Protocol of the Session on December 1, 2015

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Aber auch in anderen Zukunftsbereichen sind Sie nicht bereit, sich zu bewegen. Wir als GRÜNE spre

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

chen immer wieder den öffentlichen Personennahverkehr an.

(Zuruf von der SPD.)

Ich betone: Das Schlimme ist, es geht nicht ums Geld. Mit dem vorhandenen Finanzrahmen kämen wir aus, Sie sind aber nicht willens oder in der Lage, ein ÖPNV-Gesetz vorzulegen, damit der öffentliche Personennahverkehr einmal den Standard erreicht, wie ihn andere Bundesländer schon lange haben. Man versteht einfach nicht mehr, warum Sie so reagieren.

Es gibt ein weiteres „kleines“ Thema, das gerade in Paris verhandelt wird. Es geht um den Weltklimagipfel. Das ist eine Thematik, die von zentraler Bedeutung für die Zukunft dieses Planeten und damit auch für die Zukunft dieses Landes ist, insbesondere für die unserer Kinder und Enkel. Es geht um das 2Grad-Ziel. Da ist es für das Saarland, das Strom exportiert und das eine doppelt so hohe CO2-Produktion hat wie der Bundesdurchschnitt - wir liegen so hoch wie die Vereinigten Staaten -, schon bedeutsam, wenn hier die politische Debatte immer noch an Steinkohlekraftwerken festhält, wenn die Große Koalition sich immer nur Gedanken darüber macht, wie man die Steinkohlekraftwerke erhalten kann, und wenn sie in diesem Lande die erneuerbaren Energien immer wieder blockiert. Auch hier ist dringend notwendig, dass Sie umdenken. Dieses Umdenken ist nicht zu erwarten. Das ist ein großes Problem für uns als Opposition.

Ich möchte ein weiteres Thema aufgreifen, aber meine Redezeit ist gleich zu Ende.

(Oh-Rufe von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben 300.000 Euro für andere Themen eingestellt, die wir als GRÜNE in diesem Land für wichtig halten. Das eine ist die Grubenwasserdiskussion, das andere ist die Diskussion um die Chemieplattform Carling. Diese 300.000 Euro wären notwendig, um externe Expertisen zu erstellen. Es wäre ein gutes Zeichen mit Blick auf die saarländische Bevölkerung, zumindest diese 300.000 Euro in den Haushalt einzustellen.

Es gibt einen weiteren Punkt, auf den wir als GRÜNE in diesem Haushalt einen besonderen Schwerpunkt gelegt haben. Das ist der soziale Wohnungsbau. Der Bund gibt dem Saarland hierfür 6,5 Millionen Euro pro Jahr. Was machen Sie? - Sie nehmen 1,5 Millionen davon weg und zweckentfremden dieses Geld, um Ihr Defizit zu verkleinern. Das geht überhaupt nicht, gerade auch vor dem Hintergrund der Flüchtlingssituation. Wir dürfen nämlich auf keinen Fall - und das wissen Sie auch - in die Situation kommen, dass im Saarland sozial Schwache mit Flüchtlingen um Wohnungen konkurrieren. Gerade deshalb ist es umso notwendiger, dass der soziale

