Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. - Zur Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen erteile ich Frau Abgeordneter Ruth Meyer das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dann will ich mich doch einmal bemühen, die Debatte interessant zu gestalten. Ich steige ein mit dem Bezug auf den Antrag der PIRATEN, zu dem ich sagen kann, dass mich selten ein Antrag in diesem Hause so verblüfft hat wie dieser.
Ich möchte dabei ausdrücklich die beiden Teile Online-Streife und Online-Wache differenzieren. „PIRATEN fordern anlassunabhängige Internetrecherchen im Datennetz“, das wäre nämlich eine andere Bezeichnung für das, was Sie mit dem Begriff OnlineStreife hier fordern. Dass wir das noch erleben! Einmal abgesehen davon, dass ein solches Vorgehen einer Rechtsgrundlage im Polizeirecht völlig entbehrt, setzen alle polizeilichen Eingriffsbefugnisse dem Wesen nach ja immer eine konkrete Gefahr immanent voraus. Deshalb muss man sich mal klarmachen, was Sie hier fordern. Unsere PIRATEN, die immer dann, wenn es darum geht, bei bestehendem Verdacht, bei einem bestehenden Anlass tätig zu werden, der Polizei wirksame Ermittlungsmethoden vorenthalten,
bei der Vorratsdatenspeicherung, beim IMSI-Catcher, bei der Stillen SMS - oder unterstützen Sie das jetzt auch?
Nö, brauchen Sie nicht. Aber ich antworte auch gerne auf Zwischenfragen. - Wir hatten ja die Diskussi
on um anlassgebundenes Betretungsrecht für Wohnungen, und zwar nur bei bestehendem, begründetem Verdacht oder um die gezielte Überprüfung von Identitäten in erwiesenermaßen kriminellen Milieus. Das sind nur ein paar Beispiele. Immer dann hatten Sie größte Bedenken geäußert und die Möglichkeit des Missbrauchs dieser Einsatzmittel stärker erwogen als deren anerkannt hohen Beitrag zu einem Ermittlungserfolg. Genau so kann man das auch in unseren Protokollen nachlesen. Genau diese PIRATEN setzen sich nun an die Spitze einer Bewegung für Streifen ohne Anlass, wenn auch im Internet. Wir überprüfen jetzt quasi jeden, wir haben ja sonst nichts zu tun.
Die PIRATEN, die keine Gelegenheit auslassen, den Datenschutz wie ein Schild vor sich herzutragen, genau diese PIRATEN fordern jetzt die Polizei auf, ohne Anlass eine völlig unsystematische Datensammlung im weltweiten Netz zu starten, denn dazu wird das führen. In diese Datensammlung beziehen Sie dann über diverse Schnittstellen direkt ins System noch die breite Bevölkerung ein. Das, meine Damen und Herren, ist nicht mehr und nicht weniger als der Aufruf zu kollektivem Schnüffeln im Netz und da können wir uns auf keinen Fall anschließen.
Ich sehe schon die Werbung auf der PIRATEN-Homepage: Der virtuelle Blockwart jetzt als App im Netz. Sammeln Sie Informationen von potenziellen Hasskriminellen, machen Sie Screenshots, recherchieren Sie nach Möglichkeit den Klarnamen und die Adresse, und wenn Sie ein Portraitfoto finden, liefern Sie es gleich mit. Schnell und einfach über die Schnittstelle direkt ins Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei.
Haben Sie, Herr Hilberer, bitte schön auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, zu welchem Datenwust das führt? Zu welcher zig-fachen Erfassung und Bearbeitung, zu welchen Widersprüchlichkeiten? Oder welches Arbeitspensum Sie damit bei der Polizei auslösen? Oder - für mich am schlimmsten welche gesellschaftliche Mentalität Sie damit propagieren? Ein Staat voller Gedankenpolizisten? Ich weiß, was du letzten Sommer gepostet hast? George Orwell 4.0, neu aufgelegt von den PIRATEN: 2016-Big Data is watching you.
