Protocol of the Session on October 19, 2004

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Lachen bei der PDS)

Ich erteile der Fraktion der PDS das Wort. – Entschuldigung! Frau Dr. Schwarz, SPD, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte auch sehr gern nach Ihnen gesprochen, Kollege Hahn.

(Dr. André Hahn, PDS: Das kann ich mir vorstellen!)

Aber da wir nun einmal zu den Einreichern gehören, werde ich das jetzt tun.

Zu Beginn jeder Legislaturperiode beschäftigt sich der Landtag mit sich selbst und diskutiert über ein Reglement, wie wir miteinander fair, aber auch entsprechend dem Wählervotum umgehen.

Dies wird heute unsere vierte Geschäftsordnung sein. Wir haben zu Beginn jeder Wahlperiode auf die Erfahrungen der vorherigen aufgebaut, aber auch immer wieder Verbesserungen angestrebt. Ich denke, dass die uns heute vorliegende Geschäftsordnung darüber hinaus neue Akzente setzt.

Aufgrund dieser Erfahrungen und der Empfehlungen der Landtagsverwaltung haben wir bestimmte Regelungen eindeutiger gefasst, was Streit verhindert und Unklarheiten beseitigt. Ich nenne ein so simples Beispiel wie das, dass wir jetzt wissen, worüber wir abstimmen, ob über einen Gesetzentwurf oder über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Dabei gab es immer wieder Irritationen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Ich wusste das früher auch schon!)

Wir führen die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung von Drucksachen ein. Ich denke guten Gewissens sagen zu können, dass wir die Geschäftsordnung der letzten Legislaturperiode kontinuierlich weiterentwickelt

haben. Mein Kollege Lehmann hat hier sehr viele Details vorgestellt.

Wir werden in Zukunft bessere Möglichkeiten haben, unsere Parlamentsarbeit zu organisieren. Die Rechte der Opposition werden weiter gestärkt.

(Lachen bei PDS und FDP)

Die Parlamentsarbeit wird lebendiger und aktueller gestaltet werden können. Die immer beklagte Regierungslastigkeit wird zurückgedrängt. Viele Regelungen, die wir jetzt vorschlagen, hätten wir uns als Opposition gewünscht.

Wir hatten auch kein Problem damit, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt als Fraktion diesen Status auch zuzuerkennen.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Kollege Hahn, mit den Minderheitenrechten, die Sie nicht so durchgesetzt finden, wie im Vorfeld schon zu hören war, ist das bei Ihnen immer eine fragwürdige Geschichte: Sind Sie Minderheit, sind Sie für Minderheitenrechte; sind Sie Mehrheit, sind Sie dagegen!

(Beifall bei der SPD und der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Wann waren wir die Mehrheit?)

Ich kann die kleinen Fraktionen nur darauf aufmerksam machen, dass die PDS, die ursprünglich einmal gleiche Rechte für Fraktionen forderte, jetzt immer sehr auf das Stärkeverhältnis der Fraktionen abhebt.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Abgeordnete?

Ich möchte den Gedanken weiterentwickeln.

(Lachen bei der PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Ich dachte, der wäre fertig!)

Wir wollen auch, dass die Redezeiten während der Aktuellen Debatten unabhängig von den Stärkeverhältnissen im Präsidium festgelegt werden.

Wir werden uns auch dafür einsetzen, dass alle Fraktionen in der Regel die gleiche Redezeit haben. Schaut man da zum Beispiel in die Geschäftsordnung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, so stellt man fest, dass die Redezeiten dort nach Fraktionsstärke geregelt sind. Und Dringliche Anträge – das erleben wir nachher bei einem Änderungsantrag – können nur mit Zweidrittelmehrheit auf die Tagesordnung gesetzt werden. Öffentliche Anhörungen der Ausschüsse müssen von einem Viertel der Mitglieder verlangt werden und nicht – wie bei uns – von einer Fraktion. Diese Idee haben Sie ja

schon etwas aufgegriffen, Herr Kollege Hahn; aber wir wollen, dass alle Fraktionen dieses Recht haben.

(Dr. André Hahn, PDS: Wir auch!)

Positiv bemerken dürfen Sie dann, dass wir das Rederecht für den Datenschutz- und den Ausländerbeauftragten sowie für den Präsidenten des Sächsischen Rechnungshofes durchgesetzt haben.

Das Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse ist zwar nicht normiert, aber durch die Möglichkeit, Anträge ohne Stellungnahme der Staatsregierung sofort im Ausschuss zu haben, ist es praktisch gegeben.

Wir freuen uns darüber, dass die Einrichtung von Enquete-Kommissionen nun endlich möglich ist, ein Wunsch der SPD schon aus den Zeiten der ersten Verfassungsentwürfe. In der 2. und 3. Legislaturperiode ist es uns nicht gelungen, sie in der Geschäftsordnung festzuschreiben. Jetzt haben wir sie, und die Enquete-Kommission nicht – wie in anderen Landtagen üblich – nur mit Mehrheit, sondern mit einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Sächsischen Landtages einsetzen zu können. Ich denke, das ist auch eine gute Regelung.

