwert in einem auf Ausgleich und Versöhnung gerichteten Dialog mit unseren osteuropäischen Nachbarn zu.