Protocol of the Session on December 7, 2022

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Dabei ist noch einmal deutlich geworden, dass die Qualität jeder einzelnen Maßnahme letztlich über den Erfolg des Fonds entscheiden wird. Deswegen wird es bei der Verausgabung der Mittel um höchste Sorgfalt gehen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Dieser Satz gilt auch an dieser Stelle. Wir nehmen das sehr ernst. Wir haben deshalb - ich bin sehr froh, dass uns das gemeinsam gelungen ist - die parlamentarischen Kontrollbefugnisse erheblich gestärkt. Ich finde es gut, dass wir das gemeinsam hinbekommen. Wenn wir uns im Verfahren einig sind - das scheinen wir an dieser Stelle zu sein -, dann ist alleine das schon ein Wert für die Demokratie. Dann kann man sich in der Sache auch wunderbar streiten. So gehört sich das in einer parlamentarischen Demokratie. Das ist ein wichtiger Erfolg.

(Beifall von der SPD.)

(Abg. Commerçon (SPD) )

Ich bin froh, dass auch ein Beirat die Regierung beraten wird und dass er - lieber Jürgen - dieser Regierung genau auf die Finger schauen wird. Das kann Regierungshandeln nur stärken und besser machen. Es ist ein Beirat, der im Übrigen nicht nur mit den entscheidenden Playern im Land, sondern auch mit hochkarätigen Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland besetzt ist. Ein DAX-Unternehmen wäre vermutlich bereit, viel Geld auszugeben, um diese Experten im Aufsichtsrat sitzen zu haben. Hier läuft das im Ehrenamt. Das ist auch ein saarländischer Weg, lieber Kollege Toscani. Danke an alle, die sich für dieses ehrenamtliche Engagement bereit erklärt haben. Es wird wichtig für den Erfolg des Transformationsfonds in diesem Land sein.

Ich will an dieser Stelle klar sagen, es ist gut, dass es einen Landesrechnungshof gibt, der ganz genau hinschaut und schon im Vorfeld Hinweise liefert, an welchen Stellen Sorgen bestehen. Wir nehmen das ernst und haben Ihre beratende Äußerung auch mit in die heute zu beschließenden Regelungen einfließen lassen. An dieser Stelle will ich etwas sagen. Ich habe mich erkundigt. Der Rechnungshof behauptet nicht, dass es ein Teufelskreis ist, sondern er stellt die Frage, ob es diesen Teufelskreis gibt. Ob das so sein wird, das wird die Zukunft entscheiden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Eben ist es anders rübergekommen.

(Abg. Toscani (CDU) : Das haben wir doch ge sagt: Stoppschild. - Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Eben klang es so, als hätte der Rechnungshof gesagt, es sei ein Teufelskreis der Verschuldung. Nein, er hat davor gewarnt und gesagt, das dürfe es nicht werden. Da hat der Rechnungshof in seiner beratenden Äußerung auch absolut recht, das darf es nicht sein. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen den Teufelskreis der Überschuldung, in dem wir uns seit vielen Jahren befinden, durchbrechen. Deswegen müssen wir heute in Zukunft investieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD.)

Ich will an dieser Stelle auch auf die Vorschläge der CDU eingehen. Immerhin, Sie teilen die Einschätzung der Landesregierung, dass eine Kreditaufnahme an sich - jenseits des Kernhaushaltes - unumgänglich ist. Ich will aber auch sagen, es wäre mutiger gewesen, Ihren Vorschlag in die Expertenanhörung mit einfließen zu lassen. Die Zeit dafür wäre da gewesen.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU) : Das war das Ergebnis Ihrer Expertenanhörung.)

Es ist letztlich allerdings egal. Sie haben jetzt eine Lightversion vorgelegt. Das ist Ihr gutes Recht, aber Ihre Pflicht wäre jetzt auch, klar zu sagen, welche Projekte bei Ihnen herunter

fallen sollen. Spätestens nach der letzten Woche ist doch klar, dass es alleine 500 Millionen Euro plus X sein werden, die wir landesseitig zur Flankierung der Leitinvestition in die Stahlindustrie werden bereitstellen müssen. Fast 1 Milliarde Euro wird absehbar für die Kofinanzierung von Bundes- und EU-Programmen gebraucht. Man muss kein Finanzmathematiker sein, um festzustellen, dass 1 Milliarde nicht reicht. Sie fordern mehr Geld von Berlin und Brüssel und im gleichen Atemzug verhindern Sie, dass das Geld ins Land fließen kann, weil Sie die Voraussetzungen dafür verweigern, liebe Kolleginnen und Kollegen. So wird das nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist kein guter Vorschlag.

(Beifall von der SPD.)

Kollege Toscani, Sie haben das schon vor zwei Monaten so genannt und heute wiederholt. Sie gingen auf Nummer sicher. Lieber Kollege Toscani, da ist was dran. Ihr Vorschlag geht auf Nummer sicher. Käme Ihr Vorschlag zum Tragen, wäre das Ende der Stahlindustrie an der Saar sicher.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

In der Aussprache zur Einbringung des Regierungsentwurfs vor zwei Monaten hatten Sie gesagt: „Wenn das schiefgeht, ist das Saarland weg.“ Und ja: Das beherzte Anpacken des Strukturwandels ist nicht risikolos. Es ist nicht ausgemacht, dass alles gelingen wird.

