Ja, wir sind hoch verschuldet und ja, wir können angesichts des Schuldenbergs auch keine Luftschlösser versprechen, aber im Bildungsbereich sind wir unterdurchschnittlich, und das muss sich ändern. Es wäre auch besser, all dies einmal ehrlich zuzugeben, statt immer verkrampft zu rechnen. Offensichtlich ist das leider ein häufiger vorkommendes Syndrom. 2011 wurde mit einem selbstgestrickten Bildungsbericht so lange schöngerechnet, bis die im damaligen Koalitionsvertrag versprochene Höhe der Bildungsausgaben in Höhe von 30 Prozent des Gesamthaushaltes ausgewiesen werden konnten.
Fairerweise muss man dem heutigen und auch dem früheren Bildungsminister aber zugestehen, dass beide trotz harter Kürzungsvorgaben auch Verbesserungen auf den Weg gebracht haben. Ich nenne die Gemeinschaftsschule und heute aktuell das Beispiel Inklusion. Wir haben hier im Sommer einstimmig ein Inklusionsgesetz verabschiedet, das ist ein Durchbruch in dieser wichtigen Frage. Aber Kolleginnen und Kollegen, ein bisschen Inklusion gibt es eben nicht. Das sagt Ilse Blug von MLL zu Recht. Da sind wir uns auch alle darüber im Klaren. Um Inklusion in die schulische Praxis umzusetzen und ein theoretisches Recht auf Teilhabe in ganz praktische Teilhabemöglichkeiten umzuwandeln, brauchen wir im Prinzip eine sonderpädagogische Grundversorgung an allen Regelschulen. Dazu brauchen wir zusätzliche Förderschullehrer. Zumindest muss man jedoch, und da sind wir uns hoffentlich auch einig, die Unterrichtssituation erheblich verbessern.
Wir brauchen viel mehr Vorbereitungszeit, Planungs- und Beratungszeit, eine deutliche Absenkung der Unterrichtsverpflichtung, zum Beispiel im Grundschulbereich, vor allem kleinere Klassen und vor allem müssten die Lehrerstellen an den Schulen bleiben und nicht irgendwohin kapitalisiert werden. Diese sogenannte Kapitalisierung - ein sperriges Wort - ist derart intransparent, dass Sie dafür niemals Akzeptanz finden werden, solange Sie diesen Knoten nicht endlich auflösen. Klar ist, dass wir keine neuen Aufgaben angehen und gleichzeitig Lehrerstellen abbauen können. Beides gleichzeitig kann nicht gelingen.
Da bin ich auch schon längst bei den Grundschulen. Es wird immer schwieriger, frei werdende Funktionsstellen an den Grundschulen zu besetzen. Das zeigt schon ein Blick auf die laufenden Besetzungsverfahren. Ich nenne noch einmal ein Beispiel: Drei Schulleiterstellen und drei Konrektorenstellen mussten schon zum zweiten Male ausgeschrieben werden.
Kolleginnen und Kollegen, da dürfen wir doch nicht die Augen vor der Realität verschließen! Es gibt einfach nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer, die unter diesen schlechten Rahmenbedingungen bereit sind, solche Funktionen zu übernehmen.
Mit der höchsten Unterrichtsverpflichtung und der schlechtesten Bezahlung gewinnt man eben keinen Nachwuchs und damit auch keine Akzeptanz für die Herausforderung Inklusion. Da muss sich in vielen Köpfen noch vieles ändern. Man muss auch die Rahmenbedingungen schaffen, damit das funktioniert. Die Grundschule ist die wichtigste Schule und sie braucht die besten Bedingungen, das heißt, wir brauchen mehr Personal an den Schulen und nicht weniger, und das zu anständigen Bedingungen.
Die Gemeinschaftsschule hat mit einem Wegfall von 32 Stellen zu kämpfen, und das, obwohl sie in großen Teilen die Inklusion im weiterführenden Teil bewältigen muss, obwohl der Personalbedarf für den Ausbau der Ganztagsschulen steigt und obwohl sie zunehmend Flüchtlingskinder aufnehmen muss. Hier stimmt doch die Balance gar nicht, hier sollten die Lehrerstellen an den Schulen verbleiben. Hier können Sie doch nicht weiter argumentieren, dass das alles dem Schülerrückgang geschuldet sei. Sie müssen endlich erkennen, dass genau das genutzt werden muss für Qualitätsverbesserungen an unseren Schulen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Das ist der Weg, den wir gehen müssen.
