Protocol of the Session on February 6, 2024

(Beifall von der CDU.)

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Theis. - Ich erteile nun für die Regierung das Wort der Ministerin für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz, Frau Petra Berg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schreiner, sehr geehrter Herr Fontaine, herzlich willkommen! Schön, dass Sie hier sind. Diese Debatte heute ist wichtig, aber sie ist nicht erst wichtig seit den Protesten, die wir jetzt auf der Straße vorfinden, sie wäre auch schon vor vielen Jahren wichtig gewesen. Auch dass sie so lautstark und wortreich geführt worden wäre, hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle auch auf Bundesebene von den dort Verantwortlichen gewünscht.

Es geht heute um unsere Landwirtinnen und Landwirte, die mit einem hohen persönlichen Einsatz, einer hohen Verantwortung wichtige Beiträge zum Gemeinwohl leisten. Sie sind die Leistungsträger in unserer Gesellschaft und deshalb zu Beginn meine Wertschätzung und meinen Dank dafür, dass sie so hochqualitative Nahrungsmittel herstellen, dass sie unsere artenreiche Kulturlandschaft pflegen, dafür, dass sie sich um Umwelt- und Naturschutz kümmern, aber auch, dass sie die Bereitschaft mitbringen, die notwendige Transformation zu einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Wirtschaftsweise Schritt für Schritt anzugehen und diesen Weg mit uns gemeinsam zu gehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte den Wegfall der Steuerrückerstattung für Agrardiesel - Sie können es sich denken - für einen Fehler. Ich sage es unumwunden: Ich halte auch die Art und Weise des Zustandekommens für einen großen Fehler, denn die Landwirtschaft wird überproportional belastet, ohne dass Alternativen zur Verfügung stehen. Es wurde gesagt und es ist richtig: Man hat nicht miteinander geredet.

An dieser Stelle hat sich der Einsatz der saarländischen Landesregierung, von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger gelohnt. Er hat Wirkung gezeigt, denn es konnte zwischenzeitlich zumindest ein Kompromiss gefunden werden.

(Beifall von der SPD.)

Sie wissen alle, dass es Folge des unermüdlichen Einsatzes von Anke Rehlinger war, dass man sich an einen Tisch gesetzt hat. Die Verbände waren in der Staatskanzlei zu Gast und hatten die Gelegenheit, mit dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zu reden und ihm

ihr Anliegen zu schildern. Gut geht es nur im Dialog, es geht nur gut miteinander.

Meines Erachtens geht dieser Kompromiss aber noch nicht weit genug. Es muss nämlich sichergestellt werden, dass die Menschen in den ländlichen Räumen nicht nur die Lasten des Transformationsprozesses tragen, sondern von dieser Transformation in den ländlichen Räumen auch profitieren können. Deshalb haben wir gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen am letzten Freitag im Bundesrat einen Entschließungsantrag eingebracht, der lautet: „Agrarwirtschaft im Dialog nachhaltiger und krisenfester gestalten“. Herr Theobald, ich stelle Ihnen mal die Lektüre dieses Antrages, dieser Drucksache anheim. Sie haben Sie offensichtlich nicht gelesen, denn vieles, was Sie hier gefordert haben, nein alles, steht in diesem Antrag drin. Herr Theis, Sie sind jetzt als Kandidat für Europa unterwegs und ich hoffe, dass Sie wenigstens dort, sollten Sie in das Europaparlament einziehen, etwas für die Landwirtschaft bewegen können, denn im Bund hat das in den vergangenen Jahren nicht so ganz geklappt mit den Bundesministern. Das gehört auch zur Ehrlichkeit hinzu.

Wir fordern vom Land einen längeren Übergangszeitraum für den Abbau der Agrardieselsteuerrückerstattung, denn - wie richtig gesagt wurde - sind wir gerade im Saarland auf die Wettbewerbsfähigkeit angewiesen. Im Wettbewerb mit Frankreich und Luxemburg sind unsere saarländischen Landwirte in einer wirklich krassen Schieflage. Darauf haben wir immer wieder auch beim Bundeswirtschaftsminister aufmerksam gemacht. Denn eines ist klar: Es fehlt an Alternativen. Wir brauchen mehr Zeit, um den Umstieg auf alternative Kraftstoffe zu ermöglichen, um praxistaugliche und wirtschaftliche Antriebstechnologien zu entwickeln und bereitzustellen, aber auch, um ein Innovations- und Marktanreizprogramm zu schaffen. Genau deshalb haben wir diesen Antrag in den Bundesrat eingebracht.

