Protocol of the Session on July 12, 2023

richtungen und Angeboten, die bislang noch nicht von den Regelungen des SGB VIII erfasst sind, die aber eine Landesförderung nach dem Kinder- und Jugendförderungsgesetz erhalten, auf die Erstellung eines Schutzkonzeptes hinzuwirken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir den angestoßenen Prozess durch geeignete Qualifizierungs- und Beratungsangebote flankieren sowie unterstützen wollen und werden. Kinderschutz gibt es aber nicht zum Nulltarif. Auch wenn wir die Sparnotwendigkeiten bei der Haushaltsaufstellung für den Doppelhaushalt 2024/2025 sehen, bitte ich Sie bereits jetzt um Ihre Unterstützung, damit die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt werden, die es allen Beteiligten erst ermöglichen, die Aufgaben, die ihnen mit diesem Gesetz übertragen werden, sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt jetzt an Ihnen, eine umfassende Grundlage zur Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes zu beschließen, an der alle relevanten Partnerinnen und Partner der saarländischen Kinderschutzlandschaft beteiligt sind. Der vorliegende Gesetzentwurf ist das Ergebnis des bislang durchgeführten breiten Beteiligungsverfahrens, an dem eine große Zahl von Verbänden, Institutionen, Interessenvertretungen, Kammern teilgenommen und ihre Änderungsvorschläge eingebracht haben. Dazu zählt auch die saarländische Datenschutzbeauftragte.

Der Entwurf hat eine breite Zustimmung erfahren. Ich wünsche uns allen auch für den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens gute und konstruktive Beratungen. Lassen Sie uns mit diesem Gesetz gemeinsam einen großen weiteren Schritt zum Schutz der Schwächsten unserer Gesellschaft gehen. Es wäre ein starkes Signal, wenn wir dafür in diesem Haus eine breite Mehrheit erreichen könnten. Ich bitte Sie daher herzlich um Ihre Unterstützung und Ihre Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf.

Meine Damen und Herren, ich bin auch wirklich sehr froh, dass es uns gelungen ist, diesen Gesetzentwurf sehr breit aufzustellen, das heißt weit über den Geltungsbereich der Kinder- und Jugendhilfe, der Jugendarbeit und des Sportes hinaus, dass wir beispielsweise auch im schulischen Bereich weitgehende Regelungen treffen. Deshalb freue ich mich, dass nachher meine Kollegin Christine Streichert-Clivot zu diesen Teilen des Gesetzentwurfs noch weitere Ausführungen machen wird. - Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf konstruktive Beratungen zu diesem Entwurf. - Vielen Dank.

(Beifall von der SPD.)

Danke, Herr Minister Magnus Jung, für die Begründung des Gesetzentwurfs. Zur Begründung des Antrags der AfD-Fraktion erteile ich Herrn Christoph Schaufert von der AfD-Landtagsfraktion das Wort.

(Sprechen bei der AfD.)

Sind Sie sich einig, wer jetzt begründet?

(Abg. Dörr (AfD) : Wir haben es jetzt geän dert. Ich mache das.)

Dann hat nun der Fraktionsvorsitzende der AfDLandtagsfraktion das Wort, Herr Josef Dörr.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! So ist es vielleicht auch besser, wir halten die Ordnung ein. Es geht darum, das Schulordnungsgesetz zu überprüfen. Wir haben den Antrag hier schon einmal gestellt. In diesen Zusammenhang passt er auch. Es wäre ganz gut gewesen, wenn Herr Schaufert einmal auf das, was der Minister gesagt hat, hätte antworten können. Aber so herum geht es auch.

Ich nenne in diesem Zusammenhang das Schulordnungsgesetz. Wir haben die beiden Tagesordnungspunkte ja zusammengelegt, weil unsere Kinder die meiste Zeit ihrer Kindheit in der Schule verbringen. Wenn ich den Kindergarten noch weglasse, dann halten sie sich von der Grundschule an bis zum Abitur, wenn sie so weit kommen, in Schulen auf.

