Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verhandlungen über das Abkommen zwischen Europa und Kanada sind abgeschlossen. CETA, Comprehensive Economic and Trade Agreement, soll im Rahmen des EU-Kanada-Gipfels Ende dieses Monats unterzeichnet werden. Die EU-Kommission hat im Juli vorgeschlagen, das Abkommen als ein gemischtes Abkommen abzuschließen. Gemischt bedeutet an der Stelle, einige Bereiche fallen in die gemeinsame Handelspolitik der EU, andere verbleiben in der Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. Deshalb müssen die Mitgliedsstaaten auch dem Abkommen zustimmen. Nach Ansicht der Bundesregierung müssen sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat zustimmen.
Weiterhin entscheiden die Mitgliedsstaaten auf Grundlage des Vertrages von Lissabon auch über die vorläufige Anwendung von CETA. Das betrifft die Regelungsbereiche, die in die EU-Zuständigkeit fallen, zum Beispiel die Vereinbarungen zum Zollabbau und zur öffentlichen Auftragsvergabe. Nach Auffassung der Bundesregierung sind insbesondere die Vorschriften über Investitionsschutz und die Schiedsgerichte von der vorläufigen Anwendung auszunehmen.
CETA wird von vielen Verbänden, Unternehmen, Organisationen und dem Großteil der Bevölkerung abgelehnt, von Menschen, die genauer hingesehen haben, um welche Handelshemmnisse es hier eigentlich geht. Dabei geht es eben nicht um Zölle, obwohl damit immer gerne für die Abkommen argumentiert wird. Die Zölle sind jetzt schon gering oder nicht vorhanden. Welche Handelshemmnisse können noch abgebaut werden? Nun, ein Handelshemmnis ist Umweltschutz. Ein weiteres Hemmnis ist Verbraucherschutz. Das alles hemmt auf der einen Seite zwar den Handel, aber auf der anderen Seite sind es doch wichtige Hemmnisse, Kolleginnen und Kollegen. Da kann doch niemand sagen, wir bauen die Handelshemmnisse ab und behalten die Schutzstandards bei. Das, Kolleginnen und Kollegen, ist die Bürgerinnen und Bürger an der Nase herumgeführt. Umweltschutz und Verbraucherschutz müssen gemeinsam mit dem Handel gedacht und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Zum Thema Arbeitsplätze. Man hat bei NAFTA, dem Abkommen zwischen Mexiko und den USA, gesehen, dass über eine Million Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Es geht bei CETA genau darum, dass bei den absolut wichtigen Standards Umweltschutz, Verbraucherschutz und Arbeitsschutz eben keine politischen Regelungen mehr stattfinden sollen. Ein sicherer Schutz von Umwelt und Verbrauchern ist aber kein Handelshemmnis, sondern eine wichtige Aufgabe für den Staat. Starke Standards müssen Ziel guter Handelspolitik sein und nicht die Zielscheibe. Das Vorsorgeprinzip, ein Grundpfeiler des Umwelt- und Verbraucherschutzes in Europa, wird durch CETA geschwächt. So wird ermöglicht, dass schon gehandelt werden kann, wenn noch nicht vollständig sicher ist, ob ein Produkt schädlich ist.
CETA tendiert aber genau wie TTIP zum risikobasierten Ansatz. Damit wird zugelassen, dass Mensch und Umwelt Schaden nehmen, weil eben erst eingegriffen werden kann, wenn der letzte Nachweis erbracht ist. TTIP und CETA sind auch „Living agreements“, lebende Verträge, die sich nach Vertragsabschluss weiterentwickeln sollen. Bisher ist aber nicht ausreichend sichergestellt, dass das EU-Parlament zwingend beteiligt wird. Im Gegenteil, die EU wünscht sich ein vereinfachtes Verfahren.
