Protocol of the Session on October 13, 2015

Gehen wir kurz auf die Zuwanderung ein. Was die Zuwanderung angeht, haben wir die besondere Situation, dass heute Menschen in großer Zahl zu uns kommen. Es sind Menschen, die auf der Flucht sind und denen wir eine neue Heimat geben können. Wir haben dabei eine reibungsarme Integration mit Spracherwerb zu gewährleisten, es geht aber auch um den Aufbau sozialer Bindungen. Gerade für unseren ländlichen Raum wäre dies eine ganz große Chance. Kurzfristig betrachtet sind die Flüchtlingshilfen auch ökonomischer Stimulus. Das darf man nicht unterschlagen. Das Geld, das der Staat jetzt in die Hand nimmt, wird weitestgehend direkt ausgegeben und wirkt so natürlich auch als ökonomischer Motor. Langfristig müssen uns vor allem die Kinder wichtig sein, die hier Sesshaften und hier Geborenen, die das Potenzial haben, ein zukünftiges wirtschaftliches Wachstum zu entfachen. Das sind Leute, die noch ihr Glück machen wollen. Wenn wir es richtig machen, haben wir damit eine richtige Innovationskraft in unserem Land. Es gilt, jetzt die Weichen zu stellen, damit wir mit den Menschen, die zu uns kommen, zu einer Win-win-Situation kommen.

Das zweite große Thema ist die Mobilität. Jeder Saarländerin und jedem Saarländer das eigene Auto, wenn sie es möchten. Ich habe ja nichts dagegen, aber wir müssen weg von diesem Zwang, dass in diesem Land Mobilität ohne eigenes Auto nicht funktioniert. Hier ist vor allem Reformwille gefragt. Es geht gar nicht um die großen Zahlen, die wir in den Haushalt werfen. Es ist der Wille zur Reform, der fehlt. Wir warten jetzt schon ewig auf ein neues ÖPNV-Gesetz. Wir haben eines vorgelegt, später haben die GRÜNEN eines vorgelegt. Von der Landesregierung kommt keines. Wir warten darauf. Wir brauchen effektive Strukturen in diesem Land. Wir brauchen Umplanungen im Netz, damit man wirklich gut von A nach B kommt, auch über Kreisgrenzen

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

hinweg, vom Nordwesten in den Nordosten. Wir brauchen Lückenschlüsse. Es gibt einige Punkte in unserem Netz, wo man mit relativ wenig Investitionsaufwand Lücken schließen könnte und dann ein allgemein besseres Netz hätte.

Investitionsmittel und Nutzungsanreize könnte man haushaltsneutral auch dadurch schaffen, dass man den fahrscheinlosen, umlagefinanzierten ÖPNV einführt. Wir haben für dieses Modell geworben. Ich werbe noch einmal dafür, es sich genauer anzuschauen. Es ist kein kostenloser ÖPNV, den man anbietet, sondern ein umlagefinanzierter. Er ist aber immer noch deutlich günstiger als die Kosten, die ein eigenes Auto in nur einer Woche verursacht ohne Benzin.

Ein Weiteres sollte uns ebenfalls klar sein: Das Ausweichen auf den ÖPNV ist eine Zukunftsfrage. Es geht um das Klima und die Lebensqualität. Je mehr Menschen den gemeinsamen Transport im Verkehr benutzen, desto besser ist es für das Klima und auch für die Lebensqualität in unserem Land. Hier lässt sich mit relativ wenig Geld viel bewegen, aber es ist eine Frage der Priorität.

Zur Bildung. Ich weiß nicht, ob man noch viele Worte über das Thema verlieren muss. Bildung ist unsere Ressource. Darüber haben wir schon oft gesprochen. Ich glaube, wir sind uns hier alle einig. Die Frage ist, wie man dieses Feld bestellen kann. Die Schulen haben heute in diesem Land unglaublich viel zu leisten. Es geht um die Vermittlung von Lerninhalten auf höchstem Niveau. Das ist keine Frage. Es geht aber auch zunehmend um die Übernahme von Erziehungsaufgaben. Je mehr Zeit Kinder in der Schule verbringen und je weniger sich die Eltern um sie kümmern können, aus welchen Gründen auch immer, desto mehr fallen Erziehungsaufgaben in den Bereich der Schule. Auch hierfür muss man Vorsorge leisten.

