Protocol of the Session on May 14, 2014

(Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Augustin (PIRATEN) )

jedenfalls ist sie in diesem Saal am wenigsten verdächtig, Kostentreiber zulasten der Kommunen zu sein. Wer setzt sich denn in diesem Haus seit jeher für eine gute, aber zentrale und somit kostengünstigere Unterbringung der Asylbewerber in der Aufnahmestelle in Lebach ein? Wer hat dagegen beispielsweise die Umänderung des Sachleistungsprinzips in ein Geldleistungsprinzip gefordert? Wer steht denn für die maßvolle Ergänzung der Freiwilligen Ganztagsschule durch gebundene Ganztagsangebote? Oder für die Umsetzung der Inklusion mit Augenmaß? Damit sparen wir den Kreisen, Städten und Gemeinden bislang nicht bezifferte Kosten. Wir sind bereit, in Abstimmung mit den Räten und im perma

nenten Austausch mit den kommunalpolitisch Aktiven vor Ort deren Vorstellungen so weit als möglich nachzukommen. Die CDU ist die Fraktion - und das wissen die kommunalpolitisch Verantwortlichen und Interessierten in diesem Land allesamt -, die mit ganzem Herzen für die Interessen ihrer Gemeinden, Städte und Kreise einsteht.

(Beifall bei der CDU.)

Deshalb ist es Humbug, wenn eine Verschärfung des Konnexitätsprinzips vorgeschoben wird, um uns zu unterstellen, wir würden uns mit den Gemeinden nicht solidarisch verhalten. Insbesondere Finanzminister Toscani und unsere Ministerpräsidentin stellen sich in den harten Wind der öffentlichen Kritik, wenn sie in der aktuellen Situation eintreten für Sparmaßnahmen in den Landesverwaltungen und Landesgesellschaften, für Polizei- und Hochschulreform und nicht zuletzt für die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und eine tragfähige Altschuldenregelung. Das, meine Damen und Herren, sind die Maßnahmen, die dem ganzen Land und damit auch seinen Kommunen wieder Handlungsspielräume verschaffen.

(Beifall von der CDU und dem Abgeordneten Pauluhn (SPD).)

Ich verspreche, ich werde nicht müde werden, mich in fachpolitischen Diskussionen gegen neue Standards auszusprechen, wenn diese die Kommunen finanziell über Gebühr belasten. Die LINKE dagegen spricht mit gespaltener Zunge. Gerade Sie, Herr Lafontaine, haben doch in den Neunzigern im großen Stil Aufgaben kommunalisiert, also den Kommunen aufgebürdet, statt sie zu entlasten, und dies ohne dafür einen entsprechenden Ausgleich zu zahlen.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Völlig falsch, Frau Kollegin! Ich habe der Stadt das Theater und das Museum abgenommen, das waren Millionenbeträge!)

Sie haben doch selbst in dieser Situation damals ein strikteres Konnexitätsprinzip abgelehnt. Mit Verlaub: Auch die Kollegen der SPD werden sich heute entscheiden müssen zwischen einem propagandaträchtigen Klausurbeschluss und einem Bekenntnis zu einer maßvollen Politik im Sinne unserer Kommunen.

(Beifall bei der CDU. - Zurufe von den Oppositi- onsfraktionen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, das Votum unserer kommunalen Spitzenverbände für mehr Konnexität nehmen wir sehr ernst, aber wir sehen nicht, dass dieses Prinzip in Form einer Formulierung entscheidend weiterhilft. Wir nehmen vielmehr unsere Kommunen ernst und binden sie und ihre Stellungnahmen im Vorfeld von gesetzlichen Regelungen und auch von Verordnungen breit ein. Bei der Änderung des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes, zu

(Abg. Meyer (CDU) )

der wir nachher noch kommen, haben wir, was die Art und Weise der Beteiligung von Senioren, Behinderten oder auch Jugendlichen anbelangt, auf Wunsch der Gemeinden und Kreise größtmögliche Freiräume in der Ausgestaltung der Aufgabenerledigung eingeräumt.

