Protocol of the Session on December 2, 2014

manden zurücklassen. Bildungsgerechtigkeit beweist sich eben darin, dass sie allen Menschen Zugang zur Bildung verschafft und damit einen Beitrag zu einer möglichst selbstständigen und gelingenden Lebensführung leistet. Das ist zum Beispiel der Grund, warum wir uns alle in diesem Hause auf den Weg zu einer inklusiven Gesellschaft begeben. Ich möchte noch einmal ein herzliches Dankeschön loswerden, dass es gelungen ist, in diesem Hause Einvernehmen zum Inklusionsgesetz hinzubekommen. Mein herzliches Dankeschön auch an die Oppositionsfraktionen, diesen Weg mitzutragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Umsetzung dieses Gesetzes und damit auch der Behindertenrechtskonvention im Bildungsbereich wird weiterhin viel Umsicht, Flexibilität, Augenmaß und bei Bedarf eben auch die Bereitschaft zum Nachsteuern erfordern. Deshalb bleibt es dabei: Wir setzen Inklusion behutsam, aber beherzt um. Inklusion darf sich aber nicht nur auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem beschränken. Das wäre verkürzt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Inklusives Handeln muss immer auch die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen berücksichtigen und alle Menschen im Blick haben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich sage das heute gerade auch im Hinblick auf die Flüchtlinge, die derzeit in hoher Zahl zu uns kommen. Wir schätzen, dass rund ein Drittel von ihnen minderjährig ist. Viele von ihnen haben unvorstellbares Leid erfahren, sind traumatisiert und suchen hier nach einer langen Odyssee Zuflucht und Sicherheit. Dazu gehört zunächst einmal eine menschenwürdige Unterkunft. Dazu gehören Hilfestellungen und Unterstützung bei der Bewältigung des erfahrenen Leids. Dazu gehört aber eben auch, dass wir den Betroffenen einen Zugang zu unseren Bildungsangeboten gewähren, damit sie sich neue Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben erschließen können.

Je früher wir damit anfangen, desto größer ist dann auch die Wahrscheinlichkeit, dass dies gelingen kann. Wir wissen aus den Schulen und Sprachfördermaßnahmen, dass viele der Flüchtlingskinder, die heute zu uns kommen, hoch motiviert sind. Wir wissen auch, dass wir sehr zügig und in ausreichender Kapazität entsprechende Angebote bereitstellen müssen. Derzeit sind in unserem Land folgende Schulstandorte besonders vom Zuzug und der Zuweisung minderjähriger Flüchtlinge betroffen: Traditionell natürlich Lebach, darüber hinaus auch der gesamte Regionalverband Saarbrücken und vor allem die Städte Neunkirchen, Merzig und Völklingen und die Schulen, die wir dort haben. Bisher konnten noch alle Flüchtlinge an diesen Schulen aufgenommen werden. Dennoch müssen wir mittlerweile feststellen, dass es bei der Bereitstellung von Kapazitä

(Minister Commerçon)

ten zu Engpässen kommt. Deshalb hat in den vergangenen Wochen eine interne Arbeitsgruppe des Ministeriums für Bildung und Kultur intensiv beraten, wie die Schulversorgung von minderjährigen Flüchtlingen sichergestellt werden kann. Das großartige Ergebnis dieser Überlegungen ist ein Sofortprogramm zur Bildung und Förderung von Flüchtlingskindern, zu dessen Realisierung alle noch frei verfügbaren Ressourcen und noch nicht gebundenen Mittel im Ministerium mobilisiert und gebündelt wurden, um auf die Situation reagieren zu können.

