Protocol of the Session on February 15, 2017

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal sind aber die Fragen, die man sich in der Politik stellt, nicht die richtigen, und manchmal ist auch der Blick etwas verbaut. Ich hatte in der vorvergangenen Woche hier eine Schülergruppe zu Gast vom Gymnasium Illingen und dem Lycée Jeanne d’Arc in Nancy, beides UNESCO-Schulen, die hier im Saarland eine ganze Woche gemeinsam verbracht und sich mit der Frankreichstrategie beschäftigt haben. Viele haben daran mitgewirkt, die im Europaministerium, in der Staatskanzlei oder hier im saarländischen Landtag mit diesen Schülerinnen und Schülern gearbeitet haben. Die haben eine Umfrage und Workshops gemacht und die haben sich mit deutsch-französischen Unternehmerinnen getroffen. Am Ende dieser Woche gab es eine Diskussion hier im saarländischen Landtag. Wir haben darüber gesprochen, was man noch verbessern kann. Irgendwann meldete sich eine französische Schülerin und sagte: Lieber Herr Theis, ich habe ja verstanden, was Sie da alles machen, und ich stelle auch fest, dass es verschiedene Initiativen auch auf französischer Seite gibt. Aber wenn es eine Frankreichstrategie in Deutschland gibt und eine Deutschlandstrategie in Frankreich,

dann verstehe ich nicht, warum wir daraus nicht eine gemeinsame Strategie machen. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, das ist die klügste Frage, die seit Langem in diesem Landtag gestellt worden ist. Unsere Aufgabe ist es, darauf die richtigen Antworten zu finden, damit wir eine gemeinsame europäische Strategie für unsere Heimat bekommen. Denn unsere Heimat wird nie unmodern, solange sie europäisch ist. Darauf, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollten wir hinarbeiten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Das Thema der heutigen Regierungserklärung ist ein Thema, das das Selbstverständnis unseres Parlaments und dasjenige vieler Saarländerinnen und Saarländer betrifft. Es ist ein wichtiges, ein ganz zentrales Thema für die Zukunft unseres Bundeslandes und unserer Region.

Das Europa in der heutigen Form, wie wir es kennen, hat uns eine nie dagewesene Epoche von Frieden, aber auch von Wohlstand beschert. Vieles, was für uns heute völlig selbstverständlich ist, ist für die Generation unserer Väter und Mütter ganz anders gewesen. Ein Beispiel: Mein Vater musste noch gegen Frankreich in den Krieg ziehen. Von uns hier hat das zum Glück keiner mehr erlebt. Für meine, für unsere Generation ist die Vorstellung, mit dem Gewehr in Richtung Westen zu ziehen, völlig fremd zum Glück! Ich bin Jahrgang 57, ich bin großgeworden mit Städtepartnerschaften mit Frankreich. Für mich und mein gesamtes Umfeld ist immer völlig klar gewesen: Auf der anderen Seite der Grenze, die es damals noch gab, leben Menschen, mit denen will ich was gemeinsam machen, da fahre ich hin in Urlaub. Das ist ein völlig anderes Lebensverständnis als das unserer Väter- und Großvätergeneration. Maginot-Linie und Westwall sind für mich rein museale Einrichtungen, nicht mehr und nicht weniger. Schlagbäume und Geldwechsel allerdings habe ich noch erlebt, viele hier in diesem Hause auch. Wir wissen noch, was es bedeutet, zur Bank zu gehen, bevor man nach Frankreich fährt, Francs zu holen, sich an der Grenze kontrollieren zu lassen, den Pass vorzuzeigen.