Allerdings wird diese Enquete-Kommission auch nicht billig sein, aber es ist gut, wenn wir uns Sachverstand von außen holen können und unsere Entscheidungen auch darauf beziehen. Ich denke, mit der Ausgestaltung dieser Regelung sollten alle zufrieden sein.

Dieser Geschäftsordnung liegt die Zielstellung zugrunde, lebendiger und effektiver arbeiten zu können. Wir wollten ein verändertes Verfahren, wie wir mit Anträgen umgehen. Kollege Lehmann hat dazu schon ausgeführt.

Es ist weiterhin so, dass alle Fraktionen ohne Einschränkungen Gesetzentwürfe, Große Anfragen und Anträge einbringen können. Es gibt ja durchaus Parlamente, in denen dieses kontingentiert ist. Ich denke auch, dass wir mit dem neuen Verfahren Erfahrungen sammeln müssen. Aber es ist gut, dass wir die Möglichkeit haben, hier wesentlich aktuellere Themen diskutieren zu können.

Die Arbeit in den Ausschüssen wird sicher intensiver werden, und über die monatlichen Sammeldrucksachen aus den Ausschüssen kann die Diskussion öffentlich gemacht werden.

Es ist auch wichtig, dass die Vorgespräche zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern dieses Verfahren kollegial und konstruktiv begleiten. Allerdings ist es auch hier unser Anliegen, Fraktionen unabhängig von ihrer Stärke zu behandeln, und es ist auch weiterhin möglich, ähnliche thematische Anträge miteinander zu diskutieren.

Wenn ich mich richtig erinnere, Kollege Hahn, so hatten Sie immer gefordert, die Debatten lebendiger und effektiver zu gestalten.

(Dr. André Hahn, PDS: Das ist wahr!)

Jetzt wollen Sie am alten System festhalten, weil es offensichtlich leichter ist, sich an der Antwort der Staatsregierung abzuarbeiten, und die eigenen Forderungen und

auch Mehrheiten zu finden wird wahrscheinlich schwieriger.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Wir sollen doch die Staatsregierung kontrollieren!)

Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen: Die drei Fraktionen des 3. Sächsischen Landtages haben gemeinsam etwa 600 Drucksachen hinterlassen, die nun der Diskontinuität anheim fallen. Die PDS war dabei Spitze.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Ich wette, das waren noch mehr!)

Die Themen Kurzintervision und Rederecht der Fraktionsvorsitzenden standen schon vor fünf Jahren zur Debatte. Ich kann mich nicht erinnern, dass unsere Geschäftsordnung einem Abgeordneten verweigert hätte, Richtigstellungen zu formulieren, oder dass die Fraktionsvorsitzenden im Vergleich zu den Ministern keine ausreichenden Redemöglichkeiten gehabt hätten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Ich kann mich erinnern!)

Die Redezeiten der Fraktionen können so flexibel gehandhabt werden, dass das möglich ist. Wir haben mit dieser Geschäftsordnung auch die Daumenschrauben für die Staatsregierung angezogen.

Die Abgeordneten haben im Rahmen des Rederechts der Fraktionen, der sachlichen Richtigstellungen, der Erklärungen zu Abstimmungen, mit Zwischenfragen und persönlichen Erklärungen ausreichende Möglichkeiten sich zu artikulieren. Natürlich ist es so – die Erfahrungen werden wir auch haben –: Wenn zwei Parteien etwas auf den Weg bringen müssen, dann geht es auch nicht ohne Kompromisse.

Diese Geschäftsordnung ist besser als das, was wir bis jetzt gehabt haben. Wir haben Anregungen der anderen Fraktionen aufgenommen und sind ihnen auch weit entgegengekommen. Wir sollten jetzt in der Praxis sehen, wie diese Geschäftsordnung funktioniert.

Ich verteidige an dieser Stelle auch noch einmal die Position des 3. Vizepräsidenten. Auf uns wird in dieser Legislaturperiode viel Arbeit zukommen. Es gibt in Deutschland keinen Landtag mit sechs Fraktionen. Es wird mehr Plenarsitzungen geben als in der Vergangenheit, und es wird mit Sicherheit auch nicht einfacher, diese Sitzungen zu leiten. Daraus ausschließlich eine fiskalische Debatte zu machen ist wahrlich verkürzt. Unser Parlament wird stärker beachtet werden. Das öffentliche Interesse wird größer sein als in der Vergangenheit. Die Ursachen möchte ich an dieser Stelle nicht erörtern. Die Verantwortung, die wir tragen, sollte uns einen. Ich denke, auch bei aller Kritik und dass nicht alle Blütenträume reifen: Diese Geschäftsordnung ist eine geeignete Grundlage für unsere Arbeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich erteile der Fraktion der PDS das Wort. Herr Dr. Hahn, bitte.