Protocol of the Session on March 16, 2016

(Abg. Hans (CDU) )

Wir wissen, dass sich zahlreiche Attentäter der Anschläge von Paris zum Beispiel in der Grenzregion, in der Wallonie und im Elsass, aufgehalten haben. Allein deshalb muss uns klar sein, dass diese Leute möglicherweise auch im Saarland irgendwann Unterschlupf finden, dass sie sich auch hier bewegen. Deswegen müssen wir alles einsetzen, was möglich ist, um die Sicherheitslage in unserem Bundesland zu verbessern. Deshalb haben sich die Fragestellungen in der Sicherheitspolitik verändert. Neue Fragen brauchen auch neue Antworten. Dem müssen wir durch Änderungen im Polizeirecht Rechnung tragen.

Die Polizeigesetze anderer Bundesländer zeigen, dass man teilweise schon weitere Schritte geht, dass weitergehende Präventivmaßnahmen zur Gefahrenabwehr notwendig sind. Man erkennt, dass die Polizeigesetzgebung deshalb einem ständigen Wandel unterliegt, dass sie den neuen Herausforderungen angepasst werden muss.

Meine Damen und Herren, das sind neue Fragen, denen wir uns hier im saarländischen Landtag stellen müssen. Es sind die Fragen der Menschen. Die Menschen erwarten zu Recht auch Antworten auf diese Fragen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist mit der Vorlage dieser Novellierung des Saarländischen Polizeigesetzes getan. Wir werden mit dem Sicherheitspaket, das in Höhe von 5 Millionen Euro für die Jahre 2016 und 2017 schon im Landeshaushalt eingestellt ist, diesen Ansprüchen gerecht. Wir geben Antworten auf diese Fragen mit der Einstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Polizeiordnungsdienst, mit der Einstellung von zusätzlichen 15 Mitarbeitern im Bereich der Verwaltung der Polizei, durch die Personalaufstockung im Landesamt für Verfassungsschutz, durch die Einstellung von jeweils zehn zusätzlichen Polizeianwärtern und Polizeianwärterinnen pro Jahr. Das ist insgesamt die größte Nachpersonalisierung in der saarländischen Polizei seit 20 Jahren. Es gibt überhaupt keine Veranlassung, diese Maßnahmen hier kleinzureden. Das ist ein erheblicher Kraftakt, den wir im Saarland trotz der Haushaltsnotlage bewerkstelligen, weil wir uns der Anforderungen der Menschen an die innere Sicherheit bewusst sind. Deshalb werden wir mit diesem Kraftakt, den wir gemacht haben, um die Sicherheit im Land zu verbessern, mit dieser Änderung des Polizeigesetzes einen Weg zu mehr innerer Sicherheit im Saarland einschlagen. Wir müssen diesen Weg entschlossen weitergehen, meine Damen und Herren, damit die Menschen sich hier sicher fühlen können, damit sie in unserem Lande sicher leben können. Wir werden mit diesem Schritt gemeinsam für mehr innere Sicherheit im Saarland sorgen, für eine bessere Ausstattung der saarländischen Polizei,

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) )

denn ich bin der festen Überzeugung, dass Polizeiarbeit nur dann gelingen kann, wenn man der Polizei auch die besten technischen Möglichkeiten an die Hand gibt.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Pfefferspray!)

Deshalb bitte ich um eine breite Unterstützung in diesem Hause, auch möglicherweise durch Sie, Herr Kollege Ulrich, der Sie sich sonst nur durch unqualifizierte Zwischenbemerkungen hervortun. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Frau Abgeordneter Birgit Huonker das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der uns vorliegende Gesetzentwurf wurde ja bereits für September 2015 angekündigt. Jetzt haben wir März und er liegt vor. Wir befassen uns bei diesem Entwurf zur Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes vor allen mit zwei Punkten, der Kollege Tobias Hans hat das ja gerade sehr ausführlich und umfänglich vorgestellt. Es geht zum einen um die Einführung von Bodycams, den kleinen Kameras am Körper von Polizistinnen und Polizisten, zum Zweiten geht es um die Einführung des Polizeilichen Ordnungsdienstes, umgangssprachlich auch Hilfspolizisten genannt. Da gibt es ja unterschiedliche Bezeichnungen.

