Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst noch einmal einen Dank an die PIRATEN-Fraktion, mir ihre Redezeit zu übertragen. Ich wollte mich eigentlich nicht mehr zu Wort melden, aber nachdem jetzt die Rednerinnen und Redner der Regierungskoalition und die Ministerin versucht haben, unseren Entwurf ein bisschen zu zerreden und ein bisschen in die Ecke zu stellen, dass er nicht so ganz ausgegoren sei, muss ich das eine oder andere noch einmal sagen.
Zunächst der Vorwurf, man könne jetzt noch keinen Entwurf machen, da die Finanzierung unklar sei. Frau Ministerin, das hat mit unserem Entwurf zunächst einmal gar nichts zu tun.
Das hat mit unserem Entwurf zunächst einmal deshalb gar nichts zu tun, weil wir hier eine völlig neue Struktur des Saarländischen Öffentlichen Personennahverkehrs auf den Tisch gelegt haben. Ob die Regionalisierungsmittel diese oder jene Höhe haben, ist eine zweite Sache. Die Höhe dieser Regionalisierungsmittel ist in unserem Gesetzentwurf nicht festgeschrieben. Ich habe es zumindest nicht gesehen. Aber selbst wenn der Entwurf an den Ausschuss überwiesen werden würde, wäre die Frage dieser Mittel bis zur Zweiten Lesung - wenn es zur Zweiten Lesung käme - zweifelsfrei geklärt. Selbst wenn da etwas drinstehen würde, wäre das also nicht das Problem.
Dann der Vorwurf, das Land hätte beim ÖPNV nichts mehr zu melden. Wie machen es denn die Länder, bei denen wir uns den Entwurf im Prinzip abgeschaut haben, NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz? Wie machen die das denn? Wieso funktioniert das bei denen? Wieso funktioniert denn das bei denen mit großem Erfolg, mit bedeutend größerem Erfolg, als es hier im Saarland läuft?
Diese Frage muss man dann fairerweise stellen. Dort geht genau das, was wir auch auf das Saarland übertragen wollen. Natürlich hätte das Land nach wie vor seine Stimme im Öffentlichen Personennahverkehr im Saarland. Das Land selbst muss den Bedarfsplan erstellen. Das steht so in unserem Gesetzentwurf. Das macht das Land, nicht der ZPS. Das Land selbst ist ja im ZPS mit Sitz und Stimme dabei. Es ist also nicht so, dass das Land da völlig außen vor wäre. In den anderen Ländern hat man es ähnlich geregelt. Das kann nicht ernsthaft das Problem sein.
Was aber typisch war, Frau Eder-Hippler - Sie ist im Moment nicht da - hat als Argument in den Raum gestellt, man müsse mit den betroffenen Unternehmen reden. Da muss ich einmal die Frage stellen: Wer ist denn hier der Souverän? Wer ist denn hier das Parlament? Die betroffenen Unternehmen, die sich die Geschäfte gegenseitig zuschieben, die schauen, dass sie selbst am besten dabei wegkommen? Oder hat das Parlament dieses Gesetz zu entscheiden? Das hat doch auch etwas mit dem Selbstwertgefühl eines Parlamentes zu tun. So kann man doch nicht ernsthaft als Abgeordnete in diesem Hause argumentieren! Ernsthaft, Frau Ministerin, wir machen die Gesetze und nicht irgendwelche Verkehrsunternehmen, die eigene Interessen haben. Wo sind wir denn?
Das kann nicht sein, wenn wir über eine solche Sache hier in diesem Hause ernsthaft diskutieren wollen!
Wir haben natürlich auch einzelne Dinge übersehen, da haben Sie recht, Kollege. Barrierefreiheit, um Gottes willen, das muss natürlich da hinein. Aber dafür hat man ja eine Anhörung, damit wenn etwas fehlt, es noch hineingeschrieben werden kann.
