Protocol of the Session on October 16, 2008

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Wenn das so wäre, würde sich zum Beispiel das Gehalt des Vorstandsvorsitzenden der größten deutschen Bank deutlich reduzieren. Wenn man die Banker, die Vorstände der sechs Dax-induexierten deutschen Finanzinstitute, die unter Umständen unsere Hilfe in Anspruch nehmen müssen, an diesem Gehalt orientieren würde, entstünde eine Einsparung von etwa 150 Millionen Euro, die auch die Liquidität und das Eigenkapital dieser Banken stärken könnte.

Wir reden immer davon, dass wir die Boni begrenzen wollen. Man muss jetzt erst einmal eine Vorstellung haben, welche Größenordnung die beispielsweise annehmen können. Nehmen wir einmal die 13 500 Investmentbanker der Deutschen Bank im Jahre 2006. Die Boni waren damals etwa 5,6 Milliarden Euro – damit man einfach einmal weiß, über welche Größenordnungen wir hier diskutieren.

Ich bringe Ihnen noch ein positives Beispiel, das ein ganz großer amerikanischer Investmentbanker für alle abgeben könnte. Ich nenne den Namen jetzt nicht, alle wissen, um wen es sich handelt. Er hat aus seinem eigenen Vermögen 7 Milliarden für den Rettungsfonds der amerikanischen Banken zur Verfügung gestellt, einfach aus nationaler Verantwortung.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Auch solche Beispiele gibt es.

Wir würden dann, Herr Präsident, unseren Entschließungsantrag noch einbringen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich erteile das Wort der Fraktion der SPD; Herr Pecher, bitte.

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich so einsteigen – auch unter Bezugnahme auf meine Vorredner: Das Thema Sächsische Landesbank und was da passiert ist, hat nichts damit zu tun, welche Rahmenbedingungen der Bund setzt oder welche Gesetzgebung dort gewesen ist.

(Lachen bei der Linksfraktion)

Das Thema Landesbank hat etwas damit zu tun, dass wir es getan haben. Es haben Menschen getan. Es hat aus meiner Sicht die Vorgängerregierung aufs Gleis gesetzt, 2004 beschleunigt und mit der entsprechenden Staatshaftung, mit der Verpfändung des Freistaats Sachsen untersetzt.

(Karl Nolle, SPD: So ist das!)

Das haben wir getan, keine Rahmenbedingungen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Die Koalition, bitte!)

Wir werden diese Diskussion heute quasi in drei Debatten führen: In dieser hier, bei dem Thema Fortschrittsbericht, also wie stehen wir in Sachsen da, und natürlich auch bei dem Thema Sachsen-Finanzgruppe. Das vielleicht als Einstieg.

Ich möchte in diesem Zusammenhang, bei dieser Aufgabe, die vor uns steht, an Gelassenheit und an Sachlichkeit appellieren.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Richtig!)

Es nützt nichts, Horrorszenarien, Horrorzahlen von 8,4 Milliarden an die Wand zu malen. Wir wissen nicht – und es stehe der auf, der das tun könnte –, was auf uns aus diesem Rettungspaket zukommt. Keiner kann die eventuellen Ausfälle und ihre Höhe vorhersagen. Zurzeit kann noch niemand sagen, wie letztendlich die Verhandlungen ausgehen und wie der Freistaat Sachsen eventuell mit in Anspruch genommen wird.

Aber Fakt ist doch eines – darüber sind wir uns doch alle, die wir hier sitzen, im Klaren –: Es gibt zu diesem Rettungsplan keine Alternative.

Es ist doch auch so, dass alle Parteien im Deutschen Bundestag diesen Rettungsplan unterstützen. Es ist eine nationale Aufgabe, vor der wir stehen, die wir lösen müssen und wozu auch der Freistaat Sachsen seinen Beitrag leisten wird, ja leisten muss. Deshalb lassen Sie mich auf die Ebene herunterkommen, vor der wir stehen. Das ist unser Land Sachsen und unser Haushaltsplan.

Wir haben in den vergangenen vier Jahren zwei solide Doppelhaushalte auf den Weg gebracht – das kann ich mit gutem Gewissen sagen –, die viel Gutes und Neues für Sachsen beinhalteten. Wir werden auch einen weiteren Doppelhaushalt auf den Weg bringen, der den Weg für Sachsen weiter beschreiben wird. Er wird nicht leichter werden. Wir haben die Situation Landesbank und natürlich die eventuell auf uns zukommenden Ausgaben zu berücksichtigen. Deshalb werden wir auch jede Position auf den Prüfstand stellen, was wir in diesem Doppelhaushalt tun müssen, damit wir – so möchte ich den Bogen spannen – das tun, was den Menschen in Sachsen dient.

(Beifall bei der Linksfraktion – Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Bravo, Herr Pecher!)