Das Programm hat drei zentrale Bausteine. Erst einmal haben wir als Sofortmaßnahme zur Abdeckung zusätzlichen Personalbedarfs für die genannten Standorte kurzfristig 25 Lehrkräfte zusätzlich zur Verfügung gestellt. Dabei greifen wir natürlich insbesondere auf Lehrkräfte mit Deutsch als Fremdsprache zurück beziehungsweise auf Lehrkräfte, die Deutsch oder Fremdsprachen studiert haben. Zum Zweiten gibt es zur Ergänzung von bereits bestehenden Verträgen und Projekten die Möglichkeit, kurzfristig rund 1 Million Euro zusätzlich für die Ausweitung von Sprachfördermaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Zum Dritten haben wir in Kooperation mit dem Landesinstitut für Pädagogik und Medien die Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrkräfte im Umgang mit Heterogenität weiter verstärkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesen Sofortmaßnahmen dokumentieren wir, dass uns alle Kinder in diesem Land gleich viel wert sind. Flüchtlinge sind im Saarland willkommen. Wir nutzen auch die Chancen, die sich für unsere Gesellschaft aus der Zuwanderung ergeben, und wir bieten jungen Menschen im Saarland Perspektiven, sowohl schulisch als auch beruflich. Ich finde, diese Anstrengungen lohnen sich allemal.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Kollege Kessler hat gestern und auch heute erneut die Frage des demografischen Wandels und der prognostizierten Entwicklung der Zahl der Schülerinnen und Schüler aufgeworfen. Natürlich ist damit auch die Frage verbunden, wie viele Stellen im Lehrkräftebereich zum Zwecke der Qualitätsverbesserung an unseren Schulen wirklich umgesetzt werden können. PwC hatte 2010, zu Zeiten der Jamaika-Regierung, einen Rückgang der Schülerinnenund Schülerzahlen bis 2020 in Höhe von rund 21 Prozent und daraus eine demografische Rendite von 1.400 Lehrerstellen errechnet.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Die haben wir nicht umgesetzt.)

Jetzt kann der Kollege Kessler sagen, die Prognosen seien nicht zuverlässig, dann muss man sich aber auch fragen, zu welcher Verantwortungszeit das gemacht worden ist.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Ohne Konsequenzen!)

Es ist auch völlig unzulässig, dann aus Stellungnahmen zu zitieren, die nie veröffentlicht worden sind, um anschließend noch zu fragen, was das denn soll.

(Weitere Zurufe des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜNE).)

Wahrscheinlich haben diese Zahlen einfach nicht gestimmt. Deswegen sind sie nicht veröffentlicht worden. Das ist die Antwort, auf das, was Sie vorgebracht haben.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Diese Zahlen haben Ihnen nichts gebracht!)

Herr Kollege, eines ist doch völlig klar: Prognosen stellen Annahmen dar und die können eintreten oder auch nicht eintreten. Es ist richtig, nach den aktuell vorliegenden Prognosen gehen wir nicht mehr von 21 Prozent aus. Deswegen müssen wir darauf reagieren. Das haben wir bereits getan. Wir haben zum Ersten die erste Tranche des Stellenabbaus, wie er von PwC zu Jamaika-Zeiten bereits vorgegeben war, von 2013 in das Jahr 2014 verschoben.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Den haben wir nicht umgesetzt!)

Den haben Sie nur nicht umgesetzt, weil Sie da nicht mehr Minister waren.

(Beifall und Lachen bei den Regierungsfraktio- nen. - Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Das sind Unterstellungen! Wir haben die Zahlen von PwC nie akzeptiert.)

Das war die erste Maßnahme. Zur zweiten Maßnahme. PwC hatte eigentlich vorgesehen, dass wir im Jahr 2015 111 Stellen abbauen sollen. Stattdessen bauen wir 69 Stellen ab, also 42 weniger, als damals geplant waren. Drittens haben wir auch dadurch eine höhere Flexibilität erreicht, dass wir es nicht kalenderjährlich machen, sondern an den Erfordernissen eines Schuljahres orientiert.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Ich habe die Zahlen aufgeschlüsselt! - Weitere Zurufe des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜNE).)

Herr Kollege Kessler, ich komme gleich zum Schluss, aber das mit den 230 ist wirklich schofelig.

(Erneuter Zuruf des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜNE).)

Wenn Sie die Reduzierung der Stellen im Vorbereitungsdienst mit reinrechnen, ist das völlig absurd. Kein einziger Referendar weniger wird dadurch eine Stelle bekommen. Wir haben in diesem Hause gemeinsam und im Übrigen einstimmig die Verkürzung von 24 auf 18 Monate beschlossen.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Wann denn?)

(Minister Commerçon)

Ich sage es Ihnen: Es war im Januar 2012. Das Kürzel auf dem entsprechenden Vermerk ist Ihr Kürzel gewesen.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Ich baue keine Stellen deswegen ab!)

