Protocol of the Session on December 7, 2022

(Abg. Toscani (CDU) )

Frau Rehlinger, Sie und die SPD Saar verlassen gerade diesen saarländischen Weg. Sie verlassen den Weg der Solidarität. Saarland-Liebe? Von wegen! Wer das Saarland liebt, macht so etwas nicht!

(Anhaltender Beifall von der CDU.)

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Toscani, und erteile nun für die SPD-Landtagsfraktion dem Fraktionsvorsitzenden Ulrich Commerçon das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! 8 Monate sind seit der Landtagswahl vergangen. Was hat sich seitdem hier verändert? Nun, die Debatten sind lauter geworden, manche sagen auch, sie seien engagierter geworden. Ich sage, manche davon sind in den vergangenen Monaten zu laut oder zu schrill gewesen,

(Sprechen)

aber ich sage auch, es ist das Vorrecht der Opposition, ein bisschen laut und schrill zu sein, wie es auch das Vorrecht der Jugend ist.

(Lachen.)

Und umgekehrt gilt: Wer die Regierung stellt und die Mehrheit hat, trägt auch die Verantwortung und tut gut daran, sich ein wenig ruhiger zu äußern. Ich weiß, das fällt mir manchmal schwer, heute fällt es mir recht leicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen stelle ich alles in allem fest: Der Wettbewerb tut uns insgesamt gut, er tut dem Parlament gut und er tut auch der Regierung gut. Weniger Streit in der Regierung, mehr Streit im Parlament, so kann es weitergehen. Die Rollen sind gut verteilt in diesem Land!

(Beifall von der SPD.)

Lassen Sie mich zuerst einmal Danke sagen. Danke an die Haushälterinnen und Haushälter, die parteiübergreifend in den vergangenen Monaten am Haushaltsentwurf hart gearbeitet und in der Sache hart gestritten haben. Stellvertretend will ich, wie das üblich und guter Brauch ist, an dieser Stelle dem Vorsitzenden des Haushalts- und Finanzausschusses, Stefan Thielen, für eine immer faire, sachgerechte Führung des Ausschusses danken. Herzlichen Dank, lieber Stefan, das hast du ganz hervorragend und vorbildlich gemacht. Dafür auch seitens der SPDFraktion alles Gute für die Zukunft!

(Beifall von der SPD und von der CDU.)

Ich bin überzeugt, die Arbeit an diesem Haushalt hat sich gelohnt. Frau Präsidentin, ich möchte auch der Landtagsverwaltung danken, genauso den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatskanzlei, der Ministerien, insbesondere natürlich des Ministeriums der Finanzen und für Wissenschaft, und selbstverständlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsfraktionen. Für viele Abgeordnete - ich schaue hier in die Reihen - und für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war das der erste Haushalt. Lieber Stephan Toscani, ich denke, du stimmst mir zu, wenn ich sage, den ersten Haushalt, die ersten Beratungen dazu, behält man lange in Erinnerung, die vergisst man nie. Deswegen auch euch allen, die ihr hier neu seid, ein herzliches Dankeschön für eure engagierte Arbeit!

(Beifall von der SPD.)

Vor allem will ich aber auch den zahlreichen Verbänden danken, die an den Haushaltsanhörungen teilgenommen haben. Es wurden viele Anregungen vorgetragen und gut begründet. Sie werden feststellen: Wir setzen neben einigen Neuheiten doch auch ein gutes Stück weit auf Kontinuität. Vielen Dank allen Verbänden für die guten Diskussionen und die wichtigen Anregungen. Vieles davon konnte auch jetzt eingearbeitet werden. So gehört sich das in einem Parlament und so ist parlamentarische Arbeit auch wirklich wertvoll für unsere Demokratie.

Und weil ich gerade dabei bin: Nicht zuletzt danke ich in diesen Zeiten ganz ausdrücklich den Journalistinnen und Journalisten, die hartnäckig und unbequem, manchmal herausfordernd und ungeduldig ihrer Aufgabe nachkommen, denn eine starke Demokratie braucht unabhängigen, sie braucht kritischen Journalismus. Dazu gehört eine freie Presse, dazu gehört eine Vielfalt der Medien und dazu gehört auch ein auskömmlich finanzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Deswegen den Kolleginnen und Kollegen an dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön für die manchmal streitbare, aber immer konstruktive und im Sinne der lebendigen Demokratie geleistete Arbeit. Ein herzliches Dankeschön an Sie!

(Beifall von der SPD und bei der CDU.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade nach 10 Jahren einer alles in allem erfolgreichen, am Ende aber doch ein bisschen zu bequemen Großen Koalition ist diese SPD-Alleinregierung eine riesige Chance für unser Land, ein Gewinn. Sie ist eine Regierung, die Zukunft anpackt, sie steht für weniger Streit, weniger Show, sie steht vor allem für klare Führung. Sie steht für Ministerinnen und Minister, die sich nicht in den Vordergrund drängen, sondern ihre Arbeit machen. Sie steht für pragmatisches und solides Regierungshandeln gerade in Krisenzeiten. Ein herzliches

(Abg. Toscani (CDU) )

Dankeschön an dieser Stelle auch an unsere Landesregierung!