An der Stelle möchte ich einen kleinen Einschub machen. Wir haben im Bundesrat nicht nur diesen Antrag eingebracht. Im Bundesrat war auch ein Entschließungsantrag, der sich mit der Haftpflichtversicherung für zulassungsfreie selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Stapler befasst, das, was Landwirte auf ihren Höfen haben, kleine Maschinen und Stapler. Es gibt EU‑Vorgaben, dass diese Maschinen nicht mehr von der Versicherungspflicht befreit sind. Das sollte jetzt in nationales Recht umgesetzt werden. Die Regierungsfraktionen im Bundestag haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, damit diese Versicherungspflicht bis zum 1. Januar 2025 hinausgeschoben wird. Das ist eine enorme Erleichterung für die Landwirtinnen und Landwirte und hilft ihnen.

(Abg. Theis (CDU) )

Dieser Antrag, meine Damen und Herren, wurde von CDU-Seite blockiert. Es wurde Widerspruch eingelegt, sodass er jetzt nicht kommt. Diese Befreiung von der Versicherungspflicht wird nicht kommen. Im Gegenteil, wir steuern auf ein Vertragsverletzungsverfahren zu, Herr Theis, und das ist Ihre Arbeit und das gehört zur Wahrheit dazu!

(Beifall von der SPD. - Zuruf des Abgeordne- ten Theis (CDU).)

Das ist eine große Erschwernis in der Landwirtschaft. Sie belasten unsere Landwirtschaft in überbordender Art und Weise.

Meine Damen und Herren, deshalb fokussieren wir uns nicht auf den Wegfall der Steuerbegünstigung des Agrardiesels, die Problemlage ist viel weitreichender. Sie existiert ja schon seit Jahren, nein, seit Jahrzehnten. Auflagen, Rechtsverordnungen, Gesetze, mit all dem wird die Landwirtschaft konfrontiert. Die Bäuerinnen und Bauern fragen zu Recht: „Was darf ich mit meinem eigenen Land überhaupt noch machen? Was darf ich wann dort anbauen?“ Das hat zu einer Überforderung geführt. Deshalb fordert die Landwirtschaft ja nichts anderes, als dass man ihre Interessen berücksichtigt, dass man ausgewogen und planbar handelt. Sie fordern zu Recht von der Politik eine Berechenbarkeit, um den Bestand ihrer Betriebe zu sichern.

Ja, die Welt hat sich gewandelt. Deshalb müssen wir auch unsere Perspektive weiten. Es wurde gesagt, nicht nur die Krisen und Kriege in der Welt, auch die Biodiversitätsverluste, die Naturgewalten, die sich über unser Land ausbreiten, aber auch der Arbeitskräftemangel, die Folgen der Digitalisierung, alles das belastet gerade die Landwirtschaft ganz enorm und erfordert ein Handeln in vielen Feldern. Deshalb ist auch eines klar: An einem nachhaltigen Handeln und Wirtschaften in der Landwirtschaft führt perspektivisch gar kein Weg vorbei.

Unsere Bäuerinnen und Bauern haben sich schon auf diesen Weg gemacht. Sie sind bereit dazu, diese Transformation mit uns gemeinsam zu gehen. Wir wollen diesen Weg gemeinsam gehen, aber wir müssen ihnen auch die Gelegenheit und die Möglichkeit dazu geben. Deshalb braucht es dringend ein System, bei dem die Landwirtinnen und Landwirte ein stabiles und ein gutes Auskommen haben, dass sie von ihrer Hände Arbeit leben können und dass auch die Betriebe gesichert weitergegeben werden können an die nachfolgenden Generationen. Das System muss so gestaltet sein, dass wir treibhausgasneutral, umweltverträglich und artengerecht wirtschaften können. Deshalb müssen zwei Dinge gelten. Das Erste: gutes Geld für gute Lebensmittel. Das Zweite, ebenso wichtig: öffentliches Geld für gemeinwohlorientierte Leistungen.

Lassen Sie mich ganz kurz darauf eingehen. Gutes Geld für gute Lebensmittel heißt gerechte und verlässliche Erzeugerpreise. Das richtet sich an uns alle, also an jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns. Die Kollegin Flora Elisa Schröder hat es eben gesagt. Wem Tierwohl wichtig ist, dem müssen auch die Lebensmittel etwas wert sein. Gerade regionale Lebensmittel müssen uns etwas wert sein. Deshalb kämpft diese Landesregierung für gute Arbeit und gute Löhne, denn - das ist kein Geheimnis - regionale Lebensmittel muss man sich leisten können. Das geht nur mit guten Arbeitsplätzen und guten Löhnen.