Nein, nicht „Oh“! Das ist ein Riesenproblem. Wie kann man da noch gelangweilt stöhnen, Kollege Becker, das verstehe ich ehrlich nicht. Gehen Sie einmal an die Schulen und sehen Sie sich an, wie es dort aussieht!
Dann kommen wir zum nächsten Punkt: Die Schließung von kleineren Gemeinschaftsschulen. Das halten wir für einen großen Fehler. Die kleineren Gemeinschaftsschulen haben kaum Zeit, sich zu entwickeln. Sie haben kaum Zeit, ein eigenes Profil aufzubauen, um Schüler zu werben und um wirklich mit dem Gymnasium auf Augenhöhe im Wettbewerb zu stehen. Stattdessen sehen sie sich von der Schließung bedroht. Ich kann nur sagen, das ist wirklich die falscheste Werbekampagne für unsere Gemeinschaftsschulen, Kolleginnen und Kollegen. Die Eltern wollen eben auch wissen, wohin die Reise geht. Das haben wir hier schon so oft gesagt. Wenn sie ihr Kind an der Gemeinschaftsschule anmelden, was erwartet sie da?
Frau Kollegin, es ist einfach so. Das haben wir in der Anhörung der Verbände doch gehört. Bleibt das Kind zum Beispiel bis zum Ende der Schullaufbahn an dieser Gemeinschaftsschule? Kann es dort Abitur machen? Es gibt ganz viele Fragen, die Sie bis heute noch nicht beantwortet haben.
Frau Kollegin, das ist so. Sie sind doch mit dem SLLV, der GEW und so weiter auch vernetzt. Genau das haben die Ihnen doch auch gesagt. Sie brauchen sich nicht darüber lustig zu machen. So sind die Probleme wirklich. An dieser Stelle möchte ich auch ein paar Worte zur aktuellen Diskussion um G 8 und G 9 sagen. Die gestartete Initiative „G 9 jetzt“ ist ein deutliches Indiz dafür, dass viele Eltern und Schüler eben nicht zufrieden sind. Dies zeigt, dass der Weg zum Abitur reformiert werden muss. Ich will auch nicht alle Argumente über die Defizite von G 8 wiederholen. Tatsache ist doch, dass der Druck im wahrsten Sinne wächst. Sie wären gut beraten, diesen Protest ernst zu nehmen. Diese Diskussion muss geführt werden. Zu sagen, wir wollen Schulfrieden und keine Strukturdebatte, ist wahrlich zu einfach. Ich stimme Ihnen sogar zu. Wir brauchen keine neue Strukturdebatte, um etwas zu verändern oder zu verbessern. Die Diskussion richtet sich auch nicht gegen die Gemeinschaftsschule. Das sage ich vorweg. Dafür ist mir diese Schulform viel zu wichtig. Dass die Gemeinschaftsschule eine Alternative zum G 8 ermöglichen soll, ist ein wichtiger Teilerfolg. Da sind wir uns einig. Aber hier kommt meine Kritik: Der Teilerfolg darf nicht durch mangelnde Ressourcen, durch die vorschnelle Schließung kleinerer Gemeinschaftsschulen im ländlichen Raum und durch das Fehlen eines tragfähigen Oberstufenkonzeptes zunichte gemacht werden. Darum geht es.
Es geht nicht darum, mit der Brechstange an allen Schulen sofort alles zu verändern. Das will kein Mensch. Es geht darum, sich der Debatte nicht zu verschließen und an Gymnasien die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 wenigstens zu prüfen. Es ist leider so - da brauchen wir uns nichts vorzumachen, hier bin ich nun wieder bei den Oberstufen -, dass nur wenige Gemeinschaftsschulen bei uns eigene Oberstufen haben. Viele müssen kooperieren. Viele wissen gar nicht, wie und wo. Es gibt kein schlüssiges, zumindest kein langfristiges Konzept. Genau das beklagen die Verbände. Das sagt auch die GEW. Hier muss dringend nachgebessert werden. Dann wäre dieses Problem aus der Welt.
Noch ein Wort zu G 9. Die Praxis der Wiedereinführung von G 9 in anderen Bundesländern widerlegt das Argument, dass eine Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9 am Gymnasium die Gemeinschafts
schulen auf dem Weg zum Abitur degradiert. Das möchte ich betonen. Die Umsetzungspraxis in den anderen Ländern zeigt, dass eben gerade das nicht passiert. Das Abitur nach 13 Jahren gibt es zum Beispiel an Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg. Dort ist auch G 9 an manchen Gymnasien wieder eingeführt. Beides funktioniert nebeneinander.
