Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr zu überweisen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache 15/1888 unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Danke. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/1888 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD. Dagegen gestimmt die Fraktion der PIRATEN und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNE. Enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE.
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend: Die Organisation der ordentlichen Gerichte im Saarland und zur Änderung weiterer Gesetze im Bereich der Justiz (Gerichtsstrukturreformgesetz) (Drucksache 15/1882)
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen im Saarland (Drucksache 15/1881)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Strukturen der ordentlichen Gerichte, wie wir sie heute im Saarland vorfinden, gehen im Wesentlichen auf die Neuordnung der Gerichtsorganisation aus dem Jahr 1974 zurück. Was sich über rund vierzig Jahre hinweg bewährt hat, wirft man nicht leichtfertig über den Haufen, erst recht nicht, wenn es um den organisatorischen Rahmen für das gute Funktionieren der Dritten Gewalt im Staate
geht. Die Justiz ist nämlich ein Grundpfeiler unseres Rechtsstaates. Aktionismus wäre hier fehl am Platz.
Aber in über vierzig Jahren ändern sich eben auch viele Rahmenbedingungen, unter denen sich die Rechtsprechung vollzieht. Es war deshalb an der Zeit, diese Rahmenbedingungen einer gründlichen Prüfung zu unterziehen und daraus mit Bedacht die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.
Welches sind nun die maßgeblichen Gründe für die Reform der ordentlichen Gerichtsbarkeit? Und welche sind es nicht? Das Saarland ist bekanntermaßen ein Haushaltsnotlageland. Was liegt da näher, als auch die Gerichtsstrukturen der Kassenlage anzupassen und durch eine Gerichtsstrukturreform die Haushaltskonsolidierung voranzutreiben?
Meine Damen und Herren, die Strukturreform, die ich Ihnen heute vorstelle, verfolgt einen solchen Ansatz ganz bewusst nicht. Natürlich darf sich auch die Justiz nicht von den allgemeinen Sparanstrengungen des Landes ausnehmen. Sie hat deshalb ebenso wie alle anderen Ressorts - ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erbracht und wird ihn auch in Zukunft erbringen. Aber es ist unsere originäre Pflicht, die für die effektive Justizgewährung in einem Rechtsstaat erforderlichen Strukturen vorzuhalten und sie angemessen auszustatten.
Diese Reform zielt insbesondere nicht darauf ab, Arbeit zu verdichten und Personal wegzurationalisieren oder sonst die zur Aufgabenerfüllung der Justiz erforderlichen Mittel zu kürzen. Es geht vielmehr allein darum, die saarländischen Gerichte so zukunftssicher aufzustellen, dass sie auch in Anbetracht künftiger Herausforderungen die Gewähr für eine effiziente und qualitativ hochwertige Rechtsprechung bieten.
Ich betone das ganz bewusst, weil ich in Gesprächen festgestellt habe, dass es bisweilen schon ungläubiges Staunen auslöst, wenn man eine Reform vorstellt, die nicht der Haushaltskonsolidierung geschuldet ist. Ich betone das aber auch, weil teilweise der unrichtige Eindruck vermittelt wird, die Reform führe zu einer Mehrbelastung der Gerichte. Das ist schlicht falsch.
Warum also eine Gerichtsreform? Die amtsgerichtlichen Strukturen sind im Saarland über lange Zeit im Wesentlichen unverändert geblieben. Was sich hingegen deutlich verändert hat, ist die demografische Entwicklung. Bei der Gerichtsorganisation im Jahr 1974 lebten noch über 1,1 Millionen Menschen im Saarland. Heute sind es 100.000 Menschen weniger. Wenn man sich die nächsten 30 Jahre vornimmt, geht die Einwohnerzahl noch einmal um 200.000 zurück.
werden nicht nur weniger, sondern auch älter. Schon heute merken wir, dass sich diese Entwicklung zusammen mit dem Strukturwandel auch auf den Geschäftsanfall bei den Gerichten auswirkt und zwar deutlich spürbar. So sind etwa die Eingänge in den allgemeinen Zivilsachen - einer Kernmaterie der Amtsgerichte - in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren um knapp ein Drittel zurückgegangen. Die Bußgeldsachen sind seit dem Jahr 2000 sogar um 45 Prozent eingebrochen. Einzelne Materien entwickeln sich zwar gegenläufig, etwa die Betreuungssachen, die vorwiegend ältere Menschen betreffen, aber insgesamt ist die Geschäftsentwicklung deutlich rückläufig.