(Beifall von der SPD.)

Zum Zweiten müssen wir dafür eintreten, dass das Preisdumping nicht auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern ausgetragen wird. Das ist nicht akzeptabel. Deshalb ist es eine weitere Forderung im Bundesrat, dass die Marktposition der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber dem Handel verbessert wird. Drittens müssen wir uns mit den wahren Preisen von Lebensmitteln auseinandersetzen. Die Produkte, die von weither kommen, weite Wege hinter sich haben und oft unter ganz schlechten Arbeitsbedingungen und unter Missachtung von Umwelt- und Naturschutzstandards hergestellt werden, sind die wirklich teuren Lebensmittel, denn für sie bezahlen wir am Ende alle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, staatliche Subventionen sind - Maximilian Raber hat es eben gesagt - keine Geschenke. Sie sind nicht mehr und nicht weniger als ein Ausgleich für die Auflagen, die die Landwirtschaft hier im Lande hat. Von diesen Auflagen und hohen Standards profitieren wir alle. Jeder Einzelne hier im Land profitiert davon. Deshalb sind Subventionen keine Geschenke, sondern ein gerechtfertigter Ausgleich für die Einhaltung dieser Standards. Ich sage es noch einmal: öffentliches Geld für öffentliche Leistungen. Bäuerinnen und Bauern müssen befähigt werden, von ihrer Hände Arbeit zu leben.

Deshalb brauchen wir ein Agrarfördersystem, das weder für die Verwaltung noch für den Berufsstand unmöglich ist. Es muss praxistauglich sein, es muss durchsetzbar sein und es muss auch neben der Arbeit in der Landwirtschaft möglich sein. Das Beantragen von Förderungen und das Generieren finanzieller Mittel darf nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen, als die eigentliche Arbeit in Anspruch nimmt. Deshalb müssen wir die Verwaltungsstrukturen dringend überprüfen. Auch das ist eine Forderung von uns.

Für die Demonstrationen und die Proteste gerade im Saarland möchte ich mich bei den Verbänden, die unterstützt haben, bedanken. Es waren viele. Es waren gute, faire und friedliche Protes

(Ministerin Berg)

te, die wir im Saarland erlebt haben. Dafür vielen herzlichen Dank an die Organisatoren, aber auch an alle Teilnehmenden, die das möglich gemacht haben.

(Beifall von der SPD.)

Auch an den Bund richten wir unsere Forderungen. Zwei Kommissionen waren dort ins Leben gerufen worden, nämlich die Borchert-Kommission und die Zukunftskommission Landwirtschaft. Beide Kommissionen sind zu einem guten Ergebnis gekommen. Die Ergebnisse liegen in der Schublade. Sie müssen nur herausgeholt werden. Das ist eine Forderung der Landwirtschaft, an deren Seite wir stehen. Es wäre sinnvoll, denn das Rad muss nicht neu erfunden werden. Alles ist mit Expertinnen und Experten sowie Betroffenen ausdiskutiert worden, und zwar mit guten Ergebnissen, wie ich finde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für diese Landesregierung steht fest, dass es eine aktive, zupackende Agrarpolitik braucht, die ausgewogen und berechenbar ist, die langfristige Perspektiven aufzeigt und die verlässliche und planbare Rahmenbedingungen schafft. Es braucht eine Politik, die insbesondere kleinen und mittleren Familienbetrieben sowie einkommensschwachen Betrieben weiterhilft, sie unterstützt, sie im Blick hat und für Wertschöpfung und finanzielle Entlastung sorgt.

Bei den großen Transformationsprozessen in unserem Land brauchen auch die Betriebe und die Menschen in den ländlichen Räumen unsere Unterstützung. Diese Landesregierung und an ihrer Seite die SPD-Fraktion stehen an der Seite der Betriebe und der Menschen in den ländlichen Räumen. Herzlichen Dank dafür. Wir werden auch zukünftig dafür einstehen, nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf Bundesebene sowie als Landesregierung im Bundesrat, dass es für die Landwirtschaft Verbesserungen gibt. Wir werden sinnvolle Dinge nicht wie die CDU blockieren, denn das führt am Ende zu einem großen Nachteil für die Landwirtschaft. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD. - Unmutsbekundungen bei der CDU.)

