Zur Begründung des Antrags der AfD-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Lutz Hecker das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Herr Kollege Kurtz, falls Sie sich beide Anträge, sowohl den der CDU und SPD als auch den unseren, angeschaut haben, werden Sie festgestellt haben: Die sind identisch. Ihr habt lediglich einen Absatz hinzugefügt, der ein Lob für die Bemühungen der Landesregierung enthält. Darauf werde ich später noch eingehen. Uns hier Interessenlosigkeit vorzuwerfen, finde ich völlig absurd und weise das zurück, zumal - das sehen Sie an der Nummer der Drucksache - unser Antrag ein Tag früher eingegangen ist als Ihrer.
Vor vier Wochen herrschte unter den Fraktionen breite Übereinstimmung, dass es diesem Hause gut zu Gesicht stehen würde, wenn der Landtag eine gemeinsame Resolution verabschieden würde, um den Beschäftigten der Neuen Halberg Guss und ihren Familien in der Sorge um ihren Arbeitsplatz ein klares Signal der Solidarität und Unterstützung zu
geben. Die AfD-Fraktion hat den gemeinsam erarbeiteten und abgestimmten Text der Resolution vorbehaltlos unterstützt und mitgetragen.
Die Begründung, warum der Tagesordnungspunkt damals nicht behandelt wurde, ist Ihnen allen bekannt. Erst viel später sickerte durch, dass es die Vorbehalte der Linksfraktion gegen einen gemeinsamen, von allen Fraktionen - eben auch von der AfD eingebrachten Antrag waren, die das angedachte starke Signal zum Scheitern verurteilten. Wir haben nicht das geringste Verständnis dafür, dass in einer Situation, die keinerlei Spielraum für parteipolitisches Gezänk lässt, die LINKE-Landtagsfraktion rein ideologisch motiviert eine gemeinsame Resolution platzen lässt.
Mittlerweile ist einiges passiert. Herr Kollege Kurtz, es ist doch vollkommen normal, dass wir nicht auf dem aktuellsten Stand der Informationen aus dem Ministerium sind. Staatssekretär Barke oder auch die Ministerin hatten noch keine Gelegenheit, sich im Wirtschaftsausschuss dazu zu äußern.
Mittlerweile ist einiges passiert und es scheint klar, dass der Standort Leipzig bis Ende 2019 geschlossen werden soll. Da sind wir uns einig, okay. Dieses berichtet unter anderem die Leipziger Volkszeitung. Der SZ und dem SR der letzten Woche ist das auch zu entnehmen, wobei die Zahlen abweichen. Ich beziehe mich nun auf die Zahlen der Leipziger Volkszeitung. In Leipzig sind 660 Beschäftigte betroffen und möglicherweise 300 hier in Saarbrücken, wie das Unternehmen nach den Angaben des Leipziger IG-Metall-Vorsitzenden Kruppa mitteilte.
Da diese besorgniserregende Entwicklung die Verunsicherung und die Zukunftsangst der Beschäftigten weiter befeuern muss, ist es für uns vollkommen unverständlich, dass hier in den letzten Tagen wieder politische Spielchen getrieben werden und dieses Hohe Haus nicht in der Lage ist, sich auf einen gemeinsamen Antrag zu einigen. Das ist ein Armutszeugnis.
Auch wenn wir wissen, dass ein Beschluss des Landtages wenig Einfluss auf den Fortgang der Verhandlungen zwischen den beiden Unternehmen haben wird, so ist es die noble Verpflichtung des Landtages über Parteigrenzen hinweg, nicht über Formulierungen zu streiten oder Maximalforderungen beharrlich einzufordern, sondern gemeinsam ein Sig
nal der Solidarität und des Mitgefühls an die Beschäftigten, die um ihre Arbeitsplätze bangen, zu richten.
Deshalb hat die AfD-Fraktion in ihrem Antrag den gemeinsam abgestimmten Text der für den 16. Mai vorgesehenen Resolution übernommen. Wir haben registriert, dass sich auch der Antrag der CDU- und SPD-Fraktion inhaltlich eng an den gemeinsamen Entwurf hält. Die AfD-Fraktion begrüßt auch ausdrücklich das Bemühen der Landesregierung, die Verhandlungen zwischen den Unternehmen zu begleiten und zu moderieren, um im Interesse der Beschäftigten eine tragfähige Einigung möglich zu machen.
