Protocol of the Session on May 15, 2009

(Beifall bei der Linksfraktion)

Sie werden zunehmend wichtiger werden für die Gestaltung eines menschenwürdigen Lebens für uns und die nachfolgenden Generationen. Hier sorgen Landwirte für eine existenzielle Lebensgrundlage: die Herstellung von Nahrungsmitteln. Hier sorgen besonders die Forstleute für saubere Luft zum Atmen – ein weiteres existenzielles Grundbedürfnis aller Menschen. Ländliche Räume sind die grünen Lungen und damit unverzichtbar für die städtischen Ballungsgebiete. Die Land- und Forstwirte werden auch in Zukunft zunehmend dazu beitragen, dass wir den lebensnotwendigen Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger schaffen.

Es liegt an uns allen, diese Zukunftspotenziale und Chancen der ländlichen Räume im Einklang mit der Natur und nur so auch in Sachsen nachhaltig zu nutzen, denn – ich zitiere – „selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigentümer der Erde, sie sind nur ihre Nutznießer und haben sie den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen“.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Einige von Ihnen werden wissen, dass dieses Zitat aus einem der zurzeit meistgelesenen Bücher, dem „Kapital“ von Karl Marx, stammt.

Meine Damen und Herren, für DIE LINKE ist und bleibt die sächsische Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der entscheidende Faktor im ländlichen Raum. Erste und wichtigste Aufgabe der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft bleibt für uns die Bereitstellung umweltverträglich hergestellter, gesundheitlich unbedenklicher Nahrungsmittel, die für alle Menschen bezahlbar sind. Dabei setzen wir gerade in diesem Bereich konsequent auf regionale Wirtschaftskreisläufe, auf möglichst dezentrale Produktion, Verarbeitung und Vermarktung.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Mit solchen Wertschöpfungsketten, bestehend aus Milcherzeugern, Genossenschaftsmolkereien und regionalen Vermarktungsstrukturen, werden auch die sächsischen Milchproduktionsbetriebe die Chance erhalten, sich nach

und nach aus der ruinösen Abhängigkeit von den großen Molkereien sowie den großen Einzelhandelsketten zu befreien.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Nur so, meine Damen und Herren, und nicht mit dem Fitmachen der sächsischen Landwirtschaft für den globalen Agrarmarkt werden wir langfristig unsere Ernährungssouveränität sichern.

(Beifall der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion)

Gleichzeitig fordern wir von der Bundesregierung eine wirksame Entwicklungshilfe im Agrarbereich, um auch den ärmsten Ländern der Welt eine souveräne Ernährung ihrer Bevölkerung zu ermöglichen. Auf EU-Ebene müssen sämtliche Export- und Transportsubventionen im Agrarbereich gestrichen werden.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Eine weitere wichtige Voraussetzung für Ernährungssouveränität ist für uns der konsequente Verzicht auf grüne Gentechnik, um nicht weltweit in die Abhängigkeit von wenigen Agrochemiekonzernen zu geraten. Grüne Gentechnik bedeutet langfristig auch unweigerlich das Aus für den Öko-Landbau, die umweltverträglichste Art, Landwirtschaft zu betreiben.

DIE LINKE begrüßt deshalb die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur grünen Gentechnik ausdrücklich. Gleichzeitig freuen wir uns darüber, Herr Kupfer, dass die Sächsische Staatsregierung endlich unserer Forderung nach besserer Förderung des Ökolandbaus in Sachsen nachgekommen ist und bei der EU die höchstmögliche Umstellungsförderung beantragt hat. Nun hoffen wir allerdings, dass umstellungswillige Betriebe auch langfristig damit planen können, sonst wird Sachsen sein Ziel von 10 % Ökolandbau aus dem Landesentwicklungsplan nie erreichen. Wir als Linke halten mittelfristig sogar 20 % für möglich.

Meine Damen und Herren, Herr Staatsminister Kupfer, natürlich ist der ländliche Raum weit mehr und vielfältiger als Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, doch nach Ihrer Vernachlässigung war es mir besonders wichtig, darauf zuerst und besonders einzugehen.

Nun zur weiteren Vielfalt und Besonderheit des ländlichen Raumes und zu dem, was Sie dazu gesagt haben.