Völlige Freizügigkeit, gleiche Währung, gemeinsames europäisches Empfinden - ich glaube, ich kann für uns alle sprechen -, das ist für uns alle in diesem Hause völlige Normalität. Tja, gemeinsames europäisches Empfinden. Im letzten Jahr, ich erinnere

(Abg. Theis (CDU) )

mich gut daran, hatten wir eine Veranstaltung vor der Europa-Galerie in Saarbrücken. Es ging um Europa, wir hatten einen Infostand gemacht. Plötzlich hatten wir, hatte ich persönlich Diskussionen mit mehreren Menschen, für die das gar nicht so war, Deutsche hier aus dem Saarland. Sie haben mir gesagt, wo ist eigentlich das Problem, wenn oben in Felsberg oder hier an der Goldenen Bremm wieder ein Schlagbaum steht? Es interessiert mich doch nicht, wenn ich einen Pass zeigen muss, Geld kann ich auch wechseln. Das waren klare Europagegner, klare saarländische Europagegner. Der Euro? Nur eine Belastung. Die Chancen, die für uns alle daraus erwachsen sind, wollten diese Menschen gar nicht sehen.

Diese Diskussionen haben mir sehr zu denken gegeben - und es waren keine einzelnen Personen, sondern es waren schon mehrere. Natürlich ist das, was sie widergespiegelt haben, in unserem Land heute keine Mehrheitsmeinung, weder im Saarland noch in Deutschland. Es ist gut, dass es so ist. Wir sind uns aber, glaube ich, alle darüber im Klaren, dass die Zahl der Europagegner hier in diesem Land leider wächst. Wir sind uns auch alle darüber einig, das ist eigentlich eine traurige Wahrheit, dass nach der Wahl mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zum ersten Mal seit langer Zeit Europagegner in diesem Parlament sitzen werden. Das ist Demokratie, da geht kein Weg daran vorbei. Es macht aber auch deutlich, wie wichtig es ist, dass alle politischen Parteien, das sind wir alle hier in diesem Raum, alles tun, um Europa zu verteidigen, um Europa weiter auszubauen und um Europa nicht zurückdrängen zu lassen.

Vor diesem Hintergrund, Herr Minister Toscani, Frau Ministerpräsidentin, ist es auch sehr wichtig und sehr richtig, dass die Landesregierung eine Europastrategie hat, daran festhält und sie nach vorne treibt. Wir müssen Europa leben, dazu gehört eben auch eine solche Strategie. Sie gehört insbesondere dazu, wenn wir sehen, welche dunklen Wolken sich im Moment hinter der Grenze am Horizont zeigen. Sie wissen alle, wovon ich rede, ich rede von der französischen Präsidentschaftswahl, von der immensen Gefahr für Europa, von der immensen Gefahr für uns alle, dass Marine Le Pen diese Wahl gewinnt, was wir alle nicht hoffen wollen. Es ist aber mittlerweile nicht mehr ganz unmöglich. Wir wissen auch alle, was das für Europa und für uns im Saarland bedeuten würde. Europa wäre vermutlich am Ende, wir hätten alle ein ganz großes Problem. Gerade wir hier im Saarland und insgesamt in der Republik Deutschland wären die größten Leidtragenden. Unsere Wirtschaft würde nach unten gehen, der hohe Wohlstand, den wir heute haben, wäre wohl auf diesem Niveau nicht mehr zu halten. Deshalb ist es wichtig, jedes Engagement einzugehen, das im französischen Raum denkbar ist und jeden

französischen Kontakt zu knüpfen und zu leben. Dazu gehört eben die Frankreichstrategie der Landesregierung.

