Protocol of the Session on April 24, 2024

Ich möchte noch einen weiteren Punkt aufgreifen, der mir sehr am Herzen liegt. Unser Saarland ist Ehrenamtsland und darauf sind wir sehr stolz. Da ist es nicht mehr als konsequent und richtig, dass wir die Förderung des Ehrenamts nicht nur in die Verfassung schreiben, sondern das auch umsetzen.

(Beifall von der SPD.)

Alle von uns wissen, was es heißt, Vereinsarbeit zu leisten. Vereinsführung - selbst in kleinen Vereinen - ähnelt nicht selten der Führung eines Unternehmens. Von der Mitgliedergewinnung und -bindung über die Datenschutzgrundverordnung bis hin zu Jugendschutz, von Motivation über Kassenführung bis Hygieneschulung, die Themen und Aufgabenstellungen sind vielfältig und zu allem gibt es auch ein breites Angebot an Schulungen und Weiterbildungen. Da sich alle diese engagierten Menschen in ihrer Freizeit um die ehrenamtlichen Aufgaben kümmern, sollten sie für die Fort- und Weiterbildung in diesem Bereich die besten Voraussetzungen haben.

Es ist ein kleiner Schritt für uns, dieses Gesetz noch besser zu machen, indem wir den Spielraum erweitern und mehr Zeit zur Verfügung stellen, um die Menschen, die sich in ihrer Freizeit im Ehrenamt engagieren, zu stärken und ihnen das passende Rüstzeug mitzugeben. Ich glaube, es liegt auf der Hand, warum das Bildungsfreistellungsgesetz ein wichtiger Baustein für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist.

Aber wie sieht es mit den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern aus? Darüber wurde eben hitzig diskutiert. Deswegen gehe ich darauf jetzt auch einmal ein. Natürlich profitieren auch diese ganz wesentlich vom Bildungsfreistellungsgesetz. Beschäftigte, die sich für Weiterbildungsmaßnahmen freistellen lassen, verbessern ihre Fähigkeiten und Kenntnisse. Dadurch steigert sich die Produktivität und die Qualität ihrer Arbeit im Betrieb. Gleichzeitig steigert sich auch die Attraktivität als Arbeitgeber. Denn Unternehmen, die ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zur Bildungsfreistellung bieten, ziehen motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an und binden sie an ihr Unternehmen.

(Abg. Meiser (SPD) )

In einer immer schneller werdenden Welt ist lebenslanges Lernen - das haben wir eben schon gehört - unverzichtbar, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch die Unterstützung der Weiterbildungsmöglichkeiten ihrer Mitarbeiter können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sicherstellen, dass ihr Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich am Markt besteht.

Des Weiteren steigert es die Zufriedenheit der Beschäftigten enorm, wenn Arbeitgebende signalisieren, dass sie sich um die persönliche und berufliche Entwicklung ihrer Mitarbeiter kümmern. Insgesamt trägt das Bildungsfreistellungsgesetz also dazu bei, dass Unternehmen qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anziehen, deren Qualifikation stärken und so auch wettbewerbsfähig bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie heute um Zustimmung zum Gesetz zur Änderung des Saarländischen Bildungsfreistellungsgesetzes für gute berufliche und politische Bildung, für ein starkes Ehrenamt, für starke Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für attraktive Arbeitsplätze und für unsere Demokratie. - Glück auf!

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank für Ihren Redebeitrag. - Als nächster Redner hat nun der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie, Herr Jürgen Barke, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Ich bin dankbar für die Debatte, die wir am heutigen Tag zum Bildungsfreistellungsgesetz führen, macht sie doch wieder deutlich, wo hier die unterschiedlichen Ansätze gesehen werden. Sie gibt mir auch die Möglichkeit, in meinem Redebeitrag noch einmal darauf hinzuweisen, dass man aus Prognosen, wie sie von führenden Wirtschaftsforschungsinstituten für den Wirtschaftsstandort Deutschland gemacht werden, nicht die falschen Schlüsse ziehen sollte.

Das Saarländische Bildungsfreistellungsgesetz in der Art, wie wir es heute vorlegen, zieht gleich mit den Bildungsfreistellungsgesetzen in der Mehrzahl der übrigen Länder und schafft damit Chancengleichheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Standort Saarland, etwa auch in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Rheinland-Pfalz. Wir werben um Fachkräfte aus ganz Deutschland und deshalb dürfen die Rahmenbedingungen für Fachkräfte im Rahmen der Weiterbildung und Qualifizierung am Standort Saarland nicht schlechter sein als in anderen Bun

desländern. Deshalb ist ein modernes, ein gutes Gesetz die richtige Antwort auf die Herausforderungen, vor die wir im Moment gestellt sind.

(Beifall von der SPD.)