Wohnungsbau im Saarland forciert und ausgebaut wird. Deshalb legen wir GRÜNE in unserem Haushaltsentwurf noch einmal 6 Millionen auf die 6,5 Millionen des Bundes. Man muss wissen, jeder Euro, den die öffentliche Hand in diesem Bereich investiert, wird durch zwei Euro aus dem privaten Sektor ergänzt. Man macht also im sozialen Wohnungsbau aus einem Euro drei Euro. Man tut wirtschaftlich etwas Sinnvolles und auch mit Blick auf die sozial Schwachen und die Flüchtlinge. Auch da sollten Sie sich einfach einmal bewegen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wir fordern diese Landesregierung und Sie, Frau Ministerpräsidentin, auf, die Sparpotenziale besser zu nutzen, als Sie es tun, und die Einnahmeseite endlich zu verbessern. Wir fordern Sie vor allen Dingen auf, Schwerpunkte in den Zukunftsbereichen zu setzen, die ich eben genannt habe, insbesondere an der Universität, an den Schulen und in der Energielandschaft. Legen Sie endlich die sechs Landkreise zu drei zusammen, sparen Sie damit die 25 Millionen, die ich eben genannt habe. Hören Sie auf, Geld in Prestigeprojekten wie dem Vierten Pavillon und Ähnlichem zu verschwenden, stecken Sie das Geld endlich in die Zukunft dieses Landes. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Professor Heinz Bierbaum.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Minister Toscani hat in seiner Einbringungsrede des Haushaltes im Oktober folgendes Fazit gezogen: „Nach den bisher bekannten Fakten ist die Lage in ihrer finanziellen Dimension beherrschbar.“ - Herr Toscani, Sie irren. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Damit meine ich nicht nur den aktuellen Skandal im Finanzministerium, sondern das, was wir generell an wirtschaftlichem Umfeld und an weiteren Belastungen haben.

Bevor ich dazu komme, lassen Sie mich aber, was die Finanzverwaltung angeht, noch eine andere Seite ansprechen als die, die heute schon diskutiert worden ist. Wir haben es ja nicht nur mit dem Skandal in der Steuerfahndung zu tun, sondern wir haben in der Finanzverwaltung zum Teil auch unerträgliche Zustände, was die Arbeitsbedingungen der Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten angeht.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Hier ist es dringend notwendig, Abhilfe zu schaffen dahingehend, dass diejenigen, die ohnehin mit weniger Personal auskommen müssen, wenigstens Be

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

dingungen haben, unter denen sie effektiv arbeiten können. Das fängt an bei der Reinigung der Gebäude, das geht weiter über das Beförderungsbudget, das betrifft auch den Beförderungsstau und dergleichen mehr. Ich glaube, es ist wichtig, dass das hier einmal zur Sprache gebracht wird, weil das eine Seite ist, die ansonsten in der Öffentlichkeit nicht so bekannt ist. Wir als Opposition legen Wert darauf, dass das verändert wird.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich will aber noch zu anderen Fakten kommen, nämlich dass der Sparkurs, den Sie auch mit dem Doppelhaushalt weiter betreiben, zunehmend an der Realität scheitert. Die Flüchtlingsproblematik ist ein wichtiger Punkt, der heute schon wesentliche Eckpunkte von Haushalten sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene außer Kraft setzt. Wir verkennen nicht, dass Sie auf die Situation der Flüchtlinge reagiert haben. Wir haben uns auch anerkennend zum Umgang mit den Flüchtlingen geäußert, wie er seitens der Landesregierung betrieben wird; das wollen wir gar nicht in Abrede stellen. Wir wissen aber auch, dass das, was gegenwärtig an Mitteln bereitgestellt wird, nicht ausreichen wird. Das heißt, die Kommunen brauchen wesentlich mehr Geld als das, was im Haushalt bereitgestellt wird.

Wir haben auch die Problematik - sie wurde schon von den Kollegen der anderen Oppositionsfraktionen angesprochen - der Versorgung mit Wohnungen. Deswegen haben wir konkret gefordert, dass in den sozialen Wohnungsbau 10 Millionen Euro mehr eingestellt werden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir haben die Problematik der Lehrerinnen und Lehrer; darauf wird bei dem entsprechenden Einzelplan sicher noch näher eingegangen werden. Es ist doch eine Tatsache, dass jetzt nur die größten Löcher gestopft werden und dass wir in Zukunft weit mehr Lehrerinnen und Lehrer brauchen, als Sie bisher vorsehen.