Wir sind gegen CETA und TTIP: Wir möchten unsere Demokratie beschützen, wir möchten die Verbraucher schützen, wir möchten die Arbeitsrechte schützen, wir möchten unsere Umwelt schützen und vor allem möchten wir unsere Bürgerinnen und Bürger schützen.
Trotz Veröffentlichungen von Greenpeace ist CETA immer noch intransparent; Abgeordnete dürfen weiterhin nicht über ihre Erkenntnisse sprechen. Wir lehnen solche Geheimverhandlungen ab und sind gegen Intransparenz bei diesen Verhandlungen.
Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren, das ist schon ein sperriges Wort. Kommen wir zu diesem entscheidenden Punkt in CETA. Trotz aller Kritik und Lippenbekenntnissen bleibt es bei der Sondergerichtsbarkeit durch private Schiedsgerichte. Bei CETA wird durch die Schiedsgerichte ein verringerter Verbraucherschutz durch die Hintertür etabliert. Wir müssen verhindern, dass eine solche Paralleljustiz aufgebaut wird. CETA ist auch eine Blaupause für TTIP. TTIP wird vermutlich gekippt, aber wenn CETA kommt, dann brauchen 80 Prozent der US-Konzerne TTIP eigentlich gar nicht mehr. Sie haben Niederlassungen in Kanada, und wenn nicht, kann eine gegründet werden. Daher ist es wichtig, dass nicht nur TTIP verhindert wird, sondern auch CETA.
An dieser Stelle setzt auch der Antrag der LINKEN an. Der Antrag ist zwar noch nicht vorgestellt, liegt uns aber bereits schriftlich vor, und wie schon im Mai werden wir dem selbstverständlich zustimmen. Ich komme erneut kurz auf unsere Forderungen in unserem Antrag. Wir möchten, dass Sie auf allen nationalen und europäischen Ebenen auf eine Ablehnung des Abkommens hinwirken, dass Sie auf Herrn Gabriel einwirken, das Abkommen im Rat der EU abzulehnen, dass Sie im Bundesrat dagegen stimmen und einer vorläufigen Anwendung von CETA deutlich widersprechen. Kolleginnen und Kollegen, die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sind absolut berechtigt, die müssen wir ernst nehmen und CETA ablehnen.
Ich fasse noch einmal zusammen. CETA ist ein gefährliches Abkommen, das der weiteren Deregulierung Tür und Tor öffnet. CETA bedroht hart erkämpfte Standards und schenkt Konzernen mittels Schiedsgerichten Klageprivilegien. CETA untergräbt das Vorsorgeprinzip, eine tragende Säule für den Schutz von Mensch und Umwelt in Europa. Mit CETA droht TTIP durch die Hintertür, denn 40.000 USKonzerne können über ihre kanadischen Tochterunternehmen Sonderklagerechte nutzen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordnetem Prof. Dr. Heinz Bierbaum das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Kollege Neyses hat schon darauf hingewiesen, dass wir einen durchaus ähnlichen Antrag vorgelegt haben. So wie er angekündigt hat, dass seine Fraktion unserem Antrag zustimmen wird, werden wir natürlich dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen. Wir haben das Thema in einen umfassenden Zusammenhang gestellt - der hier bereits angesprochen wurde - und unseren Antrag deshalb „Freihandelsabkommen CETA und TTIP sowie Dienstleistungsabkommen TISA stoppen Sozial-, Umwelt-, Verbraucherschutz- und demokratische Standards bewahren“ genannt. Es geht uns in der Tat darum, die Landesregierung aufzufordern, sich im Bundesrat, gegenüber der Bundesregierung und auch auf europäischer Ebene deutlich dafür einzusetzen, dass die Verhandlungen zu TTIP und auch zu TISA gestoppt werden, dass CETA abgelehnt und insbesondere der vorläufigen Anwendung von CETA widersprochen wird - das ist wichtig.