Gleich vorab: Wir werden uns bei der Abstimmung in der Ersten Lesung enthalten. Das möchte ich kurz begründen. Die technischen Einzelheiten hat der Kollege Hans eben sehr ausführlich erläutert, das brauche ich nicht noch mal zu machen, das spart mir Zeit. Sie haben mir viel Arbeit abgenommen. Wir unterstützen den Einsatz von Bodycams aufgrund der nicht mehr wegzudiskutierenden Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten. Das ist ein präventiver Ansatz, den wir begrüßen. Wir wissen, dass durchschnittlich im Saarland pro Woche zwei bis drei Polizistinnen oder Polizisten verletzt werden. Meine Damen und Herren, ganz klar: Das kann nicht sein, das darf nicht sein, dem muss ein Riegel vorgeschoben werden!

(Beifall von der LINKEN.)

Da müssten Sie von den Regierungsfraktionen eigentlich auch klatschen.

(Heiterkeit. - Zurufe von der CDU-Fraktion.)

Bodycams sind sicherlich kein Allheilmittel, aber wenn sie nur bei besonderen Gefahrenlagen eingesetzt werden sollen, wenn mit ihrem Einsatz die Zahl der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten zurück

(Abg. Hans (CDU) )

geht, sie also dem Schutz der Beamten dienen, ist dieser präventive Einsatz das richtige Mittel. Übrigens wurde das - Sie haben es gesagt - seit Langem auch von den verschiedenen Gewerkschaften und auch vom Bund der Kriminalbeamten gefordert. Ich grüße Sie, Herr Porzel und Herr Alles. Schön, dass Sie hier sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als im vergangenen Jahr die Diskussion um die Körperkameras aufkam, waren für uns noch viele Fragen offen, vor allem die Speicherdauer war ja noch nicht ganz klar. Im Gesetzentwurf ist nun klargestellt worden, dass die Bildaufzeichnungen nach zwei Wochen gelöscht werden sollen, wenn sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung erforderlich sind. Der Einführung von Bodycams können wir unter diesen Voraussetzungen zustimmen.

Nicht zustimmen können wir jedoch der geplanten Einführung eines Polizeilichen Ordnungsdienstes. Im Gesetzentwurf lesen wir, dieser solle der Unterstützung der Vollzugspolizei dienen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, richtiger wäre doch gewesen, ehrlich und klar zu sagen: Die saarländischen Polizistinnen und Polizisten kriechen angesichts eines Höchststandes an Überstunden und eines hohen Krankenstandes auf dem Zahnfleisch! Diese Hilfspolizisten sollen sie entlasten.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, die Zahl der nicht vergüteten Mehrarbeitsstunden im Jahr 2015 und der Krankenstand wurden in der letzten Woche aufgrund meiner Anfrage bekannt. Eine personelle Verstärkung angesichts von 276.601 Überstunden und 61.400 Krankentagen war dringend notwendig. Zwar wird dieser polizeiliche Ordnungsdienst, der nun in einem Dreimonats-Crash-Schnellkurs ausgebildet wird, die Spitze der Belastung abmildern, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Ordnungsdienst ersetzt doch keinen einzigen voll ausgebildeten Polizisten!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Gute Arbeit in der Polizei schafft man nur mit der notwendigen Anzahl von entsprechend qualifizierten und ausgebildeten Schutzpolizisten und Kriminalbeamten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, dafür bekommen wir auch Unterstützung aus den Beamtenkreisen selbst. Die Polizistinnen und Polizisten unterstützen uns bei diesem Ansinnen.

Da ändert auch die Neueinstellung von 30 Hilfspolizisten nichts. Das ist doch eine Beruhigungspille für die Bevölkerung! Ehrenwerte Arbeit, so wie Sie es eben gesagt haben, Herr Hans, muss doch auch mit vollwertigen Stellen anerkannt werden! Das Sicherheitsgefühl der Saarländerinnen und Saarländer hat

ja längst gelitten, was sich auch am Anstieg der Zahl der Anträge für den kleinen Waffenschein zeigt, auch an der Zahl von mehr oder minder aktiven sogenannten Bürgerwehren.

