Protocol of the Session on December 7, 2022

(Sprechen auf der Regierungsbank.)

Entschuldigung, Frau Kollegin. Ich habe kurz etwas zu sagen. Frau Ministerpräsidentin, Herr Finanzminister, ich bitte darum, dass die Gespräche auch auf der Regierungsbank nicht so laut geführt werden. Das stört die Rednerin. - Danke.

Ich nenne drei Beispiele. Erstens, wir verkürzen die Tilgungsfrist auf 35 Jahre. Hiermit tragen wir den Hinweisen aus der Anhörung Rechnung. Es handelt sich um eine Anhörung, zu der wir übrigens seit dem ersten Tag gestanden haben, aber auf solche Scharmützel von der CDU will ich gar nicht weiter eingehen. Zweitens, wir stärken die Kontrollbefugnisse des Parlaments. Abweichungen bis zu 500.000 Euro werden im Haushaltsausschuss, alles darüber hier im Parlament beschlossen. Drittens, wir schärfen die Begründung der außergewöhnlichen Notsituation nach. Es wird deutlicher - das hat gerade auch unser Finanzminister betont -, wieso der Energiepreisschock im Jahr 2022 das gesamte Jahrzehnt prägen wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen - ob Sie das jetzt anerkennen oder auch nicht, liebe CDU -, so wird aus dem Regierungsentwurf ein Parlamentsentwurf. Danke an den Haushaltsausschuss, insbesondere auch an unseren Fraktionsvorsitzenden, Ulrich Commerçon, der maßgeblich dazu beigetragen hat.

(Beifall von der SPD.)

Ich finde, man hätte bei all den bestehenden Differenzen heute selbstbewusst zu den getroffenen Kompromissen stehen können. Stattdessen höre ich hier in der Debatte, aber lese auch aufseiten der CDU, dass die SPD mit der Zu

kunft unseres Landes zocken würde. Jetzt einmal im Ernst: Sie haben zehn Jahre lang gut mit der SPD zusammengearbeitet. Sie kennen Anke Rehlinger. Schauen Sie sich Anke Rehlinger doch einmal an. Sieht für Sie so eine Zockerin aus?

(Heiterkeit. - Beifall von der SPD.)

Ich glaube das nicht. Da haben Sie deutlich über das Ziel hinausgeschossen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU. Über das Ziel hinausgeschossen wird in den letzten Tagen aber auch in der Klimaschutzdebatte. Ich bin ganz offen, mich stimmt das nachdenklich und ich bin auch ein Stück weit besorgt darüber, wie sich der Diskurs in den vergangenen Monaten zum Negativen verändert hat. Wir alle erinnern uns an die Demos von Fridays-for-Future. Das war bunt und vielfältig. Heute rückt das ein Stück weit in den Hintergrund. Heute ist der Diskurs rauer, gar unversöhnlicher geworden. An die Stelle von bunten Schülerdemos treten jetzt Aktionsformen einiger weniger. Ich denke zum Beispiel an die Letzte Generation. Es sind Aktionsformen, die wir entschieden ablehnen, auch deshalb, weil damit ein Absolutheitsanspruch einhergeht, der den demokratischen Diskurs fast unmöglich macht. Deshalb sage ich an dieser Stelle ganz klar: Auch der beste Zweck heiligt nicht die Mittel, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Ehrlicherweise besorgt mich auch ein Stück weit, wie Teile der Politik darauf reagieren. Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich einmal, was Friedrich Merz dazu getwittert hat: „Für diese Chaoten darf es null Toleranz geben. (...) die meisten werden im Gefängnis nicht besser. Aber solange sie sitzen, ist draußen Ruhe.“ Ich erwähne auch, was Andreas Scheuer auf Twitter von sich gibt. Ich zitiere erneut: „Sperrt diese Klima-Kriminellen einfach weg!“.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch solche Aussagen schaden dem demokratischen Diskurs in diesem Land.

(Beifall von der SPD. - Unmutsbekundungen bei der CDU. - Zurufe von der CDU.)

Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Gerichte - das ist offenbar alles nicht so wichtig, wenn es gegen die Richtigen geht. Natürlich haben solche verbalen Entgleisungen ‑ ‑

(Unruhe. - Abg. Theis (CDU) : Warum tun Sie nichts?)

Ich bitte um Ruhe im Saal. Das Wort hat die Abgeordnete Braun.

Ich habe Ihre Empörung zur Kenntnis genommen. Sie können jetzt weiter zuhören.

Entschuldigung, einen Moment bitte, Frau Kollegin Braun. Ich bitte um Ruhe im Saal. - Das Wort hat die Kollegin Braun.

Danke schön. - Solche verbalen Entgleisungen haben System. Es dient dazu, die Klimabewegung zu delegitimieren. Es dient dazu, sie als Ganzes zu diskreditieren. Es dient dazu, die politische Agenda ein Stück weit zu verschieben. Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sollte im Saarland keine Schule machen.