Die Frage ist, warum? Zunächst einmal gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Anträgen. Es ist keineswegs so, dass TTIP vom Tisch wäre, ich bin nicht unbedingt dieser Auffassung. Erstens - Kollege Neyses hat darauf hingewiesen - bedeutet CETA im Grunde genommen TTIP durch die Hintertür, dadurch, dass 81 Prozent der kanadischen Unternehmen Niederlassungen von US-Unternehmen sind. Insofern ist es relativ einfach, dies über diesen Umweg zu machen. Zweitens ist nicht gesagt, wenn CETA verabschiedet würde, dass das nicht das Vorspiel dafür ist, um die Verhandlungen für TTIP wieder aufzunehmen und umzusetzen. Das können wir jedenfalls nicht ausschließen.
Wir haben in unserem Antrag insbesondere TISA (Trade in Services Agreement) erwähnt, weil das ein beabsichtigtes Abkommen ist, das in der Öffentlichkeit bisher nicht den Stellenwert hat, den es eigentlich haben müsste. Bei TISA geht es um eine umfassende Deregulierung und Privatisierung von Dienstleistungen, insbesondere auch öffentlicher Dienstleistungen. Mit diesem Abkommen würde ein gigantischer Markt für Dienstleistungen eröffnet und der Privatisierung Tür und Tor geöffnet werden.
Worum geht es? Auch das ist eben kurz dargestellt worden bei den Abkommen insgesamt, bei den beabsichtigten Verträgen insgesamt. In der Tat - auch das möchte ich noch einmal unterstreichen - geht es nicht um Zölle, sondern es geht um den Abbau sogenannter nicht tarifärer Handelshemmnisse. Nicht tarifäre Handelshemmnisse heißt, wir haben es mit Regeln zu tun, mit Standards, die wir uns etwa im Bereich der Ökologie aufgestellt haben, im Bereich der Umwelt oder aber auch im sozialen Bereich, was Arbeitsnormen angeht.
Die grundlegende Kritik, die ja immer gegenüber TTIP geäußert worden ist, war, dass ökologische Standards, wie wir es in Europa kennen, unterlaufen werden, dass auch die sozialen Standards unterlaufen werden, etwa mit dem Hinweis darauf, dass die USA noch nicht einmal vollständig die Grundnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, der International Labour Organization in Genf anerkennen, sondern weit darunter bleiben. Das wird übrigens durch CETA nicht viel anders. Es gibt sicherlich ein paar andere Bestimmungen, aber im Grundsatz bleibt auch CETA bei den sozialen Normen deutlich hinter dem europäischen Standard zurück. Insofern gibt es nach wie vor diese Problematik. Das ist ein zentraler Punkt.
Ein zweiter zentraler Punkt ist auch der vorhin schon angesprochene sogenannte Investorenschutz. Dieser Investorenschutz bedeutet nichts anderes als der Vorrang von Unternehmens- und Konzerninteressen gegenüber der Öffentlichkeit. Wir haben solche Fälle, ich verweise nur auf Vattenfall etwa im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Atomenergie. Das heißt, immer dann, wenn sich die Unternehmen durch politische Gestaltung, die ja Ausdruck eines demokratischen Willensbildungsprozesses ist, in ihren Profitinteressen beschränkt sehen, haben sie die Möglichkeit zu klagen. Das ist etwas, was wir absolut ablehnen.
Das ist auch bereits früher gelungen, bei dem Multilateral Agreement on Investment, in den Neunzigerjahren. Damals hatte Frankreich noch eine etwas andere Rolle gespielt, als es heute spielt. Aufgrund des Widerstands von Frankreich ist damals dieses Abkommen nicht zustande gekommen. Wir haben es heute eigentlich mit dem gleichen Sachverhalt wieder zu tun. Das gilt nicht nur für TTIP, das gilt auch für CETA. Immer wird herausgestellt, dass CETA doch eine Veränderung beinhaltet. In der Tat, es geht von dieser Regelung, wie sie bei TTIP vorgesehen ist, zu einer anderen Regelung, zum sogenannten Investment Court System über. Das bedeutet aber dennoch ein Vorrang der Konzerninteressen vor den öffentlichen Interessen. Das ist das, was wir absolut ablehnen.