Tun Sie mir bitte einen Gefallen als Landesregierung: Blasen Sie sich beim Thema Barrierefreiheit hier nicht auf! Blasen Sie sich da nicht auf! Gehen Sie einmal in dieses Land hinein und schauen Sie, wie Behinderte unsere Gehwege benutzen können! Ich habe schon mehrfach versucht, an verschiedenen Stellen dieses Thema bei der Landesregierung zu platzieren. Wir haben landauf, landab zugeparkte Gehwege. Unsere Polizei wird von dieser Landesregierung nicht angewiesen, darauf zu schauen, dass in der Frage der Barrierefreiheit die geltenden Gesetze durchgesetzt werden!
Nicht „Mach mal langsam!“. Das ist eine Realität hier in diesem Lande. Die Barrierefreiheit im Saarland wird an vielen Stellen sehenden Auges mit Füßen getreten. Das ist so. Deshalb sollte man sich hier nicht hinstellen und so tun, als wäre das alles eine komplette Selbstverständlichkeit. Es ist es nicht im Saarland. Das wissen wir alle.
Das ist überhaupt kein Quatsch. Sehr geehrte Kollegin Berg, ich setze mich mit Ihnen und mit jedem anderen hier in diesem Hause gerne in ein Auto dann fahren wir einmal durch das Saarland und kucken Gemeinde für Gemeinde, wie es mit der Barrierefreiheit auf unseren Gehwegen in diesem Lande so aussieht, wie das kontrolliert wird. Es wird in jeder Kommune mit Füßen getreten. Sie haben im Saarland kaum Kommunen, die sich darum wirklich kümmern. Ich weiß, wovon ich rede. Wir debattieren das bei uns in Saarlouis nämlich laufend. Wir als GRÜNE versuchen laufend, da eine Änderung -
Ja sicher, lenken Sie nur ab. Hier steht mein Angebot: Wir beide setzen uns in ein Auto, fahren durch das Land und dann machen wir einmal Striche.
Das machen wir und dann schauen wir einmal, was dabei herauskommt. Aber das ist nur ein Thema am Rande, das jetzt von Ihnen hochgefahren wurde.
(Abg. Huonker (DIE LINKE) : Geht es auch leiser? - Zurufe aus den Regierungsfraktionen - Abg. Dr. Jung (SPD): Dem Hubert Ulrich ist es zu laut! Heiterkeit.)
Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Er sollte sich nicht das Wort hier erschreien müssen, sondern in normaler Tonlage sprechen können. Jeder andere kann sich ja zu Wort melden.
Es hilft auch nichts - der Versuch ist auch gestartet worden -, von der Grundproblematik abzulenken, nämlich von der völlig falschen Struktur, die wir haben. Ich versuche es noch einmal klarzumachen. Man muss fairerweise zugestehen, man muss sich mit diesem Thema ÖPNV im Saarland wirklich sehr intensiv beschäftigen, um diese zerklüftete Struktur überhaupt zu durchschauen. Man muss sich wirklich mit Fachleuten zusammensetzen, um das zu verstehen. Wir haben das getan. Deshalb wiederhole ich zum Ende noch einmal, wo die Probleme liegen, damit es zumindest hier im Landtag dem einen oder der anderen klar wird.
Im Moment ist es so: Das Land hat das Geld, die Kreise haben die Zuständigkeiten und die VGS hat die Kompetenzen. Da passt nichts zusammen. Genau das ist unser Anliegen, nämlich diesen Wirrwarr zu beenden und das zu verbessern. Deshalb haben wir hier diesen Gesetzentwurf vorgelegt, einen Gesetzentwurf, der in anderen Bundesländern - das will ich hier noch einmal betonen -, in denen die Christdemokraten und die Sozialdemokraten wechselweise mit regieren, bereits heute mit großem Erfolg Realität ist.
Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensicherheit zu überweisen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 15/1054 - neu - in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensicherheit ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/1054 - neu - in Erster Lesung
mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt die Koalitionsfraktionen.
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Aufruf zu Null-Toleranz gegenüber Intoleranz (Druck- sache 15/1062)
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Für ein friedliches Zusammenleben - Gefahren des Islamismus nicht nur mit Repression, sondern auch mit Prävention begegnen (Drucksache 15/1069)
Zur Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen erteile ich Herrn Abgeordneten Roland Theis das Wort.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir, die Begründung unseres Antrages mit einem Zitat zu beginnen: „Die Vertreibung der irakischen Christen durch die terroristische ISIS ist ein Akt des Unrechts, ist gegen den Islam, verstößt gegen internationales Recht und gegen die Menschlichkeit. Mitmenschlichkeit und Solidarität mit Menschen in Not sind essenzielle Charaktereigenschaften des Menschseins. Sie sind darüber hinaus zentrale Lehren der abrahamitischen Religionen. Ein Jude, ein Christ oder ein Muslim sollte diese Lehren seiner Religion weder einem tagespolitischen Zeitgeist noch einer falsch verstandenen Verbundenheit mit Glaubensgeschwistern, die ein eklatantes Unrecht begehen, unterordnen. Mitmenschlichkeit und Solidarität sind keine Werte, die nur einseitig eingefordert werden können. Wer Frieden will, macht diese Werte zum allgemein verbindlichen und verpflichtenden Maßstab, an dem wir uns alle - Muslime, Juden und Christen - messen lassen müssen, wann und wo auch immer Menschen in Not geraten.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit diesen Worten bezog vor wenigen Tagen der Zentralrat der Muslime in Deutschland klar Stellung zu den Verbrechen des sogenannten Islamischen Staats und zu den Machenschaften der selbst erklärten „SchariaPolizei“, dies zu Recht. Denn die Ideologie und der Hass, die der IS im Nahen Osten und in unserem Land predigt und praktiziert, widersprechen allen unseren Vorstellungen von einem friedlichen Miteinander in einer toleranten Gesellschaft. Der Zentralrat
der Muslime dokumentiert damit eindrucksvoll, dass der Kampf gegen religiös-fundamentalistisch motivierten Rassismus und Antisemitismus ein zentrales Anliegen der ganz überwiegenden Mehrheit der 4 Millionen Menschen muslimischen Glaubens in unserem Land ist.
Das zeigt, dass die Aussage des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff richtig war, wenn er bereits im Jahr 2010 die Realität in diesem Land beschrieben hat mit den Worten: „Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland, das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte, unser christlich-jüdisches Erbe. Aber der Islam gehört inzwischen eben auch zu Deutschland.“ Ich füge hinzu: Alle Muslime, die ihre Religion auf der Basis dieses Verständnisses von Toleranz und damit auf der Basis unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leben, sind herzlich willkommen in unserem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Daher ist der entschlossene Kampf gegen religiösfundamentalistisch motivierten Rassismus in Form von Antisemitismus und Christenverfolgung ein gemeinsames Anliegen aller Religionen in unserem Land. Denn leider müssen wir feststellen, dass diese Phänomene global und in unserem Alltag auf dem Vormarsch sind. Antisemitismus ist nach wie vor auch in unserem Land ein Alltagsphänomen. Antisemitische Parolen in der Öffentlichkeit oder auch in sozialen Netzwerken nehmen leider zu. Und auch die Verfolgung von Christen ist nicht erst seit dem IS ein globales Problem. Weltweit sind nach Angaben der Organisation „Kirche in Not“ circa 100 Millionen Christen aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Damit sind Christen die weltweit am stärksten verfolgte Religionsgruppe.