Wenn wir Vorgaben des Bundes oder gar - bei der Inklusion - der Vereinten Nationen umzusetzen haben, müssen wir Gestaltungs- und auch zeitliche Spielräume nutzen, um den einzelnen Kommunen und ihren unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten gerecht zu werden. Dann brauchen wir aber auch eine Öffentlichkeit - Eltern, Bürgermeister, Presse -, die auch dann bei uns ist, wenn wir kostenträchtige Standards reduzieren oder zumindest nicht stante pede umsetzen.

Da sind wir vielleicht beim eigentlichen Punkt: Ehrlichkeit und Offenheit im Umgang miteinander nutzen allemal mehr als ein detailliert ausformulierter und formal einklagbarer Rechtsanspruch auf Konnexität. Lassen Sie deshalb auch in der Opposition vornehme Zurückhaltung walten bei der Forderung nach immer höheren Standards, lassen Sie uns miteinander „schwätze“ - das ist das Gebot dieser Zeit; das hilft den Kommunen und uns als Land zehnmal mehr als ein einklagbares Prinzip.

(Beifall bei der CDU. - Zurufe der Abgeordneten Huonker (DIE LINKE) und Schramm (DIE LIN- KE).)

Im Übrigen sollten wir all unsere Energien bündeln, um im Zuge der Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen spürbar mehr Einnahmen für dieses Land zu erzielen. Dann können wir den Kommunen noch mehr weitergeben als bisher schon und die Schlüsselmasse wird nicht nur kontinuierlich steigen wie in den letzten Jahren, sondern sprunghaft.

Für diese gelebte Konnexität steht die CDU-Fraktion. Die derzeitige Konnexitätsformulierung in der saarländischen Verfassung halten wir wie auch namhafte Rechtswissenschaftler für ausreichend. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall von der CDU.)

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Herr Abgeordneter Andreas Augustin.

Danke, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin doch etwas verwundert über die Reaktion der CDU, dass dieser Gesetzentwurf abzulehnen wäre, zumal gerade SPD und CDU die beiden Fraktionen sind, die auch die meisten Kommunalpolitiker stellen. Wenn ich mir anhöre, wer

diese Forderung sonst noch so stellt, also nicht nur die Oppositionsfraktionen, sondern eben auch die Kommunalpolitiker, dann bin ich über diese Reaktion schon etwas erstaunt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen und Zuruf: Das ist verlogen!)

Ich persönlich habe diese Forderung zuletzt gehört bei der Vierzigjahrfeier des Regionalverbandes Saarbrücken, vor ungefähr einem Monat, Anfang April. Da hat nämlich der Regionalverbandsdirektor Peter Gillo genau das gefordert. Das ist meines Wissens ein SPD-Mann, dem kann man wirklich nicht unterstellen, dass er den antragstellenden Fraktionen nahestünde. Aber von dem stammt diese Forderung genauso. Vielleicht fragen Sie einmal ihn, warum er das so sieht, und vielleicht überlegen Sie es sich dann noch einmal.

Im Landtag war das Thema im Herbst letzten Jahres tangiert. Wie gesagt: Die Äußerung von Peter Gillo, das war eine externe Veranstaltung. Aber hier in diesem Saal hatten wir das Thema im Herbst letzten Jahres, als es um den Räumdienst ging. Da ging es darum, dass die Kommunen die Straßen von Schnee räumen sollen, auch die Landstraßen, aber die Kostenübernahme war fraglich. Dort ging es nicht direkt um das Konnexitätsprinzip, es wurde nur am Rande mit angeschnitten.

Ein eigener Tagesordnungspunkt zur Einführung des Konnexitätsprinzips wurde zuletzt von der CDU gefordert, also nicht etwa von der LINKEN, von uns PIRATEN ohnehin nicht - das ist ja unsere erste Amtszeit hier -, und auch nicht von den GRÜNEN. Es war die CDU 1996, die das getan hat, Karl Rauber. Wer es nachlesen will, das war die Landtagsdrucksache 11/926. Im Prinzip war das die gleiche Forderung. Was bei uns jetzt noch dazu kam, ist der Satz am Ende: Näheres zur Finanzierung regelt ein Gesetz. Aber von der grundlegenden Auffassung her war es das Gleiche.