Ein weiterer Punkt stellt die Art und Weise dar, wie diese Abkommen zustande kommen. Es handelt sich um Geheimverhandlungen über viele Monate mit vielen Paragrafen und vielen Experten, freier Zugang der Industrie- und der Wirtschaftsverbände. Erst durch das Agieren von Attac und anderen ist herausgekommen, um was es sich handelt. Es ist ein Stück weit ein bisschen Öffentlichkeit inzwischen hergestellt, aber nach wie vor bleiben es im Grunde genommen Geheimverhandlungen und man könnte Bände darüber schreiben, wie schwer es auch für
die Bundestagsabgeordneten war, Zugang zu den entsprechenden Dokumenten zu bekommen mit Geheimräumen und dergleichen mehr. Das spottet jeder Beschreibung. Ich sage ganz deutlich, dass wir einem solchen undemokratischen Verfahren überhaupt nicht zustimmen können.
Die Ablehnung dieser beabsichtigten Verträge ist breit. Wir haben in unserem Antrag eine ganze Reihe von prominenten Stimmen aufgeführt. Das will ich nicht wiederholen, das kann nachgelesen werden. Das sind verschiedene Nobelpreisträger wie Stiglitz und andere, die sich deutlich dagegen ausgesprochen haben.
Aber ich glaube, wir sollten auch auf die Ereignisse hierzulande und in Europa zu sprechen kommen. Am 17. September haben in der Bundesrepublik Deutschland 320.000 Menschen gegen TTIP, CETA und TISA protestiert. Das war eine der größten Demonstrationen, die wir in jüngster Zeit in der Bundesrepublik Deutschland hatten, und das zeigt sehr deutlich, wie stark die Ablehnung dieses Abkommens ist. Ich denke, wir sollten das auch aufgreifen, denn nach meinem Dafürhalten ist die Annahme derartiger Abkommen, die geheim verhandelt werden, die einen eindeutigen Vorrang der Profitinteressen vor gesellschaftlichen Bedürfnissen haben, im Grunde genommen die Kapitulation der Politik vor den Privatinteressen der Unternehmen und Konzerne. Ich glaube, das sollten wir nicht mitmachen.
Ich muss auch sagen, dass ich etwas enttäuscht bin - und hoffe, dass das etwas korrigiert werden kann -, was die SPD angeht, weil dort der Widerstand ziemlich groß war und ist. Wirtschaftsminister Gabriel hat es ja geschafft, doch Zustimmung zu erreichen. Ich fürchte, es war ein klassischer Pyrrhussieg, den er da erreicht hat. Ich glaube nicht, dass es dem entspricht, was wirklich breit gedacht wird. Ich hoffe, dass dies korrigiert werden kann.
Ich glaube deswegen, dass heute auch die Aufforderung, sich dafür einzusetzen, so nicht angenommen wird, und dass insbesondere auch der vorläufigen Anwendung widersprochen wird. Auch darauf hat der Kollege Neyses schon hingewiesen. Zurzeit haben wir es ja mit einem sogenannten gemischten Abkommen zu tun, wo Teile unter EU-Regie fallen, andere unter Länderregie. Das heißt, das soll sozusagen stückweise angenommen werden. Da sind wir dagegen, weil die Probleme viel zu groß sind und viele Fragen noch viel zu offen sind.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt erwähnen, der in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielt. Das ist das Thema von Handelsabkommen überhaupt. Wir sind sehr dafür, dass Handelsab
kommen gemacht werden, aber Handelsabkommen müssen auch den Bedürfnissen der verschiedenen Völker entsprechen. Wir haben die Situation, dass durch Freihandelsabkommen sehr häufig die Entwicklungen in anderen Ländern, insbesondere in Ländern der sogenannten Dritten Welt behindert werden. Ich verweise etwa auf das Problem der Landwirtschaft. Wenn wir solche Handelsabkommen haben, ist es häufig der Fall, dass Importe von Produkten die eigene Produktion unterbinden, sie unterminieren, sie behindern. Das ist ein Effekt, den ich nicht gut finde.