Bei gleichbleibenden Strukturen bedeutet das notwendigerweise: Die anfallende Arbeit muss in immer kleineren Einheiten erledigt werden, denn weniger Geschäftsanfall bedeutet zwingend auch weniger Personal. „Klein“ heißt in diesem Zusammenhang, dass selbst Kernmaterien der Amtsgerichte häufig kaum mehr als ein einziges Richterdezernat ausfüllen. So machen etwa die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten beim Amtsgericht Lebach nur rund ein Richterdezernat aus, die Straf-, Bußgeld- und Jugendsachen zusammen bei dem Amtsgericht St. Ingbert kaum mehr als ein halbes Richterdezernat.
Aber auch die Anforderungen an die Arbeit der Gerichte haben sich im Lauf der Zeit gewandelt. Die Neuen Medien - Internet, soziale Netzwerke, Onlinehandel - nehmen heute breiten Raum in unserem Leben ein. Mit ihnen entstehen neue urheberrechtliche, persönlichkeitsrechtliche, datenschutzrechtliche, medienrechtliche und strafrechtliche Fragestellungen, die auch unsere Amtsgerichte beschäftigen.
Aber auch einige klassische Rechtsmaterien wie etwa das Versicherungsvertragsrecht haben sich im Lauf der Zeit zu sehr komplexen Spezialmaterien mit hohen fachlichen Anforderungen entwickelt. Die Anwaltschaft hat darauf schon vor Jahren durch eine Herausbildung spezialisierter Fachanwaltschaften reagiert. Eine solche Spezialisierung ist den saarländischen Amtsrichtern bislang nicht möglich. In Versicherungsvertragssachen beispielsweise verteilt sich der Geschäftsanfall von weniger als einem Richterdezernat derzeit nämlich auf zehn Amtsgerichte. Daraus ergeben sich vor allen Dingen für die kleinen Amtsgerichte besondere Herausforderungen. Der typische Amtsrichter bei einem kleinen Amtsgericht deckt - nicht ganz unähnlich einem Allgemeinmediziner - ein breites Spektrum von Materien ab. Darauf ist er auch grundsätzlich gut vorbereitet. Wenn er jedoch mit einem Fall aus einer besonders komplexen Spezialmaterie befasst wird, kann er den Fall, anders als der Allgemeinmediziner, nicht an den Spezialisten überweisen, sondern muss ihn eigenverantwortlich abschließen. Das ist bei einem geringen Fallaufkommen in einer Spezialmaterie latent fehler
anfällig. Dem Richter verlangen solche Fälle deshalb bei den gegenwärtigen Strukturen einen deutlich gesteigerten Einarbeitungsaufwand ab und dem rechtsuchenden Bürger nicht selten ein gehöriges Maß an Geduld.
Strukturelle Schwierigkeiten ergeben sich aber nicht nur in den Spezialmaterien. So ist es generell in kleinen Fachabteilungen eine Herausforderung, im Krankheits- oder Urlaubsfall eine kompetente Vertretung sicherzustellen. Solche kleinen Einheiten führen aber auch im nichtrichterlichen Bereich zu großen strukturellen Problemen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, streben wir zweierlei an. Zum einen wollen wir die allgemeinen Mischdezernate von besonders komplexen Rechtsmaterien entlasten, zum anderen wollen wir leistungsfähige Fachabteilungen in einer angemessenen Mindestgröße bilden. Diese Ziele ließen sich nun auf scheinbar einfache Art und Weise erreichen, indem man die kleinen Amtsgerichte ganz aufhebt. Das ist uns teilweise sogar aus der Justiz selbst heraus durchaus von einigen nahegelegt worden.
Wir haben uns allerdings ganz bewusst gegen diesen vermeintlich einfachen Weg entschieden. Warum? Wer ein Amtsgericht in eine Zweigstelle umwandelt, hat damit noch kein einziges Problem gelöst. Entscheidend ist nämlich nicht, welches Messingschild an der Pforte hängt, sondern wie die Arbeitseinheiten hinter der Fassade organisiert sind. Wer wirklich zu effizienteren Einheiten gelangen will, muss Arbeitseinheiten standortübergreifend neu ordnen. Das ist auch allen bewusst, die heute die Umwandlung von Amtsgerichten in Zweigstellen fordern. Die Umwandlung von Amtsgerichten in Zweigstellen ist aber, das zeigt die Erfahrung, innerhalb wie außerhalb des Saarlandes in aller Regel die Vorstufe zur Schließung des Standortes. Wer heute die Umwandlung von Amtsgerichten in Zweigstellen fordert, sollte deshalb so ehrlich sein, diese Konsequenzen auch beim Namen zu nennen.