(Beifall von der SPD.)

Der Umbau der Stahlindustrie zeigt doch gerade, es war richtig, dass Fridays-for-Future zusammen mit der IG Metall auf die Straße gegangen ist. Es war richtig, dass wir uns trotz Meinungsverschiedenheiten auf ein gemeinsames Ziel verständigt haben. Es war richtig, dass wir nie abgerückt sind von der Vision von grünem Stahl. Wir senden damit aus dem Saarland ein so wichtiges Signal, ein wichtiges Signal auch für junge Menschen: Es hat sich etwas verändert in diesem Land. Es wird nicht mehr nur geredet, sondern es wird gehandelt. Wir schützen Klima und Arbeitsplätze mit einer Maßnahme.

(Beifall von der SPD.)

Deswegen bedanke ich mich bei allen, die dazu beigetragen haben. Danke vor allem auch an Anke Rehlinger, die seit Jahren darauf hinarbeitet, dass aus unserer Vision jetzt Wirklichkeit wird. So sollte es auch weitergehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn es gibt keinen grünen Stahl ohne grünen Strom. Es ist eigentlich ganz einfach. Schauen wir es uns einmal an. Früher war die Industrie immer dort, wo es die Rohstoffe - also in unserem Fall die Kohle - gab. Eine wasserstoffbasierte Industrie wird künftig dort hingehen, wo es genug Strom gibt, und zwar verlässlich und bezahlbar. Es geht noch weiter. Wenn man sich die Äußerungen mancher Ministerpräsidenten aus Norddeutschland richtig anschaut, erkennt man, dass die föderalen Verteilungskämpfe in Zukunft vielleicht nicht mehr nur um Geld, sondern vor allem auch um Strom geführt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch deshalb ist meine Partei konsequent für den Ausbau der Windkraft in unserem Land. Das erwarte ich auch von der Oppositionspartei.

(Beifall von der SPD.)

Ich komme zu einem weiteren wichtigen Schwerpunkt in diesem Haushalt. Es geht um

(Abg. Braun (SPD) )

den Bildungsetat. Bildung ist der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben. Bildung sorgt nicht nur dafür, dass wir unsere eigenen Talente erkennen, sondern auch dafür, dass wir die sich daraus ergebenden Chancen richtig nutzen können. Deshalb fließt jeder vierte Euro in die Köpfe unserer Kinder. Deshalb verkleinern wir die Klassen. Deshalb stellen wir mehr Lehrerinnen und Lehrer ein und sorgen für mehr Wertschätzung aller Fachkräfte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es fühlt sich so schön an, das zu sagen: Deshalb schaffen wir die Kita-Gebühren ab.

(Beifall von der SPD.)

Wir machen das aus gutem Grund: Es geht darum, dass Bildung endlich unabhängig von den Geldbeuteln der Eltern wird. Es geht darum, dass Alleinerziehende nicht einen Großteil ihres Gehalts in die Beiträge stecken müssen. Es geht auch darum, dass eine Familie aus Homburg nicht Tausende Euro pro Jahr bezahlen muss, während Krippe und Kita in Zweibrücken wenige Kilometer entfernt längst beitragsfrei sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gebührenfreie Bildung von der Kita bis hin zum Meister oder Master - das war ein großes Versprechen der SPD im Wahlkampf. Genau das setzen wir jetzt um.

(Beifall von der SPD.)

Wir setzen auch ein weiteres sozialdemokratisches Versprechen um: Wir führen im Saarland wieder das Abitur nach 9 Jahren an Gymnasien ein. Wir machen das in enger Abstimmung mit Eltern, Kindern, Fachkräften und Interessenvertretungen.

(Abg. Wagner (CDU) : Und Gymnasien.)

Eine Reform wie damals G8 - von oben heruntergedrückt - wird es mit der SPD nicht geben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Es geht zum einen darum, Schülerinnen und Schülern wieder mehr Zeit zu verschaffen: mehr Zeit, um Lernstoff zu vertiefen und zu wiederholen, mehr Zeit zur Persönlichkeitsentwicklung, aber auch mehr Zeit, um sich mit Freunden zu treffen oder sich in Vereinen zu engagieren. Es geht zum anderen aber auch darum, dass wir die Inhalte der Lehrpläne modernisieren und an das 21. Jahrhundert anpassen: Medienbildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Demokratiebildung und viele weitere Themen, die für junge Menschen jeden Tag eine Rolle spiele, werden jetzt Schulalltag. Liebe Christine Streichert-Clivot, ich freue mich auf die ausführliche Debatte im Januar im Hohen Haus.

(Abg. Wagner (CDU) : Ich bin mal gespannt.)