Es ist nicht ohne Bedeutung, wie diese Schulen organisiert sind. Wir haben zur Organisation dieser Schulen ein überragendes Gesetz. Das ist das Schulordnungsgesetz und viele andere Gesetze noch dazu. Ich habe in der vergangenen Legislaturperiode die Schulgesetze schon mal mitgebracht. Das sind inzwischen sechs dicke Bände, bestehend nur aus Schulgesetzen. Das heißt also, es ist schon unheimlich schwierig, sich da auszukennen und Fachmann zu sein. Ich wage zu behaupten, dass niemand alle Bestimmungen dieser Gesetze und Verordnungen kennt.

Deshalb ist es wichtig, auch weil Gesetze ja mehr einengen, als dass sie Freiheit geben - das habe ich heute Morgen schon einmal ausgeführt -, dass man ab und zu nachschaut, was mit den Gesetzen ist, ob wir sie noch brauchen. Wir haben es schon einmal zur Übung gemacht, dass wir Gesetze, die wir hier beschlossen haben, mit einem Verfallsdatum versehen haben. Das hatte dieselbe Gedankengrundlage. Man hat gedacht, das Gesetz wird jetzt gebraucht, aber wer weiß, ob es in zehn Jahren noch gebraucht wird, und wenn es nicht neu beschlossen wird,

(Minister Dr. Jung)

dann verfällt es einfach nach zehn Jahren. Solche Gesetze haben wir noch.

Wir haben jetzt wie gesagt das Schulordnungsgesetz, das schon ein gewisses Alter hat, das oft novelliert worden ist und jetzt nach unserer Meinung auch wieder auf den Prüfstand gehört. Wie kann man zu so einer ketzerischen Ansicht kommen? Ich habe viele Jahre, meine gesamte Kindheit und Schulzeit, ohne Schulordnungsgesetz verbracht und die Schulen waren sehr gut organisiert. Man hat das gar nicht gebraucht. Danach habe ich in meiner Lehrer- und Schulleiterzeit mit dem Schulordnungsgesetz gearbeitet und habe gesehen, wo die Grenzen sind. Ich habe gesehen, dass es verschiedene Bestimmungen gibt, die eigentlich bei der Arbeit nur behindern.

Jetzt haben wir hier ein vom Gesundheitsminister eingebrachtes Gesetz, das in diese Sache hineingreift und Änderungen des Schulordnungsgesetzes mit beantragt. Das scheint uns eine gute Gelegenheit zu sein, um noch einmal nachzuschauen: Brauchen wir das Schulordnungsgesetz in der Form, wie es jetzt ist? Können wir es verschlanken? Können wir Bürokratie abbauen oder Ähnliches? Das ist unser Anliegen, herzlichen Dank.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Dörr, für die Begründung Ihres Antrages. Ich eröffne die Aussprache. - Es sind Wortmeldungen eingegangen. Das Wort hat nun von der SPD-Landtagsfraktion die Abgeordnete Martina Holzner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herzlich willkommen, Herr Frisch, schön, dass auch Sie da sind! Wir sprechen heute über den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Saarland. Das ist wichtig und gut so. Aber ehrlich gesagt, wann sprechen wir über Kinderschutz? Wann wird Kinderschutz sichtbar? Wann ist Kinderschutz in den Medien, in der Öffentlichkeit präsent? - Ja, genau, wenn ein Skandal öffentlich wird, meine Damen und Herren.

Kinderrechte sind Menschenrechte, Rechte, die wir als Gesellschaft zu stärken haben. Das ist unsere Aufgabe als Mitmenschen, unsere Aufgabe als Gesetzgeber, und zwar dauerhaft, transparent und vor allem im Alltag gelebt.

(Beifall von der SPD.)

Vor einem Jahr haben wir als SPD-Fraktion angekündigt, ein eigenes saarländisches Kinder- und Jugendschutzgesetz auf den Weg zu bringen, und heute haben wir die Erste Lesung des

Gesetzes zur Stärkung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Saarland und zur Änderung des Schulordnungsgesetzes. Mein ausdrücklicher, herzlicher und persönlicher Dank geht hier an Minister Dr. Magnus Jung, der als neue Hausspitze die Interessen und die Stärkung von Kindern und Jugendlichen ganz oben auf die Agenda gesetzt hat, der die Dinge angeht und anpackt. Vielen Dank dafür.

