Das ist der Kerngedanke einer inklusiven Schule: Jedes Kind hat Förderbedarf. Nicht die Kinder sollen sich dem Bildungssystem anpassen müssen, sondern die Schulen, unser Bildungssystem und wir alle müssen uns den Kindern in ihrer Vielfalt und mit ihren jeweiligen individuellen Bedürfnissen stellen und diesen Bedürfnissen gerecht werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht die Kinder müssen schulfähig werden, sondern unsere Schulen müssen zunehmend kindfähig werden. Ich freue mich sehr darüber, dass wir diesbezüglich - so ist zumindest mein Eindruck - hier im Haus ein hohes Maß an Übereinstimmung erzielt haben.
Grundsätzlich wollen wir deshalb alle Kinder ab dem kommenden Schuljahr, aufsteigend und beginnend mit der Klassenstufe 1 in den Grundschulen, an einer Schule der Regelform wohnortnah einschulen und unterrichten. Ab dem Schuljahr 2016/2017 finden die Regelungen auf die allgemeinbildenden weiterführenden Schulen Anwendung, mit Beginn des Schuljahres 2018/2019 werden schließlich die beruflichen Schulen einbezogen. Zu den weiterführenden Schulen will ich angesichts der Berichterstattung auch noch eines klarstellen: Beide Schulformen, die Gemeinschaftsschule und das Gymnasium, stehen gleichermaßen in der Inklusionsverpflichtung und sehen sich auch beide in der Inklusionsverpflichtung.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf führen wir, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, ein echtes Wahlrecht ein. Im Rahmen dieses Wahlrechts können die Eltern von Schülerinnen und Schülern mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung wählen. Sie können wählen, ob ihr Kind an einer Förderschule oder an einer Regelschule unterrichtet werden soll. Mit der gesetzlichen Verankerung des Elternwahlrechts schaffen wir die in der SPIEGEL-Ausgabe vom Montag und in der von der heute vorgestellten Studie zu Recht angemahnte Voraussetzung für die gemeinsame Unterrichtung von Behinderten und Nichtbehinderten. Und, was mir noch wichtiger zu sein scheint: Wir vollziehen einen Perspektivwechsel. Wir wenden uns ab von einer vom Wohlwollen der Bürokratie abhängigen fürsorglichen Möglichkeit einer gemeinsamen Beschulung hin zu einem individuellen Rechtsanspruch. Gleichzeitig legen wir in der Pädagogik unser Augenmerk auf die Vielfalt und die Potenziale unserer Kinder und Jugendlichen und lösen eine defizitorientierte Tradition ab.
In den letzten Wochen und Monaten, liebe Kolleginnen und Kollegen, konnten wir eine intensive öffentlich geführte Diskussion über die Umsetzung der Inklusion verfolgen. Gerade aus den Lehrerverbänden wurde Kritik geäußert, die mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen die Lehrkräfte stehen, in der Aussage gipfelte: „Das Bild des Lehrers hat sich in
Diese Aussage war, wie könnte es anders sein, auch Thema beim Einstellungstermin der Referendarinnen und Referendare und der neuen Lehrkräfte Ende Januar. Ich wurde von den jungen Menschen gefragt, wie ich das sähe und ob es denn wirklich so schlimm sei. Meine Antwort war: „Es ist richtig, wir verlangen Ihnen vieles ab. Wir vertrauen Ihnen das Wichtigste an, was dieses Land hat: unsere Kinder und damit unsere Zukunft. Der Lehrerberuf ist einer der schönsten, der verantwortungsvollsten, aber auch einer der schwierigsten Berufe. Sie haben deshalb unseren besonderen Schutz und unsere besondere Aufmerksamkeit verdient.“ - Und ich möchte, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch hier, vor dem Plenum des Landtages, betonen: Wir lassen die Lehrkräfte bei der Umsetzung der Inklusion nicht allein.