Ich danke der Frau Ministerin. Es ist eine weitere Wortmeldung eingegangen. - Ich erteile für die CDU-Landtagsfraktion das Wort Herrn Abgeordneten Alwin Theobald.

Frau Präsidentin! Ich muss noch einmal ans Mikrofon treten, denn ein paar Dinge müssen geradegerückt werden.

(Zurufe von der SPD.)

Es ist mehrmals der Begriff Borchert-Kommission gefallen. Von der Kollegin Flora Elisa Schröder wurde rückblickend gesagt, was die CDU alles Schlimmes gemacht habe.

(Zurufe von der SPD: Ja.)

Was sind die Fakten? - Tatsache ist, 2019 hat die CDU beziehungsweise Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die BorchertKommission ins Leben gerufen. Unter Führung des ehemaligen CDU-Landwirtschaftsministers Borchert haben sich Fachleute intensiv mit dem Thema Tierwohl beschäftigt. Sie haben ein wirklich gutes Papier entwickelt. Ich frage Sie etwas. Wenn Sie sagen, es muss jetzt aus der Schublade herausgeholt werden, wer hat es denn hineingelegt?

(Beifall von der CDU. - Unmutsbekundun- gen bei der SPD. - Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Warum ist Borchert nicht umgesetzt? - Ich kann es Ihnen sagen. Im vergangenen August hat die Borchert-Kommission gesagt: Wir können so nicht mehr weiterarbeiten, wir wollen nicht mehr, diese Bundesregierung hat kein Interesse an unserer Arbeit, sie gibt nicht das erforderliche Geld in die Systeme. Tierwohl ist auf diese Art nicht machbar. - Deshalb ist das wieder verschwunden. Ihre Regierung hat es verschwinden lassen. Sie wollten es nicht umsetzen. Jetzt versuchen Sie, den Schwarzen Peter hin und her zu schieben.

(Beifall von der CDU.)

Bei aller Liebe, das ist wohlfeil, das ist nicht in Ordnung. Deshalb habe ich eine Bitte. Nehmen Sie das Papier aus der Schublade, setzen Sie sich dafür ein, aber setzen Sie sich auch dafür ein, dass die erforderlichen Gelder zur Verfügung gestellt werden. Sie wollen es alleine über die Lebensmittelpreise lösen, aber was ist mit den ganzen importierten Lebensmitteln? Wen interessiert das Tierwohl in Argentinien, Brasilien oder Polen, wen interessiert das Tierwohl in den Schweinehochhäusern in China? Es geht darum, was ist, wenn wir das alles importieren.

(Unruhe und Zurufe von der SPD.)

Sie haben es durch Ihre Politik der vergangenen Jahre in kurzer Zeit geschafft, dass die Putenzucht in Deutschland völlig zum Erliegen gekommen ist. Sie haben es geschafft, dass die Schweinezucht in Deutschland um 8 Prozent zurückgegangen ist. Gleichzeitig ist sie in Spanien um 7 Prozent gestiegen, aber unter welchen Be dingungen?

(Zurufe von der SPD.)

Das landet alles bei uns in den Geschäften, und zwar deutlich billiger, als unsere Landwirte es je produzieren könnten. Auch da liegt ein Fehler im System. Wenn Sie wirklich etwas ändern wollen,

(Ministerin Berg)

dann müssen die Rahmenbedingungen für unsere Landwirte wieder passen. Das ist das Entscheidende. Unsere Landwirte leisten seit Jahren beziehungsweise Jahrzehnten Tierwohl. Roland Theis hat es gesagt. Sie haben diesen Beruf gelernt, sie brennen für diesen Beruf. Tierwohl stand immer schon im Mittelpunkt, es geht jedoch um die Auflagen. Es war nicht die CDU-geführte Bundesregierung der letzten Jahrzehnte, sondern es war vor allem die EU, die dafür gesorgt hat, dass es nicht funktioniert. Es waren die EVP und die CDU, die jetzt im Europaparlament dafür gesorgt haben, dass bei den Düngemitteln und beim Pflanzenschutz alles nicht noch viel schlimmer wird. - Gott sei Dank gibt es die CDU in diesem Land.

(Beifall von der CDU. - Zurufe von der SPD.)

Es ist eine weitere Wortmeldung eingegangen.

(Zwiegespräch zwischen den Abgeordne- ten Haas (SPD) und Schmitt-Lang (CDU).)