Es war ein großer Fehler von CDU und SPD, ausgerechnet bei der Sicherheit der Saarländerinnen und Saarländer sparen zu wollen. Nicht Schuldenbremse oder schwarze Null sollten im Mittelpunkt stehen, sondern die Interessen der saarländischen Bevölkerung. Der Stellenkahlschlag bei der Polizei war falsch, die Ergebnisse aus der Evaluierung der Gewerkschaft der Polizei sprechen auch eine deutliche Sprache.

(Sprechen bei der CDU. - Zuruf des Abgeordne- ten Theis (CDU).)

Wir haben stets gefordert, dass an der ursprünglich geplanten jährlichen Neueinstellung von 100 Polizeianwärtern nicht gerüttelt wird. Die Zahlen wurden stattdessen auf 80 abgesenkt, um dann später wieder auf 90 erhöht zu werden. Jetzt endlich wurde der Fehler erkannt, nun soll im Herbst die Polizeistärke bei Polizei und Ordnungsdienst erhöht werden, darüber soll zumindest nachgedacht werden. Das ist ja schon mal was.

Wie wir jetzt gehört haben, gibt es auch Stimmen aus der SPD-Fraktion, die Zahl der Neueinstellungen bei der Polizei auf 100 jährlich zu erhöhen, vielleicht sogar auf über 100. Das sind Signale in die richtige Richtung, meine Damen und Herren! Das unterstützen wir. 30 Hilfskräfte des Polizeilichen Ordnungsdienstes sind dabei der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein, der die eigentlichen Probleme der Polizei ganz sicher nicht lösen kann.

Ich möchte an dieser Stelle noch einen Dank aussprechen für die Arbeit der Polizei angesichts dieses ungeheuer hohen Krankenstandes und der Überstundenzahl. Das ist unglaublich tolle Arbeit, die Sie leisten und die auch in der Bevölkerung gewürdigt wird, und natürlich auch von uns.

Wir werden in einer Anhörung zum Gesetz sicherlich noch wichtige Hinweise erhalten, auch in Bezug auf die Bodycam. Vielleicht gibt es hier und da einige Änderungen. Aus den eben von mir genannten Gründen werden wir uns heute enthalten. Wir denken, wir werden aus der Anhörung einige wichtige Erkenntnisse erhalten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN.)

Wir setzen die Aussprache mit der PIRATEN-Fraktion fort. Das Wort hat Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

(Abg. Huonker (DIE LINKE) )

Danke, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es freut mich natürlich, dass ich die Chance noch nutzen kann, die SPD-Fraktion vielleicht noch umzustimmen. Ich möchte vorweg sagen, dass ich in Bezug auf dieses Polizeigesetz etwas stärker in die Opposition gehen werde, als wir das bisher in der Debatte von der Opposition gehört haben. Ich sehe nämlich in dem vorliegenden Entwurf grobe Mängel.

Wieder einmal steht eine Reform des Polizeigesetzes an. Wieder einmal macht die Große Koalition keine gute Figur, was die Änderungen in diesem Polizeigesetz im Detail betrifft. Sicher werden die Kolleginnen und Kollegen der Polizei, wenn sie sich mit dem Thema auseinandersetzen, den billigen Versuch erkennen, eine kleingesparte Polizei jetzt wieder mit fragwürdigen Mitteln zu stützen, anstatt Geld in die Hand zu nehmen für mehr gut ausgebildete Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Was eigentlich notwendig wäre!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir haben einmal den fragwürdigen Polizeilichen Ordnungsdienst. Vor allem fragwürdig in der mangelnden Ausgestaltung, wie es bisher im Gesetzentwurf steht. Wir haben zum Zweiten das unwirksame Mittel der Bodycam. Es steht außer Frage, dass wir ein Problem mit Gewalt gegenüber Vollzugspolizeibeamtinnen und Vollzugspolizeibeamten haben, das stellen wir auch nicht in Abrede. Die Frage, die uns bei dieser ganzen Sache umtreiben muss, ist doch: Kann die Bodycam Abhilfe schaffen? Das müssen wir klar verneinen, weil die Bodycam als Einsatzmittel schlicht und ergreifend ungeeignet ist, um das Ziel zu verfolgen, Gewalt gegenüber Polizistinnen und Polizisten einzudämmen.