Herr Minister, Sie haben eben einige richtige und positive Beispiele genannt. Es gibt aber einige Dinge mit Blick auf Frankreich, auf den grenzüberschreitenden Raum, die von der gesamten Entwicklung her nicht so positiv sind. Die Maut ist eines dieser Themen, Sie haben es angerissen. Sie haben sich hier auch gegen die Maut positioniert, Sie haben sie zumindest hinterfragt. Aber, Herr Minister, diese Maut ist ein Kind der Großen Koalition in Berlin, ist ein Kind Ihrer eigenen Partei, so problematisch sie ist. Ich hätte mir schon gewünscht, dass die Große Koalition hier im Saarland, dass die Landesregierung in Berlin bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag, aber auch im Bundesrat einen deutlich größeren Widerstand hätte erkennen lassen, als es der Fall war. Man hätte sich insbesondere als Grenzregion deutlicher positionieren können und müssen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Verkehrspolitik allgemein ist aber ein wichtiger Baustein in einer grenzüberschreitenden Strategie, bei einer wirklich gelebten Frankreichstrategie. Wenn wir genau hinschauen, das wissen Sie, Herr Minister, dann sieht das nicht so gut aus, wie wir es alle gerne hätten. Die Zugverbindung nach Frankreich, auch die Anbindung nach Paris, war schon mal besser, auch da gibt es dunkle Wolken am Himmel. Ob wirklich alles so bleibt mit den Verbindungen nach Paris, das wissen Sie, steht ein wenig in den Sternen. Auch da bräuchten wir dringend mehr Druck durch die saarländische Landesregierung, dass wir nicht weniger, sondern bessere Verbindungen nach Frankreich bekommen, dass das Stück zwischen Saarbrücken und Metz deutlich mehr genutzt wird, dass dort Effizienzpotenziale gehoben werden und nicht dieses Klein-Klein herrscht, das wir an dieser Stelle immer noch haben. Auch das wäre und ist gelebte Frankreichstrategie.

Ich will ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang aufgreifen, das wir in diesem Parlament im vergangenen Jahr schon einmal diskutiert haben und bei uns GRÜNEN eigentlich nur Kopfschütteln hervorgerufen hat. Die Diskussion hat sogar Kopfschütteln bei einigen Mitgliedern der Großen Koalition im Parlament hervorgerufen, von denen ich weiß, dass sie auch für dieses Projekt kämpfen. Diese Landesregierung kämpft aber offenbar nicht für dieses Projekt. Sie wissen, wovon ich rede, ich rede von dem Projekt Tram-Train, das eine Straßenbahnanbindung zwischen den Städten hier im Saarland und dem französischen Grenzraum plant. Es gibt eine Studie aus dem Jahre 2014 vom Eurodistrict SaarMoselle, die zu einem sehr positiven Ergebnis für dieses Projekt gekommen ist. Diese Studie hat

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

belegt, dass dieses Projekt Tausende von Arbeitsplätzen hier in dieser Region schaffen und zu einer echten grenzüberschreitenden Verkehrsanbindung führen würde, die gerade viele Käuferinnen und Käufer - Maut hin, Maut her - in die Region holen würde.

Ich habe nicht verstanden, warum die Landesregierung dieses Projekt, das große ökonomische, aber auch ökologische Vorteile bringt, nicht vorangetrieben hat, nicht vorantreibt. Sie schieben es einfach weg und kümmern sich nicht darum. Da muss man ernsthaft fragen, was ist es dann für eine Frankreichstrategie? Frankreichstrategie muss man leben, man kann nicht nur davon reden, man muss auch die Projekte aufgreifen, die da sind. Herr Minister, warum tun Sie das nicht? Sie sind nach wie vor eine Erklärung schuldig.

Hinzu kommt: 80 Prozent der Kosten dieses Projektes Tram-Train würden von der Europäischen Union getragen. Das heißt, wir bekämen zig Millionen Förderung in diese Region hinein. Da frage ich mich: Warum klemmt sich diese Landesregierung nicht dahinter, holt dieses Geld ins Saarland, holt dieses Projekt in die Region und bringt damit die Frankreichstrategie wirklich nach vorne?

Damit komme ich zum Abschluss bei diesem einzelnen Projekt. Man muss auch wissen, wenn die Landesregierung jetzt nicht auf die Tube drückt, dann sind die Gelder weg. Das Geld wird es nämlich nur dann geben, wenn das Projekt bis 2020, 2021 abgerechnet, also umgesetzt ist. Wir haben jetzt 2017, das sind, soweit ich rechnen kann, noch sechs Jahre, das ist nicht viel. Hier verschläft die Landesregierung in den wesentlichen Teilen eine echte Frankreichstrategie, die man wirklich greifen könnte, die wichtig und sinnvoll wäre für diese Region.

(Beifall bei PIRATEN und GRÜNEN.)