Wir haben auch die Frage der Sicherheit. Hier gibt es ein großes Bedürfnis in der Bevölkerung. Deswegen sind wir für eine funktionsfähige Polizei. Lassen Sie mich an der Stelle etwas zum Verfassungsschutz sagen. Wir meinen, dass der Verfassungsschutz angesichts der Erfahrungen mit NSU für die Gefahrenabwehr nicht geeignet ist. Wir wollen das Geld lieber in eine funktionsfähige Polizei stecken.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen und Zuru- fe.)

Ich möchte noch einen Punkt in Zusammenhang mit der Flüchtlingsfrage betonen. Wir haben immer gefordert, auch diejenigen nicht zu vergessen, die in diesem Lande bereits heute benachteiligt sind. Deswegen fordern wir Sie auf, Initiativen im Rahmen der

Sozialpolitik zu ergreifen. Unsere Forderung lautet, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, damit der Hartz-4-Regelsatz auf 500 Euro erhöht wird.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir fordern, dass der Mindestlohn erhöht wird und dass er ausnahmslos gilt, auch für Flüchtlinge.

(Erneuter Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Sie sagen, auch mit vermehrten Ausgaben sei alles verträglich mit den Auflagen der Schuldenbremse. Sie haben ausgeführt - Herr Toscani hat dies auch im Ausschuss so dargestellt -, dass die Gegenfinanzierung dessen, was mehr gebraucht wird, über die günstige Konjunktur erfolgt und den niedrigen Zinsaufwand. Das ist beides sicherlich richtig, aber da liegt auch die Problematik. Das ist zugleich auch die Achillesferse dieses Haushalts. Man kann nämlich nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass diese Rahmenbedingungen weiter bestehen bleiben. Es ist auch schon darauf hingewiesen worden: Sollten diese Rahmenbedingungen nicht mehr bestehen bleiben, dann sind die Haushaltsansätze, wie sie jetzt gemacht worden sind, reine Makulatur.

(Abg. Dr. Jung (SPD) : Das sind sie jedes Jahr.)

Wir werden es weiter im Blick behalten. Ich glaube, Sie sollten die Fakten wirklich einmal zur Kenntnis nehmen. Es ist nicht so, dass wir ein wirklich gutes wirtschaftliches Wachstum hätten. Der Sachverständigenrat spricht in seiner Prognose vom 11. November von einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in der Bundesrepublik im Jahr 2015 von 1,7 Prozent, 2016 von 1,6 Prozent. Für den Euroraum ist die Prognose etwas geringer, da sind es 1,6 beziehungsweise 1,5 Prozent.

Innerhalb des Sachverständigenrates gibt es bekanntlich sehr unterschiedliche Meinungen, wie man weiter Wirtschaftspolitik betreiben soll. Darauf will ich nicht eingehen. Ich will aber auf die Risiken eingehen, die dort auch benannt werden und die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Es ist keineswegs so, als ob die Eurokrise vorbei wäre. Sie hält weiter an. Meine Prognose ist: Sie wird sich verstärken, wenn nicht endlich ein grundlegender Wandel in der europäischen Politik stattfindet. Das, was wir auf der europäischen Ebene an Fiskalpolitik haben, den sogenannten Fiskalpakt, erwürgt wirtschaftliches Wachstum und ist nicht geeignet, denjenigen Ländern eine Perspektive zu eröffnen, die von der Krise besonders betroffen sind.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Bitte nehmen Sie auch zur Kenntnis - das ist für das Saarland von großer Bedeutung, weil es sehr stark in die Weltwirtschaft eingebunden ist -, dass wir zurzeit ein großes wirtschaftliches Problem in den Schwellenländern haben. Ich verweise nur auf die

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Situation der sogenannten BRICS-Staaten. Ich verweise auf die Situation in Brasilien, ich verweise auch auf die Situation in China. Die haben ihre Wachstumsraten zurückgenommen, was aus chinesischer Sicht seine Berechtigung hat, weil sie umsteuern wollen. Es bedeutet aber, dass die Absätze, die bisher in diesen Ländern getätigt worden sind, in Zukunft nicht mehr garantiert sind. Wir haben deshalb erhebliche weltwirtschaftliche Gefahren, gerade die Entwicklung in den Schwellenländern zeigt dies sehr deutlich.