Schauen wir uns doch mal die typischen Situationen an, die dazu führen, dass Polizisten und Polizistinnen angegriffen werden. Der klassische Fall betrifft natürlich Menschen unter Alkoholeinfluss, Menschen unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln. Die werden sich nicht darum scheren, ob da eine Kamera im Spiel ist oder nicht. Es sind weiter die klassischen Affekthandlungen. Auch hier ist gar nicht die Überlegung da, ob man bei dieser Handlung aufgezeichnet wird, sondern es ist eben ein Affekt. Und dann noch das Schlimmste: der heimtückische Plan, einen Polizisten anzugreifen und zu verletzen. Hier wird die Kamera nur insofern eine Rolle spielen, als sich der heimtückische Täter überlegen wird, wie er das anstellen kann, ohne gefilmt zu werden. Wie soll die Bodycam in diesen Fällen helfen, die Verbrechen zu verhindern? Es ist durch dieses technische Mittel schlicht und ergreifend nicht möglich.

Und kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit Hessen. Ja, ich kenne den Modellversuch aus Hessen und habe

mir genau angeschaut, was dort passiert ist. Wenn man sich das im Detail anschaut, dann ist der besondere Faktor in Hessen der, dass die Truppenstärke der Polizei erhöht wurde für die Trupps, in denen die Kamera eingesetzt wurde. Es bedeutet, dass anstatt zwei oder drei Polizisten in dieser Truppe dann eben vier oder fünf unterwegs sind, einer davon mit Kamera. Es macht natürlich einen Unterschied, wenn ich mit einer solchen polizeilichen Macht dastehe als nur mit zwei oder drei Beamten. Und das ist die andere Situation, die zu den verschiedenen Fallzahlen geführt hat, nicht das Vorhandensein einer Bodycam.

(Beifall von den PIRATEN.)

Die Quintessenz, die man allerdings aus dem Modellversuch ziehen kann und die wir auch daraus ziehen sollten, ist die: Es gibt tatsächlich ein Mittel, das direkt hilft gegen Gewalt gegen Polizeikräfte, nämlich das Einstellen von mehr Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.

Es ist nicht nur so, dass die Bodycam nicht hilft, sie schadet darüber hinaus auch noch. Wir haben heute Morgen in einer führenden Lokalzeitung ein Foto betrachten können, wie eine Bodycam aussehen kann. Sie ist alles andere als dezent. Es ist auch so gewünscht, denn die Präsenz der Bodycam ist Teil des Konzeptes. Das hat aber auch Risiken und Nebenwirkungen, nämlich dass die Bodycam in Zukunft als Barriere zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Polizeibeamten steht. Wir bauen damit eine psychologische Barriere auf bei all den Bürgerinnen und Bürgern, die eben nicht vorhaben, gegen die Polizei gewalttätig zu werden, sondern einfach nur mit der Polizei interagieren. Gerade in psychologisch schwierigen Situationen, wie sie eben bei Polizeieinsätzen vorkommen, ist es ein nicht zu unterschätzender Faktor, und deshalb kann die Bodycam hier durchaus schädlich sein.

(Der Redner hebt sein Handy hoch.)

Man muss sich nur mal vor Augen führen, wir würden ein gutes Gespräch zu zweit führen und ich würde Sie die ganze Zeit mit meinem Handy filmen. Wie würde das aussehen, welches Gefühl würde Ihnen das vermitteln?

(Abg. Hans (CDU) : Das ist eine ganz andere Situation. - Sprechen bei den Regierungsfraktionen.)

Man muss sich als Bürger beim Gespräch mit der Polizei auch geborgen fühlen.

(Abg. Hans (CDU) : Beim Gespräch läuft die Kamera doch nicht!)

Sie ist aber vorhanden. Versuchen Sie nicht, sich herauszureden, als würde die Kamera immer nur zu bestimmten Situationen herausgeholt werden.