(Abg. Schäfer (CDU) : Risikoabwägung!)

Aber meine sehr verehrten Damen und Herren, noch klarer ist, mit Ihrem Vorschlag kämen wir überhaupt nicht voran. Mit Ihrem Vorschlag wäre das Saarland sicher weg. Genau das wollen wir verhindern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Geben Sie mir auch die Gelegenheit, etwas zur Notlagebegründung zu sagen. Diese wurde von Ihnen wochenlang scharf kritisiert. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen - Ihr Parteifreund Hendrik Wüst - scheint das anders zu sehen. Er hat unsere Begründung in weiten Teilen übernommen. Früher hat man hier im Saarland manchmal ein bisschen von Nordrhein-Westfalen abgeschrieben, heute läuft es andersrum. Auch das ist ein Beleg für die solide Arbeit der neuen Landesregierung.

(Zuruf des Abgeordneten Schäfer (CDU).)

Ihr Begründungsvorschlag ist unterm Strich eine Verschlimmbesserung. All das, was Sie dort sagen, stimmt in der Sache. Da steht abstrakt etwas von Klimaschutz und Verbrenner-Aus, da steht etwas davon, dass das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung getroffen hat und dass es einen Green Deal der Europäischen Union gibt. Das ist der politische Rahmen. In

(Abg. Commerçon (SPD) )

dem bewegen wir uns allerdings schon lange. Wie aber wollen Sie eine besondere Notlage begründen, wenn sich nichts verändert hat? Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sehen, dass das kein so guter Vorschlag ist. Was ist denn der Unterschied gegenüber der Lage vor einem Jahr? Es ist der Energiepreisschock, hervorgerufen durch die Folgen des Kriegs gegen die Ukraine. Dieser exogene Schock führt zur extremen Beschleunigung und erheblichen Verteuerungen der ohnehin notwendigen Transformation. Wir haben das alles in der vergangenen Woche positiv erleben dürfen. Deshalb sind wir überzeugt davon, dass wir die bessere Begründung gewählt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, und zwar eine, die trägt, auch verfassungsrechtlich. Darauf wird es letztlich im Zweifelsfall ankommen.

(Beifall von der SPD.)

Sie wollen in zehn Jahren 1 Milliarde im Kernhaushalt einsparen. Ich muss schon sagen, lieber Kollege Toscani, es ist beeindruckend, welchen Ehrgeiz man als Finanzminister auch noch nach dem Ende der Amtszeit entwickeln kann. Jakob von Weizsäcker geht mit gutem Beispiel voran. Wir erhöhen mit diesem Haushalt 2023 den Investitionsanteil um 10 Prozent. Aber 1 Milliarde Euro im Kernhaushalt? Wie soll das gehen, wenn die freiwilligen Ausgaben weniger als 100 Millionen im Jahr betragen? Ich frage Sie: Wo wollen Sie sparen? Ich habe mir Ihre Änderungsanträge mal angeschaut. Beim ÖPNV, bei der Polizei, bei den Lehrerinnen und Lehrern, also bei den konsumtiven Aufgaben? Schauen wir uns Ihre Änderungsanträge mal an: investiv kein Cent mehr und alles in den Konsum gegeben. Das ist unsolide Haushaltspolitik, die Sie betreiben!

(Beifall von der SPD. - Zuruf des Abgeordne- ten Schäfer (CDU).)

Sie versuchen - Kollege Toscani, Sie haben eben den drittletzten Buchstaben des Alphabets genannt -, den Leuten ein X für ein U vorzumachen. Das werden sich die Menschen draußen aber nicht gefallen lassen. „Satz mit X, war wohl nix“, kann ich an dieser Stelle nur sagen.

(Beifall von der SPD.)

Ihr Vorgehen, gerade bei diesen Haushaltsberatungen, ist Politik zulasten künftiger Generationen: geringere Investitionsquote, wenn wir Ihre Änderungsanträge angenommen hätten, unterlassene Zukunftsinvestitionen, Angreifen von Rücklagen und Erhöhung der Schulden im Kernhaushalt. Unter seriöser Finanzpolitik stelle ich mir etwas komplett Anderes vor, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Zur Tilgungsdauer: Dass sich 1 Milliarde schnel ler tilgen als 3 Milliarden, ist eine Binsenweis heit. Wir haben uns das genau angeschaut und

abgewogen. Für uns war immer entscheidend, dass die Tilgungsraten so gestaltet sein müssen, dass die positiven regionalwirtschaftlichen Effekte ihre Wirkung entfalten können. Wir verkürzen das jetzt auf 35 Jahre, weil wir die Hinweise aus der Anhörung sehr genau gedeutet haben. Im Übrigen bewegen wir uns damit im Bundesländervergleich auf einem sehr moderaten Niveau. Auch da wieder das Beispiel Nordrhein-Westfalen: Die CDU-geführte Landesregierung dort tilgt beispielsweise den CoronaSonderfonds über 50 Jahre. Es ist, wie Jakob von Weizsäcker gesagt hat - und das müssen wir weiterhin berücksichtigen: Wann geht denn der Häuslebauer in die Knie? - Wenn er zu schnell tilgt. Wir machen diesen Fehler nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gehen einen verantwortungsvollen Weg, auch bei der Tilgung.

