Protocol of the Session on September 11, 2008

Die Mangelbewirtschaftung von Lehrerstellen wird auch im neuen Schuljahr fortgesetzt; die sächsischen Lehrerinnen und Lehrer arbeiten am Limit und Unterrichtsausfälle können nicht aufgefangen werden.

Auch der neue Haushaltsplanentwurf der Staatsregierung lässt nicht den eisernen Willen erkennen, hier etwas zu ändern – im Gegenteil.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Herr Flath ist jetzt nicht da; ich würde gern auf seine Ausführungen von gestern zurückkommen. Vielleicht, sehr geehrter Herr Flath, sollte Ihre Fraktion doch die gestern erwähnten zusätzlichen Lehrerstellen fordern – nicht wegen der zu erwartenden Schlagzeilen, sondern vielleicht ausnahmsweise auch einmal im Interesse der Kinder, von denen ja nach Ihrer Auffassung jedes zählt.

Das Schulsystem in Sachsen mag ausreichend sein für einen durchschnittlich begabten Schüler aus einem funktionierenden Elternhaus mit ausreichender materieller Ausstattung. Für einen Schüler oder eine Schülerin mit weniger guten Startbedingungen ist das sächsische Bildungssystem nach wie vor eine Katastrophe.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Es manifestiert die soziale Auslese. Daran hat sich auch zu Beginn des neuen Schuljahres nichts geändert, und ich finde, darin besteht das eigentliche Versagen der Großen Koalition vier Jahre nach der letzten Landtagswahl. Martin Duligs Beitrag war ein beredtes Beispiel dafür, wie man Regierungsverantwortung konsequent nicht nutzen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

An diesem traurigen Umstand ändert leider auch die Tatsache nichts, dass die SPD den halsstarrigen CDUGranden ein paar Gemeinschaftsschulen abgetrotzt hat – unter Bedingungen, die befürchten lassen, dass das Scheitern des Schulversuches schon eingeplant ist.

Eine wirkliche Innovation sind auch nicht die angesprochenen Computer, die gekauft werden sollen, und die Lehrer, die daran fortgebildet werden sollen. Welche Lehrer? – Besetzen Sie doch erst einmal ausreichend die Stellen.

Meine Fraktion hat auch jenseits der Aktuellen Debatte das Thema wieder aufgegriffen, indem wir nämlich einen Antrag zur Ressourcenausstattung des neuen Schuljahres gestellt haben. Ich bin mal gespannt, welche Zahlen Sie uns diesmal vorlegen werden.

Darüber hinaus bin ich gespannt, ob die Staatsregierung mittlerweile flächendeckend die Einhaltung des Schulgesetzes garantiert – nämlich in Bezug auf das Vorhanden

sein von Schulsozialarbeitern an Berufsschulen, die ein Berufsvorbereitungsjahr anbieten. Ich fürchte, das ist wieder nicht der Fall.

Nicht nur deshalb werden wir uns zu dieser Thematik auch künftig jenseits einer Aktuellen Debatte immer gern mit Ihnen auseinandersetzen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Frau Falken, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mit meinem vorbereiteten Redebeitrag beginne, möchte ich mich erst einmal zu Herrn Dulig äußern. Herr Dulig, mit einer anderen Schule, mit anderen Lernmethoden und mit anderen Strukturen werden wir sicherlich mit dem Lehrerbestand, den wir jetzt haben, ausreichen. Aber soweit ich mich erinnere, sind Sie in der Regierungsverantwortung und nicht wir.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das ist auch gut so!)

Solange wir diese Schule haben, wie wir sie jetzt haben, reichen die Lehrerstellen hinten und vorn nicht aus.

(Beifall bei der Linksfraktion – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

Unser neuer Staatsminister für Kultus, Herr Wöller, hat in der Presse zu Beginn des Schuljahres mitgeteilt, dass die Unterrichtsversorgung grundsätzlich gewährleistet ist. Ich habe mich gleich gewundert, dass der Begriff „grundsätzlich“ in dieser Formulierung steckt. Ich möchte Ihnen einmal erläutern, und zwar an konkreten Beispielen in dieser Aktuellen Debatte, was „grundsätzlich“ bedeutet. Die Linksfraktion hat um eine Sondersitzung des Schulausschusses noch vor den Ferien gebeten; diese haben wir auch durchgeführt. Dort haben wir für einzelne Schulen sehr konkrete Beispiele genannt, wo Probleme auftreten werden und auftreten können – zum Teil auch an allen Schulen im Freistaat Sachsen. Uns ist versichert worden, dass diese Probleme zu Beginn des Schuljahres nicht existieren werden.

Was ist nun passiert – sechs Wochen hatte die Staatsregierung Zeit? Wollen wir es uns einmal konkret anschauen: An mehreren Schulen sind die Stundenpläne zu Beginn des Schuljahres nicht erstellt worden, weil Lehrer und Lehrerstunden fehlen. Viele Schulen in Sachsen haben mit sogenannten Notplänen begonnen, weil sie einen Stundenplan überhaupt nicht bauen konnten; einige Schulen immer noch nicht – und das zweieinhalb Wochen nach Unterrichtsbeginn.