Ich finde es nicht gut, auch was TTIP angeht, dass wir sozusagen aufteilen zwischen der Europäischen Union und den USA und dass viele Länder, die davon betroffen sind, eigentlich keine Rolle spielen. Deswegen müssen wir, wenn wir über Handelsabkommen reden, auch dem Gesichtspunkt der Solidarität und dem Gesichtspunkt der Entwicklungsperspektive der Länder Rechnung tragen. Nur dann macht ein globales Handelsabkommen Sinn. Dies ist ein Gesichtspunkt, den wir bisher immer vernachlässigt haben, der meines Erachtens leider auch in der öffentlichen Diskussion kaum Beachtung findet. Deswegen erwähne ich es, denn wenn wir über Handelsabkommen reden, dann müssen wir auch darüber reden, wie ein solidarisches globales Handelsabkommen aussehen kann. Das ist sicherlich nicht der Fall bei den jetzt vorgelegten Entwürfen zu TTIP oder CETA. Das ganz bestimmt nicht, da müssen wir über andere Kriterien reden. Deswegen bitte ich den saarländischen Landtag, sich dafür einzusetzen, dass derartige Abkommen abgelehnt werden, nicht zur Anwendung kommen, und dass wir uns für eine solidarische Entwicklung einsetzen, die wir in der globalen Welt brauchen.
Was die Entwicklungsmöglichkeiten angeht, so glaube ich, dass sie durch solche Abkommen eher beschnitten werden, also sich die Probleme, die wir ohnehin schon bei der Globalisierung haben, vergrößern. Deswegen noch einmal die Bitte, unseren Anträgen, sowohl dem der GRÜNEN als auch unserem Antrag, zuzustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Kollege Stefan Krutten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Deutschland, aber vor allen Dingen auch das Saarland, ist ein Industrieland und wir sind ein starker Wirtschaftsstandort. Darauf hatte heute Morgen schon unsere Wirtschaftsministerin hingewiesen. Deutsch
land ist nicht umsonst Exportweltmeister, aber Deutschland ist auch eine starke Demokratie. In einer starken Demokratie muss auch verhandelt werden. Man kann nicht alles von vornherein grundsätzlich und kategorisch ablehnen. Durch den Druck der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften und natürlich auch der SPD haben wir bei CETA bis dato bereits deutliche Verbesserungen erreicht. Ich werde nachher auf einige noch eingehen.
Warum Freihandelsabkommen? Hierdurch soll der Handel vereinfacht und erleichtert werden, damit zusätzliches Wachstum entsteht, aber auch Arbeitsplätze in unserer exportorientierten Wirtschaft gesichert werden. Europa sollte dabei nicht abseits stehen, wenn Standards und Regeln für den Handel der Zukunft ausgehandelt werden. Voraussetzung dafür ist für uns allerdings ganz klar, dass es tatsächlich gelingt, gute und fortschrittliche Regeln zu vereinbaren. Das ist dabei unser Maßstab. Die SPD ist die einzige Partei, die hierzu einen offenen Diskussionsprozess geführt hat, und anschließend wurden die Vor- und Nachteile dann auch abgewogen. Für uns ist klar: Deutschland ist eine Exportnation. Deswegen sollte es grundsätzlich in unserem Interesse sein, den Handel entsprechend zu fördern.
