Protocol of the Session on December 1, 2015

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Mehrere Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Denn diesem nominellen Anstieg der Bildungsausgaben stehen keine qualitativen Verbesserungen der Rahmenbedingungen in unseren Schulen gegenüber, geschweige denn Strukturverbesserungen für mehr Gerechtigkeit und Förderung in unseren Schulen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ganz einfach ein Rechentrick, den Sie zum zweiten Mal anwenden. Wir als GRÜNE sind nicht die Einzigen, die das kritisieren. Das kritisieren die Lehrerverbände, die Arbeitskammer - Herr Kurtz ist leider nicht im Saal - und auch die SPD-Landtagsfraktion. Ich zitiere aus einem Antrag vom 19.1.2010.

(Zurufe von der SPD und bei der CDU. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : So weit reicht bei denen das Gedächtnis nicht zurück! - Unruhe.)

Dort steht: „Privatisierungstendenzen, die die Kosten für gute Bildungschancen auf die Eltern abwälzen, lehnen wir dabei ebenso ab wie“ - jetzt kommt es „trickreiches künstliches Hochrechnen der Bildungsausgaben beispielsweise durch die Einbeziehung von Pensionslasten.“ - Recht haben Sie, liebe SPDFraktion. Ich kann diesem Zitat nur zustimmen. Auch wir als GRÜNE lehnen das trickreiche, künstliche Hochrechnen der Bildungsausgaben durch Einbeziehung der Pensionslasten ab.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Spre- chen bei den Regierungsfraktionen.)

Rein rechnerisch ist also der Bildungshaushalt schon ein künstliches Konstrukt mit wenig Transparenz und Einblick in die echten, wirklichen Bildungsausgaben. Ich komme nun zur politischen Bewertung dieses Bildungshaushalts. Das hier war nur rein rechnerisch gesehen. Frau Rink, Sie sollten zum zweiten, zum dritten und zum vierten Mal in den Bildungshaushalt schauen. Sie haben nämlich zwei Koalitionsziele der Großen Koalition nicht erreicht.

Erstes Ziel: Der Bildungshaushalt soll prozentual stärker steigen als der Gesamthaushalt. Ich weise Ihnen gleich nach, dass dem nicht so ist. Zweitens. Der Anteil der Bildungsausgaben am Gesamthaushalt soll schrittweise erhöht werden. Ich weise Ihnen nach und belege Ihnen, dass dies nicht so ist. Sie verfehlen diese beiden Ziele.

(Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Rein rechnerisch - ich rechne immer die Versorgungsbezüge raus, weil das dann seriös gerechnet ist - steigt der Bildungshaushalt in 2016 nur um 1,2 Prozent, der Gesamthaushalt steigt aber um 2,2 Prozent. 2017 steigt der Bildungshaushalt - Pensionslasten immer rausgerechnet - lediglich um 0,8 Prozent, der Gesamthaushalt aber doppelt so viel, nämlich um 1,6 Prozent. Das heißt, der Bildungshaushalt steigt in den nächsten zwei Jahren deutlich weniger an als der Gesamthaushalt. Deshalb ist der Haushalt im Bildungsbereich einfach ein Sparhaushalt.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Spre- chen bei den Regierungsfraktionen.)

Zu den Entwicklungen der Bildungsausgaben über die letzten Jahre hinweg. Es gibt unverdächtigerweise Berechnungen und Tabellen von der Arbeitskammer. Seit mehr als 20 Jahren macht die Arbeitskammer das. Sie hat sie in letzter Zeit nicht mehr veröffentlicht, vielleicht ist das der Großen Koalition geschuldet, ich weiß es nicht. Die Arbeitskammer hat wunderbare Tabellen und erstellt seit mehr als 20 Jahren, wie sich die Bildungsausgaben über die letzten Jahre hinweg entwickelt haben.

(Zuruf des Abgeordneten Thul (SPD).)