Damals hatte die SPD einen Parteitag speziell zu kommunalen Themen veranstaltet, bei dem sie das auch beschlossen hat. Das war auch der Grund, weshalb die CDU aus der Opposition heraus das Ganze gepusht hat. Nach meinem Wissen hat sich bei beiden Fraktionen die Beschlusslage nach Parteitagen nicht geändert. Die SPD sollte immer noch die Position haben, das strikte Konnexitätsprinzip in der Verfassung verankern zu wollen. Die CDU hat es explizit gefordert und seitdem die Forderung nicht zurückgenommen. Also, warum jetzt plötzlich das? Das ist doch etwas fragwürdig, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Kommunalpolitiker hier aus diesen beiden Fraktionen kommen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

(Abg. Meyer (CDU) )

Spätestens mit dem heutigen Tag haben alle fünf hier anwesenden Fraktionen das schon einmal gefordert. Es ist also schon sonderbar, dass der Antrag nicht einstimmig angenommen wird.

Ich möchte die Rede von Herrn Rauber noch an einer Stelle zitieren. Ich kann Ihnen empfehlen, sich diese Rede noch einmal in Gänze durchzulesen, aber eine Stelle möchte ich, mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitieren: Dieses Verwaltungshaushaltsdefizit der Kommunen ist nicht nur auf die Abwälzung der Sozialhilfekosten und der Steuermindereinnahmen zurückzuführen, sondern auch darauf, dass sich das Land seiner kommunalpolitischen Verantwortung weiter entzieht. - Genau das tun Sie heute wieder. Sie entziehen sich der Verantwortung gegenüber den Kommunen, indem Sie diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Und damit kommen wir zur aktuellen Landesregierung, die sich sicherlich auch noch zu dem Thema äußern wird. Sie müssten eigentlich auch dafür sein, zumindest wenn man betrachtet, was sonst von dieser Regierung kommuniziert wird. Sie können doch nicht auf der einen Seite für sich etwas fordern, was Sie dann umgekehrt den Kommunen nicht zu geben bereit sind. Hierzu zitiere ich, mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus der Stellungnahme des Saarlandes zur Klage von Bayern und Hessen gegen den Länderfinanzausgleich. Dort heißt es nämlich: „Besonders signifikante, von der Durchschnittsbetrachtung nicht erfasste Abweichungen im Bedarf, die nicht die Folge augenblicklicher Sondersituationen oder eigener Prioritäts- oder Dringlichkeitsentscheidungen eines Landes sind, sind daher ausgleichsrelevant und müssen eine zumindest annähernd realitätsgerechte Berücksichtigung finden.“ Und jetzt kommt der entscheidende Satz: „Allerdings dürfen Umfang und Höhe der Berücksichtigung der strukturellen Eigenart eines Landes vom Gesetzgeber nicht frei gegriffen werden.“ Das ist der Grund, weshalb in der Drucksache-neu der Satz hinzugekommen ist: Näheres zur Finanzierung regelt ein Gesetz. Denn auf diesem Weg öffnen wir die Verfassung dahingehend, die Details in einfacher Gesetzgebung regeln zu können. Im Prinzip ist das genau das, was vonseiten des Landes vom Bund gefordert wird. Deshalb jetzt von uns die Forderung an das Land, das so auch auf die Kommunen zu übertragen.

Wenn wir uns die Situation der Kommunen anschauen, dann wird deutlich, dass es eine Frechheit ist, diesen Antrag abzulehnen. Ich zähle einmal ein paar Dinge auf. Der Kollege Bierbaum hat das auch schon getan, interessanterweise die Kollegin Meyer genauso. Ich füge noch ein paar Dinge hinzu, welche Belastungen auf die Kommunen zukamen. Man sieht das auch an dem Zitat aus der Rede von Karl Rauber. Damals ging es um soziale Themen. Ich ha

be jetzt einige andere Themen herausgegriffen. Die globalen Mindereinnahmen werden an die Kommunen weitergegeben. Das ist ein ganz interessanter Punkt. Das Land schätzt, wie viel es aus Steuereinnahmen einnehmen wird, es schätzt, wie weit die Realität von dieser Schätzung abweichen könnte wir haben also eine Schätzung für die Schätzung -, und die Differenz zwischen dem, was als erwartete Einnahmen gesehen wird, und dem, was potenziell darunter liegt, das wird als globale Mindereinnahme ausgewiesen. Und diese globale Mindereinnahme wird prozentual an die Kommunen weitergegeben. Wir schätzen also, dass wir weniger einnehmen als geschätzt, und diese Mindereinnahme wird entsprechend an die Kommunen weitergereicht. Wenn wir aber mehr einnehmen als ursprünglich geschätzt, dann wird diese Mehreinnahme nicht an die Kommunen weitergegeben.