(Beifall von der SPD.)

Herr Kollege Toscani, weil Sie das Leitbild eingefordert haben: Na ja, diese Landesregierung musste sich, nachdem sie gebildet wurde, nicht lange mit einem Leitbild befassen, sie ist gleich an die Arbeit gegangen. Über das Leitbild haben die Saarländerinnen und Saarländer am 27. März abgestimmt. Ich gebe Ihnen gleich das Regierungsprogramm, da können Sie alles nachschlagen, da steht alles drin. Das ist das Leitbild dieser SPD-Alleinregierung, und das ist auch gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von der SPD.)

Vor allem steht diese Landesregierung nicht für große Worte, sondern für den Mut zur Entscheidung. Es ist die Entscheidung, ob wir den Strukturwandel einfach über uns ergehen lassen oder ob wir die Transformation gestalten wollen. Es ist völlig klar, wir haben uns entschieden. Wir wollen eben nicht einfach zuschauen, wir wollen diesen Teufelskreis durchbrechen, wir wollen Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren und damit wollen wir dem Vertrauen der Saarländerinnen und Saarländer gerecht werden. Darum geht es auch am heutigen Tage.

(Beifall von der SPD.)

Es ist interessant, Kollege Toscani, dass Sie Ford angesprochen haben. Das ist eine große Herausforderung. Sie werden jetzt nicht unbedingt behaupten wollen, dass es das Ergebnis dieser Landesregierung gewesen ist, dafür war es zu kurz danach. Das haben Sie auch nicht getan. Was Sie nicht erwähnt haben, ist beispielsweise ZF. Da wurde nach wenigen Wochen gezeigt, dass dieses Land Zukunftsstandort ist. Unser Ziel ist es, den Strukturwandel ohne Strukturbrüche zu gestalten. Wie das bei ZF gelingt mit 9.000 hochqualifizierten Beschäftigten, ist doch ein riesiger Fortschritt, den wir nach wenigen Monaten dieser Landesregierung im Amt verzeichnen konnten. Worum geht es dabei? Es geht um den Wandel vom Hybridantrieb hin zum E-Motor in der Automobilindustrie. Es ist doch ein Mega-Erfolg dieser Landesregierung, gemeinsam mit den Beschäftigten, gemeinsam mit dem Unternehmen dafür gesorgt zu haben, dass das ZF-Werk in Saarbrücken zum Leitstandort, zum Kompetenzzentrum in Sachen elektrische Antriebssysteme wird, um den europäischen Markt von Saarbrücken aus zu bedienen. Dafür braucht man kein weiteres Leitbild, das ist tatkräftiges pragmatisches Handeln, und darum wird es auch in den nächsten Jahren gehen!

(Beifall von der SPD.)

Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen, das war das Versprechen der SPD und das war das

Versprechen von Anke Rehlinger im Wahlkampf. Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen, darum geht es zunächst auch mal bei den Beschlüssen des heutigen und morgigen Tages. Ein Blick auf die letzten Tage, auf die Stahlindustrie zeigt doch, bereits nach etwas mehr als einem halben Jahr gibt es Grund zur Zuversicht. 3,5 Milliar den Euro werden in klimaneutrale Stahlproduktion investiert. Das wird die größte Leitinvestition in der Geschichte des Saarlandes überhaupt und es ist eine der größten Investitionen in ganz Europa. Es ist eine Leitinvestition für den Erhalt von Tausenden Arbeitsplätzen und die Sicherung von Wertschöpfung. Diese Investition beweist: Stahl hat Zukunft - auch über dieses Jahrzehnt hinaus. Danke deswegen an Anke Rehlinger, an Jürgen Barke, an das Unternehmen und danke an alle, die darauf hingearbeitet haben. So geht verantwortliches Regierungshandeln!

(Beifall von der SPD.)

Darum geht es in diesen Tagen und in den nächsten Monaten und Jahren und Jahrzehnten: Es ist auch eine Leitinvestition in den Klimaschutz, eine Leitinvestition, die im Bund und in der Europäischen Union ihresgleichen suchen wird. 4,9 Millionen Tonnen CO2 können so ab 2027 jährlich eingespart werden. Der CO2-Ausstoß sinkt damit bis 2030 um 55 Prozent, bis 2035 um 80 Prozent und dann später auch noch Richtung null.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass manche noch gar nicht richtig verstanden haben, was für eine Dimension das überhaupt ist. Es wird bedeuten, dass das Saarland in den kommenden Jahren bundesweit vielleicht die beste Bilanz bei der CO2Reduktion aufweisen wird. Es gab einmal eine von der CDU geführte Landesregierung, die eine ähnlich gute Bilanz gehabt hätte. Von einer grünen Umweltministerin gab es ein entsprechendes Papier. Da war allerdings ein Leitbild, das am Ende ohne die Stahlindustrie gewesen wäre. Damit hätte man die CO2-Reduktion auch hinbekommen. Das wollen wir ausdrücklich nicht. Wir wollen CO2-Reduktion mit Stahl in diesem Land. Dafür steht diese Landesregierung.