Wer aber bereit ist, Gerichtsstandorte ersatzlos zu opfern, der hat nicht erkannt, welch zentrale Bedeutung einer bürgerorientierten Justiz in der Fläche zukommt. Gerade die ordentlichen Gerichte präsentieren wie kaum eine andere Einrichtung an den Gerichtsstandorten die Präsenz des Rechtsstaates. Es wäre aus unserer Sicht ein fatales Signal, würde der Eindruck entstehen, mit den Gerichten zöge sich auch der Rechtsstaat aus der Fläche zurück.
Aber es geht nicht nur um eine symbolische Demonstration des Rechtsstaates. Der Erhalt der Amtsgerichte in der Fläche ist auch in der Praxis des Gerichtsalltags wichtig. Das Amtsgericht ist in vielen Fällen, etwa in Nachlass- oder Betreuungssachen, Ansprechpartner gerade auch für ältere oder kranke
Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Wir dürfen diese Menschen nicht im Stich lassen. Deshalb haben wir uns ganz bewusst dafür entschieden, alle Gerichte als selbstständige Einheiten zu erhalten. Nur so können wir gewährleisten, dass die Materien, in denen Bürgernähe besonders wichtig ist, dauerhaft in der Fläche vorgehalten werden. Damit leisten wir einen nachhaltigen Beitrag zum Erhalt der bürgernahen Justiz, auch und gerade in einem sich wandelnden demografischen Umfeld.
Der Spagat zwischen einer bürgernahen Justiz in der Fläche und leistungsfähigen Arbeitseinheiten lässt sich auch dadurch bewältigen, dass man sich nicht vor intelligenten, neuen Lösungsansätzen verschließt. Der Strukturreform gelingt das, indem sie drei verschiedene Lösungsansätze unter Berücksichtigung der jeweiligen standortspezifischen Rahmenbedingungen kombiniert. Erstens wollen wir bestimmte Spezialmaterien landesweit konzentrieren, zweitens wollen wir einzelne regionale Kooperationsschienen bilden und drittens wollen wir Gerichtsbezirke im Regionalverband Saarbrücken neu ordnen.
Landesweite Zuständigkeiten wollen wir insbesondere in solchen Rechtsmaterien schaffen, die rechtlich besonders anspruchsvoll sind, die in der Praxis der Amtsgerichte aber nur sehr selten vorkommen. Dadurch entlasten wir die allgemeinen Mischdezernate und gewährleisten ein besonders hohes fachliches Niveau, gerade in solchen Materien, in denen die Spezialisten häufig unter sich sind. Insoweit sind wir maßgeblich den Empfehlungen einer Arbeitsgruppe der saarländischen Amtsgerichte gefolgt. Konkret wollen wir die Versicherungsvertragssachen, die Honorarklagen, die Reisevertragssachen, die Urheberrechtssachen, die Wirtschaftsstrafsachen, die Landwirtschaftsstrafsachen und Haft- und Abschiebestrafsachen landesweit konzentrieren. Auch für beschleunigte Strafverfahren wollen wir erstmals eine zentrale Zuständigkeit schaffen. Bislang wird dieses Verfahren im Saarland nicht praktiziert. Mit der Bildung einer zentralen Zuständigkeit schaffen wir im Saarland jetzt angemessene Voraussetzungen dafür, dass dieses Verfahren mit der gebotenen praktischen Routine angewandt werden kann.
Der zweite Baustein der Strukturreform besteht in der Bildung regionaler Kooperationsschienen. Damit wollen wir in geeigneten Konstellationen gemeinsame Fachabteilungen für zwei benachbarte Arbeitsgerichte einrichten. Damit wählen wir eine besonders behutsame Maßnahme, denn zum einen nehmen wir die Kooperation nur dort vor, wo sie zur Bildung leistungsfähiger Arbeitseinheiten wirklich erforderlich ist, und zum anderen erhalten wie diejenigen Fachabteilungen, in denen Bürgernähe besonders wichtig ist, bei allen Gerichten. Das gilt etwa für
Nachlasssachen, Betreuungssachen oder Vereinsregistersachen. Solchen Materien werden auch zukünftig bei allen Amtsgerichten vorgehalten.