(Beifall von der SPD.)

Ein Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen, ein Gesetz zur Stärkung der Rechte der Jüngsten und Jungen in unserer Gesellschaft. Kinder und Jugendliche müssen ihre Rechte kennen. Sie müssen wissen, wie sie für ihre Interessen einstehen können. Sie benötigen Wissen und Unterstützung dabei, sich zu einer eigenen, frei agierenden Persönlichkeit zu entwickeln. Wir als Erwachsene setzen die Rahmenbedingungen für eine gute Entwicklung und ein sicheres Umfeld. Wir stärken und bestärken Kinder darin und beteiligen sie daran, ihre eigenen Rechte zu kennen, diese wahrzunehmen und durchzusetzen.

(Beifall von der SPD.)

Kinder und Jugendliche müssen wissen, was okay ist und was nicht. Sie müssen wissen, was sie machen können, wenn mit ihnen Dinge gemacht werden, die sie nicht möchten, wenn ihre eigene persönliche Grenze überschritten wird. Ein Stopp, ein Nein muss manchmal erst erlernt werden. Das Überschreiten dieser Grenze ist nicht akzeptabel. Damit dies nicht passiert, benötigen Kinder und Jugendliche Bedingungen, die es ihnen erleichtern, ihre Rechte wahrzunehmen, zu kennen und sich zu äußern. Diese Bedingungen müssen so vielfältig sein wie die Lebensbedingungen, in denen sich Kinder und Jugendliche befinden. Sie müssen vor Ort, in allen Lebensbereichen nicht nur bekannt sein, sondern vor allem gelebt werden.

(Beifall von der SPD.)

Kai Frisch ist der erste saarländische Kinderschutzbeauftragte und seit Mai 2023 im Amt. Als Experte in der Kinder- und Jugendschutzlandschaft des Saarlandes wird er in seiner neuen Funktion eng mit den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe sowie allen Akteurinnen und Akteuren auf Landes- und Kommunalebene zusammenarbeiten. Zusammen mit der Ombudsstelle wird der Kinderschutzbeauftragte das im Aufbau befindliche Kompetenzzentrum Kinderschutz bilden. Das Kompetenzzentrum dient als zentrale Anlaufstelle bei Fragen des Schutzes sowie der Rechte von Kindern und Jugendlichen.

Aber das ist noch nicht alles. Der Gesetzentwurf hat noch weitere wichtige Neuerungen. Er sieht die Einrichtung eines unabhängigen beratenden Fachgremiums vor, den saarländischen Rat für

(Abg. Dörr (AfD) )

Kinderschutz. Der Rat berät und unterstützt den Kinderschutzbeauftragten fachlich. Er wird aus Mitgliedern der Wissenschaft, der Fachpraxis, Repräsentanten der Kommunen, der fachlich zuständigen Ministerien sowie des Landesjugendhilfeausschusses gebildet - Kompetenz aus allen Bereichen und mit allen Hintergründen. Beim Kinder- und Jugendschutz gibt es für uns kein Zuviel an Qualitätssicherung und Vernetzung.

(Beifall von der SPD.)

Gerade weil es kein Zuviel an Vernetzung von Kompetenz gibt, ist die Etablierung von lokalen Netzwerken für Kinderschutz geplant. Was die lokalen Netzwerke machen sollen? - Die Netzwerke bilden den Rahmen für eine schnelle und wirksame Kooperation bei Kindeswohlgefährdung. Denn was in anderen Bereichen gilt, gilt auch im Kinderschutz: Wer sich kennt, schon im Austausch war und weiß, wer wofür zu welchem Zeitpunkt die richtige Ansprechpartnerin oder der richtige Ansprechpartner ist, weiß dies auch im aktuellen Handeln in akuten Notlagen. Hierdurch wird der Kinderschutz auf ganz praktische Weise gestärkt, es werden Wege verkürzt und ein schnelleres und abgestimmtes Handeln ermöglicht.

(Beifall von der SPD.)