Liebe Frau Mücklich-Heinrich, bei allen Investitionen, die die Wirtschaft in das Thema Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leistet, will ich an dieser Stelle eines auch deutlich sagen: Gerade im Saarland leisten wir als Landesregierung - das wird von mir auch in der dritten Legislaturperiode hintereinander verfolgt - einen deutlich überproportionalen Anteil zur Förderung von Weiterbildung und Qualifizierung in Unternehmen, weil wir gerade am Standort Saarland erkannt haben, dass im Strukturwandel, in der Transformation, in der wir uns befinden, es notwendig ist, dass gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da sind und das einmal Gelernte nicht ausreicht, um die Herausforderungen am Arbeitsmarkt in der Zukunft zu bestehen. Wir müssen unsere Weiterbildungsmöglichkeiten in allen Bereichen für jeden einzelnen Arbeitnehmer und jede einzelne Arbeitnehmerin ausschöpfen, damit wir uns auch die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Systemen in der Welt erhalten.

Ich will es einmal ganz deutlich sagen: Es ist nicht der limitierende Faktor in Wachstumsprognosen, dass wir hier viele hohe Arbeitskosten haben und viel in Weiterbildung und Qualifizierung investieren. Das ist überhaupt kein limitierender Faktor, ganz im Gegenteil. An einem Standort - das wiederhole ich immer wieder ‑, wo die Arbeitskosten deutlich höher sind als an anderen Standorten in der Welt, muss auch die Arbeitsstunde, die geleistet wird, deutlich mehr wert sein als an anderen Standorten in der Welt. Bei Megatrends wie Digitalisierung, Automatisierung, höherer Effizienz in den Unternehmen, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in der Lage sein, diesen Herausforderungen gerecht zu werden, damit die Wertschöpfungspotenziale, die in Unternehmen mit begrenzter Anzahl von Fachkräften heute noch gegeben sind, am Ende auch so umfassend gehoben werden, dass hinreichend Wirtschaftsleistung zur Finanzierung unseres Staatssystems auch in Deutschland gewährleistet wird. So herum wird ein Schuh daraus!

(Beifall von der SPD.)

Ich will auch einmal mit der Mär aufräumen, dass Bildungsangebote für jedwede Tätigkeit genehmigt werden müssten. Jeder, der heute als Bildungsträger eine Weiterbildungsmaßnahme entwickelt, muss dazu einen methodisch-didaktischen Nachweis führen, dass diese Maßnahme für entsprechende Berufsgruppen notwendig und geeignet ist. Diese Weiterbildungsmaßnahmen müssen nicht in unmittelbarem Bezug zu dem Unternehmen selbst stehen, aber sie müs

(Abg. Meiser (SPD) )

sen einen mittelbaren Bezug zum Unternehmen haben.

Jeder Arbeitgeber hat das Recht, sich die methodisch-didaktischen Konzepte zu Weiterbildungsmaßnahmen der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sie in Anspruch nehmen wollen, vorlegen zu lassen. Dann wird am Ende auch ein Arbeitgeber zu Recht entscheiden können, dass diese Maßnahme, wenn nicht einmal ein mittelbarer Bezug zum eigenen Unternehmen gegeben ist, auch abgelehnt werden kann. Um das an einem ganz praktischen Beispiel zu verdeutlichen: Wenn ein Mitarbeiter bei Saarstahl sich zum „Waldbaden“ einladen lässt oder sich für ein solches Seminar interessiert, dann wird der Arbeitsdirektor oder die Personalverwaltung das zu Recht ablehnen, weil dazu der mittelbare Bezug nicht mehr herzustellen ist.

Ich will auf einen Aspekt nochmal in besonderer Art und Weise eingehen. Das ist der vielfach beschworene Kampf der Systeme. Wir stehen im internationalen Wettbewerb mit China, wir stehen im Wettbewerb mit Amerika. Wir sind darauf angewiesen, dass wir Unternehmen haben, in denen auf der einen Seite die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre vollen Potenziale im Interesse der Unternehmen entfalten können und auf der anderen Seite Unternehmer bereit sind, dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen bereitzustellen. Nur so werden wir es möglich machen, die Innovationspotenziale in freien westlichen Gesellschaften zu heben. Deshalb ist es wichtig, dass ein gewisses Verständnis politischer und gesellschaftlicher Bildung bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Unternehmen vorhanden ist. Der Wert der freien westlichen Gesellschaft und die Kenntnisse dieses Wertes sind ein ganz entscheidender Beitrag dafür, dass die Innovationspotenziale entfaltet werden, weil es damit am Ende gelingt, im Wettbewerb mit anderen in der Welt zu bestehen. Deshalb gehört das sauber zusammen.

(Beifall von der SPD-Fraktion.)

Natürlich muss man schauen, dass man der Lebenswirklichkeit am Ende gerecht wird. Das ist in dem Abänderungsantrag wieder deutlich geworden. Wir wollen, dass die Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten und genutzt werden. Bei der Bereitschaft, Weiterbildung anzubieten, ist in dem einen oder anderen Unternehmen noch verdammt viel Luft nach oben. Die Masse der Unternehmen macht das, das haben wir heute schon erörtert.