Um es klar und unmissverständlich zu sagen: Gerade auch in unseren kleinen Amtsgerichten leisten unsere Richterinnen und Richter und auch die sonstigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Herausragendes, um die anfallende Arbeit bestmöglich zu erledigen. Wenn es Ihnen dabei gelingt, schnell und auf hohem fachlichen Niveau zu arbeiten, dann aber nicht wegen der günstigen strukturellen Bedingungen, sondern weil diese Menschen durch ihren besonderen Einsatz die strukturellen Defizite der bestehenden Gerichtsorganisation kompensieren.
Unser Ziel ist es, die strukturellen Rahmenbedingungen zu optimieren. Es gibt Kooperationsschienen zwischen den Amtsgerichten St. Ingbert und Homburg. Es wird Kooperationsschienen in Lebach und Saarlouis geben, insbesondere mit Blick auf die Familienabteilungen. In Lebach wird durch die landesweite Zuständigkeit für Honorarklagen eine Stärkung vorgenommen und damit auch für kleine Amtsgerichte eine zukunftsorientierte Perspektive erhalten. Die dritte Kooperation betrifft St. Wendel und Ottweiler, auch hier mit einem entsprechenden gemeinsamen Zivilabteilungsansatz in St. Wendel und einer gemeinsamen Strafabteilung in Ottweiler, wo auch die Justizvollzugsanstalt ihren Sitz hat. Die übrigen Materien, insbesondere solche, bei denen Bürgernähe besonders wichtig ist, bleiben - und das ist der entscheidende Vorteil dieser Lösung - jeweils bei allen Gerichten erhalten. Einen Sonderfall bildet die Zweigstelle des Amtsgerichts Merzig in Wadern. Dort werden derzeit sämtliche amtsgerichtlichen Geschäfte vorgehalten, allerdings ist es dafür erforderlich, dass bis zu vier Richterinnen und Richter nahezu täglich zwischen Merzig und Wadern hin- und herpendeln. Das ist nicht wirklich effizient, uns scheint es deshalb vorzugswürdig, die Familien- und Strafsachen ganz in Merzig anzusiedeln. Zugleich wollen wir die Gemeinde Losheim am See der Zweigstelle Wadern zuweisen.
Schließlich wollen wir den Zuschnitt der Amtsgerichtsbezirke im Regionalverband Saarbrücken modifizieren, indem wir die Gemeinde Heusweiler dem Amtsgericht Völklingen zuweisen. Zum einen ertüchtigen wir das Amtsgericht Völklingen gewissermaßen organisch in sämtlichen Abteilungen zu großen und leistungsfähigen Einheiten, ohne dass sich bei dem immer noch sehr großen Amtsgericht Saarbrücken eine nachteilige Wirkung einstellen würde. Zum anderen verkürzen wir die Wege zum Gericht für die Bevölkerung aus Heusweiler, denn das Amtsgericht Völklingen ist sowohl mit dem öffentlichen Personennahverkehr als auch mit dem Pkw schneller zu erreichen als das Amtsgericht Saarbrücken.
Durch die Kombination aller dieser Lösungsansätze, Zuständigkeitskonzentrationen, regionalen Kooperationsschienen und die neue Zuständigkeit der Gerichtsbezirke entlasten wir zum einen die Mischdezernate von besonders komplexen Spezialmaterien, zum anderen bilden wir in allen Kernbereichen der Amtsgerichte große, leistungsfähige Fachabteilungen. Dadurch schaffen wir die Rahmenbedingungen für eine effiziente Arbeitsweise der Gerichte für eine zügige Rechtsgewährung und für die Gewährleistung höchster fachlicher Standards. Dabei ist die Reform nachhaltig angelegt, damit unsere Gerichte auch den veränderten Anforderungen der Zukunft gewachsen sind und ihren Aufgaben auch noch in 20 Jahren und darüber hinaus gut gerecht werden können. Zugleich erhalten wir ein Höchstmaß an Bürgernähe, das unsere saarländischen Amtsgerichte auszeichnet, indem wir alle bestehenden Amtsgerichte als selbstständige Einheiten erhalten, indem wir alle Standorte beibehalten und darüber hinaus auch sämtliche Rechtsmaterien, die ein besonderes Maß an Ortsnähe erfordern, an allen Gerichtsstandorten vorhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte ganz herzlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses danken, namentlich Frau Staatssekretärin Dr. Morsch und Dr. Lafontaine, die sich im Rahmen dieses Prozesses außerordentlich engagiert eingebracht haben, und empfehle Ihnen den Gesetzentwurf zur Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zweite Gesetzentwurf, der uns vorliegt, betrifft das Gesetz über die Gerichte der Arbeitssachen im Saarland. Das ist der zweite Teil der Justizreform, die, soweit sie die ordentliche Gerichtsbarkeit betrifft, eben bereits vorgestellt wurde und die zum 01.01.2018 umgesetzt werden soll.