Deshalb implementieren wir inklusionspädagogische Aspekte in die Aus- und Fortbildung unserer Lehrkräfte. Ins Lehramtsstudium haben wir Module zur inklusiven Förderung integriert. Das Zentrum für Lehrerbildung bildet im Hinblick auf das Handlungsfeld „inklusive Unterrichtung“ aus. Im Referendariat aller Lehrämter findet eine entsprechende thematische Ausbildung statt. Die Referendarinnen und Referendare werden durch die Fachleiterinnen und Fachleiter und die Landesfachberaterin am Studienseminar entsprechend ausgebildet. In der Lehrerfortbildung selbst werden zusätzliche pädagogische Tage für Schulen zum Thema „Inklusion und Schulentwicklung“ angeboten. Diese Angebote werden sehr gut nachgefragt.
Im Übrigen bin ich, was den Start der Inklusion in den Grundschulen betrifft, sehr zuversichtlich. Seit Beginn dieses Schuljahres werden in 1.409 Klassen insgesamt 1.473 Schülerinnen und Schüler inklusiv unterrichtet. Nach bisherigem Maßstab können wir also auf eine Integrationsquote von mehr als 60 Prozent verweisen. Das bedeutet, dass die Grundschulen bereits heute im Umgang mit Heterogenität sehr erfahren sind. Dies ist auch und vor allem der Leistung und der Haltung unserer Lehrkräfte zu verdanken. Wir unterstützen diese Arbeit, indem wir den Schulen künftig Förderschullehrkräfte fest zuteilen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, noch ein Wort zu den Kommunen: Diese machen Bedenken geltend, da sie in ihrer Eigenschaft als Schulträger die Barrierefreiheit der Schulgebäude zu gewährleisten haben. Wir wissen um die Situation der Städte, Gemeinden und Landkreise, und wir werden sie nicht überfordern. Ich bin mir sicher, dass wir tragfähige, vernünftige und einver
nehmliche Lösungen finden werden. Daran sind wir allein schon im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen selbst interessiert.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluss möchte ich eines noch einmal verdeutlichen: Inklusion kann nur gelingen, wenn sie mit allen Bildungsbeteiligten gemeinsam und professionell umgesetzt wird. Die Idee des kooperativen Lernens ist eine zentrale Herausforderung für die Lehrkräfte, für die Eltern, für die Bildungspolitik, aber auch für die gesamte Gesellschaft. Wir können so viele Ressourcen bereitstellen, wie wir wollen - wenn wir Ausgrenzung verhindern und eine Gesellschaft des Miteinanders schaffen wollen, kommt es letztlich auf die Haltung an. Es kommt darauf an, dass wir Inklusion und das gleichberechtigte Miteinander als kulturellen Rahmen, als Haltung und Maßstab verstehen, als einen Maßstab, an dem sich alle Mitglieder unserer Gesellschaft orientieren können. Eine solche Haltung ist die wesentliche Bedingung für das Gelingen. Diese gesamtgesellschaftliche Verantwortung werden wir nur gemeinsam bewältigen können. Wir können dabei, ich erwähnte es, bereits auf eine lange Wegstrecke zurückblicken. Ich kenne niemanden, der die Notwendigkeit und die Richtigkeit des Beschreitens dieses Weges, der vor mehr als 30 Jahren in Angriff genommen wurde, heute noch ernsthaft bestreitet.
Und dennoch: Wir sind noch lange nicht am Ende dieses Weges angekommen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Gesetzentwurf zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in unserem Bildungssystem einen Beitrag dazu leistet, dass wir alle ein gutes Stück vorankommen. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf in der heutigen Ersten Lesung und um Überweisung in den zuständigen Ausschuss. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Herrn Minister und eröffne die Aussprache. Bevor ich das Wort erteile, möchte ich mitteilen, dass der Herr Minister länger gesprochen hat. Daher hat jede Fraktion 1 Minute und 54 Sekunden zusätzliche Redezeit. - Ich erteile nun das Wort der Abgeordneten Barbara Spaniol von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Umsetzung der Inklusion ist längst überfällig. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Das reine Prinzip der Fürsorge steht nicht mehr alleine im Vordergrund, son
dern vielmehr die echte Teilhabe aller am Menschenrecht, um es ganz kurz auf den Punkt zu bringen. Alles, was mit Inklusion zusammenhängt, kann nur im Miteinander mit den bestehenden Strukturen funktionieren, das hat der Minister eben angesprochen. Um behinderte Kinder bestmöglich zu betreuen, müssen die Schulen ausreichend personalisiert werden, sie müssen barrierefrei werden, nur dann wird bei allen Beteiligten Akzeptanz erreicht. Das haben wir in den vielen Gesprächen wahrnehmen können und auch hören müssen. Deshalb ist es richtig, dass die Umsetzung der inklusiven Schule in Form eines Gesetzes auf den Weg gebracht wird. Die Regelbeschulung behinderter Kinder wird damit Normalität, was eigentlich schon längst sein müsste.
