Protocol of the Session on August 28, 2013

Wir verlangen auch, dass die Landesregierung ihrem Schutzauftrag nachkommt und ein integriertes IT-Sicherheitskonzept für das Saarland aufstellt. Denn die Vorzeichen haben sich geändert. Wir wissen, das Internet ist nicht mehr der datenintegre Raum, für den es manche gehalten haben. Es ist nicht mehr der vertrauliche Raum, für den es manche gehalten haben. Es ist alles noch ein bisschen schlimmer, als es die meisten befürchtet haben. Deshalb brauchen wir ein integriertes Sicherheitskonzept. Auch das fordern wir mit unserem Antrag.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich bin froh, dass die Regierungsfraktionen bei dem Thema ein wenig aufgewacht sind und einen eige

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

nen Antrag gestellt haben, wobei Sie unserem Antrag wohl eher nicht zustimmen wollen. Mit ein bisschen Augenzudrücken kann man sagen, dass Sie von unseren Forderungen eineinhalb übernommen haben. Es ist aber interessant, welche Punkte die Koalition nicht übernommen hat. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Begründung dafür. Sie wollen kein umfassendes IT-Sicherheitskonzept erstellen. Sie wollen keine Förderung freier Software zur Verschlüsselung von Kommunikation. Damit folgen Sie dem Bundesvorbild, das nun mit dem scheinbar sicheren Dienst der De-Mail einen eigenen Bundesdienst für scheinbar sichere E-Mails eingesetzt hat. Dann wurde aber gleich eine Überwachungsschnittstelle eingebaut. Man kann als Staat natürlich sagen, wir wollen keine sichere Software dafür anbieten. Allerdings bin ich der Meinung, dass wir als Staat einen höheren Schutzauftrag haben und es machen müssten.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Auch der letzte Punkt - der bei Ihrem Antrag allerdings fehlt - ist interessant. Es ist der Beitrag, die Landesregierung zur Aufklärung des Überwachungsskandals aufzufordern. Dies verwundert mich doch etwas. Es ist vielleicht dem Wahlkampf geschuldet, aber ich bin sicher, Sie werden uns hierzu noch etwas mitteilen. Ich bitte Sie trotzdem, unserem Antrag zuzustimmen. Wir werden auch Ihrem Antrag zustimmen. Denn obwohl er nur mit Augenzudrücken eineinhalb Punkte unseres Antrages berücksichtigt, wäre das noch immer besser als nichts für die saarländische Wirtschaft, um Wirtschaftsspionage zu begegnen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Zur Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen, Drucksache 15/596, erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Strobel von der CDU das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Hilberer, zunächst einmal vielen Dank für Ihre technischen Erläuterungen. Liebe Freundinnen und Freunde der PIRATEN, kennen Sie den Film „Dirty Harry“? Darin spielt Clint Eastwood den Polizisten Harry Callahan, der von sich sagt, dass seine besten Freunde die Kollegen Smith & Wesson sind. Liebe Freunde von den PIRATEN, Ihre beiden besten Freunde sind nicht Smith & Wesson, sondern Copy & Paste.

(Beifall und Lachen bei den Regierungsfraktio- nen.)

Sie haben heute wieder ganze Arbeit geleistet. Ihr Antrag, Drucksache 15/588, lief praktisch wortgleich

als Antrag der PIRATEN-Fraktion, Drucksache 16/ 3434, im Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen in der Sitzung am 11. Juli dieses Jahres. Ihr Antrag, Herr Kollege Hilberer, ist gar nicht Ihr Antrag. Deswegen möchte ich festhalten: Was Sie hier vertreten, ist abgeschrieben, nichts anderes. - Aber wenn Sie etwas dazu sagen möchten, bitte.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Abg. Hilberer (PIRATEN) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass dieser Antrag nicht eins zu eins kopiert ist, sondern dass wir ihn von der PIRATEN-Fraktion in Nordrhein-Westfalen übernommen, veredelt und auf das Saarland angepasst haben,

(Vereinzelt Heiterkeit)

um dieses Thema, das auch für das Saarland wichtig ist, hier auf die Tagsordnung zu bringen und das Rad nicht neu zu erfinden, was ja nicht notwendig ist. Außerdem stehen wir in Kontakt mit anderen Fraktionen. Ich hoffe, dass das bei Ihnen ähnlich ist und gute Ideen übernommen werden. Nehmen Sie das also bitte zur Kenntnis und kommen Sie jetzt zu den inhaltlichen Punkten. - Danke.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Alles klar. Ich nehme das natürlich sehr gerne zur Kenntnis, halte aber fest: Die CDU-Fraktion und die SPD-Fraktion im Saarland denken und arbeiten selbst.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Verein- zelt Lachen bei den Oppositionsfraktionen.)

Zumindest die Arbeit, den Beschlussvorschlag umzuformulieren, hätten Sie sich machen können. Sogar die Absätze, die Aufzählungszeichen sind einfach mitkopiert worden. Von daher passt das Thema Copy and Paste sehr gut. - Die GRÜNEN haben relativ kritiklos das Ganze übernommen. Von daher auch an Ihre Adresse: Sie sind schön auf die Kopie eingegangen.