Sie glauben offensichtlich noch immer an das Märchen von der Schwarmintelligenz und vertrauen der anonymen Masse mehr, als jedem einzelnen, gut ausgebildeten Polizisten, der nach Recht und Gesetz in diesem Land seine Arbeit macht. Das unterscheidet uns wirklich und grundsätzlich, denn wir vertrauen zunächst einmal in die ordentliche Arbeit unserer Sicherheitsbehörden in diesem Rechtsstaat,
auch - und das sage ich ausdrücklich an dieser Stelle - wenn wir immer wieder mit Bedauern Einzelfälle feststellen, in denen nicht jeder Polizist nach Recht und Gesetz handelt. Das gilt gerade für einen aktuellen Fall rechtsradikaler, abstoßender und in höchstem Maße menschenverachtender FacebookPosts, die leider augenscheinlich von einem Kommissar der saarländischen Polizei ins Netz gestellt wurden. Mir ist an dieser Stelle wichtig festzuhalten: Die Organisation hat hier, wie auch bereits in der Vergangenheit, schnell und konsequent gehandelt und die Sache umgehend dem strafrechtlichen Verfahren zugeführt. Ein Disziplinarverfahren wird sicher auch noch folgen.
Diese Stringenz stärkt das Vertrauen in unsere Polizei mehr als einzelne, unwürdige Vertreter des Berufsstandes es beschädigen können, und dafür schicke ich einmal ein ausdrückliches Dankeschön ins Polizeipräsidium und auch an die große Masse der redlichen Polizisten in unserem Land.
Sie haben ja den Deliktsbereich Hasskriminalität herausgehoben und ich erinnere in diesem Zusammenhang auch gerne daran, dass die Initiative, Hasskriminalität bundesweit konsequenter und härter zu bestrafen, vom Saarland und nicht zuletzt von diesem Parlament ausgegangen ist. Politisch motivierte Straftaten, die ihre Triebfeder zum Beispiel in der Nationalität, in der Religion oder in der Hautfarbe, der äußeren Erscheinung, einer Behinderung oder sexuellen Orientierung haben und Personen oder Institutionen deshalb verhetzen oder beleidigen, müssen mit aller Konsequenz geahndet und bestraft werden.
Sie fordern hierzu in Ihrem Antrag völlig zu Recht in solchen Fällen zivilgesellschaftliches Engagement und aktive aufklärerische Gegenrede. - Das sind große Worte. Ich habe mich an der Stelle gefragt, warum Sie dann etwa die Entgleisung der Abgeordneten Birgit Huonker gegenüber unserer Polizei nicht ein einziges Mal öffentlich gerügt haben. Da fängt es doch an!
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Hil- berer (PIRATEN) : Frau Meyer, ich bitte Sie! Abg. Huonker (DIE LINKE): Das habe ich nicht getan!)
Es ist und bleibt unerträglich und beschämend man kann es gar nicht oft genug sagen -, dass eine Person, die sich derart in der Wahl ihrer Worte vergreift, weiter im Innenausschuss und im Verteidigungsausschuss des Landtages sitzt.
Ich fordere von dieser Stelle, wie das auch mein Kollege Roland Theis getan hat, den Fraktionsvorsit
zenden der LINKEN noch einmal auf, hier umgehend eine Umbesetzung vorzunehmen. Es ist einfach nicht zumutbar, wenn sich unser Polizeipräsident wie letzte Woche im Innenausschuss dieser Person gegenübersieht.
(Abg. Kugler (DIE LINKE) : So ein Schwachsinn! Sorgen Sie lieber dafür, dass die Härtefallkommission ihre Arbeit machen kann!)
Sie hat es nicht einmal für nötig befunden, dem Polizeipräsidenten gegenüber eine Entschuldigung auszusprechen, als sie in einem Raum waren. Das ist zutiefst beschämend. Wir brauchen uns nicht über Streifen und Zivilcourage im Internet zu unterhalten, wenn wir in der realen Welt nicht den Mut aufbringen, unser direktes Gegenüber in die Schranken zu weisen, wenn Grenzen eindeutig überschritten wurden.