Ein ganz neues Thema: Wir brauchen die Vermittlung von Kompetenzen für die digitale Welt. Ich bin ja vor Kurzem aus allen Wolken gefallen, als ich gesehen habe, dass meine Tochter anfängt, ihre Hausaufgaben mittags über WhatsApp zu teilen. Das heißt, die schreiben die nicht mehr morgens im Bus ab, sondern es wird schon mittags das Ergebnis getauscht.

(Heiterkeit und Zurufe.)

Ich halte mich für einen relativ medienkompetenten Menschen, ich glaube, ich habe eine Möglichkeit gefunden, damit umzugehen. Aber nicht alle Eltern bei uns im Land kennen schon diese Probleme. Wir müssen auch bei den Schülern ansetzen und sagen: Ihr macht die Hausgaben nicht für die Schule, ihr macht sie für euch. - Das ist schwierig, gehört aber auch zum Thema Medienkompetenz.

(Zurufe und erneut Heiterkeit.)

Das Thema Inklusion ist immer noch eine offene Baustelle. Da ist immer noch unglaublich viel zu tun. Wir wollen kein Kind zurücklassen. Ganz klar, da muss noch mehr getan werden. Das ist in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit ein bisschen in den Hintergrund getreten. Trotzdem: Inklusion bleibt ein großes Thema.

Integration - auch das müssen die Schulen leisten. Viele Kinder, die zu uns kommen, müssen in die Klassenverbände integriert werden. Wir brauchen Sprachkompetenz bei den Lehrern. Wir müssen vielleicht auch darüber nachdenken, noch einmal das Quereinsteigerprogramm aufzumachen, um andere Kompetenzen in die Schulen hineinzubekommen.

(Beifall bei den PIRATEN.)

All das kann nur bei bedarfsgerechter Ausstattung erfolgen.

Noch ein Wort zu unseren Hochschulen. Unsere Hochschulen sollen Weltspitze sein. Aber auch das geht nicht zum Sparpreis. So kann es nicht funktionieren.

Breitband-Internet. Da möchte ich gar nicht über die Definition streiten. Aber für mich und auch für alle Experten ist völlig klar: Echtes Breitband-Internet kann nur Glasfaser heißen. Und da war es auch nicht hilfreich, dass diese Landesregierung bezüglich Vectoring auf Schmusekurs mit der Telekom gegangen ist. Das ist nur eine Verlängerung des Kupferatems, wir brauchen aber Glasfaser. Da sind es vor allem unsere lokalen Champions, die das machen, und die müssen wir fördern.

(Beifall bei den PIRATEN und bei der LINKEN.)

Damit werden wir in die Haushaltsberatungen hineingehen und hoffen, dass wir den einen oder anderen Akzent setzen können. Wir haben auch nie etwas dagegen, wenn man unsere Ideen aufnimmt.

Das Problem des vorliegenden Haushaltsentwurfs für 2016/17 ist unserer Meinung nach das klare Fehlen solcher Prioritäten. So gewinnen wir eben keine Zukunft für unser Land. So setzen wir vielleicht den eingeschlagenen saarländischen Weg fort, aber immer öfter sehen wir, dass dieser Weg zu Platz 16 von 16 Bundesländern führt. Das ist eben nicht das, was wir für unser Saarland haben wollen. Vor diesem Hintergrund können wir diesem Haushalt so nicht zustimmen. Wir hoffen, dass wir in den Haushaltsberatungen noch einiges besser machen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN.)

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Vielen Dank. - Das Wort hat die Abgeordnete Petra Berg von der SPD-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine heutige Rede mit einem Zitat des griechischen Schriftstellers Plutarch beginnen, der sagt: Der Haushalt ist der beste, worin man nichts Überflüssiges will, aber nichts Notwendiges entbehrt.

(Beifall des Abgeordneten Roth (SPD).)

Wir beraten den vierten Sparhaushalt dieser Großen Koalition und den sechsten Landeshaushalt unter der Schuldenbremse. Es bewahrheitet sich in der Tat: Der Weg der Haushaltssanierung wird immer steiniger, die Einsparpotenziale werden weniger, die Sparmaßnahmen schmerzhafter. Wir haben in diesem Jahr auch ein Novum zu beraten, nämlich den Doppelhaushalt. Auch darüber wurde schon sehr viel geschrieben. Ich möchte auch kurz begründen, warum wir einen Doppelhaushalt haben, warum er für uns sehr nützlich sein kann, denn er bietet zahlreiche Vorteile.