Nächstes Beispiel ist die Bildungspolitik, auch hier wundert man sich. Insbesondere unsere Universität und unsere Hochschulen könnten eine ganz bedeutende Rolle bei einer gelebten Frankreichstrategie spielen. Eine starke UdS, starke Hochschulen hier im Saarland könnten attraktive Partner sein in dieser Region, in europäischen Netzwerken beziehungsweise Forschungsverbünden. Nur eine starke UdS hätte in diesem Großraum genügend Gewicht, um eine solche Rolle zu spielen, um Netzwerke und Verbünde als gleichwertiger Partner mitgestalten zu können. Nur ressourcenstarke Hochschulen könnten dieses spürbare Interessengefälle bezüglich der Großregion zwischen den Nationalstaaten ein wenig kompensieren. Alles das geht nur, wenn Sie die Hochschulen hier im Saarland finanziell entsprechend ausstatten. Aber auch hier macht die Landesregierung das Gegenteil von dem, was notwendig wäre: Sie schwächen unsere Hochschulen, Sie

schwächen unsere Universität, indem Sie viel zu viele finanzielle Mittel dort herausgenommen haben. Dort müsste ein Schwerpunkt mit Blick auf das Land selbst gesetzt werden. Über die Hochschulen holen wir uns junge, intelligente Köpfe hier ins Saarland für unsere Unternehmen im Saarland. Nur über die Hochschulen könnten wir eine echte Frankreichstrategie im Hochschulbereich leben. Auch dort geschieht sehr wenig.

Oder noch ein weiteres, für mich trauriges, Kapitel in einer Frankreichstrategie, das Thema Cattenom. Auch dort wird im Saarland viel geredet. Wir sind uns alle einig: Cattenom müssen wir abschalten. Das muss weg. Aber auch hier muss man immer wieder die Frage stellen, wie denn an dem Punkt die Frankreichstrategie der Landesregierung aussieht. Alle wissen, diese Frankreichstrategie kann nur über Berlin laufen. Das kriegen wir alleine aus dem Saarland heraus nicht geregelt. „Über Berlin laufen“ heißt, dort muss die Kanzlerin ran, dort muss das Kanzleramt persönlich ran. Wie wir alle wissen, haben wir ja einen ganz gewichtigen Kanzleramtsminister, der kommt aus dem Saarland. Wir haben einen Bundesjustizminister, der kommt aus dem Saarland. Da fragt man sich, warum es denn diesen beiden Schwergewichten nicht gelingt, in Richtung Cattenom via Bundeskanzlerin eine vernünftige Verhandlungsstrategie aufzubauen. Man hat bis heute nicht gehört, dass die Landesregierung an dieser Stelle in Berlin bei der Kanzlerin wirklich einmal vorstellig geworden wäre.

Oder noch ein weiteres Beispiel - das ist sogar angesprochen worden -, das Thema grenzüberschreitende Ausbildung. Das ist ein sehr guter Ansatz, den Sie da verfolgen. Den kann man nur unterstützen. Er ist absolut richtig. Aber auch hier muss man die Frage stellen, wie es denn in der Realität aussieht. Wie viele grenzüberschreitende Ausbildungsverhältnisse haben wir denn? Herr Minister, Sie wissen, wenn wir alle diese Menschen, die wir im Saarland haben, hier in diesen Saal setzen würden, der Raum wäre vermutlich noch nicht einmal halb gefüllt. Das heißt, wir reden doch hier von etwas, was nach wie vor leider Gottes nicht mit Leben erfüllt wird.

Oder das Thema Französisch-Unterricht. Es wird ja auch viel von Französisch-Unterricht hier in unseren saarländischen Schulen gesprochen. Frau Ministerpräsidentin, Sie haben das vor Jahren schon angerissen. Da soll sehr viel geschehen, aber was ist denn real geschehen? Gibt es hier im Saarland den verbindlichen Französisch-Unterricht ab der ersten Klasse? Nein, den gibt es natürlich nicht. Auch hier muss ich sagen: Nur darüber reden, das reicht einfach nicht.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

Oder aber - damit komme ich zum Schluss - der grenzüberschreitende Umweltschutz, die leidige Diskussion um die Industrieplattform Carling. Auch dort läuft vieles nicht so, wie man sich das im europäischen Verbund eigentlich vorstellen würde. Dort könnte und müsste mehr passieren in Form von grenzüberschreitender Zusammenarbeit, um den Menschen im Warndt vor der permanenten Industrieplattform Carling die Angst zu nehmen.