So ein Unfug! Schauen Sie einmal nach. - In Hessen gibt es seit Schuljahresbeginn 67 Gymnasien und 102 kooperative Gesamtschulen mit G 9, 24 Gymnasien und 9 kooperative Gesamtschulen mit G 8 und 16 Gymnasien und 2 Gesamtschulen bieten beides an. Das ist ein Beispiel, ein Blick in die Länder, um das klarzumachen, weil noch nicht überall angekommen ist, wie weit die Diskussion ist und wie gut die Umsetzung funktioniert, wenn die ideologische Schere im Kopf nicht mehr vorhanden ist. Kolleginnen und Kollegen, damit müssen Sie sich auseinandersetzen.
Das funktioniert offenbar auch ohne große Strukturveränderungen. Das sei auch problemlos machbar, sagte beispielsweise der Bundesvorsitzende des Philologenverbandes im letzten Jahr. Schauen Sie sich um. Es hat dort reibungslos funktioniert. Ich sage es nur. Ich sage nicht, was jetzt ad hoc gemacht werden muss. Ich habe eben die Brechstange erwähnt. Die will niemand. Aber man muss sich für diese Diskussion öffnen. Sie können sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Sie müssen beachten, was sich draußen abspielt und was viele Eltern denken. Das muss man ernst nehmen.
Ganz langsam. Das ist keine Rolle rückwärts, sondern es ist eine Entscheidung, etwas verbessern zu wollen. Darum geht es. Das sagt die Sprecherin der Elterninitiative zu Recht. Das gilt es, zu würdigen und nicht abzuwürgen.
Ich komme zu einem weiteren Punkt. Es geht um die vielbeschworene Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung. Ich meine, wir sind davon immer noch meilenweit entfernt. Auch eine Diskussion im Saarbrücker Schloss im Frühsommer hat gezeigt, wie viel an dieser Stelle noch zu tun ist. Die Situation an den beruflichen Schulen ist nach wie vor angespannt. 72 Stellen sind derzeit nicht besetzt. Der VLW spricht von 150 unbesetzten A-14-Stellen. Wir können es nicht im Detail nachvollziehen. Das ist Ihre Aufgabe. Insgesamt ist aber klar, dass all das zu einer Verschärfung der personellen Situation führt. Das bringt Qualitätsverluste mit sich. Hier muss mit zügigen Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren
entgegengewirkt werden. Zum Abschluss sage ich, dass die berufsbildende Schule die einzige Schulform ist, die immer noch nicht annähernd über eine Lehrerreserve verfügt. Wir haben vor einem Jahr an dieser Stelle darüber diskutiert. Es sind Vorschläge von den Verbänden und den Schulen selbst gekommen. Hier muss dringend etwas passieren.
Zum frühkindlichen Bereich. Es tut mir leid, aber ich komme wegen der Zeit kaum dazu. Mir ist eines aufgefallen und das ist im Moment wieder ganz akut. Es geht um die ständig steigenden Kita-Gebühren. Das ist den Familien kaum noch vermittelbar. Wir brauchen Lösungen. Wir wissen, dass die Kommunen ziemlich alleine gelassen sind. Würde der Bund mehr geben, müssten die Gebühren für die Eltern auch nicht so steigen. Ich glaube, wir sind uns an dieser Stelle einig. Es wird nur so gehen.
Abschließend möchte ich zu diesem Bereich auch als Appell Folgendes sagen: Wir wollen keine ideologischen Bildungsdebatten führen, sondern versuchen, die besten Wahlmöglichkeiten, eine hohe Schulqualität und Verbesserungen in allen Schulformen zu erreichen. Das müsste unser gemeinsames Ziel sein. Das sind uns unsere Kinder wert. Wir werden uns dafür weiter konstruktiv einbringen. Das meine ich ernst. Das erwarten wir aber auch umgekehrt, Kolleginnen und Kollegen.
Nun kommt ein Break, ein Sprung. Es geht um die Kultur. Ich möchte das Thema aus unserer Sicht kurz beleuchten. Wir wollen und sollten uns auch in diesem Bereich konstruktiv weiterentwickeln. Vor allem muss die Kultur aus den vielen negativen Schlagzeilen und aus dem Missmanagement heraus. Das ist uns allen klar. Der Imageschaden ist schon viel zu weit vorangeschritten. Ich kann aus Zeitgründen nicht mehr darauf eingehen und will es eigentlich auch gar nicht mehr. Es geht vielmehr darum, den Blick auf das zu richten, was getan werden müsste. Es müsste uns darum gehen, die saarländische Kulturszene weiterzuentwickeln.