Ein schöner Beifall, ich freue mich darüber, dass Sie das auch so sehen.

Das Vertrauen der Menschen – das ist mehrfach durch die Medien gegangen – ist schnell verspielt, und man kann es nicht auf Knopfdruck wiederherstellen. Deshalb müssen wir in unserem Haushalt die Voraussetzungen schaffen, dass wir das Vertrauen wiederherstellen und die Menschen nicht das Gefühl haben, dass wir nur einen Rettungsplan für Banken machen und uns als Sachsen daran beteiligen, sondern dass wir auch die Menschen mitnehmen und etwas für sie in Sachsen tun. Die Bürger sollen nicht das Gefühl haben, dass sie allein stehen und alles bezahlen müssen. Dahin werden wir als SPD-Fraktion in diesen Haushaltsverhandlungen wirken.

Wir tun das auf der einen Seite, um die Menschen zu unterstützen und ihr Vertrauen wiederherzustellen, aber wir tun das auf der anderen Seite natürlich auch für die Wirtschaft. Die Wirtschaft – das wird keiner abstreiten – ist es, die den Menschen Lohn und Brot schafft. Die Wirtschaft ist abhängig vom Finanzsystem. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns hier einbringen. Wir haben darum einen entsprechenden Entschließungsantrag vorgelegt.

Wir müssen natürlich darauf achten, dass die finanziellen Belastungen für den Freistaat überschaubar bleiben. Es ist schon eine gewisse Ironie, dass die Sachsen LB, die damals Handelnden, einen so großen Schluck aus der Pulle genommen und sich gleich als Erstes verschluckt haben. Man kann trefflich darüber diskutieren, wie die Belastungen für Sachsen wären, wenn die Sachsen LB jetzt noch im Besitz des Freistaates wäre und unter diesen Rettungsschirm fallen würde. Aber das ist „hätte“ und „wenn“. Das große Rad ist jedoch gedreht worden. Man hat sich verschluckt, und wir werden sehen, wie wir damit in Zukunft umgehen.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Außerbilanzielle Geschäfte bundesweit!)

Herr Hahn, vielleicht darf ich darauf einmal ganz kurz eingehen. Ich will natürlich nicht sagen, dass alle Kritik, die Sie vorgebracht haben, falsch war, um Gottes willen. Aber Sie werden einräumen, dass man, wenn man gegen alles ist, natürlich immer dann Recht hat, wenn etwas schief geht. So stellt sich die Situation für mich aus heutiger Sicht dar.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht. Ich denke, dass dieser von der Beteiligung des Landtages bis hin zu den Forderungen in Richtung Bundesregierung, was die Verstaatlichung betrifft, die wesentlichen Punkte enthält, die wichtig für Sachsen sind. Ich darf im Vorgriff der Einbringung gleichzeitig um Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag bitten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile das Wort der Fraktion der NPD; Herr Apfel, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Finanzmarktkrise, die bisher als vorübergehende Erscheinung verharmlost wurde, hat Deutschland nun real im Griff. Selbst Matthias Platzeck spricht von einem entfesselten Kapitalismus, der die soziale Marktwirtschaft zerstört habe, sieht die größte Krise seit 1929 und fühlt sich genötigt, eine alte Forderung der NPD aufzugreifen, nämlich jene nach einem dritten Weg zwischen internationalem Sozialismus und Kapitalismus. Vorbei ist die Illusion, die Krise stelle keine Beeinträchtigung für die Realwirtschaft dar, sie werde schnell verschwinden, die Selbstheilungskräfte des Marktes würden sie rasch vergessen machen.

Neben dem massiven Verlust von Finanzvermögen ist ein gigantischer Vertrauensverlust eingetreten, der inzwischen auch die volkswirtschaftliche Funktionsfähigkeit der Finanzinstitute zum Erliegen gebracht hat. Es ist aber nicht nur ein Vertrauensverlust gegenüber den Finanzinstituten eingetreten, sondern auch gegenüber Ihrer Politik der letzten Jahre, meine Damen und Herren. Nicht nur die Finanzmärkte, auch Sie haben Ihren Kredit längst verspielt. Hier hilft als Rettungspaket einzig und allein die schleunigste Abwahl der etablierten Parteien.

(Beifall bei der NPD)

Reihenweise sind die Portfolios der Banken mit faulen Krediten belastet. Wertberichtigung reiht sich an Wertberichtigung. Das Interbankengeschäft wurde quasi eingestellt. Man braucht nur wenig Ursachenforschung zu betreiben, um festzustellen, dass das Jahr 2008 wohl zum Todesdatum der neoliberalen Deregulierungspolitik der etablierten Parteienkaste wird. Quer durch die Bank haben die Globalisierungsparteien, ob Rot-Grün oder SchwarzRot, über Jahre eine verhängnisvolle Deregulierungspolitik betrieben. Ob am Arbeitsmarkt mit seinen Ein-EuroJobs und Leiharbeit oder auf den Finanzmärkten unter der Parole der Kapitalverkehrsfreiheit – wo man nur hinschaut, erblickt man eine kapitalistische Laissez-fairePolitik, die als Reformpolitik verharmlost wurde. Mit der Steuerfreiheit bei Veräußerungserlösen wurde zum Beispiel die Private-Equity-Blase angefeuert.