Ich habe jetzt die Ergänzungsvorlage dort eingerechnet und komme zu folgendem Ergebnis: Im Jahr 2015 beträgt der Anteil der Bildungsausgaben am Gesamthaushalt 21,3 Prozent, 2016 nur noch 21,2 Prozent, 2017 21,0 Prozent. Das ist eine Linie, die bergab geht - laut Berechnung der Arbeitskammer. Ich habe es in der Systematik genauso nachgerechnet.

(Abg. Roth (SPD) : Dann hat die Arbeitskammer einen Rechenfehler gemacht! - Sprechen und Unruhe.)

Ich erlaube mir den Hinweis, dass wir in unserer Regierungszeit noch eine Quote von 21,99 hatten. Die Bildungsausgaben gehen also in ihrem Anteil der Ausgaben am Gesamthaushalt ganz klar zurück.

(Anhaltendes Sprechen bei den Regierungsfrak- tionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss wegen der Redezeit ein bisschen Gas geben. Deswegen kann ich Ihnen keinen Raum für Quergespräche lassen. - Unter dem Strich sparen Sie also in der Bil

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

dung. Daran ändert sich auch nichts durch das, was Sie in Zusammenhang mit der Entwicklung der Flüchtlingszahlen und der Zunahme an schulpflichtigen Kindern im saarländischen Schulsystem tun.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Minister, natürlich ist es richtig, dass Sie 130 Lehrer zusätzlich einstellen. Nur muss man an der Stelle auch sagen, dass diese 130 Lehrer lediglich der Ersatz für die bereits aufgebrauchte Lehrerfeuerwehr sind. Wenn ich also diese 130 Lehrer einstelle, weil die Lehrerfeuerwehr aufgebraucht ist, stelle ich im Grunde den Status quo wieder her. - Wo sind die wirklichen Verbesserungen?

(Abg. Schmitt (CDU) : Das stimmt doch nicht!)

Diese Verbesserungen brauchen wir, weil wir, wenn wir mit Flüchtlingen zu tun haben, mit anderen Klassengrößen rechnen müssen. Denken Sie bitte einmal daran, welche Kinder nun zusätzlich in unsere Schulen kommen. Es sind Kinder, die traumatisiert sind, die aus Kriegsgebieten kommen, die zum Teil ihre Familien verloren haben. Sie sprechen kein Deutsch und benötigen deswegen eine ganz besondere individuelle Förderung. Da kann ich nicht hingehen und diese Flüchtlingskinder beschulen wie deutsche Kinder. Ich muss mit kleineren Klassen arbeiten. Deshalb brauche ich für die Personalisierung dieser Klassen einen anderen Faktor als den, den unser Bildungsminister zugrunde legt. Der normale Faktor bei der Klassenbildung ist 1,3. Hier muss ich einen anderen Faktor zugrunde legen. Dann komme ich unter Berücksichtigung dieses anderen Berechnungsfaktors von Kindern pro Lehrer auf eine andere Höchstgrenze, die sinnvoll ist. Das ist unsere Forderung: Wenn Flüchtlingskinder anwesend sind, sollte es eine Höchstgrenze von 20 Kindern je Klasse in den Grundschulen und von 23 Kindern in den Gemeinschaftsschulen geben. Über diese Größe dürfen wir nicht hinausgehen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Herr Minister, wenn Sie gleich sagen, wir tun schon einiges, dann nehme ich Ihnen das ja ab. Sie werden sagen, Sie stellen den stark belasteten Schulen noch zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung. Das nehme ich Ihnen auch ab. Aber wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass zum Beispiel der SLLV als Verband, in dem im Schwerpunkt Lehrer an Grundschulen organisiert sind, hierzu gesagt hat, dies sei lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Es könne einen kleineren Klassenteiler in dieser Situation nicht ersetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um eine gerechte Förderung aller Kinder zu ermöglichen, natürlich auch der deutschen Kinder, führt im Grundsatz an einer weiteren Personalaufstockung unserer Schulen kein Weg vorbei. Welche Schulformen sind im Schwerpunkt betroffen? - Ich nannte bereits die

Grundschulen. Es sind aber auch die Gemeinschaftsschulen. Die Zahl, die vom Minister in der Öffentlichkeit bislang bestätigt wurde, ist die von 4.000 schulpflichtigen Kindern, die ab Ende Januar zusätzlich beschult werden sollen. So kommt - das haben wir ausgerechnet - die Zahl von 130 zusätzlichen Lehrkräften zustande. Wir benötigen aber zu diesen 130, die Sie einstellen wollen, noch einmal zusätzlich 100 Lehrkräfte, damit die Bedingungen an den Schulen besser werden.