Der vorliegende Gesetzentwurf betrifft nun aber die Arbeitsgerichtsbarkeit. Auch wenn es sich bei ihr um einen quantitativ deutlich kleineren Bereich als den unserer Amtsgerichtslandschaft handelt, spielt die Arbeitsgerichtsbarkeit in der Justiz doch eine äußerst wichtige Rolle, denn sie ist zuständig für Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Wirksamkeit von Kündigungen, Abmahnungen oder über die Zahlungen von rückständigem Lohn. Sie ist auch zuständig für Konflikte zwischen Arbeitgebern und den Betriebsräten über Mitbestimmungsangelegenheiten. Kurzum, die Arbeitsgerichtsbarkeit ist ein bedeutsames Rückgrat für den sozialen Frieden in unserem Land, für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in Arbeitsverhältnissen, von denen es nach dem jüngsten Bericht der Arbeitskammer alleine sozialversicherungspflichtig fast 380.000 gibt.
Diese Zahl macht deutlich, dass es sich bei unseren Arbeitsgerichten um einen kleinen, aber sehr feinen und bedeutsamen Zweig der saarländischen Justiz handelt. Dies bringt für die Landesregierung die Aufgabe mit sich, auch hier ein Augenmerk auf die Frage zu haben, ob Strukturen effizienter gestaltet werden können, ob es Änderungen bedarf, um auch diesen Teil der Justiz fit für die Zukunft zu machen.
Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist die einzige saarländische Fachgerichtsbarkeit, die gegenwärtig noch über mehrere Standorte verfügt. Alle anderen Fachgerichte - Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit - sind an einem zentralen Standort untergebracht. Es handelt sich bei unseren Arbeitsgerichten aber durchweg um äußerst kleine Standorte. Die Gerichte in Saarbrücken und Neunkirchen verfügen lediglich über jeweils vier Richterstellen, der Standort Saarlouis gar nur über zwei. Hinzu kommt das Landesarbeitsgericht als Berufungsinstanz in Saarbrücken mit zwei Richtern.
Wenn ich Ihnen vorhin von den Problemen mit kleinen Einheiten berichtet habe, gelten diese Worte in besonderem Maße auch für diesen Bereich. Denn ein flexibler Personalaustausch zwischen den Standorten ist nur schwerlich möglich und im Übrigen für die Bediensteten auch mit Problemen verbunden. Gerade in der Arbeitsgerichtsbarkeit haben wir es mit kurzfristig auftretenden Belastungsspitzen zu tun, etwa wenn es an einem größeren Unternehmensstandort zu vermehrten Kündigungen kommt oder wenn bei einem von Insolvenz bedrohten Arbeitgeber Probleme mit der Lohnzahlung auftreten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun ein kurzer Blick auf die jeweilige Belastung der entsprechenden Arbeitsgerichte. Das Arbeitsgericht in Neunkirchen hatte zum ersten Quartal 2015 eine Belastung von gerade einmal 70 Prozent. In Saarbrücken lag die Belastungsquote bei 92 Prozent, in Saarlouis aber bei 157 Prozent. Eine so exorbitant hohe Belastung führt zwangsläufig trotz der hohen Motivation unserer Richterinnen und Richter zu längeren Verfahrenslaufzeiten. Es sind aber nach den gesetzlichen Vorgaben und vor allem aus der Natur der Sache heraus gerade in Arbeitssachen besonders problematische Themen.
Wem gekündigt wurde, der will schnell Gewissheit darüber erlangen, ob die Kündigung sozialwidrig und damit unwirksam war. Er will nicht Monate oder gar Jahre zuhause verbringen, bis die Frage endlich geklärt ist. Wer keinen Lohn erhält, steht schnell vor existenziellen Problemen, wenn Miete und Lebenshaltungskosten bestritten werden müssen. Deswegen handelt es sich bei der Arbeitsgerichtsbarkeit um einen besonders sensiblen Bereich. Vor diesem Hintergrund ist es kein tragbarer Zustand, wenn es an anderen Standorten zwar freie Kapazitäten gibt, diese aber nicht oder eben erst mit zeitlicher Verzö