Wir brauchen auch die Bereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sich weiterbilden zu lassen. Das gehört zu dem ganzen Thema. In Gesprächen mit mir sagen Unternehmer oft, sie würden die Mitarbeiter gern auf die Weiterbildung schicken, aber wenn sie

45 oder 50 Jahre alt sind, sagen sie immer: „Chef, nimm die Jungen. Für mich reicht es auch noch so.“ - Das ist eine völlig falsche Einstellung, weil es für den 45-Jährigen heute eben nicht mehr reicht. Deshalb brauchen wir gute Rahmenbedingungen im Bereich der Bildungsfreistellungen, sodass diese Angebote von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Zukunft deutlich stärker genutzt werden. Das ist ein Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und des Wirtschaftsstandortes Saarland. Deshalb ist das ein gutes Gesetz zum richtigen Zeitpunkt. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Danke, Herr Minister Barke, für Ihren Beitrag. Es ist eine weitere Wortmeldung eingegangen. - Herr Stefan Thielen von der CDU-Landtagsfraktion hat nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst vielleicht mal auf die Einigkeit eingehen, die wir mit Ihnen in vielen Punkten haben. Dazu gehört natürlich - das möchte ich ganz klar betonen -, dass Extremisten unseren Wirtschaftsstandort gefährden. Das ist für uns überhaupt keine Frage. Das habe ich schon öfter vertont, damals im direkten Duell mit der LINKEN. Ich werde es heute genauso sagen: Rechte Kräfte gefährden unser Land, unseren Wirtschaftsstandort und unsere Demokratie. Dazu müssen wir uns ganz klar bekennen.

(Beifall von der CDU-Fraktion.)

Jetzt so zu tun, als wäre das der Kernbestandteil dieses Gesetzes, ist der völlig falsche Ansatz. Das Thema politische Bildung ist nur eine kleine Schnittmenge, die wir mit dem Gesetz haben. Das Gesetz betrifft hauptsächlich unseren Wirtschaftsstandort. Weiterbildung und gute Ausbildung sind wichtige Standortfragen. Da sind wir uns auch alle einig. Dazu stehen wir ganz klar.

(Beifall von der CDU-Fraktion.)

Aber das ist nicht alles. Es kommen wichtige andere Faktoren dazu, die unseren Wirtschaftsstandort bedingen. Ich würde fast behaupten, dass diese momentan hier den Schwerpunkt darstellen. Es ist natürlich eine Kostenfrage. Viele Unternehmen sind in der aktuellen Situation durch Energiepreise belastet.

Die Standortfrage wird auch davon beeinflusst, wie die politische Führung vor Ort ist und welche Entscheidungen getroffen werden. In diesem Zusammenhang ist heute ein schwarzer Tag für den Wirtschaftsstandort Saarland. Das möchten wir an dieser Stelle ganz klar sagen. So, wie Sie

(Minister Barke)

dieses Gesetz verabschieden, aber auch so, wie Sie es hier am Pult vorgestellt haben, werden die Unternehmen die Ohren spitzen und genau hinsehen, was für eine Politik im Saarland betrieben wird.

(Beifall von der CDU-Fraktion.)

Es gibt ein paar Themen, die ich ansprechen möchte, die diese Aussage unterstreichen. Zuerst einmal zu dem Bild von Arbeit, das Sie, Herr Ahr, hier vermittelt haben. Man fühlt sich in Zeiten von Charlie Chaplin zurückversetzt. Sie zeichneten ein Bild vom Arbeitnehmer, der schwer geknechtet tagsüber seine Arbeit verrichten muss, nach einem harten Arbeitstag zurückkommt und nur wenig Zeit hat, sich noch politisch zu bilden.

(Zuruf des Abgeordneten Com merçon (SPD).)

Das ist doch nicht die Realität, Herr Commerçon!

(Zurufe. - Sprechen.)

Lassen Sie mich bitte aussprechen.

(Zurufe. - Abg. Commerçon (SPD) : Das kann ich Ihnen aber sagen. Sie schaffen mehr als Sie, Herr Thielen! - Sprechen.)

Das Wort hat nun Herr Thielen.

Diese unsachlichen Bemerkungen von Herrn Commerçon ‑ ‑

(Abg. Commerçon (SPD) : Reden Sie doch mal mit den Krankenschwestern! - Das Mikrofon des Redners fällt kurzzeitig aus.)

Ich möchte überhaupt nicht bestreiten, dass Menschen sehr hart arbeiten. Das ist keine Frage. Ich stelle nicht infrage, dass sie acht Stunden oder länger am Tag arbeiten. Die Frage ist, in welcher Realität wir leben und wie die heutige Arbeitswelt aussieht. Hier ist etwas ganz anderes entscheidend. Die meisten Menschen machen ihren Job gern und haben Freude daran. Sie lieben ihren Job und das Unternehmen, in dem sie arbeiten. Es muss immer einem Gleichklang von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geben.

(Beifall von der CDU-Fraktion.)

Was Sie hier dargestellt haben, ist etwas völlig anderes. Sie sprachen von Unternehmen als Hülle. Das ist nicht unser Bild von der sozialen Marktwirtschaft,

(Sprechen)

die hoch reglementiert zum Schutz der Arbeit in diesem Land durchgeführt wird.