Es ist zunächst einmal - und das ist unbestritten der administrative Aufwand, der verringert wird. Dieser ist sowohl in der Regierung als auch im Landtag und bei den Fraktionen sehr hoch. Es ist mit Blick auf den Einsatz der Ressourcen Arbeitskraft und Zeit deutlich effizienter und sinnvoller, diesen Aufwand nicht jährlich zu betreiben. Darüber hinaus gibt der Doppelhaushalt aber auch Planungssicherheit. Wir können politische Schwerpunkte deutlicher setzen. Längerfristige Projekte werden besser dargestellt und Auswirkungen geplanter Ausgaben, Einnahmen und Sparmaßnahmen werden doch klarer dargestellt, meine Damen und Herren!

Das zeigt sich auch daran, dass das Saarland auch gegenüber dem Stabilitätsrat seine Planungen für Zweijahreszeiträume darzulegen hat. Es handelt sich also keineswegs um eine Verschleierungsmaßnahme, wie ab und zu angeklungen ist. Denn auch bei einem Doppelhaushalt gilt der Jährlichkeitsgrundsatz. Das heißt, der Haushalt wird zwar für einen Planungszeitraum von zwei Jahren aufgestellt. Er muss jedoch streng nach Haushaltsjahren getrennt werden. Alle Ansätze werden getrennt veranschlagt und politische Planungen werden dadurch auch über diesen Zeitraum deutlich erkennbar.

Auch das Budgetrecht des Parlamentes wird nicht beschnitten. Abänderungsanträge sind weiterhin möglich. Nachträge und Änderungen können im weiteren Verlauf der Legislatur beantragt werden, sogar punktgenau, wenn es die Verhältnisse erfordern. Auf diese Art und Weise kann ein Doppelhaushalt sogar

dazu führen, dass häufiger über Haushaltsfragen zu debattieren ist, nicht nur am Ende eines Jahres. Nein, meine Damen und Herren, ein Doppelhaushalt widerspricht nicht dem Selbstverständnis des Parlamentes als Haushaltsgesetzgeber.

(Sprechen.)

Er bringt Planungssicherheit, er bringt Klarheit über die politischen Ziele, er reduziert den administrativen Aufwand und er greift nicht in die Rechte des Parlamentes ein.

(Beifall bei der SPD.)

Ziel unseres Haushaltes ist ein einziges, und zwar ein Saarland mit Zukunft. Wir wollen die Eigenständigkeit unseres Saarlandes sichern, wir wollen eine lebens- und eine liebenswerte Zukunft für alle Saarländerinnen und Saarländer in ihrer Heimat. Das habe ich gerade bei der Debatte der LINKEN schmerzlich vermisst. Hier war einfach nur alles schlecht.

(Zurufe von der LINKEN: Stimmt doch gar nicht!)

Unser Saarland hat eine wechselvolle Geschichte. Unser Saarland war oft ein Spielball unterschiedlicher politischer Interessen. Unser Saarland war mal französisch, mal deutsch, mal unabhängig. Es war mal Kriegs- oder Reparationspfand und es war mal Unabhängigkeitsexperiment. Heute werden wir, fürchte ich, im Rest der Republik vor allem als Haushaltsnotlageland wahrgenommen. Dafür sind auch Redebeiträge wie die der Opposition mit ursächlich.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Sie sind schuld!)

Ein historisch bedeutsames Ereignis feiert in der kommenden Woche sein 60-jähriges Jubiläum: Die Angliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik. Diese wechselvolle Geschichte hat unser Land und auch die Menschen geprägt. Wir Saarländerinnen und Saarländer haben ein sehr starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Wir halten zusammen zum Beispiel in Vereinen mit einem sehr großen ehrenamtlichen Engagement. Die Saarländerinnen und Saarländer zeichnen sich aber auch durch eine starke Verwurzelung in ihrer Heimat aus. Sie haben einen liebevollen Blick auf ihr kleines Land. Das merkt man oft im Gespräch mit den Menschen vor Ort.

(Vereinzelt Lachen bei den Oppositionsfraktio- nen.)

Sie fühlen sich dem Saarland stark verbunden und machen sich in ihren Orten stark dafür, dass es sich hier gut und schön leben lässt. Es ist bei allem, was wir hier beraten und beschließen, wichtig, dass wir das nicht vergessen. Unser Saarland hat viel zu bieten, unser Saarland ist liebenswert und unser Saarland wird von seinen Bürgerinnen und Bürgern auch geliebt, Frau Spaniol.