(Stefan Brangs, SPD: Was heißt das auf Deutsch?)

Die Liberalisierung bei den Forderungsverkäufen und den Hedgefonds trug maßgeblich zur heutigen Misere bei, ebenso die Einführung des Derivatehandels, die reihenweise Schrottpapiere hinterließ.

Schlimm genug, dass es so weit kommen musste, denn warnende Stimmen gab es allemal. Doch dass ausgerechnet jene marktradikale Politikerklientel, die verantwortungslos und vorsätzlich jeden ordnungspolitischen Anspruch des Staates aufgab, nun plötzlich nach einer Regulierung der Finanzmärkte ruft, das, meine Damen und Herren, ist blanker Hohn. Noch größerer Hohn ist es aber, wenn diese Herrschaften, die selbst die Büchse der Pandora geöffnet haben, mit der Aufgabe betraut werden sollen, die wild gewordenen Finanzmärkte volkswirtschaftlich verträglich zu bändigen. Da sollte doch der

Bock zum Gärtner gemacht werden. Das zeigt, dass Politiker wie Frau Merkel nichts, aber auch gar nichts verstanden haben, wenn sie allen Ernstes einen Aufsichtsratsversager der Hypo Real Estate wie den ehemaligen Bundesbankpräsidenten Tiedtmeyer zum Kanzlerberater berufen wollte.

Heute stehen wir vor der traurigen Situation, dass die Finanzmärkte weltweit implodieren, erste Nationen wie Island gar vor dem Staatsbankrott stehen und die Bundesrepublik im Rekordtempo ein Rettungspaket schnüren muss, um Ähnliches zu verhindern. Geradestehen werden dafür nicht CDU und SPD, Frau Merkel oder Herr Steinbrück, auch nicht Herr Ackermann oder diverse Investmentbanker, geradestehen dafür wird ein Fonds, hinter dem kein anderer steht als der bundesdeutsche Steuerzahler.

So wird Verantwortungslosigkeit, meine Damen und Herren, zum System gemacht. Es zeigt sich wieder einmal: Das System hat keine Fehler, das System ist der Fehler!

(Beifall bei der NPD)

Die Situation ist inzwischen so, dass zur Finanzmarktstabilisierung ein Rettungspaket mit einem Volumen benötigt wird, das den Jahreshaushalt des Bundes übersteigt. Betrachten Sie das einmal im Zusammenhang mit den letzten Debatten über eine Erhöhung des Hartz-IVRegelsatzes.

Mit fast einer halben Billion Euro soll operiert werden, um die Finanzmärkte funktionsfähig zu halten und private Vermögensverluste einzudämmen. Dabei darf im Sinne der Wahrheit und Klarheit von Politik nicht unterschlagen werden, dass dennoch ein Durchschlagen der Krise auf die Realwirtschaft schon erfolgt und nicht zu vermeiden sein wird. Das sehen wir beispielhaft in der Automobilbranche an BMW und Opel.

Eines steht fest: Der Bürgschaftsrahmen wird haushaltsrechtlich in einem Maße gesprengt, dass keinerlei Spielraum mehr für Bürgschaften für die produzierende Wirtschaft bleibt. Schon morgen soll im Bundesrat über das Finanzmarktstabilisierungsgesetz befunden werden, das eine Länderbeteiligung im Bund-Land-Verhältnis von 65 zu 35 vorsieht, und das alles, ohne dass dabei eine Mitwirkung bei der Fondsgestaltung eingeräumt wird und nicht einmal die öffentlich-rechtlichen Finanzinstitute als Begünstigte dieses Fonds dabei vorgesehen sind.

Die Länder sollen zwar bei der Auflösung und Abwicklung, beim Defizitausgleich in Mithaftung genommen werden, aber dem Gesetzentwurf zufolge keine Mitwirkungsmöglichkeit über die Länderkammer erhalten. Diese Maßnahme ist haushaltspolitisch einzigartig in der Geschichte. Wesentliche Gestaltungsmomente zur Risikohaftung werden der parlamentarischen Debatte entzogen und sollen per Rechtsverordnung im Kabinett erfolgen.

Meine Damen und Herren! Dieses vorgeschlagene Gesetz stellt in seiner jetzigen Form nichts anderes als ein Finanzmarktermächtigungsgesetz dar. Es ist schon eine