Vielen Dank Herr Abgeordneter Roth. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion. Ich darf die Schriftführer bitten, die Namen der Abgeordneten aufzurufen. Es ist namentliche Abstimmung beantragt.
(Namentliche Abstimmung) 1 Ist ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Stimmabgabe und bitte die Schriftführerin und den Schriftführer, mir das Abstimmungsergebnis zu übermitteln. (Die Schriftführerin und der Schriftführer zählen die Stimmen aus.)
Vielen Dank. Ich gebe das Ergebnis bekannt: abgegebene Stimmen 49, Ja-Stimmen 11, Nein-Stimmen 38. - Ich stelle fest, dass damit der Antrag Drucksache 15/126 - neu - abgelehnt ist.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/145 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/145 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen bestehend aus SPD und CDU, zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE, die PIRATEN-Fraktion und die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Schutzschirm für Stromkunden
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Strompreise stabilisieren und Transparenz herstellen (Druck- sache 15/146)
Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordnetem Rolf Linsler das Wort.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die Brandtragödie in Saarbrücken-Burbach ist uns allen noch gut in Erinnerung. Die Energiepreise steigen und steigen, immer mehr Familien kommen in Zahlungsverzug. Eine Energiesperre für Familien mit Kindern oder in anderen Härtefällen darf es nach unserer Auffassung, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht geben!
In Deutschland wird jährlich mehreren hunderttausend Haushalten der Strom gesperrt. Der Bund der Energieverbraucher schätzt, dass es 800.000 Haushalte sind. Betroffen sind natürlich ärmere Menschen, Arbeitslose, Geringverdiener, Ältere mit kleiner Rente.
Und es ist längst erwiesen, dass die staatlichen Zuwendungen die Stromkosten nicht abdecken können. Kein Wunder, dass im vergangenen Jahr nach Schätzungen des Paritätischen Gesamtverbandes rund 200.000 Hartz-4-Empfängern der Strom zeitweise abgestellt worden ist. 200.000 solcher Fälle, ich denke, das sind 200.000 Fälle zu viel. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Dr. Ulrich Schneider, sagt zu Recht; ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident: „Die Menschen werden in die Energiearmut getrieben.“
Kolleginnen und Kollegen, gehen Sie einmal in die Schuldnerberatungsstelle von Caritas und Diakonie oder in die Gemeinwesenprojekte. Dort werden Sie hören, dass immer mehr Menschen, die auf Hartz 4 angewiesen sind, die Jahresabrechnung nicht fristgerecht zahlen können. Ich habe von einem Fall gehört - die Frau hat sich persönlich an mich gewandt -, in dem eine Frau mit ihrer Tochter ein Jahr lang ohne Strom gelebt hat, und das hier im Saarland! Der Hartz-4-Regelsatz reicht einfach nicht aus, um die ständig steigenden Stromkosten zu decken. Das sagt keineswegs nur DIE LINKE, das sagen auch die Sozialverbände, und das bestätigt sich in unserem Lande Tag für Tag. Deshalb fordern wir, dass die Stromkosten bei Hartz-4-Empfängern getrennt abgerechnet werden sollen, dass sie nicht aus dem mickrigen Regelsatz bezahlt werden müssen. Eine helle und warme Wohnung ist in dem reichen Land, in dem wir glücklicherweise leben, kein Luxus. Kolleginnen und Kollegen, Strom ist ein wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge und muss deshalb grundsätzlich für alle bereitstehen.
Bei einer Energiesperre stellt sich die Frage nach dem Schutz der Schwachen und Benachteiligten. Für viele stellen nicht nur die Stromkosten selbst ein Problem dar, sondern auch die Gebühren, die bei einer Stromsperre anfallen. Ich wusste gar nicht, dass
man auch noch Gebühren zahlen muss, wenn man sich erneut an das Netz anschließen lassen will. Wer aber keine 120 Euro hat, um die Stromrechnung zu bezahlen, der wird schwerlich noch zusätzlich 180 Euro auftreiben können, um die Sperre wieder aufheben zu lassen. Wie soll es denn funktionieren, dass jemand, wenn er in Armut, wenn er mit Hartz 4 leben muss, schließlich noch mehr als seinen Kostenbeitrag bezahlt?