Es gibt auch Schulen, die innerhalb von 14 Tagen im Freistaat Sachsen bereits den dritten Stundenplan haben – und das an einem Gymnasium, wo wir ja angeblich zu viele Lehrer haben –, oder vorläufige Stundenpläne, die bis zum Ende des Monats gelten. Die Unterrichtsversor

gung, werte Kolleginnen und Kollegen hier in diesem Hohen Hause, ist an Förderschulen, an Berufsschulen – dieses Jahr auch an Grundschulen und an Gymnasien – nicht vollständig gesichert.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

Wir wollen hier heute nicht eine Verbesserung, sondern wir wollen, dass das normale Unterrichtsgeschehen an unseren sächsischen Schulen zu 100 % erfüllt wird,

(Beifall bei der Linksfraktion)

und zwar an jeder Schule und nicht irgendeiner durchschnittlichen Schule.

Herr Colditz hat mir im Schulausschuss vorgeworfen, ich solle doch meinen Tunnelblick lassen. Herr Colditz, ich sage Ihnen, schauen Sie mal in den Tunnel hinein – Sie werden sehen, wie dunkel es dort ist.

(Beifall bei der Linksfraktion – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Herr Colditz blickt lieber in die Sonne …!)

Das heißt, zu Beginn des Schuljahres gibt es bereits planmäßigen Unterrichtsausfall. – Übrigens haben Sie, Herr Wöller, gestern den Unterrichtsausfall in Prozent benannt. Das ist der Unterrichtsausfall; den planmäßigen Unterrichtsausfall haben Sie hier gar nicht berücksichtigt, den müssen Sie noch dazurechnen. Es gibt also bereits planmäßigen Unterrichtsausfall; schon dieses Wort ist aus unserer Sicht ein Verbrechen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich glaube, Sie können sich gar nicht vorstellen, welche Motivation bei den Lehrerinnen und Lehrern an unseren sächsischen Schulen herrscht, die den Unterricht ohne Stundenplan beginnen müssen. Normalerweise ist es so, dass Lehrerinnen und Lehrer vor Beginn der Ferien eine Lehrauftragsverteilung bekommen, damit sie genau wissen, in welchen Klassen, in welchen Unterrichtsstunden und in welchen Fächern sie unterrichten werden. Sie können sich über die Ferien vorbereiten und erstellen Stoffverteilungspläne, um den Lehrstoff so gut wie möglich methodisch vorzubereiten. Das hat es an vielen Schulen im Freistaat Sachsen in diesem Jahr nicht gegeben. Das ist ein Skandal und dient nicht der Motivation.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: In Chemnitz läuft es gut!)

Aber nicht an allen Schulen.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Doch!)

Ich nenne Ihnen gleich welche, die nicht dazugehören. Ich erstelle Ihnen auch gern eine Liste.

Die Lücken werden ausgeglichen – und das ist für mich der absolute Skandal – durch auf ein Jahr befristete Neueinstellungen, und zwar immer dann, wenn Lehrerinnen in die Elternzeit gehen; denn dann kann man ja wieder Stellen bewirtschaften. Im Haushalt stehen solche Stellen überhaupt nicht zur Verfügung. Wir können hier

aber nicht darauf warten, dass Lehrerinnen und Lehrer in Elternzeit gehen, damit wir die Unterrichtsstunden ausgleichen können.

Wir haben die Probleme vor den Ferien angesprochen. Die Aussage war: Es wird alles geregelt. – Wie es geregelt worden ist, möchte ich Ihnen in meinem nächsten Beitrag mitteilen, und zwar anhand von konkreten Schulen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wird von der CDU-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Herr Colditz, bitte.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Vielleicht sagt er endlich einmal etwas zum planmäßigen Unterrichtsausfall!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Falken, Sie haben zu Recht die Sitzung des Schulausschusses vor den Ferien angesprochen. Wenn ich mich an diese Veranstaltung richtig erinnere, dann haben Sie dort genauso pauschal wie soeben diskutiert. Nachdem wir aber konkret, auf einzelne Einrichtungen bezogen, hinterfragt hatten, relativierten sich viele Ihrer Aussagen.

(Beifall bei der CDU)

Sie sollten es sich angewöhnen, nicht solche pauschalen Behauptungen in die Welt zu setzen, wenn Sie sie nicht praktisch untersetzen können. Ich bin auf Ihren zweiten Redebeitrag sehr gespannt, erwarte aber nicht mehr allzu viel davon, zumal eine Diskussion wie im Schulausschuss nicht möglich ist.

Liebe Frau Günther-Schmidt, welches Interesse soll die Wirtschaft in Sachsen oder in Deutschland insgesamt daran haben, Gefälligkeitsgutachten über das deutsche Bildungssystem zu verfassen? Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen! Die Wirtschaft, die auf gute Absolventen der Schulen, das heißt, auf ihre gute Ausbildung angewiesen ist,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Schmalspur!)

wird doch keine Gefälligkeitsgutachten erstellen. Wenn man Ihre Behauptung zu Ende denkt, kommt man zu dem Ergebnis: Das kann nicht ernst gemeint gewesen sein.