Im Antrag der LINKEN ist auch eine enge Anlehnung an den gemeinsamen Text ersichtlich. Umso mehr bleibt unverständlich, wieso eine vom Landtagspräsidenten vorgetragene Resolution gekippt werden musste.
Der letzte Absatz Ihres Antrages bezüglich der Beteiligung der Beschäftigten, des Landes oder einer Stiftungslösung, ist selbstverständlich eine Debatte wert, aber nicht zwangsläufig heute, wobei unsere Position nicht in allen Punkten kompatibel wäre. Denn es macht aus unserer Sicht überhaupt keinen Sinn, in der jetzigen Situation der Verhandlungen von dieser Stelle aus, sich in irgendeiner Form wertend zu einem der verhandelnden Unternehmen zu äußern.
Der Grund, warum wir dem Antrag der DIE LINKE nicht zustimmen werden, ist die von Ihnen provozierte Spaltung dieses Hauses an einer Stelle, an der alle betroffenen Beschäftigten, die um ihre Existenz bangen, zu Recht Einigkeit unter den Volksvertretern erwarten.
Das ist auch der Grund, warum wir trotz der - meiner Ansicht nach - völlig ungerechtfertigten Aussagen des Kollegen Kurtz gegenüber unserer Fraktion dem Antrag von CDU und SPD zustimmen werden, weil das aus unserer Sicht die einzige Möglichkeit ist, hier einen möglichst breiten Konsens in diesem Hause in der Frage zu erreichen. - Vielen Dank.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Marc Speicher von der CDU-Landtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen aber vor allem: Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Halberg Guss! Bis 1756 reichen die Wurzeln der heutigen Neuen Halberg Guss zurück. In diesem
Jahr war meine Heimatstadt Saarlouis gerade frisch aus dem Boden gestampft. In diesem Jahr brachte König Friedrich II. von Preußen den Kartoffelanbau nach Europa. In diesem Jahr wurde Wolfgang Amadeus Mozart in Salzburg geboren. Seit dieser Zeit, seit 262 Jahren tun Männer und Frauen in Brebach ihre Pflicht. Seit dieser Zeit, seit Generationen von Arbeitern sind die Menschen dort beschäftigt. Aus dem Walz- und Hammerwerk wurde die heutige Halberg Guss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine, ein Unternehmen mit dieser Geschichte, mit dieser über Jahrhunderte gezeigten Innovationskraft und Widerstandsfähigkeit hat unsere Unterstützung verdient. Lassen Sie uns heute als Parlament ein klares und einmütiges Zeichen an die Männer und Frauen der Halberg Guss senden, die jeden Tag durch ihrer Hände Arbeit ein innovatives und erfolgreiches Unternehmen schaffen, und lassen Sie uns zeigen: Halberg Guss steht für Premium-Qualität vor 262 Jahren und heute.
Die Zahl der Beschäftigten an den Standorten Leipzig und Saarbrücken wurden schon genannt. In Saarbrücken sind es 1.500 Beschäftigte. Es geht aber um mehr als die reinen Beschäftigtenzahlen, es geht um deren Frauen und Kinder, um die Familien, um die Existenzen, die daran hängen. Daher kann es nicht sein dass die bosnische Hastor-Gruppe und Volkswagen ihren Streit auf dem Rücken der Mitarbeiter austragen.
Es ist etwas Besonderes, für Halberg Guss zu arbeiten. Das wurde in jedem Gespräch mit den Beschäftigten, mit den Mitgliedern des Betriebsrates deutlich. Die Männer und Frauen sind stolz darauf, bei diesem Traditionsunternehmen beschäftigt zu sein, in diesem Traditionsunternehmen arbeiten zu dürfen. Mit jeder Gehaltszahlung, die sie auf ihr Konto überwiesen bekommen, geben sie schon heute einen Anteil an das Unternehmen zurück. Sie wissen, es gab Abweichungen vom bestehenden Tarifvertrag als Beitrag der Beschäftigten zum Erhalt des Unternehmens.
Ich möchte auch die Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrates und der IG Metall ansprechen. In diesen Minuten beginnen auch hier die Gespräche zwischen Betriebsrat und der Geschäftsführung der Halberg Guss, um einen Plan aufzustellen, der langfristig tragfähig ist. Es ist auch eine besondere Situation für die Mitglieder im Betriebsrat. Da geht es zum einen um ihr persönliches Schicksal als Mitarbeiter, die von einer Schließung möglicherweise auch betroffen sind. Aber da ist auch die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, die sie gewählt haben, gegenüber den Beschäftigten, die sie vertreten. Sie sind in einer Position zwischen Geschäftsführung
und Mitarbeitern. Das ist nicht einfach, das ist ein harter Druck, den die Kollegen aushalten müssen. Deshalb möchte ich auch von hier aus Danke sagen an die Mitglieder des Betriebsrates, vor allem auch Verhandlungsglück wünschen bei den heute mit der Geschäftsführung begonnenen Gesprächen.