Ich meine aber auch, Kolleginnen und Kollegen, die Inklusion kann optimistisch angepackt werden, weil viele Kinder mit Förderbedarf aus den Bereichen Lernen und Sprache kommen. Vor dem Hintergrund werden unsere Schulen, der Ablauf und alles, was damit zusammenhängt, nicht so belastet werden, wie es oft befürchtet wird. Ich glaube sehr stark an das Prinzip, dass die Starken die Schwachen mitnehmen und umgekehrt. Das ist, denke ich, ein ganz wichtiger Punkt in der Debatte, der viele Ängste nehmen kann. Das wird funktionieren, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das ist sozusagen das Zauberwort, Inklusion braucht beste Rahmenbedingungen, nicht nur irgendetwas besser gemacht, ansonsten funktioniert sie eben nicht. Genau daran mangelt es an fast allen Schulen, an den passenden Rahmenbedingungen. Für viele inklusiv zu beschulende Schüler fehlen die Voraussetzungen an den Schulen.
Es taucht immer wieder die Frage der Anzahl der Förderschullehrerstellen auf. Herr Minister, wir sind der Meinung, nur 105 für 162 Grundschulen - um bei den Grundschulen zu bleiben - werden nicht ausreichen. Das muss klar sein. Sie sagen, es ist eine Basisausstattung. Wir hoffen, dass möglichst bald etwas geschieht.
Ja, es kommen noch die 20 dazu, das könnt ihr nachher noch sagen. Aber es geht um den Bereich, den ich gerade angesprochen habe, um die festen Stellen in den Schulen. Wir denken, es muss mehr passieren. Wir sind uns einig, dass wir eine sonderpädagogische Grundversorgung an allen Regelschulen brauchen. Wir müssen auch in den städtischen Ballungsgebieten viel stärker hinschauen. Ich würde sagen, dass eine Förderschullehrkraft pro Jahrgang eingeplant werden muss. Das sind keine überzogenen Forderungen, da müssen wir einfach hinkommen, damit das Projekt funktioniert.
Lehrerstellen in den kommenden Jahren. Das lässt zumindest Zweifel aufkommen, wie die große Herausforderung Inklusion bewältigt werden soll. Inklusion darf eben nicht zum Sparmodell werden, hier werden wirklich mehr anstatt weniger Ressourcen gebraucht. Das kann man nicht oft genug einfordern. Wie gesagt, Herr Minister, machen Sie in Ihrer Koalition Druck. Es rentiert sich, hier muss sich etwas ändern.
Im Entwurf steht, dass Inklusion an allen Schulformen möglich werden muss. An der Stelle begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Inklusion in den beruflichen Schulen früher beginnen kann. Auf der anderen Seite ist es für uns schwer nachvollziehbar, dass der weiterführende Bereich doch verschoben wird. Das war meiner Meinung nach ein Bruch in der Argumentation. Letztendlich macht es für uns auf diese Art und Weise keinen Sinn, denn Inklusion muss zügig umgesetzt werden. Dafür ist das Projekt viel zu lange in der Warteschleife, wie Sie es selbst gesagt haben, Herr Minister. Hier muss einfach mehr passieren. Genau das ist der Hauptkritikpunkt seitens der Verbände und der Gewerkschaften, der im Rahmen der externen Anhörung geäußert wurde, nämlich, dass die Umsetzung schon so lange hat auf sich warten lassen und jetzt zügig vorangetrieben werden muss.