Mein Fazit ist, Ihre Frankreichstrategie - ich wiederhole das noch einmal - ist absolut wichtig, ist absolut richtig. Aber erfüllen Sie sie doch an mehr Stellen mit Leben, erfüllen Sie sie doch an den Stellen mit Leben, wo Sie das tun können, wo es das Land wirklich nach vorne bringt! Tram-Train - ich wiederhole mich - ist das beste Beispiel. Runde Tische alleine, in denen man über die Frankreichstrategie redet, genügen nicht. Es muss mehr konkretes Handeln geben. Dazu fordern wir als GRÜNE diese Landesregierung auf. - Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE und vereinzelt von der LINKEN und den PIRATEN.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Frau Abgeordnete Margriet Zieder-Ripplinger.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ich will kein Europa, das unter grauem Mehltau erstickt. Ich will ein buntes Europa, das menschenfreundlich, friedlich, weltoffen, demokratisch, solidarisch und gerecht ist.

(Beifall von der SPD.)

Es ist Zeit, dass wir aufstehen, dass wir der Welle von Hass und Unwahrheit mit all unserer Kraft entgegentreten. Nicht zuletzt der Brexit und der Sieg von Donald Trump in den USA haben rechtspopulistische Kräfte in Europa entfesselt. Sie verbünden sich wie jüngst in Koblenz, um sich letztendlich abzuschotten. Sie wollen die Zeit zurückdrehen, die Globalisierung rückgängig machen. Sie wollen einen übersteigerten Nationalismus mit all seinen destruktiven Konsequenzen, die wir vor allem hier im Saarland über Generationen erdulden mussten.

Denn das Saarland liegt im Herzen Europas, an der Nahtstelle zwischen Deutschland und Frankreich. Acht Mal haben sich hier in der jüngeren Geschichte die Grenzen zwischen unseren Ländern hin und her verschoben. Erst mit der Gründung der Europäischen Union hat dieser Wahnsinn ein Ende genommen. Deshalb sollten wir dieses Jahr mit großer Freude und vor allem mit vollem Selbstbewusstsein den 60. Geburtstag der Römischen Verträge und somit die Geburtsstunde der Europäischen Union feiern. Wir feiern gleichzeitig aber auch die Geburts

stunde des Saarlandes. Denn ohne die Europäische Union gäbe es das Saarland in seiner heutigen Form nicht und umgekehrt.

Denn erst das Saarstatut hat den Weg zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die Vorgängerin der heutigen Europäischen Union, frei gemacht. Ich freue mich daher ganz besonders, dass ich morgen mit dem Europa-Ausschuss in Paris das Saarstatut im Original sehen darf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit 60 Jahren profitieren wir jeden Tag von offenen Grenzen sowie von Frieden und Freundschaft mit unseren Nachbarn in der Grenzregion SaarLorLux. Auch diese Tatsache müssen wir immer wieder laut und selbstbewusst betonen.