Wir sollten darüber hinaus auch einen Blick auf das Industrieland Saarland richten. Gerade in der Weltwirtschaftskrise vor zehn Jahren, in der Finanzkrise haben wir gesehen, was für ein großes Glück es ist, dass wir auf eine andere Wirtschafts- und Industriepolitik gesetzt haben als viele andere Staaten, als Frankreich, als Großbritannien. Wir haben in Deutschland, aber insbesondere auch im Saarland einen hohen Anteil der Wertschöpfung der Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe. Wir haben damals insbesondere gesehen, was für ein Glück es ist, dass wir von Bosch bis Saarstahl, von Ford bis hin zu vielen kleinen und mittleren Unternehmen im Saarland ein industrielles Stammland sind. Wir bekennen uns dazu ausdrücklich im Koalitionsvertrag und haben auch entsprechende Maßnahmen ergriffen, um diesen Stabilitätsanker im Saarland zu erhalten. Wir haben den Masterplan Industrieflächen, wir haben entsprechende Krisenkonzepte, wie sie von der zuständigen Ministerin auch jetzt wieder angewandt werden.
Hinzu kommen die neuen Herausforderungen. Wir sprechen über Industrie 4.0, wir sprechen über Digitalisierung, wir sprechen über Veränderungen im Bereich der Arbeit, wie die Zukunft der Arbeit in den kommenden Jahren aussehen wird. Wir stehen vor einem großen Wettbewerbsdruck. Wir sehen, dass die Globalisierung natürlich ein großer Profit ist, insbesondere für uns als exportorientierte Wirtschaft, wobei auch das durch die Veränderungen in den Vereinigten Staaten bedroht ist. Aber wir haben gerade hier im Saarland alle Chancen, diesen Prozess erfolgreich zu gestalten. Die Ansiedlungserfolge wurden oft angesprochen: CISPA, Symantec. Ich möchte es trotzdem wiederholen, weil es zeigt, dass wir im Saarland auf engstem Raum die besten Voraussetzungen haben, um den industriellen Kern, den wir hier haben, zu verbinden mit neuen innovativen Unternehmen, die wir an der Uni ansiedeln. Wir haben die besten Voraussetzungen im Saarland, den vor uns liegenden Wandel erfolgreich zu gestalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich möchte noch eingehen auf das, was im Bereich der Mitarbeiter-, der Belegschaftsbeteiligungen angesprochen wurde. In der Tat: Karl Arnold hat diese Position vertreten. Aber Sie wissen auch, dass die Ursprünge, die geistigen Grundlagen dafür viel wei
ter zurückgehen. Für uns als christlich-demokratische Arbeitnehmerschaft ist es eben auch die christliche Soziallehre, die ihren Ursprung hatte in der Enzyklika Rerum Novarum. Es ging doch gerade darum, den sogenannten dritten Weg zu gehen, also gerade nicht Verstaatlichungen vorzunehmen, sondern Belegschaftsbeteiligungen zu stärken, weil die Mitarbeiter einen berechtigten Anteil am Erfolg ihres Unternehmens haben sollen.
Dies dürfte aber eine Frage sein, die in der aktuellen Situation, in der es bei Halberg Guss sozusagen Spitz auf Knopf steht, in dieser Richtung überhaupt nicht verhandelt werden kann. Es geht darum, dass wir denen den Rücken stärken, die jetzt mit dem Eigentümer verhandeln. Das ist die Ministerin, das ist der Betriebsrat. Wir werden uns darüber hinaus in den nächsten Monaten sicherlich noch einmal über den Bereich der Stärkung der Eigentums- und Vermögensbildung unterhalten, über eine Verbesserung der Möglichkeiten, sich im eigenen Unternehmen zu beteiligen. Das steht im Koalitionsvertrag von CDU und SPD. Wir werden uns mit diesem Thema beschäftigen. Es ist aber nicht dafür geeignet, jetzt eine Lösung für Halberg Guss zu finden.