Die Fraktion der GRÜNEN hat wie alle anderen Fraktionen nach dem Bruch der Jamaika-Koalition genau dieser Verkürzung zugestimmt. Das ist hier einstimmig verabschiedet worden. Das hat mit dem Lehrerstellenabbau ansonsten überhaupt nichts zu tun. Es ist völlig daneben, so zu argumentieren, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Er hat keine Stellen gestrichen. Das ist etwas ganz anderes!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Kulturbereich hatten wir heute große Einigkeit. Ich nehme auf, was aus den Oppositionsfraktionen dazu gesagt worden ist. Wir haben in diesem Land eine große kulturelle Vielfalt, vom Staatstheater bis zum Kino achteinhalb. Daran wollen wir festhalten. Ich bin sehr sicher, wir werden auch weiterhin konstruktive Diskussionen führen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zum Einzelplan 06.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Minister. - Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zu den Abstimmungen.

Der Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen hat zu Einzelplan 06 einen Abänderungsantrag eingebracht, der uns als Drucksache 15/1160 vorliegt. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages 15/1160 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/1160 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthalten hat sich die Fraktion der PIRATEN.

Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 17 Kapitel 17 06. Wer für die Annahme des Einzelplans 17 Kapitel 17 06 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? Ich stelle fest, dass Einzelplan 17 Kapitel 17 06 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dagegen gestimmt haben die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 20 Kapitel 20 06, 20 12 und 20 27. Wer für die Annahme dieser Kapitel des Einzelplans 20 ist, den bitte

ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass die Kapitel 20 06, 20 12 und 20 27 des Einzelplans 20 mit Stimmenmehrheit angenommen sind. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dagegen gestimmt haben die Oppositionsfraktionen.

Es ist über Kapitel 06 01 Einzelabstimmung beantragt. Wer für die Annahme des Kapitels 06 01 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass Kapitel 06 01 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dagegen gestimmt haben die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 06 im Übrigen. Wer für die Annahme des Einzelplans 06 unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Ich stelle fest, dass Einzelplan 06 unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dagegen gestimmt haben die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen nun zur Übersicht 8: Einzelplan 09 Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz -, Einzelplan 17 Kapitel 17 09 und Einzelplan 20 Kapitel 20 09.

Übersicht 8: Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (Abänderungsantrag: Druck- sache 15/1162)

Die Berichterstattung wurde zu Protokoll gegeben (siehe Anlage 10). Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Ralf Georgi von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange beim Verbraucherschutz an mit einem Beispiel, das viele Bürgerinnen und Bürger betrifft: Darlehensverträge, vor allem für Baufinanzierungen, die zwischen Herbst 2002 und Ende 2012 abgeschlossen worden sind, sind bekanntlich reihenweise fehlerhaft und können von den betroffenen Bankkunden gekündigt werden.

Diese Rückabwicklung ist für die Kunden sehr vorteilhaft, weil teilweise pro Darlehensvertrag über 20.000 Euro an Zinsen gespart werden, da das Zinsniveau zwischenzeitlich stark gefallen ist. Überall im Bundesgebiet beschäftigen sich die Verbraucherzentralen mit den Verträgen von Bankkunden. Allerdings kann es uns als Saarländer passieren, dass der zuständige Berater der Verbraucherschutzzentrale des Saarlandes im Moment keinen Termin frei

(Minister Commerçon)

hat, obwohl es vielleicht um Fristen für Widersprüche geht. Andere Betroffene in anderen Bundesländern sind da unter Umständen besser dran.

Daraus folgt: Die Ausstattung der Verbraucherschutzzentrale in einem Bundesland hat durchaus direkte Auswirkungen auf den Geldbeutel seiner Einwohnerinnen und Einwohner. Deshalb fordern wir LINKE getreu dem Motto „Was den Bewohnern nutzt, nutzt dem ganzen Land“ mehr Unterstützung für den Verbraucherschutz im Saarland. Weil unsere Verbraucherschutzzentrale im bundesweiten Vergleich bei der personellen und finanziellen Ausstattung hinterherhinkt, will unsere Fraktion den Haushaltsansatz für das nächste Jahr um rund 173.000 Euro auf 600.000 Euro erhöhen. Das betrifft den Haushaltstitel 684 74 „Zuschüsse zur Förderung von Einrichtungen der Verbraucherberatung“. Einen entsprechenden Antrag haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen eingebracht. Die Saarländerinnen und Saarländer haben nämlich ein Anrecht auf denselben Standard bei der Verbraucherberatung wie die Bürgerinnen und Bürger in anderen Bundesländern.

(Beifall bei der LINKEN.)