Aber der globale Handel muss auch gerecht gestaltet werden und der Vorrang der Politik gegenüber den Märkten muss hierbei durchgesetzt werden. Das ist unser politischer Anspruch. Daher sagen wir Ja zum globalen Handel, aber nur mit fortschrittlichen Regeln. Dazu haben wir klare Kriterien in unseren Beschlüssen aufgestellt. Sie sind der Maßstab, an dem wir Abkommen messen.
Die geplanten Freihandelsabkommen der EU geben vielen Menschen Anlass zu intensiven, oft auch kritischen Diskussionen - sei es im privaten Kreis, in Parteigremien oder auch bei den Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden, Bürgerinitiativen oder Wohlfahrtsverbänden. Das begrüßen wir ausdrücklich. Wichtig dabei ist aber auch, dass die Debatte sachlich und ausgewogen geführt wird. Denn die Materie ist viel zu komplex für einfache, plakative Bewertungen, was leider oft der Fall ist. Unser Ziel ist es daher, uns offen der kontroversen Debatte über Handelsabkommen zu stellen und diese ausgewogen und sachlich zu führen.
Ich zitiere hier einmal aus einer Pressemitteilung der IG Metall vom 19. September dieses Jahres: „Die IG Metall und die Betriebsräte der deutschen Automobilindustrie treten für einen freien, fairen und gerechten Handel ein. Hierzu können Handelsabkommen einen zentralen Beitrag leisten. Beim europäisch-kanadischen Handelsabkommen CETA konnten zuletzt wesentliche Verbesserungen erzielt werden. Diese wurden erst durch den massiven öffentlichen
Druck ermöglicht. Dennoch sind weitere Kritikpunkte offen. Der jetzt anstehende parlamentarische Prozess muss deshalb dazu genutzt werden, CETA in entscheidenden Punkten noch mal nachzubessern. Die IG Metall und ihre Betriebsräte in der Automobilindustrie sind sich der hohen Exportabhängigkeit der deutschen Unternehmen voll und ganz bewusst. Gerade deshalb verfolgt die IG Metall das Ziel, transparente, faire und soziale Wettbewerbsbedingungen verbindlich durchzusetzen.“
Am 30. September konnte man beim Fernsehsender n-tv hören: Audi eröffnet Q5-Werk in Mexiko. Warum? Es gibt dort einmal eine günstige geografische Lage, aber Mexiko hat auch Freihandelsabkommen mit mehr als 40 Staaten. Das heißt, wenn wir uns dem grundsätzlich und immer verschließen, werden wir irgendwann das Problem haben, dass unsere Unternehmen in solche Staaten abwandern. Audi investiert dort immerhin 1 Milliarde Euro und schafft 4.200 Arbeitsplätze.
Die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der kanadischen Regierung sind zwar abgeschlossen, was aber für die politische Beratung und Beschlussfassung über das CETA-Abkommen ausdrücklich nicht gilt. Hier erfolgen noch die Beschlussfassung im Rat sowie die Ratifizierung durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente. Bis dato sind Verbesserungen erreicht worden. Es gibt die privaten Schiedsgerichte nicht mehr. Wir haben einen öffentlich-rechtlichen Investitionsgerichtshof. Wichtig ist für uns dabei, dass es keine Bevorzugung der ausländischen Investoren gegenüber den inländischen Investoren geben darf.
Was den Schutz der Arbeitsnehmerrechte angeht, werden die ILO-Kernarbeitsnormen anerkannt, zwei von acht sind zurzeit noch nicht ratifiziert. Aber laut der neuen kanadischen Regierung soll dies zügig nachgeholt werden.
Der CETA-Vertrag sieht zur Durchsetzung der im Nachhaltigkeitskapitel verankerten Arbeits-, Sozialund Umweltstandards ein dialogorientiertes Verfahren unter Einbindung der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften sowie der ILO vor. Wichtig für uns ist natürlich auch die Sicherung unserer hohen europäischen Verbraucherstandards, diese muss auf alle Fälle gewährleistet sein.