Sehr gewundert haben wir uns über Ihr klares Bekenntnis zum ländlichen Raum in Sachsen und zu gleichwertigen Lebensbedingungen zwischen Stadt und Land. In der Enquete-Kommission „Demografische Entwicklung“ war DIE LINKE die Partei, die sich eindeutig zu diesem Grundsatz bekannt hat und dem ländlichen Raum deshalb ein eigenständiges Arbeitsgebiet widmen wollte. Bei letzterer Forderung wurden wir dabei einzig und allein von den GRÜNEN unterstützt.

(Zurufe von der Linksfraktion: Hört, hört!)

In unserem Minderheitenvotum zum Kapitel Raumentwicklung, Infrastruktur und Verkehr heißt es dazu unter anderem: „Die Sicherung eines Mindestmaßes an öffentlichen Leistungen in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Bildung, Mobilität und öffentliche Sicherheit wurde im Bericht nicht infrage gestellt. Wir haben jedoch die Befürchtung, dass unter dem Druck des demografischen Wandels und abnehmender finanzieller Leistungsfähigkeit der Kommunen und des Landes eine unvertretbare Absenkung von Standards erfolgt, welche trotz individueller Förderung eine gravierende Verschlechterung der Lebensqualität für Einzelne besonders in den schrumpfenden Regionen bedeutet. Deshalb müssen aus unserer Sicht alle Anstrengungen unternommen werden, um ein hohes Niveau an öffentlicher Daseinsvorsorge in allen Landesteilen zu sichern. Dabei räumen wir auch hier der Dezentralisierung und Vernetzung von Leistungsangeboten den absoluten Vorrang vor dem Abbau von Angeboten ein.“

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wenn Sie, Herr Staatsminister Kupfer, sich tatsächlich als Anwalt der Menschen im ländlichen Raum verstehen, dann fangen Sie damit an, diese zuallererst in Ihrer eigenen Partei, der CDU, konsequent zu vertreten.

(Heinz Lehmann, CDU: Das machen wir!)

Vor diesem Hintergrund brauchen wir uns nicht zu wundern, dass zwischen dem, was Sie uns heute erzählt haben, und der Realität oft eine so große Lücke klafft. Dazu einige Beispiele:

Auch DIE LINKE ist für die Stärkung der Wirtschaftskraft besonders von kleinen und mittelständischen Unternehmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft. Auch wir begrüßen die von Ihnen genannten Förderprogramme, besonders das für die Existenzgründung für Frauen. Doch all diese Programme können nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein überproportionaler Anteil der Wirtschaftsfördermittel nach wie vor in die drei Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz fließt und so die Leuchtturmpolitik der Staatsregierung weiter zementiert wird.

Zum Tourismus hat gestern eine ausführliche Debatte im Hohen Haus stattgefunden. Den Ausführungen meines Kollegen Klaus Tischendorf habe ich nichts hinzufügen.

Herr Kupfer, die Bemühungen der Staatsregierung in Sachen Breitbandinternet in allen Ehren, diese haben jedoch bisher wenig daran geändert, dass Sachsen eines der Bundesländer mit den größten Lücken in der Bereitstellung dieser leistungsfähigen Kommunikationsinfrastruktur im ländlichen Raum ist.

Wenn Sie, Herr Kupfer, zum Thema Kinder und Bildung, zum Bereich Kitas nicht mehr sagen können, als dass ein bedarfsgerechtes Angebot vorhanden wäre, ist das ein Armutszeugnis. Als ob es die Diskussion über die immer noch bestehenden Zugangsbeschränkungen zu Kitas, die gerade im Zuge der Kreisgebietsreform noch ausgeweitet

wurden, und die Diskussion über den völlig unzureichenden Betreuungsschlüssel in den Kitas nie gegeben hätte.

Auch nicht erwähnt haben Sie, wie die offenen Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe in den vergangenen Jahren ausgedünnt wurden. Ein Blick in den 3. Sächsischen Kinder- und Jugendbericht hätte genügt, um der Einschätzung eine realistische Wendung zu geben. Zitat: „Für abgelegene und dünn besiedelte Regionen mit einem seit der Vereinigung zusätzlich starken Bevölkerungsrückgang steht kaum zu erwarten, dass dort die wirtschaftliche Entwicklung hinreichend attraktive und genügend neue Arbeitsplätze entstehen lässt, um alle dort lebenden jungen Menschen zu halten und ihnen in ihrer Heimat eine Arbeits- und Lebensperspektive zu bieten.“

(Zuruf von der Linksfraktion: Hört, hört!)