Sie sprachen auch die „Demokratiedefizite“ in der Wirtschaft an. Ich glaube, dass es gerade die soziale Marktwirtschaft gewesen ist, die ihren Beitrag dazu geleistet hat, Wirtschaft zu demokratisieren. Die Gesetze zur Mitbestimmung, das Betriebsverfassungsgesetz wurden in den Fünfziger- und Siebzigerjahren verabschiedet. Das heißt, wir haben heute in den Unternehmen, in den Betrieben eine starke Demokratie. Die müssen wir weiter stärken. Auch das steht im Koalitionsvertrag, auch wenn es hier nicht nur um die Möglichkeiten des Landes geht. Wir wollen aber auch Initiativen ergreifen, um über den Bundesrat uns in die Bundesgesetzgebung einzubringen.
Aktuell laufen die Verhandlungen um einen Sozialtarifvertrag, um die Möglichkeit, eine Qualifizierungsgesellschaft zu errichten. Wir richten auch hier die klare Äußerung an die Eigentümer, an Prevent, dass das hohe Engagement der Mitarbeiter, die heute schon Verzichte geleistet haben und die gute Arbeit leisten, honoriert wird. Prevent und Volkswagen sind aufgerufen, sich als verlässliche Verhandlungspartner zu zeigen gegenüber den Kunden, gegenüber den Lieferanten, aber auch gegenüber den Mitarbeitern. Es kann nicht sein, dass ein erfolgreiches Unternehmen wie Halberg Guss zwischen die Fronten von Großunternehmen gerät und damit zum Spielball wird. Die Mitarbeiter tun ihre Pflicht, produzieren beste Qualität und zeigen Verantwortungsbewusstsein für ihr Unternehmen. Wir hoffen, dass VW und auch der Eigentümer der Halberg Guss sich daran ein Beispiel nehmen. Wir fordern die Investorengruppe auf, die Auseinandersetzungen beizulegen
Es wurde eben etwas angesprochen, was ich gerne wiederholen möchte. Weil Krisenmanagement seitens des Ministeriums selten öffentlichkeitswirksam, aber umso wichtiger ist, um die Arbeit zu erhalten, richte ich einen besonderen Dank an Ministerin Anke Rehlinger, aber auch an den federführend zuständigen Staatssekretär Jürgen Barke. Hier wird hinter den Kulissen wirklich nach Lösungen gesucht. Das ist gut für das Saarland, gut für die Beschäftigung, nicht nur bei Halberg Guss. Auch für andere Bereiche, die nie an die Öffentlichkeit getreten sind, konnten hier schon erfolgreiche Lösungen gefunden werden. Deshalb Danke an das federführende Ministerium.
Seit 262 Jahren trotzt dieses Unternehmen, trotzen die Mitarbeiter allen widrigen Umständen. Wenn Sie sich einmal vergegenwärtigen, was seither alles im Umfeld passiert ist, so ist festzuhalten: Halberg Guss hat diesen Umständen getrotzt! Lassen Sie uns deshalb heute ein klares und einmütiges Zeichen setzen: Wir als gewählte Volksvertreter, wir als Landtag des Saarlandes stehen an der Seite der Beschäftigten dieses Traditionsunternehmens. Wir stehen hinter den Männern und Frauen, die durch ihre tägliche Arbeit Halberg Guss zu einem erfolgreichen Betrieb machen. - Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung.
Noch eine abschließende Bemerkung zum AfD-Antrag. Sie gingen eben auf die Äußerungen des Kollegen Kurtz ein. Das ist der Text eins zu eins von vor vier Wochen. Jetzt können Sie argumentieren, dass das damals richtig war - das will ich auch gar nicht bestreiten, dass es richtig gewesen sein mag -, aber Sie bleiben damit mal wieder hinter Ihrer Zeit zurück. Man kann Ihnen zugutehalten, dass es in diesem Fall nur vier Wochen sind. Das mag ein Fortschritt für Sie sein. Es ist aber nicht geeignet, hier im Landtag Zustimmung zu erhalten. - Vielen Dank.
Lieber Kollege Speicher! Lieber Kollege Kurtz! Noch einmal: Unsere Anträge, Ihr Antrag und unser Antrag, unterscheiden sich exakt in einem Absatz, der von Ihnen hinzugefügt wurde - zu Recht, das habe ich vorhin schon gesagt. Ich habe auch betont, dass wir bewusst diesen abgestimmten Text, diesen Text, der unter allen Fraktionen abgestimmt war, als Basis einer gemeinsamen Resolution gewählt haben. Der