Ich bin auch auf Ihre Argumente gespannt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor uns liegt ein harter Winter. Die Inflation trifft uns alle

und sorgt dafür, dass sich viele weniger leisten können als noch im letzten Jahr. Am härtesten betroffen sind dabei diejenigen, die es schon vor der Krise schwer hatten. Ich denke an Obdachlose, Kranke, MigrantInnen, Menschen, die von Altersarmut betroffen sind. Magnus Jung hat diese Menschen unmittelbar nach seinem Amtsantritt in den Blick genommen. Entstanden ist dabei die WinterAktion Saar, ein bunter Strauß an sozialen Hilfsangeboten, Wintercafés, Lebensmittelausgaben, Angeboten der Aufsuchenden Sozialarbeit und vielen weiteren kreativen Ideen. Stand jetzt sind es über 150 Initiativen im ganzen Saarland, alle mit einem Ziel: Niemand soll im Winter hungern oder frieren. Niemand soll alleine sein. Vielen Dank, lieber Minister Magnus Jung, für diese wichtige Initiative!

(Beifall von der SPD.)

Ich möchte an dieser Stelle auch den LIGAVerbänden danken, dem Armutsbeirat, den Bürgermeistern und OrtsvorsteherInnen, den Ehrenamtshilfen, den Tafeln, Migrationsvereinen, Nachbarschaftshilfen - ich könnte ganz viele nennen, die sich einbringen. Vielen Dank dafür!

(Beifall von der SPD.)

So soll das auch weitergehen. Vieles, was jetzt ehren- und hauptamtlich läuft, ist ein Testlauf für unseren neuen Ansatz der quartiersbezogenen Armutsbekämpfung. Deshalb erfolgt zeitgleich eine Evaluation der Maßnahmen durch das iso-Institut. Es geht dabei um viel mehr als nur um Transferleistungen. Es geht darum, die besonderen Herausforderungen eines Stadtteils zu verstehen und Hilfeangebote besser darauf abzustimmen. Damit gute Ideen nicht im Sande verlaufen, legen wir in diesem Haushalt noch einmal 300.000 Euro drauf. - Eine gute Investition in den Zusammenhalt in unserem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD.)

Zum Schluss möchte ich auf zwei Änderungsanträge eingehen, die mir besonders am Herzen liegen. Das erste ist der Reparaturbonus. Wir alle kennen es aus dem Alltag: Wenn der Staubsauger nicht richtig funktioniert oder das Kabel vom Bügeleisen einen Wackelkontakt hat, dann wird das ohne handwerkliche Begabung richtig schwer. Und wie es dann so ist, landet das alte Ding schnell auf dem Speicher und nach 20 Jahren oder irgendwann auf dem Sperrmüll. Wir wollen das mit dem Reparaturbonus ändern. Wir wollen Anreize schaffen, damit mehr Saarländerinnen und Saarländer öfter auf Reparatur statt Neukauf setzen. Wir haben tolle Initiativen im Saarland. Ich denke zum Beispiel an den Verein Weltveränderer oder die Reparaturcafés in Merzig, Saarlouis und an vielen anderen Stellen. Ich freue mich darauf, dass wir den Reparaturbonus gemeinsam mit Ihnen jetzt umsetzen werden.

(Abg. Braun (SPD) )

50.000 Euro stellen wir dafür bereit. So geht Nachhaltigkeit im Kleinen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD.)

Es gibt einen zweiten Änderungsantrag aus meiner Fraktion, über den ich mich auch besonders freue, und zwar aus dem Bereich der Justizpolitik. Die Akzeptanz unseres Rechtsstaats hängt auch davon ab, dass jene, die unseren Rechtsstaat repräsentieren, die Vielfalt in unserer Gesellschaft wenigstens annähernd abbilden. Um ehrlich zu sein: Wir sind noch längst nicht am Ziel. Nur 27 Prozent der Staatsanwälte und Richter sind weiblich. Nur drei Frauen sind unter den 18 Jura-Professuren an der Universität des Saarlandes, obwohl heute mehr Frauen Jura studieren und statistisch auch besser abschließen. Wir werden deshalb mit diesem Haushalt das Erika‑Scheffen‑Habilitationsstipendium ermöglichen. Dafür stehen 30.000 Euro bereit. Es richtet sich explizit an promovierte Juristinnen, die im Saarland habilitieren wollen.

Das Stipendium trägt den Namen der ersten Richterin in der Geschichte des Saarlandes. Erika Scheffen, eine Pionierin, ursprünglich in Berlin geboren, setzte sich auch hier im Saarland aktiv ein, um mit manch brauner Vergangenheit in der saarländischen Justiz Schluss zu machen. 1969 wurde sie schließlich als zweite Juristin an den Bundesgerichtshof berufen. Ihr Name ist gerade in aller Munde, weil wir in diesem Jahr das Jubiläum „100 Jahre Frauen in juristischen Berufen“ begehen. Vielen Dank an den Juristinnenbund, der diese tolle Biographie in den Vordergrund gestellt hat.

(Beifall von der SPD.)