Es gibt noch viele offene Fragen, das wissen Sie. Zum Gesetzentwurf selbst greife ich einige Punkte heraus, um sie kurz zu bewerten. Die Tatsache, dass alle öffentlichen Schulen ohne Ausnahme inklusive Schulen werden sollen, kann man nur begrüßen. Den Zeitfaktor habe ich gerade beleuchtet, das sehen wir kritisch, da erwarten wir Nachbesserungen. Insgesamt sind wir auf einem guten Weg, weil die Regelbeschulung eben der Normalfall sein wird. Im Gegensatz zu vorher macht das Gesetz ein echtes Wahlrecht der Eltern für das gemeinsame Lernen möglich, das haben Sie angesprochen. Auch das war längst überfällig.
Weiterhin wird eine Rechtsgrundlage für eine Inklusionsverordnung geschaffen, in der die Einzelheiten geregelt werden sollen. Die spannende Frage ist natürlich, wie diese Einzelheiten aussehen werden. Wir werden uns auch daran konstruktiv beteiligen. Wir haben einige Forderungen oder Anregungen für Nachbesserungen, die wir in unseren Anhörungen erfahren haben und die man nicht außer Acht lassen sollte. Nämlich, dass zum Beispiel für die Gemeinschaftsschule ein inklusives Konzept aufgelegt werden muss, speziell für dieses Profil. Sie wissen, was ich meine, Herr Minister. Das ist ein Petitum, dem man nachkommen muss.
Die Ressourcen habe ich bereits angesprochen. Wir brauchen eine feste Zusicherung der Ressourcen; an dieser Frage scheiden sich oft die Geister, auch das schürt viele Ängste. Wird das so alles möglich
sein? Ist mein Kind dort gut aufgehoben? Auch da brauchen wir klare Bekenntnisse, wo die Reise hingeht.
Ein weiterer Punkt ist die schlechte materielle Ausstattung vieler Schulen. Das ist nicht nur ein Gerücht, das sind Tatsachen, die wir vor Ort erleben können. Leider sind nicht alle so ausgestattet wie die Gemeinschaftsschule Freisen, in der sehr viel sehr gut funktioniert, das wissen wir. An der Frage, wie die Schulen ausgestattet sind, machen sich viele Sorgen fest. Sie haben die Schulträger genannt, diese brauchen Planungssicherheit, beispielsweise bei der Frage, wie die Barrierefreiheit umgesetzt wird. Sie haben das eben selber angesprochen, diese Probleme sind Ihnen so weit bekannt.
Wir brauchen des Weiteren ein Konzept für Schüler mit herausforderndem Verhalten, das ist auch ein wichtiges Ziel. Es haben uns ganz viele gesagt, dass sich zahlreiche Ängste an der Frage festmachen lassen, was es genau bedeutet, wenn die inklusive Schule auf den Weg gebracht wird. Es fehlt ein klares Konzept, eine Diagnostik, alles was dazu gehört, wie damit umzugehen ist. Ansonsten schließe ich mich der Einschätzung an, die Sie eben geäußert haben: Alle müssen bei dieser Riesenherausforderung mitmachen! Inklusion, ja, aber ohne uns, dieses Prinzip wird nicht funktionieren. Das ist auch klar.