Herr Kollege Augustin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvorsitzenden Klaus Meiser? Das wird auf Ihre Redezeit nicht angerechnet.

Abg. Meiser (CDU) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege, sind Sie gewillt, zur Kenntnis zu nehmen, dass natürlich zunächst das, was an die Kommunen geht, aufgrund von Schätzungen weitergegeben wird, dass aber immer im nächsten Jahr eine Spitzabrechnung aufgrund der Ist-Ergebnisse erfolgt? Deshalb ist es eine Frechheit, was Sie hier vortragen.

(Beifall bei den Koalitionsfraktionen.)

Meines Wissens ist die Ausgleichszahlung nicht verpflichtend. Von daher bleibe ich bei meiner Aussage. Die Mindereinnahme wird vorher ausgewiesen, die Mehrausgabe ist nicht verpflichtend. Ich bleibe bei der Aussage.

Herr Kollege Augustin, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Nein, ich will hier keine Diskussion zu diesem Thema führen. Auch uns werden oft genug entsprechende Fragen verwehrt, deshalb möchte ich jetzt weitermachen. Wir haben im Haushalt 2012 erstmals den kommunalen Kulturbeitrag eingeführt. Das ist auch eine Sache, die die Kommunen trifft. Vereinfacht gesagt finanzieren die umliegenden Kommunen das Staatstheater mit. Was Herr Lafontaine damals der

(Abg. Augustin (PIRATEN) )

Stadt abgenommen hatte, wird jetzt den Kommunen wieder aufgebürdet. An der Stelle muss ich auch die Kollegin Meyer korrigieren: Umgekehrt wird nämlich ein Schuh daraus.

Im Verbundsatz gehen 20,555 Prozent der Einnahmen des Landes an die Kommunen. Das waren einmal 23 Prozent. Da gab es auch immer wieder einmal Forderungen, das wieder auf 23 Prozent zu erhöhen. Aber genau diejenigen, die das fordern, setzen es dann nicht um, wenn sie in der Regierungsverantwortung stehen. Dann muss man doch einmal fragen: Wo hängt‘s? Das wäre zwar nicht direkt das Konnexitätsprinzip, würde aber die Finanzierung der Kommunen auch verbessern.

Ich möchte aber noch auf einen anderen Umstand aufmerksam machen. EU-Richtlinien werden vom Bundestag ratifiziert, aber viele dieser Richtlinien und es kommen immer mehr - sind auf kommunaler Ebene umzusetzen. Die Besonderheit ist hier, dass die EU eben nicht zwischen den verschiedenen Ebenen unterscheidet. Die EU kommuniziert mit der Bundesrepublik Deutschland, und ob eine Richtlinie nun im Bund, in den Ländern oder in den Kommunen umgesetzt wird, ist erst einmal nicht Sache der EU. Häufig werden diese Richtlinien aber auf kommunaler Ebene umgesetzt. Da es hier eben nicht das strikte Konnexitätsprinzip gibt und da die Umsetzung häufig per Verordnung passiert und nicht per Gesetz, haben wir das Problem, dass die Kosten nicht übernommen werden müssen. Zuletzt sei mir noch die Bemerkung gestattet, das hat die Kollegin Meyer aber auch schon festgestellt, dass genau das in vielen anderen Ländern bereits geregelt ist und es deshalb nicht etwas vollkommen Ungewöhnliches oder gar Verfassungswidriges wäre, dies hier genauso zu regeln.

Herr Kollege Augustin, darf ich Sie an Ihre Redezeit erinnern?

Ich hätte zwar gern noch drei Punkte angesprochen, aber leider fehlt mir die Redezeit. - Danke schön.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Dr. Magnus Jung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausgangspunkt für die heutige Debatte zur Einführung eines echten Konnexitätsprinzips scheint nur auf den ersten Blick ein Antrag der Linksfraktion zu sein.