(Abg. Schmitt (CDU) : Das reicht bei Weitem nicht!)

Ja, das reicht natürlich bei Weitem nicht. Wir brauchen auch ohne die Flüchtlinge - das haben wir schon immer gesagt - zusätzliches Lehrpersonal, um die Qualität zu verbessern. Das haben wir früher schon gesagt, ohne dass die Flüchtlingssituation diskutiert wurde. Wir brauchen eine bessere Personalausstattung an den Schulen, um der zunehmend heterogenen Schülerschaft gerecht zu werden, um den zunehmend erziehungsschwierigen Schülern gerecht zu werden und um die Inklusion umzusetzen, für die wir ja alle sind, wie Frau Spaniol schon sagte. Da müssen wir doch sehen, dass die Rahmenbedingungen zur Umsetzung der Inklusion nach wie vor unzureichend sind. Auf der einen Seite sind die Klassen zu groß, auf der anderen Seite fehlen aber auch Förderschullehrkäfte. Es liegt doch auf der Hand: Wenn ich 162 Grundschulen habe und personalisiere nur 123 Förderschullehrer an 123 Grundschulen, dann ist das ein Missverhältnis. Wir brauchen mindestens an jeder Grundschule eine Förderschullehrkraft, sonst wird Inklusion dort nicht gelingen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich komme zur Schulform Gemeinschaftsschule. Mit Blick auf die Gemeinschaftsschule muss ich feststellen, Herr Minister, dass Sie diese Schulform - ich sagte es hier schon einmal - meines Erachtens sträflich vernachlässigen. Die Gemeinschaftsschule trägt die Hauptlast der Flüchtlingsbeschulung im Bereich der weiterführenden Schulen. Sie trägt die Hauptlast im Bereich der Inklusion. Sie trägt die Hauptlast neben den beruflichen Schulen - beim Umgang mit sehr heterogenen Schülergruppen und mit zum Teil sehr schwierigen Schülerinnen und Schülern.

Dafür, dass sie diese Hauptlast trägt, liebe Kolleginnen und Kollegen, erhält die Gemeinschaftsschule von der Landesregierung zu wenig Anerkennung. Nach wie vor gibt es keine Gleichwertigkeit mit dem Gymnasium. Bei der Festlegung der Oberstufenstandorte beklagen die Schulen mittlerweile eine Hinhaltetaktik des Ministers. Mit Blick auf das, was im Nordsaarland, was in Freisen passiert, beschweren sich zunehmend auch die Eltern, dass eine Entscheidung über die Oberstufe nach wie vor aussteht.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

Die Gemeinschaftsschulen tragen auch die Hauptlast beim Planstellenabbau. Schauen Sie noch einmal in den Haushaltsplan - jetzt kommt der fünfte Blick, Frau Rink -, was die Stellenpläne betrifft.

(Zuruf.)