Die Landesregierung sollte daher im Bundesrat die Initiative ergreifen. Wir brauchen eine staatliche Strompreisaufsicht in der Zuständigkeit der Länder. Diese Strompreisaufsicht könnte wirksam Einfluss auf die Entwicklung der Strompreise nehmen. Stromsperren privater Haushalte wegen Zahlungsunfähigkeit sollen verboten werden. Für Härtefälle und zu schützende Personen, also beispielsweise Alte, Kranke und Kinder, sollen neue Regelungen entwickelt werden, damit ihr Zugang zur Energie künftig gewährleistet ist.
Kolleginnen und Kollegen, ich halte es für ein grundlegendes Recht jedes Einzelnen, der in unserem Land lebt, auch Strom und Wärme zu haben. Ich bin aber auch keineswegs der Einzige, der das fordert. Ich darf aus einer Pressemitteilung der Verbraucherschutzministerin, von Frau Rehlinger, vom 28. August zitieren; Herr Präsident, Sie erlauben: „Gerade in Zeiten, in denen die Verbraucherinnen und Verbraucher wegen steigender Energiepreise schnell in Zahlungsverzug kommen können, müssen wir nach Wegen suchen, die Bereitstellung von Strom als Teil der Grundversorgung sicherzustellen.“ Jawohl, Frau Ministerin Rehlinger, Strom ist Teil der Grundversorgung, da haben Sie vollkommen recht! Hoffentlich stimmen Sie und das Parlament auch unserem Antrag zu. - Vielen Dank.
Entschuldigung, es gibt noch den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Zur Begründung des Antrages hat Frau Abgeordnete Dr. Simone Peter das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bezugnehmend auf den Antrag der LINKEN möchten wir, ähnlich wie beim Thema der Altersarmut, mit unserem Antrag das Thema noch ergänzen und umfassender beschreiben. Die Höhe der Strompreise hängt im Wesentlichen von den Fremdstoffen und Kapitalkosten sowie dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage an den Strombörsen ab. Preis
treiber, das muss ich zunächst hier festhalten, waren in den vergangenen Jahren vor allen Dingen die steigenden Kosten für die fossilen Brennstoffe, die wir in Deutschland zu 75 Prozent importieren müssen.
Die Strompreise enthalten leider nicht die externen Kosten der Stromerzeugung, was wir als GRÜNE immer wieder thematisieren, zum Beispiel für den Klima- und Umweltschutz, für Gesundheits- und Materialschäden, die durch die jeweilige Art der Stromerzeugung verursacht werden. Beträge wie die EEG-Umlage, die für fossile oder atomare Energiequellen geflossen sind, und Forschungsmittel sind ebenfalls nicht im Strompreis einkalkuliert. Ich sage das, weil es wichtig ist, wie sich der Strompreis bildet, weil alles, was zusammenkommt, in die Debatte mit hineingehört.
Um den Strompreis für alle gerecht zu gestalten, müssen die Schieflagen beseitigt werden, die vor allen Dingen durch Politik und Wirtschaft erzeugt wurden. Die zahlreichen von der Bundesregierung geschaffenen und in den letzten Jahren erheblich ausgeweiteten Befreiungen für die Industrie verschieben nämlich die Kosten derzeit massiv auf die Privatverbraucherinnen und Privatverbraucher. Sicher wird mir vorgehalten, diese Ausnahmen sind zur Zeit der rot-grünen Bundesregierung erlassen worden. Ja, aber mittlerweile sind wir schlauer, diese Ausnahmen sind viel zu pauschal angelegt. Gerade die stromintensiven Großunternehmen zahlen nur 0,5 Cent pro Kilowattstunde EEG-Umlage. Privathaushalte zahlen dieses Jahr 3,6 Cent pro Kilowattstunde. Das ortsansässige IZES-Institut hat diese Belastungen klar als Verschiebungen dargestellt, die zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher gehen. Dieser Missstand gilt auch für die Netzentgelte, also den Preis für die Durchleitung des Stromes, von denen weite Teile der Industrie befreit sind. Ebenso zahlen viele Industriebetriebe keine oder eine verminderte Stromsteuer.