Ich habe aus Diskussionen drei Anregungen mitgebracht, die ich kurz darstellen will. Wir müssen einen Kulturentwicklungsplan auflegen, beispielsweise bis 2020. Das wäre eine sinnvolle Marge. Es müssten Antworten auf bestimmte Fragen kommen, nämlich auf die Fragen, welche Kultureinrichtungen und Projekte gehalten und gestärkt werden sollen und was die Landesregierung zur Weiterentwicklung der Kulturlandschaft plant. Gerade in Zeiten leerer Kassen ist es doch so wichtig, das Wesentliche abzusichern.
Ich komme zum Punkt Stärkung der Museumslandschaft. Man könnte Synergie-Effekte nutzen, indem man zum Beispiel durch einen Zusammenschluss der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz mit dem Historischen Museum in Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit etwas tut. Man könnte einsparen, um das
Ich komme zu meinem letzten Punkt. Es geht um die HfM, die Hochschule für Musik. Hier ist die Raumerweiterung dauernd in der Diskussion. Es könnte zum Beispiel eine Lösung sein, dass das Land das Evangelische Gemeindezentrum am St. Johanner Markt prüft, erwirbt oder was auch immer. Die Hochschule für Musik ist nebendran in der Alten Kirche. Dies würde sich statt eines Neubaus anbieten. Das wäre eine Anregung, um in einer schwierigen Debatte nicht immer nur Kritik zu üben. Uns als LINKE ist wichtig, dass Kultur nicht als unwichtiges Randthema behandelt wird. Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor. Sie macht ein gutes Stück Lebensqualität aus, die wir alle gerne erleben und auch weitergeben sollten. Wir müssen uns im Land nicht verstecken. Wir haben eine große und spannende Kulturlandschaft. Wir sollten sie stützen, fördern, erhalten und ausbauen, aber an der richtigen Stelle. - Ich bedanke mich.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Gisela Kolb von der SPD-Landtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als der dänische König Christian VIII. 1814 die Ausgaben für Bildung und Kultur erhöhen wollte und sein Finanzminister dagegen protestierte, soll Christian VIII. geantwortet haben: „Arm und elend sind wir. Wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein.“ Da wir uns als Große Koalition aber als Staat oder besser gesagt: als eigenständiges Bundesland weder aufgeben wollen noch aufgeben werden, setzen wir auch im Jahre 2015 im Bildungsbereich den Rotstift nicht an. Gute Bildung kostet Geld. Es ist mittelfristig aber noch teurer, Begabungen nicht zu fördern.
Wir wollen hier im Saarland ein Bildungssystem mit Qualität, mit Nachhaltigkeit, mit sozialer Durchlässigkeit, mit Inklusion und Partizipation. Jedes Kind wird angenommen, wie es ist, jedes Kind soll die Förderung und Unterstützung bekommen, die es braucht.
Das sicherzustellen und unsere Bildungspolitik konsequent an den Bedürfnissen von Kindern und Eltern auszurichten, ist unter den Bedingungen der Schuldenbremse eine Herausforderung. Aber wir alle können es nicht weiter hinnehmen, dass der soziale Hintergrund oder im Klartext: der Geldbeutel der Eltern zu einem großen Teil den Bildungserfolg von Kindern bestimmt.
Was den Anteil der Bildungsausgaben des Landeshaushaltes angeht, soll man ehrlich sagen: Nach Abzug von Versorgungsausgaben und des kommunalen Finanzausgleichs, also Weitergabe des kommunalen Anteils an den Steuereinnahmen des Landes, die quasi nur durch den Landeshaushalt fließen, sinken die Ausgaben des Landes im Jahre 2015 um 0,3 Prozent, die Ausgaben des Ministeriums für Bildung und Kultur steigen hingegen um 0,2 Prozent. Das heißt, nach der Bereinigung um Sonderfaktoren, die mit der Aufgabenerfüllung des Landes an sich nichts zu tun haben, sinken die Gesamtausgaben leicht, während die Ausgaben zur Erfüllung von Bildungs- und Kulturausgaben weiter ansteigen. Auch das ist ein Teil der Wahrheit.