(Beifall von der SPD.)

Wir werden damit europaweit zum Leuchtturm für grünen Stahl werden. Es wird bedeuten, dass die Expertise für die klimaneutrale Produktion hier in unserem Land entsteht - Expertise, die hoffentlich und sicherlich auch für andere Unternehmen hier im Land interessant sein wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war eine SPD-Landesregierung - viele meiner Kollegen in der Fraktion haben das nicht miterlebt, weil sie noch nicht auf der Welt waren ‑, die die Stahlindustrie in den Achtziger- und Neunzigerjahren gerettet hat. Jetzt ist es wieder eine SPD-Lan

(Abg. Commerçon (SPD) )

desregierung, mit der wir im Saarland künftig den klimafreundlichsten Stahl der Welt produzieren. Ich sage das selten, aber darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich mächtig stolz.

(Beifall von der SPD.)

Lieber Kollege Toscani, damit komme ich zum Transformationsfonds. Ein besseres Paradebeispiel für die Notwendigkeit unseres Transformationsfonds kann es eigentlich gar nicht geben. Mit dem Hochfahren zweier hochmoderner Elektroöfen überspringt die Stahlindustrie zwei Sprossen auf der Transformationsleiter, weil der Energiepreisschock alles verändert, weil dadurch manche Brückentechnologien mit einem Schlag unrentabel geworden sind und weil deshalb langfristig geplante Investitionsentscheidungen dringend vorgezogen werden müssen und zum Glück auch werden. Es ist ein klarer Beleg dafür, dass wir im Sommer den richtigen Vorschlag unterbreitet haben. Denken Sie in Ihrem eigenen Interesse noch einmal darüber nach. Sie täten gut daran, das anzuerkennen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU. Hier im Haus eher hinter vorgehaltener Hand - draußen im Lande übrigens ganz deutlich vernehmbar - tun das auch viele Christdemokratinnen und Christdemokraten und sagen: Euer Transformationsfonds ist genau der richtige Weg.

(Abg. Thielen (CDU) : Die Begründung ist doch falsch.)

Ich könnte Ihnen die Namen nennen. Einer saß in der letzten Legislaturperiode in der ersten Reihe. In anderen Ländern - das ist ein deutlicher Beleg - machen sie es uns schon nach. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie tun hier das Gegenteil. Einer Ihrer Abgeordneten sprach kürzlich von Schuldenpolstern auf Vorrat, um 10 Jahre ohne Druck regieren zu können. - Ver walten statt gestalten, dafür stehen andere, wir machen das umgekehrt.

(Unmutsbekundungen bei der CDU. - Zuruf des Abgeordneten Schäfer (CDU) und des Abgeordneten Theis (CDU).)

Das Interessante an dem Satz ist allerdings, dass dieser Kollege mit einer Erkenntnis schon einmal richtiggelegen hat. Die nächsten 10 Jah re wird es sicherlich nicht so sein, dass Sie wieder die Verantwortung in diesem Land übernehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD. - Zuruf von der CDU: Hochmut kommt vor dem Fall.)

Das hat mit Hochmut nichts zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir sind uns unserer enormen Verantwortung bewusst. Deswegen hat der Haushaltsgesetzgeber nicht alles einfach so übernommen, wie die Landesregierung es in einem ersten guten Entwurf vorgetragen hat. Wir haben abgewogen und heftig diskutiert. Wir haben - das werden wir insbesondere beim Trans

formationsfonds und beim Nachtragshaushalt tun - erhebliche Veränderungen vorgenommen, weil wir aus einem bisher schon guten Weg den bestmöglichen Weg für dieses Land machen wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Theis (CDU) : Sie haben Angst vor dem Verfassungsgericht, nichts anderes, Herr Commerçon.)

Die umfassende Anhörung im Haushaltsausschuss stand in einem deutlichen Kontrast zu Ihrer Zaghaftigkeit. Die Expertinnen und Experten haben uns wichtige Hinweise geliefert, die wir auch berücksichtigt haben. Ich finde - ich kann das nach 23 Jahren sagen -, es war eine echte Sternstunde dieses Parlamentes, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es war voller Erkenntnis, es war seriöse parlamentarische Arbeit und Beratung. Ich bin sehr froh darüber, dass wir diesen Weg in den letzten Wochen hier in diesem Parlament gegangen sind.

(Beifall von der SPD. - Zurufe von der CDU.)

Es gibt nicht die eine Meinung zu unserem Vorhaben. Es gibt Lob, es gibt auch Kritik, aber letztlich ist vor allem eines klar geworden: Bei einer Entscheidung von dieser Tragweite kommt es am Schluss auf unser Abwägen als Abgeordnete des saarländischen Landtages an. Wir haben die politische Verantwortung zu tragen. Die kann uns auch niemand abnehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht die Expertinnen und Experten und auch nicht irgendwelche anderen Personen. Nur wir tragen diese Verantwortung und wir können uns - da werden Sie zustimmen - nicht vorwerfen lassen, wir hätten uns diese Entscheidung leicht gemacht. Wir haben sie sehr sorgfältig und intensiv diskutiert, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)