Alles zusammen, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, summieren sich die Stromausnahmetatbestände inzwischen auf 9 Milliarden Euro pro Jahr und stellen die größten indirekten Subventionskosten in Deutschland dar. Unternehmen mit hohen Energiekosten, die im internationalen Wettbewerb stehen, müssen von Sonderausgaben entlastet werden, da sind wir uns einig. Die derzeitigen Befreiungen sind aber einfach zu pauschal und drücken auf den Geldbeutel der privaten Stromverbraucher und der Kleinunternehmen.
Einen weiteren großen Kostentreiber stellen die Konzerngewinne dar. Die Gewinne von RWE, E.ON und EnBW sind seit 2002 stärker gestiegen als die Umlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, die immer wieder gerne als Hauptpreistreiber gebrandmarkt werden. Wenn man sich die Geschäfts
berichte der Konzerne anschaut, dann sieht man, dass die Gewinnsumme seit 2002 um 8 Milliarden Euro angewachsen ist, während die EEG-bedingten Mehrkosten in diesem Zeitraum weniger als 7 Milliarden Euro betrugen. Das hat sich 2009 und 2010 fortgesetzt, auch jenseits von Fukushima. Das Jammern der Konzerne war groß, die Gewinne bleiben weiterhin groß.
Aus diesem Grund ist für uns die Verlagerung einer Strompreisaufsicht auf die Länder weder notwendig noch überhaupt sinnvoll und zielführend, wir sind klar dagegen. Sinnvoller wären ein Gesetz zur Entflechtung marktbeherrschender Unternehmen und eine Markttransparenzstelle, die eine Kostentransparenz aller Energiekosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher erreicht. Dies thematisieren wir auch öfter für den Benzinpreis. Für einkommensschwache Haushalte - da teilen wir durchaus die Ansicht im Antrag der LINKEN -, die besonders von steigenden Preisen betroffen sind, müssen gesonderte Maßnahmen getroffen werden, wobei unser Augenmerk verstärkt auf die Bereiche Energieeinsparen und Energieeffizienz liegt, aber auch auf Sozialleistungen, die verbessert werden müssen. Die Tarifgestaltung für Strom sollte einen geringen Energieverbrauch begünstigen, da ist einiges anzustoßen.
Mit sozialökologischen Tarifmodellen sollen Anreize zum Stromsparen geschaffen werden. Stromsperren, wenn es überhaupt dazu kommen darf, sollen nur die Ultima Ratio sein, einkommensschwache Haushalte und Härtefälle sollen davon ausgenommen werden. Unverhältnismäßige Sperren insbesondere bei Härtefällen wie Schwangeren, Neugeborenen und anderen sind heute schon rechtswidrig. Energieversorger sollten erst nach einem mehrstufigen Verfahren der Konfliktlösung - da freue ich mich, dass die Umweltministerin die Debatte anstoßen will - eine Stromsperre verhängen dürfen. Dieses Verfahren sollte mit den Verbraucherschutzverbänden ausgehandelt werden. Die Voraussetzungen für eine Sperre müssen strenger geregelt werden. Ein landesweites Monitoring der Sperren sollte jetzt angegangen werden. Die Versorgungsunternehmen sollen der Netzagentur jährlich über durchgeführte Sperren berichten.
Wir fordern die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, um ein Zuschussprogramm für den Austausch ineffizienter „Weißer Ware“ durch hocheffiziente Geräte nach Energieberatung zu starten, diese Entflechtung sowie die Markttransparenzstelle voranzubringen, die großzügigen Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen zu prüfen, die energieeffizienten Unternehmen weiter zu stützen, Energieversorger zu verpflichten, Stromsperren dem Sozialamt zu melden und im Saarland entsprechende Programme aufzu
legen. Wir sollten am Förderprogramm „Kostenlose Stromsparchecks - Kostenlose Energieberatung für einkommensschwache Haushalte“ anknüpfen, ebenso an das landesweite Stromsperrmonitoring. Einkommensschwache Haushalte wie dieser tragische Fall in Burbach dürfen von Stromsperren nicht betroffen werden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den beiden vorliegenden Anträgen sind zwei Problemfelder angesprochen: die steigenden Strompreise und die damit zusammenhängenden Stromsperren. Die Situationsbeschreibung von beiden Fraktionen ist richtig. Bei der LINKEN fehlen mir aber die Lösungsansätze. Der einzige Lösungsansatz, der im Antrag genannt wird, ist falsch und nicht umsetzbar, darauf komme ich gleich zurück. Frau Dr. Peter, in dem Antrag Ihrer Fraktion wird von einem Monitoringsystem gesprochen. Das gibt es aber schon, das ist schon längst angestoßen. Es ist noch nicht zusammengeführt, aber das gibt es. Es ist wichtig, dass man das auswertet und aus den Erkenntnissen Nutzen zieht.