(Zuruf des Abgeordneten Schäfer (CDU).)

Bevor ich zum Haushalt 2023 im Besonderen komme, möchte ich zusammenfassen: Eine außergewöhnliche Notsituation - das ist Punkt 1 - liegt vor. Andere Bundesländer ziehen jetzt nach, oft sogar mit einer gar nicht vergleichbaren Betroffenheit. Zweitens: 3 Milliarden Euro werden gebraucht. Die Hälfte davon ist längst verplant. Die Leitinvestition in die saarländische Stahlindustrie belegt das eindrücklich. Drittens: Wir stärken die Kontrollbefugnisse des Parlaments und des Beratungsgremiums. Wir setzen auf den engen Austausch mit dem Landesrechnungshof. Wir versprechen höchste Seriosität bei der Verausgabung der Mittel. Wir werden daher als SPD-Fraktion heute mit gutem Gewissen der Einrichtung des Transformationsfonds zustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Lassen Sie mich noch in Kürze auf die Schwerpunkte des Haushalts 2023 eingehen. Der Haushalt umfasst 5,4 Milliarden Euro. Davon - auch das mal deutlich gesagt - leiten wir 800 Millionen Euro direkt an die Kommunen weiter, eine Steigerung um 10 Prozent. Die kommunale Finanzsituation werden wir uns in dieser Legislaturperiode noch einmal genauer anschauen. Völlig klar ist aber: So viel Geld haben die Kommunen noch nie vom Land bekommen. Auch das gehört zur Wahrheit und müsste mal ausgesprochen werden.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Wir haben eines vor der Wahl versprochen und lösen es auch ein: Wir haben als SPD-Fraktion in diesem Haushalt dafür gesorgt, dass die Begutachtung zur Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs nicht nur den horizontalen Finanzausgleich und die Verteilung untereinander betrachten wird, sondern auch den vertikalen Finanzausgleich und die Aufgabenzuweisung. Das alte Gutachten von Bouillon hat doch nur dazu

(Abg. Commerçon (SPD) )

geführt, dass versucht wurde, der einen Kommune etwas wegzunehmen, um es der anderen zu geben.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Das ist unterm Strich nicht der richtige Weg. Wir müssen über Aufgabenkritik nachdenken, das Ganze effizienter gestalten und uns an dieser Stelle ehrlich machen. Das werden wir in dieser Legislaturperiode tun, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD.)

Insgesamt wird meine Fraktion Abänderungen im Umfang von fast 4 Millionen Euro vornehmen. Auch das haben wir in den vergangenen Jahrzehnten so nicht gehabt, dass eine Fraktion alleine so viele Änderungsanträge - auch im Detail - beschlossen hat, für Kultur und Vereine, für Start-ups und Diversifizierung, für Sicherheit und Klimaschutz. Ich stelle damit fest: Noch nie hat der Landtag von seinem Haushaltsrecht selbstbewusster Gebrauch gemacht, sowohl beim Transformationsfonds und dem Nachtragshaushalt als auch beim Haushalt für das Haushaltsjahr 2023.

(Abg. Schäfer (CDU) : Ei ei ei.)

Auch das ist eine besondere Botschaft des heutigen Tages.

(Zuruf des Abgeordneten Schäfer (CDU).)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben immer gesagt, es geht um Transformation innerhalb von Branchen, aber auch branchenübergreifend. Es geht um Neuansiedlungen und darum, die Liste, die bereits geschrieben ist, fortzuschreiben. Deshalb sichern wir im Haushalt 2023 auch den Masterplan 2 Industrieflächen ab. Wir werden dabei auch alte Industrieflächen reaktivieren, um den Flächenverbrauch zu begrenzen. Auch das ist vorausschauende Ansiedlungspolitik. Auch dafür ein herzliches Dankeschön an die Landesregierung.

(Beifall von der SPD.)

Natürlich geht es auch um mehr Diversifizierung. Wir alle wissen, dass ein besserer Branchenmix gerade in Krisenzeiten besonders wichtig ist. Es gibt viele gute Beispiele, wo das gelingt. Ich denke an die Kooperation von CISPA und Airbus, die 500 Arbeitsplätze schaffen wird. Ich denke an aufstrebende Unternehmen mit riesigem Potenzial wie die Pyrum AG oder abat+. Auch hier wollen wir die Liste fortschreiben. Wir investieren deshalb in den Gigabitausbau, in die Kreativwirtschaft, in die kleinen und mittelständischen Unternehmen, in Forschungstransfer und Ausgründung. All das sind Investitionen in die Arbeitsplätze der Zukunft. Auch das war ein Versprechen der neuen Landesregierung. Auch das setzen wir jetzt um, liebe Kolleginnen und Kollegen.