(Zuruf der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE).)

Es ist daher keine leere Worthülse und es ist nicht einfach dahergeredet, wenn wir sagen: Wir wollen die Eigenständigkeit unseres Saarlandes bewahren. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der SPD. - Zuruf aus der Opposition: Das wollen wir auch!)

Nein, wir wollen nicht als Bittsteller am Finanztropf der Solidargemeinschaft hängen. Nein, wir wollen Zukunftsperspektiven, wir wollen Stabilität, wir wollen Lebensqualität, wir wollen Entwicklungsmöglichkeiten. Das bedeutet, dass wir unseren Haushalt sanieren und ergänzend dazu auch klug in die Zukunft investieren müssen. Nur mit einer ausgewogenen Kombination aus Sanieren und Investieren werden wir der Verantwortung für die nachfolgenden Generationen gerecht.

(Beifall von der SPD und vereinzelt bei der CDU.)

Unser Haushalt wird nun einmal von unserer Ausgangslage her ganz maßgeblich durch die Vorgaben und Vereinbarungen auf Bundesebene mitbestimmt. Wir haben die Schuldenbremse, die uns ein enges Korsett anlegt. Sie ist im Grundgesetz verankert. Sie verpflichtet uns, die jährliche Neuverschuldung bis 2020 auf null zu fahren. Das mit dem Stabilitätsrat vereinbarte Sanierungsprogramm erlegt uns auch strikte Sparverpflichtungen auf. Auch die jährlichen Konsolidierungshilfen in Höhe von 260 Millionen Euro sind an die Einhaltung des vereinbarten Schuldenabbaupfades geknüpft. Alle von der Großen Koalition in den vergangenen drei Jahren verabschiedeten Haushalte wurden diesen Anforderungen gerecht und auch dieser Haushalt wird es wieder.

Meine Damen und Herren, das Saarland erfüllt seine Konsolidierungsverpflichtungen planmäßig. Dass dies so ist, bestätigen sowohl der Rechnungshof in seinem Jahresbericht als auch der Stabilitätsrat. Beide erkennen die Konsolidierungsfortschritte des Landes an. Das ist wichtig, denn wir benötigen die Konsolidierungshilfen von 260 Millionen Euro. Es ist auch wichtig, weil es belegt, dass auf das Saarland als Verhandlungspartner Verlass ist. Konsolidierungsvereinbarungen werden erfüllt, die Sparvorgaben werden konsequent umgesetzt und der Defizitabbau macht deutliche Fortschritte.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Mit Blick auf die Verhandlungen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist diese Zuverlässigkeit unser größtes Pfand. Ich möchte ganz besonders herausheben, dass diese Zuverlässigkeit wichtig ist und dass wir sie hier in diesem Hause als Ziel auch weiterhin gemeinsam verfolgen.

Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch hervorheben, dass die Konsolidierungsvereinbarungen

nicht in Stein gemeißelt sind. Alle Vereinbarungen, die das Saarland getroffen hat, und alle Vorgaben, die dem Saarland gemacht wurden, wurden seinerzeit mit Bedacht und vorausschauend gemacht. Niemand hat aber vorhersehen können, dass wir heute im Jahr 2015 und wohl auch darüber hinaus vor den enormen Herausforderungen einer Völkerwanderung stehen. Menschen suchen zu Hunderttausenden Zuflucht in Europa und ein Großteil von ihnen bleibt bei uns. Das hat die Umstände völlig verändert. Wir stehen vor einem tiefgreifenden Wandel und das hat Auswirkungen in allen Bereichen: gesellschaftlich, politisch und finanziell. Und wir alle, die wir an den Entscheidungen über die finanzielle Ausstattung in unserer Gesellschaft beteiligt sind und da schließe ich auch den Stabilitätsrat ein -, müssen uns ernsthaft damit befassen und müssen sorgfältig prüfen, wie sich dieser gesellschaftliche Wandel auf die getroffenen Vereinbarungen und Planungen auswirkt. Und wir müssen dafür sorgen, dass dieser gesellschaftliche Wandel gut verläuft. Vielleicht wird das Ergebnis dieser Prüfung sein, dass wir den Konsolidierungspfad anders definieren müssen und auch damit werden wir dann umgehen müssen.