Durch den stetigen Austausch und die bessere Vernetzung der maßgeblich am Kinderschutz beteiligten AkteurInnen werden auch die Strukturen und Abläufe weiterentwickelt. Verstärkte Vernetzung und qualitative Weiterentwicklung durch gelebte Praxis - beides wird unserem Saarland sehr guttun. Von dieser Stelle aus ein großer Dank an alle, die bereits jetzt so aktiv bei der Sicherstellung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes mithelfen. Vielen Dank!

(Beifall von der SPD.)

Eine Forderung, die immer wieder an uns herangetragen wird und von der Kinderschutzkommission ebenfalls eingefordert wurde, ist die Etablierung von Schutzkonzepten. Der Minister hat es eben schon gesagt, in vielen Einrichtungen gibt es sie schon, aber natürlich brauchen wir in allen Bereichen, ob im Sport, im Ehrenamt, in der Kirche oder in Kliniken, wirksame und vor allem gelebte Konzepte.

Die verpflichtenden Schutzkonzepte für Schulen und dazugehörige Bildungs- und Betreuungsangebote unter schulischer Aufsicht sind wesentlicher Bestandteil für den Schutz vor sexualisierter Gewalt. Schule ist ein Ort des Lernens, des Weiterentwickelns, ein Ort, um Freundschaften zu schließen und erwachsen zu werden. Auch hier ist es wichtig, Konzepte in der Schulgemeinschaft und Meldewege transparent zu machen und eine Kultur des Hinsehens zu leben. Daher ist es gut, dass unser Ministerium für Bildung und Kultur eine zentrale Ansprech-

und Beschwerdestelle „sexualisierte Gewalt“ in Schulen geschaffen hat. Denn wir sehen an den aktuellen Fällen wie beispielsweise im Fall Dillinger, dass es gut ist, nicht bei der Täterorganisation selbst, sondern außerhalb Ansprechpartner zu haben.

Der Entwurf sieht außerdem die Entwicklung eines Aktionsplans vor. Lieber Minister Magnus Jung, Sie haben uns heute hier nicht nur den Gesetzentwurf vorgestellt. Nein, Sie haben sich, beziehungsweise Ihr Haus hat sich auch weitere Aufgaben für die Zukunft vorgenommen. So wird die Landesregierung unter der Federführung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit einen Aktionsplan mit Handlungsschwerpunkten zur Verbesserung der Früherkennung und Prävention von Kindeswohlgefährdungen entwickeln. Ein weiterer wichtiger, wesentlicher Schritt zu mehr Schutz und Sicherheit für unsere Kinder und Jugendlichen.

(Beifall von der SPD.)

Dieses Gesamtpaket für die Stärkung und den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen ist ein echter Meilenstein für den Kinder- und Jugendschutz im Saarland. Dieses Gesamtpaket wird nun an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit überwiesen. Dort werden wir uns erneut mit den verschiedenen Facetten des Gesetzes und den Stellungnahmen der beteiligten Akteurinnen und Akteure auseinandersetzen. Ich freue mich schon, weiter mit den Verbänden in den Austausch zu gehen und für den besten Kinder- und Jugendschutz zu ringen, den unser Saarland je gesehen hat.

(Beifall von der SPD.)

Wer den Gesetzentwurf genau gelesen hat, findet an vielen Stellen den Hinweis auf den Austausch über den Kinder- und Jugendschutz, auf die Qualitätssicherung und die Qualitätsweiterentwicklung und auf die Fortentwicklung der Fachstandards. Denn auch das beste Gesetz lebt immer nur dann, wenn es sich weiterentwickelt und dafür sorgt, dass das Ziel des Gesetzes nicht aus dem Blick gerät.

Das Ziel des Gesetzespakets ist es, unsere Kinder und Jugendlichen zu stärken, den Kinderschutz zu stärken und unserer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe gerecht zu werden, für eine Umgebung zu sorgen, in der Achtsamkeit, die Stärkung der Kinderrechte und vor allem ein aktives Hinsehen und Handeln in den Vordergrund rücken.

(Beifall von der SPD.)

Nach mehr als einem Jahr bringen wir heute das Kinderschutzgesetz auf den Weg. Meine Damen und Herren, es ist ein wichtiger Meilenstein in unserem Land. Wir stimmen dem Gesetz in Erster Lesung zu und lehnen den Antrag der AfD