Liebe Gäste, direkt vor unserer Haustür wächst um Saarbrücken herum eine deutsch-französische Großstadt heran. 700.000 Menschen leben schon heute in dieser europäischen Metropole Saar-Moselle. Im Umkreis von Saargemünd, über den Regionalverband bis nach St. Avold profitieren die Menschen von Vielfalt, wenn sie einkaufen, sich bilden, Kulturund Freizeitangebote nutzen oder ihre Gesundheit pflegen. Wenn es uns gelingt, unsere vier Zentren Saarbrücken, Luxemburg, Metz und Trier vernünftig mit Schienen zu verbinden, haben wir auch gute Chancen, zur echten grenzüberschreitenden SaarLorLux-Metropole zusammenzuwachsen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fünf Jahre hat die saarländische Landesregierung mit Hochdruck am weiteren Zusammenwachsen unserer Grenzregion gearbeitet. Der sichtbare Beweis ist der Europabericht der saarländischen Landesregierung, den der zuständige Minister Stephan Toscani soeben ausführlich vorgestellt hat. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken, lieber Stephan.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Bedanken möchte ich mich aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die nicht nur den Europabericht erarbeitet haben, sondern die auch mit hohem persönlichen Einsatz und viel Herzblut gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen auf der anderen Seite der Grenze in ihren Fachbereichen zusammenarbeiten. Sie sorgen dafür, dass das Kooperationsnetz unserer Verwaltung in der SaarLorLux-Region immer engmaschiger und effektiver wird. Auch dafür herzlichen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die vergangenen fünf Jahre dazu genutzt, unsere Partnerschaft in der Großregion voranzutreiben, sei es über die Begegnungen der Ministerpräsidentin mit ihren Kolleginnen und Kollegen in der Großregion oder in ihrer Funktion als Bevollmächtigte für die kulturellen deutsch-französischen Angelegenheiten. Aber auch die übrigen Spitzen der saarländischen Landesregierung haben in enger Zusammenarbeit mit dem Parlament einen intensiven Austausch mit

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

ihren Kolleginnen und Kollegen über die Grenze hinweg gepflegt und haben somit der Großregion SaarLorLux neue Impulse gegeben.

Wir haben beispielsweise dafür gesorgt, dass bereits fast jedes zweite Kita-Kind im Saarland spielend Französisch lernt. Damit hat es gute Chancen, in Zukunft mehrsprachig zu sein. Wir haben dafür gesorgt, dass Jugendliche die Möglichkeit haben, sich in zwei Ländern auszubilden - damit erweitern sie ihre beruflichen Perspektiven innerhalb der Großregion -, dass akut herzkranke Menschen aus Forbach sich wohnortnahe in der Klinik in Völklingen behandeln lassen können statt im fernen Straßburg oder Metz. Damit haben sie bessere Chancen, wieder gesund zu werden.

Wir haben auch dafür gesorgt, dass die Zusammenarbeit insbesondere zwischen den deutschen und französischen Umweltbehörden besser klappt - damit schaffen wir Vertrauen in der Bevölkerung und sorgen für bessere Lebensbedingungen -, dass das gemeinsame Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit in Luxemburg weiter ausgebaut wird. Das ist auch heute schon erwähnt worden. Damit sorgen wir für mehr Sicherheit in unserem Grenzgebiet. Des Weiteren, dass die Künstlerinnen und Künstler in SaarLorLux ihre vielfältigen gemeinsamen Aktivitäten realisieren können. Damit fördern wir das gegenseitige Verständnis und das Gefühl der Zusammengehörigkeit innerhalb unserer Grenzregion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus haben wir mit Unterstützung von europäischen Mitteln zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unter anderem an drei strategischen Projekten für unsere Großregion gearbeitet. Erstens. Wir haben die Hochschule der Großregion von einem Modellprojekt zu einer festen Institution entwickelt. Damit sichern wir unseren Studentinnen und Studenten die Möglichkeit, in vier Ländern Studienabschnitte zu absolvieren. Das gibt es sonst nirgendwo in Europa! Aber auch die Lehrenden und die Forscherinnen und Forscher profitieren vom interkulturellen und wissenschaftlichen Austausch über die Grenzen hinweg.

Zweitens. Wir haben eine touristische Vermarktung unserer industriehistorischen, kulturellen und natürlichen Schätze in der Großregion SaarLorLux auf den Weg gebracht. Damit locken wir Menschen in die Großregion und fördern den Tourismus. Gleichzeitig machen wir aber auch unsere Bevölkerung neugierig auf unsere Nachbarregionen und schaffen dadurch ein Gefühl für unsere SaarLorLux-Region als ein zusammenhängender Raum.