Dort ist es so, dass wegen der Zunahme der Schülerzahlen der Stellenabbau in 2016 ausgesetzt ist; das haben Sie richtig gesagt. In 2017 wird er allerdings fortgesetzt, Kollege Schmitt. Hier sollen dann schauen Sie bitte in den Haushaltsplan hinein - wieder 65 Lehrerstellen gestrichen werden. Und das ist noch nicht alles! Schauen Sie bitte genau in den Haushaltsplan 2017 hinein. Schauen Sie, wie viele kw-Vermerke dort ausgebracht sind. „Kw“ bedeutet „künftig wegfallend“, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Wenn diese kw-Vermerke zusammengenommen wirksam werden, wird es im Jahre 2017 zu einem Stellenwegfall von sage und schreibe 193 Lehrerplanstellen kommen. Das ist die Wahrheit des Haushalts im Bildungsbereich.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, anstatt angesichts der zusätzlichen Herausforderungen im Schulbereich eine Ressourcenvorsorge durch mehr Planstellen zu betreiben, werden diese auf der Zeitachse weiter gestrichen. Und jetzt kommt das Zauberwort, das schon mehrfach erwähnt worden ist und das der Minister nachher auch noch erwähnen wird. Das Zauberwort heißt Flexibilisierung. „Flexible Handhabung der Personalisierung“ heißt es da. „Wir wissen ja nicht, wie viele Flüchtlinge kommen, deshalb stellen wir die meisten Lehrer erst einmal nur befristet ein.“ Als wenn in zwei Jahren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weniger Schüler da wären als heute! Als wenn diese Lehrerinnen und Lehrer, die für zwei Jahre befristet eingestellt werden, dann nicht mehr gebraucht würden! Brauchen Sie in zwei Jahren nicht mehr Lehrer? Wollen Sie die dann entlassen und neue befristet einstellen? - Ich bin der Meinung, Pädagoginnen und Pädagogen brauchen Perspektiven im Beruf. Schulen brauchen ein verlässliches pädagogisches Konzept und pädagogische Kontinuität, und wir brauchen Verlässlichkeit in der Personalplanung. Die entsteht nicht durch die überwiegend befristete Einstellung von Lehrkräften. Das ist damit nicht zu leisten.

(Zuruf.)

Diesen Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehen wir als GRÜNE nicht mit. Wir wollen statt befristeter Stellen feste Planstellen in diesem Haushalt vorsehen und dauerhaft beschäftigte Lehrkräfte einstellen, nicht nur zur Beschulung von Flüchtlingen, sondern auch zur nachhaltigen Verbesserung der Rahmenbedingungen. Wir wollen keinen weiteren Stellenab

bau im Bildungsbereich, deshalb lehnen wir diesen Haushalt ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat der Abgeordnete Stefan Krutten von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte noch auf einige Punkte und Projekte eingehen, bei denen wir die Mittelansätze noch einmal erhöht haben. Ich beginne mit der Beteiligung des Saarlandes am Promotorenprogramm. Hier handelt es sich um eine Maßnahme zur Förderung der Entwicklungszusammenarbeit. Es handelt sich um ein bundesweites Inlandsbildungsprojekt. Die Aufgabe dieses „EineWelt-Promotorenprogramms“ besteht darin, Menschen zu unterstützen die Umbrüche und Transformationen unter dem Motto „Welt im Wandel“ mitgestalten wollen.

Dabei geht es um folgende Leistungen: Wissen vermitteln und Kompetenz für eine weltweit nachhaltige Entwicklung in unserer Gesellschaft mobilisieren, Handlungsbereitschaft und bürgerschaftliches Engagement in diesem Bereich wecken und unterstützen sowie Netzwerke, Kooperationen und Partnerschaften sowohl im Inland als auch international initiieren und stärken. Das Bundesministerium stellt hier bis zu 60 Prozent Fördermittel zur Verfügung. Für das Saarland sind gemäß der Einwohnerzahl 1,5 bis 2 Stellen geplant. Das Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland wird die Themen und Trägerorganisationen nach fachlichen, regionalen Kriterien in einem transparenten Prozess einvernehmlich mit den Nichtregierungsorganisationen bestimmen.

Auch ein wichtiges Thema im Saarland: Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten hat zugenommen. Das ist natürlich eine sehr besorgniserregende Entwicklung. Es ist essenziell, dass diesen radikalen Gedanken und Handlungen der Nährboden entzogen wird.

(Beifall der Abgeordneten Kolb (SPD).)

Deshalb werden wir die Landeszentrale für politische Bildung 2016 und 2017 zusätzlich mit jeweils 30.000 Euro unterstützen. Wir müssen alles dafür tun, damit dieses rechte Gedankengut sich nicht weiter ausbreitet. Das beste Mittel dafür ist Bildung. Deshalb ist die Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung ganz wichtig und deswegen wollen wir das hier noch einmal zusätzlich unterstützen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir haben aber den Haushalt für Bildung, Medien und Kultur. Deshalb will ich auch noch ein bisschen