Das im ländlichen Raum zweifellos besonders schmerzliche Schließen von Schulen war für DIE LINKE im geschehenen Umfang keinesfalls notwendig. Die Schließung – jetzt hören Sie genau hin – von über Tausend Schulstandorten hat vielmehr dazu geführt, dass im ländlichen Raum schon jetzt kein flächendeckendes Schulnetz mehr vorhanden ist und die Schulwege zum Teil unzumutbar lang sind. Sinnvolle Flexibilität wäre für uns an dieser Stelle gewesen, viel mehr einzügige Mittelschulen und zweizügige Gymnasien zu erhalten, so wie es das Sächsische Schulgesetz ausdrücklich zulässt.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Wir sind sehr gespannt, wie flexibel die Staatsregierung in Vorbereitung auf das neue Schuljahr mit den vielen Mittelschulen im ländlichen Raum umgehen wird, die zurzeit keine Zweizügigkeit erreichen.

Meine Damen und Herren! Grundschulen gehören für uns nach wie vor in jedes Dorf, auch wenn dort weniger Kinder leben, als das Schulgesetz bisher dafür vorschreibt.

Meine Damen und Herren! Schön, dass die Staatsregierung das Modellprojekt „Gemeindeschwester AGnES“ inzwischen akzeptiert und sogar gut findet. Dieses Modellprojekt kann allerdings nicht die fehlenden Hausärzte im ländlichen Raum ersetzen. Das können auch nicht die Krankenhäuser, die dort mehr und mehr Verantwortung für die Menschen übernehmen. Solange der Mangel an niedergelassenen Ärzten im ländlichen Raum nicht überwunden ist, fordern wir die Staatsregierung auf, mit ausreichenden Investitionsmitteln für die Krankenhäuser ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Nun komme ich zu einem Bereich, der in Ihrer unmittelbaren Verantwortung steht, Herr Staatsminister Kupfer, zum Abwasser. Hier reicht es nicht, dass nach jahrelangen Forderungen von uns endlich auf vernünftige dezentrale Abwasserbeseitigung eingelenkt wurde. Dieser sinnvolle und für die Menschen tatsächlich bezahlbare Schritt muss nun auch vor Ort in den Zweckverbänden durch die

Aufsichtspflicht der Staatsregierung umgesetzt werden. Daran mangelt es nach wie vor.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss, jedoch nicht zuletzt, möchte auch ich den vielen ehrenamtlich tätigen Menschen im ländlichen Raum für ihr Tun, ihren Einsatz für andere Menschen, für die Natur danken. Was Sie, Herr Kupfer, hier aber alles ganz selbstverständlich an ehrenamtlicher Tätigkeit hinnehmen und zusätzlich vorschlagen, ist eine blanke Zumutung, auch für die betroffenen Menschen. Solche Tätigkeiten wie Kinderbetreuung, Bücherausleihe in Bibliotheken, Landschaftspflege, bedarfsdeckender öffentlicher Personennahverkehr gehören für uns ganz klar in reguläre Beschäftigungsverhältnisse, auch wenn sie sich finanziell nicht immer rechnen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ein alternativer, wirklich sinnvoller und nachhaltiger Anreiz für mehr Ehrenamt neben regulären Beschäftigungsverhältnissen wäre für mich ein bedingungsloses Grundeinkommen. Ich bin sicher, dass damit noch weit mehr Potenziale für sinnvolle und notwendige Tätigkeiten bei den meisten Menschen freigesetzt würden, als Sie, Herr Kupfer, sich überhaupt vorstellen können.

Mit diesem in die Zukunft weisenden Vorschlag bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erteile das Wort der CDUFraktion; Herr Heinz, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich zuerst kurz auf meine Vorrednerin eingehe. Wir haben bewusst den Themenschwerpunkt Landwirtschaft bei dieser Fachregierungserklärung etwas kurz gefasst. Das Thema ist in den vorausgegangenen Sitzungen bereits ausgiebig diskutiert worden, besonders mit der Vorstellung des Hilfspaketes.

(Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Hierzu kann ich nur die größte sächsische berufsständische Vertretung im Bereich der Landwirtschaft zitieren, den Sächsischen Landesbauernverband, der der Staatsregierung bescheinigt hat, alle Forderungen diesbezüglich erfüllt zu haben.

Ob all dies, was in dem Hilfsprogramm niedergeschrieben wurde, ausreicht, wird die Zukunft zeigen. Ich möchte aber von dieser Stelle aus dazu aufrufen, bewusst die sächsische Landwirtschaft durch den Kauf ihrer Produkte zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der NPD und der Staatsregierung)