Ja, der ist auch gut. - Er berücksichtigt, dass zur effizienten Bekämpfung von Internetkriminalität längst zentrale und vor allen Dingen koordinierte Strukturen innerhalb der Polizei auf Bundesebene installiert sind, und zwar beim BKA. Das ist sicherlich auch noch ausbaufähig, etwa unter Einbindung der gemeinsamen Zentren zur Terrorabwehr und zur Abwehr von Extremismus. Es gilt, diese Strukturen weiter auszubauen und zu nutzen, weil nämlich das Internet nicht in einzelne Bezirke wie 16 verschiedene Bundesländer und dann noch die Bundesebene zu unterteilen ist. Das führt nur zu Mehrfacherfassungen und ineffizienter Arbeit. Es ist viel besser, wenn man es so macht, wie es bislang geschieht, nämlich zentral.
Unser Antrag beschränkt sich auch nicht auf einen Deliktsfall, nämlich die rechtsradikale Hasskriminalität, sondern er bezieht die ganze traurige Bilanz des kriminellen Tuns im Netz mit ein. Genau das muss man auch tun.
Auch das wäre der Arbeit der Polizei nicht gemäß. Wenn man auf Streife geht, kann man nicht sagen, das ist jetzt nicht mein Thema, das ist ein Kriminalitätsdelikt, das mich gerade nicht interessiert. - Herr Hilberer, wenn Sie eine Zwischenfrage haben, gestatte ich sie gerne.
Abg. Hilberer (PIRATEN) mit einer Zwischenfrage: Es interessiert mich jetzt doch. Mir war nicht bewusst, dass wir in unserem Antrag einen Ausschluss vorgenommen hätten und uns nur auf rechtsradikale Hasskriminalität beziehen. Das ist jetzt natürlich im Fokus, weil es das ist, was wir an jeder Ecke des Internets erleben. Aber wo finden Sie die Stelle, an der wir andere Fälle ausschließen, wenn beispielsweise ein Drogendealer im sozialen Netzwerk schreibt, er habe gerade eine neue Lieferung aus Holland bekommen, und fragt, wer kaufen wolle? Dass die Polizei nicht darauf reagieren soll, finden Sie in unserem Antrag meines Erachtens nicht. Unser Weltbild unterscheidet sich schon stark, das merkt man immer wieder, aber Ihre Wahrnehmung ist mir nicht ganz klar. Vielleicht können Sie das noch einmal erläutern.
Ich nehme vor allen Dingen wahr, dass Sie den Verkauf von Cannabis dann doch als kriminell betrachten würden. Das beruhigt mich schon einmal.
Ich habe den Fokus Ihres Antrages sehr wohl genau auf diesem Bereich gesehen und will einfach noch einmal deutlich machen, dass das Netz voll ist mit allen Deliktsbereichen. Wenn Sie das Fass aufmachen und sagen, meldet uns alles, dann müssen Sie hintendran auch die Personen schalten, die sich dem widmen können. Das gilt im Übrigen auch, wenn sich ein Anfangsverdacht erhärtet. Es würde uns nicht reichen, diesen Anfangsverdacht zu kennen, sondern wir würden dann gerne auch den oder die Täter finden.
Sie haben es hier mit Fraktionen zu tun, die der Polizei auch geeignete Mittel an die Hand geben möchten, Fälle, die gemeldet werden, auch auszuermitteln. Dazu gehören dann beispielsweise erweiterte Einsatzmittel wie verdeckte Observationen oder Quellen-TKÜ. Für die CDU-Fraktion kann ich diese Forderung in jedem Fall unterstützen.
Ich komme zum zweiten Teil. Eine Online-Wache im Sinne einer formulargebundenen Anzeigenerstattung und in Kooperation mit Rheinland-Pfalz, womit wir ja gute Erfahrungen gemacht haben, und gerne auch darüber hinaus, halten wir durchaus für zeitgemäß und sinnvoll. Ebenso halten wir es für sinnvoll, Facebook und Twitter zu nutzen, um präventiv unterwegs zu sein, ob zum Beispiel als Freund und Helfer in der Community oder um nach einer vermissten Person zu suchen. Da sind sehr viele sinnvolle Möglichkeiten denkbar. Wir würden uns freuen, wenn das Ministerium das schnellstmöglich realisiert.