Ich bitte Sie, diese Fakten auch einmal kritisch zur Kenntnis zu nehmen, weil sie Einfluss haben werden auf die wirtschaftliche Entwicklung gerade im Saarland als einem abhängigen Land; das muss man deutlich sehen. Natürlich sind die Steuerschätzungen noch gut, aber die können auch wieder korrigiert werden, wenn die wirtschaftliche Entwicklung sich verändert. Es geht darum, dass diese Risiken auch begriffen werden und dass sie ins Kalkül mit einbezogen werden.

Ich komme dann zu einem weiteren Punkt, der sich sozusagen durchzieht, der im letzten Haushalt beschrieben worden ist, der auch in der mittelfristigen Finanzplanung beschrieben worden ist. Minister Toscani spricht immer wieder vom Dreiklang: der Stärkung der Einnahmen, der Begrenzung der Ausgaben und den Hilfen für die Altlasten. Wenn wir uns diese drei Punkte einmal ansehen, müssen wir Folgendes feststellen. Was die Hilfen für Altlasten angeht - absolute Fehlanzeige. Sie betonen zwar immer wieder, wie stark das Saarland in den Verhandlungen auftritt. Das mag ja sein, aber Resultate haben wir bisher keine. Resultate absolute Fehlanzeige. Ich hatte zwischendurch auch den Eindruck, dass man sich von der Forderung nach Entlastung bei den Altlasten inzwischen weitgehend verabschiedet hat.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Die GRÜNEN fordern das!)

Wir wissen alle, dass die Altlastenproblematik eine große Bürde für den saarländischen Haushalt darstellt. Herr Minister Toscani hat letztes Jahr darauf hingewiesen - und das ist nach wie vor richtig -, dass jeder vierte Euro ausgegeben wird für Versorgungsausgaben und für Zinsaufwand. Der Zinsaufwand ist zwar inzwischen etwas geringer, aber die Gesamtverschuldung beträgt immer noch über 14 Milliarden Euro, das ist jede Menge.

Zweiter Punkt, Begrenzung der Ausgaben. Die Begrenzung der Ausgaben - das ist ja der Sparkurs, den Sie verfolgen - ist, wie ich schon formuliert habe, angesichts der Problematiken, die auf uns zukommen, real immer weniger haltbar. Dazu will ich nachher auch noch etwas sagen. Ich will aber einen Punkt sehr deutlich machen. Auf der Einnahmeseite

- und damit meine ich nicht nur das Thema, wie weit das Finanzministerium dazu beiträgt, dass die Einnahmen, die möglich sind, auch realisiert werden passiert viel zu wenig. Wir müssen uns darüber klar werden, dass ohne eine Veränderung in der Steuerpolitik das Problem der Einnahmeseite nicht wirklich gelöst werden kann.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen und Zuruf: Genau so ist es!)

Wir werden keine nachhaltige Konsolidierung des Haushalts im Saarland erreichen, wenn nicht bundesweit die Steuerpolitik in eine Richtung verändert wird, wie wir das immer gefordert haben. Das ist das Thema der Vermögenssteuer als Millionärssteuer, das ist das Thema der höheren Erbschaftssteuer und das ist auch das Thema der höheren Spitzensteuersätze. Hier vermissen wir entsprechende Initiativen auf Bundesratsebene. Ich weiß sehr wohl, dass die Einnahmenseite allein auf saarländischer Seite nicht gelöst werden kann, sondern dass wir dazu die Hilfe der anderen Bundesländer brauchen. Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass die Landesregierung sich daran macht, Koalitionen mit ähnlich betroffenen Ländern zu schmieden, denn das ist die Voraussetzung dafür, dass wir als Saarland wirklich eigenständig bleiben. Alles andere bedeutet doch, dass man sich etwas vormacht.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)