Richtig ist ebenfalls, dass seit 2000 die Strompreise in Deutschland um mehr als 50 Prozent gestiegen sind. Das hängt vor allen Dingen an den Strombeschaffungspreisen, die um fast 100 Prozent, von 3,5 auf 5 Cent pro Kilowattstunde gestiegen sind. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zahlen rund 20 Prozent der Bevölkerung mehr als 13 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Energiekosten. Das ist quasi schon die zweite Miete geworden! Dieser dramatische Anstieg der Energiekosten entwickelt sich in der Tat zu einem richtigen sozialen Problem. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher können ihre Stromrechnung nicht mehr begleichen. Davon, Herr Kollegen Linsler, sind nicht nur Transferleistungsempfänger betroffen, sondern mittlerweile auch Bezieher von geringen Einkommen und Familien.
Klar ist auch, einkommensschwache Haushalte können diese Kostensteigerungen nicht alleine durch Verhaltensänderungen wie Energiesparen oder Stromanbieterwechsel auffangen. Deshalb hat die Konferenz der Verbraucherschutzminister schon 2008 einen sogenannten Spartarif gefordert, der auf Anreize zum Energiesparen setzen soll. Die Bun
desregierung ist aufgefordert worden, die Energieversorger zu verpflichten, einen sozialen und ökonomischen Progressivtarif als Wahltarif anzubieten. Das war ein Vorschlag von den Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen. Das heißt, es gibt einen Grundtarif, und wenn man über diesen Grundtarif hinaus eine bestimmte Menge verbraucht, wird der Strom leicht teurer.
Das hat also eine soziale und eine ökologische Lenkungswirkung. Das ist richtig so. Aber bedauerlicherweise ist die jetzige Bundesregierung dieser notwendigen Forderung bis heute nicht gefolgt. Wie wir gestern in der Saarbrücker Zeitung lesen konnten, sieht unsere Bundeskanzlerin zwar schon mit Besorgnis, dass die Strompreise steigen, sieht aber keinen Handlungsbedarf. Das finde ich sehr schade.
Kolleginnen und Kollegen, die Verbraucherschutzministerkonferenz von letzter Woche, wo unsere neue Ministerin Anke Rehlinger in Hamburg war, hat auf Antrag der Landesregierung sich mit den steigenden Strompreisen und mit Stromsperren befasst. Bedauerlicherweise ist das Ergebnis nicht so, dass es schnell eine Regelung auf Bundesebene geben wird, die den Betroffenen helfen wird. Deshalb brauchen wir saarländische Regelungen, so wie es Frau Ministerin angekündigt hat, um wirklich da zu helfen, wo wir das Heft des Handelns in der Hand haben.
Die LINKEN haben jetzt in ihrem Antrag - Herr Linsler, Sie haben es gesagt - die Wiedereinführung der staatlichen Strompreisaufsicht gefordert, die es bis zum Jahre 2007 gab. Unabhängig davon, dass die Strompreise von 2000 bis 2007 exorbitant angestiegen sind, obwohl es diese staatliche Preisaufsicht gab - sie hat also nichts bewirkt -, ist durch das novellierte Energiewirtschaftsgesetz, durch das die europäischen Richtlinien zum Elektrizitäts- und Gasmarkt in nationales Recht umgesetzt wurden, der staatlichen Strompreisaufsicht die Grundlage entzogen worden. Der Wiedereinführung steht nationales und europäisches Recht entgegen. Das heißt, es ist ein Instrument, das wir gar nicht mehr nutzen können. Da hätten Sie sich vorher genauer informieren müssen, Herr Linsler.