Die grausamen Nachrichten von den Gräueltaten des „Islamischen Staats“, die uns jeden Tag aus dem Nahen Osten ereilen, und das unselige Treiben der sogenannten Scharia-Polizei führen uns immer stärker vor Augen, wie sehr unsere Werte und wie sehr unser Ziel von einer friedlichen und toleranten Gesellschaft mit dem Miteinander der Religionen heute der entschlossenen und wehrhaften Verteidigung bedürfen. Das gilt für die Bekämpfung des „Islamischen Staats“ in den Ländern des Nahen Ostens, das gilt aber auch - das ist für uns Landespolitiker von noch größerer Bedeutung - für die Bekämpfung dieser Phänomene in unserem Land. Denn auch hier fühlen sich Menschen bedroht und angegriffen durch religiösen Fanatismus, und das mitten in unserer Gesellschaft und direkt vor unseren Augen.
Stellen Sie sich vor, wie sich ein jesidischer Christ oder ein Angehöriger der Synagogengemeinde Saar
gefühlt haben muss, als tagelang eine Flagge des sogenannten Islamischen Staates in der Innenstadt unserer Landeshauptstadt gehisst blieb, ohne dass diesem Fanal des Hasses und der Intoleranz ein Ende bereitet wurde! Stellen Sie sich vor, wie sich ein Mensch fühlen muss, der vor Verfolgung flieht und hier in Deutschland feststellen muss, dass die gleichen wahnsinnigen Ideen und Organisationen auf dem Vormarsch sind!
Viele von uns haben in den vergangenen Wochen mit Menschen gesprochen, die sich fürchten, die Angst haben, ihre Religion bei uns frei zu leben, und die genau beobachten, wie wir als Staat und wie wir heute als Parlament auf diese Phänomene reagieren. Das zeigt, die Gefahren, die vom „Islamischen Staat“ ausgehen, sind nicht weit weg. Sie sind mitten unter uns und wir müssen ihnen hier in unserem Land entschlossen und wehrhaft entgegentreten. Denn wenn die Geschichte des 20. Jahrhunderts uns Deutschen eine Pflicht auferlegt hat, dann die historische Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich Menschen in Deutschland nie wieder wegen ihrer Religion verfolgt fühlen dürfen. Dafür müssen wir gemeinsam antreten, dafür wollen wir heute gemeinsam ein starkes Signal setzen.
Dafür müssen wir aufmerksam und wehrhaft bleiben. Null-Toleranz gegenüber Intoleranz heißt auch, dass wir Polizei und Verfassungsschutz mit den rechtlichen und den tatsächlichen Mitteln ausstatten müssen, die im Kampf gegen verbrecherische Intoleranz erforderlich sind. Konkret heißt das für uns, dass wir es begrüßen, dass das entschlossene Handeln der Bundesrepublik dazu geführt hat, mit dem Betätigungsverbot für den IS das Zeigen der schwarzen IS-Flagge oder anderer Symbole ab sofort leichter unterbinden zu können. Konkret heißt das selbstverständlich auch - da widerspreche ich dem Antrag der GRÜNEN in keinster Weise -, die Prävention gegen solche Tendenzen voranzutreiben. Dazu gehört Aufklärung, dazu gehört das frühere Ansetzen von interreligiösem Dialog, dazu gehört das Werben für ein tolerantes Miteinander, dazu gehört das Argumentieren gegen Feindbilder und Vorurteile, wie es sie leider noch viel zu viele gibt. Dazu gehören auch Ausstiegsprogramme für diejenigen, die davon befallen sind.
All dies muss aber begleitet werden von einer klaren Antwort unseres Rechtsstaats, der unmissverständlich und mit aller Entschlossenheit klarmacht, dass es bei uns keine Toleranz für Intoleranz gibt. Für uns als Christdemokraten bedeutet das darüber hinaus, dass es für die Terrororganisation IS und für ihre Anhänger in unserer Gesellschaft keinen Freiraum und kein Wegschauen geben darf. Wer für eine ausländische terroristische Vereinigung wirbt, wer den Nährboden bereitet für Radikalisierung bis hin zu terrori