Herr Minister, klar ist, dass kleinere Klassen und mehr Lehrkräfte die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft der inklusiven Schule sind. Das wissen Sie alles. Es ist ein hehres Ziel, das sehen wir, aber wir müssen alle an einem Strang ziehen, damit das umgesetzt werden kann. Zusammenfassend ist also zu sagen: Wir unterstützen das Gesetz, haben aber immer noch Fragen, sehen sehr viele notwendige Nachbesserungen. Wir sagen aber auch, dass behutsam vorgegangen werden muss, nur dann steigt die Akzeptanz für die Chance der inklusiven Schule. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Miteinander zu lernen erleichtert es, miteinander zu leben. Dieses „Miteinander Leben“ ist in unserer Gesellschaft Stand heute durchaus noch ausbaufähig. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit 2009 geltendes Recht. Sie garantiert Menschen mit Behinderungen ihre umfassenden Menschen- und Bürgerrechte. Wir alle sind gefordert, behinderten Menschen die gleichen Teilhaberechte zu gewährleisten,
Eines ist sicher: Solange die Lebenswelten von Menschen mit und ohne Behinderung getrennt sind, wie sie es heute trotz Grundgesetz, trotz saarländischer Verfassung, trotz Bundes- und Landesgleichstellungsgesetz leider immer noch sind, werden die vielbeschworenen Barrieren in den Köpfen und in der realen Welt nicht immer und nicht vollständig überwunden werden können. Vielfalt von Anfang an bedeutet auch: Was in unserer Gesellschaft nicht getrennt ist, muss später nicht mühsam zusammengeführt werden. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist das gemeinsame Lernen und Aufwachsen von Kindern mit und ohne Behinderung von Anfang an die Grundvoraussetzung für den Wandel zu einer inklusiven Gesellschaft.
Ja, Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, meine Damen und Herren. Sie setzt folgerichtig am Bildungssystem an. Was heißt das nun für unser saarländisches Bildungssystem? Klar ist, das ist auch unbestritten, wir starten nicht bei null. Im Schuljahr 2013/2014 werden unsere Schulen von 6.463 Schülerinnen und Schülern mit anerkanntem sonderpädagogischem Förderbedarf besucht. 3.464 davon werden in Förderschulen unterrichtet, 2.999 werden in Integrationsmaßnahmen an Regelschulen gefördert. Die Integrationsquote beträgt landesweit 46,4 Prozent. Inklusion aber unterscheidet sich deutlich von unserem bisherigen Verständnis der Integration. Während das System der Integration eine Anpassungsleistung von den behinderten Menschen verlangt, nimmt die Inklusion nicht den einzelnen Menschen, sondern die Gesellschaft in den Blick und fordert von dieser die Anpassungsleistung.
Für ein inklusives Bildungssystem bedeutet das, eine Schule ist erst dann inklusiv, wenn sie die Individualität ihrer Schülerinnen und Schüler respektiert und sie als Vielfalt und Bereicherung anerkennt, anstatt das vermeintliche „Anderssein" zum Grund von Ausgrenzung zu machen. In einem inklusiven Bildungssystem erhält jedes Kind die Unterstützung, die seinen individuellen Förderbedarfen entspricht.
Der Gesetzentwurf der Regierung des Saarlandes zur Änderung schulrechtlicher Regelungen, den wir heute in Erster Lesung beraten, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur inklusiven Schule. Mit diesem Gesetzentwurf wird nicht allein der Begriff Integration durch Inklusion ersetzt, mit diesem Gesetzentwurf ermöglichen wir das vollumfängliche gemeinsame Unterrichten, das gemeinsame Lernen behinderter und nicht behinderter Kinder.
Jedes Kind wird die Unterstützung erhalten, die seinem individuellen Förderbedarf entspricht. Wir werden damit Bedingungen schaffen, die den Fähigkei
ten, Begabungen und Bedürfnissen der Einzelnen gerecht werden. Der vorliegende Gesetzentwurf setzt das in der UN-Behindertenrechtskonvention verankerte Recht auf Besuch einer Regelschule für Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen um und stellt dabei das echte Wahlrecht der Eltern sicher.
Alle öffentlichen Schulen der Regelform werden aufwachsend inklusive Schulen werden. Die Regelungen über die inklusive Schule sollen im Hinblick auf die einzelnen Schulformen zeitlich gestaffelt in Kraft treten. Das, Frau Spaniol, ist auch eine Ressourcenfrage.
Ab dem Schuljahr 2014/15 werden die Regelungen zur inklusiven Schule zunächst auf die Grundschulen Anwendung finden. Richtig und wichtig ist, dass in § 1 Schulordnungsgesetz in der Überschrift und im Text der Grundgedanke der UN-Behindertenrechtskonvention aufgenommen wird und die Inklusion als Leitgedanke für den schulischen Bereich festgeschrieben wird. Das ist ein klares bildungspolitisches Bekenntnis der Großen Koalition im Saarland.