Was soll’s! Das Thema Wirtschaftsspionage an sich ist wichtig. Im Gegensatz zu den GRÜNEN, den PIRATEN hier und den Kollegen in Nordrhein-Westfalen behandeln wir das Thema lieber unter dem Motto: Aufklärung statt Aktionismus. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen einen eigenen Antrag eingebracht, der auf Annahmen, Vermutungen und Unterstellungen verzichtet. Obwohl es nicht um ein landesspezifisches Thema geht, beschäftigen wir uns mit der Frage: Was können wir auf unserer, also auf saarländischer Ebene tun, um unseren Betrieben und Ideenfabriken eine Hilfestellung zu bieten?

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage aus vielerlei Richtungen, nicht nur staatlich, sondern auch auf anderen Ebenen, bedroht saarländische Unternehmen und Innovationsschmieden. Staatliche Überwachungsprogramme, die der Verhinderung von Verbrechen und Terroranschlägen dienen, liegen immer in einem Spannungsverhältnis zwischen den Freiheitsrechten des Einzelnen und dem Sicherheitsbedürfnis eines Gemeinwesens. Von daher erfüllen sie einerseits eine wichtige Aufgabe, brauchen andererseits aber klare Regeln zur Verhinderung jeglichen Missbrauchs. Deshalb muss klargestellt werden, dass staatliche Überwachungsprogramme zielgerichtet eingesetzt und aufgabenfremde Erkenntnisse nicht verwendet werden dürfen. Dazu zählt auch, dass sie nicht zum Zweck der Wirtschaftsspionage eingesetzt werden dürfen. Die Frage ist aber: Wie ist so etwas zu verhindern? Wenn wir ehrlich sind, müssen wir feststellen, dass es eine 100-prozentige Sicherheit nie geben wird.

Die Spionageverdächtigungen, die im Raum stehen, müssen aufgeklärt werden, keine Frage. Herr Hilberer, da haben Sie recht, das unterstütze ich auch. Für die Zukunft müssen insbesondere mit unseren befreundeten Partnern klare Regeln vereinbart werden. Daher begrüßen wir auch Verträge wie das sogenannte No-Spy-Abkommen mit den Vereinigten Staaten oder ähnliche Vereinbarungen und Verträge mit anderen Nationen. Große Unternehmen besitzen zumeist Strategien zur Verhinderung von Spionageangriffen. Um unseren Wissensinstituten und KMUs, also den kleinen und mittleren Unternehmen, eine Hilfestellung zu bieten, wie sie sich vor Spähangriffen schützen können, erscheint eine breite Informationsoffensive sinnvoll. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, gemeinsam mit den einschlägigen Wissenschaftsinstituten unseres Landes und der IHK Informationen zusammenzustellen, wie sich Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen gegen Spähangriffe von außen schützen können. Diese Informationen sollen unverzüglich an Unternehmen und Forschungseinrichtungen weitergegeben werden, um die Empfänger für die Problematik zu sensibilisieren und Handlungsoptionen an die Hand zu geben.

Ansonsten handhaben wir es genau wie Sie: In den von uns genannten Ausschüssen soll zukünftig weiter berichtet werden. - Vielleicht abschließend noch ein kleiner Hinweis an Sie, Herr Hilberer. Sie haben eben versucht, es einerseits technisch zu erklären, andererseits haben Sie es auch ein bisschen spannend gemacht. Herr Hilberer, zurück zur cineastischen Ausgangsposition: Versuchen Sie es in Zukunft doch ein bisschen mehr mit Tagesschau und etwas weniger mit James Bond. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Hans-Peter Kurtz.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht könnte ich heute mit einem gewissen ironischen Unterton, aber durchaus passend zum Thema auch noch sagen: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen der NSA!

(Vereinzelt Heiterkeit.)

Aber wir haben es heute - das hat Peter Strobel schon gesagt - mit einem Thema zu tun, das sehr wichtig ist, das uns alle betrifft, das insbesondere auch die Unternehmen betrifft. Es ist in erster Linie ein Bundesthema. Ich denke, es wird dort auch dementsprechend gewürdigt, es wird von der SPD dort sehr kritisch verfolgt. Wir haben zu diesen Vorkommnissen eine klare Linie, die wir auch als SPDLandtagsfraktion im Saarland vertreten. Wir müssen das Thema aber auch für das Saarland sehr ernst nehmen, denn es ist auch unsere Aufgabe, die hiesigen Unternehmen vor Spionage zu schützen. Knowhow ist im Saarland, gerade in unserer Region, ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor. Dieses Know-how darf hier nicht einfach abgeschöpft und in die USA, möglicherweise zu Mitbewerbern, transferiert werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Aufgrund der aktuellen Erkenntnisse zu PRISM und Tempora müssen wir davon ausgehen, dass es zu einer massiven Ausspähung von Daten aus Wirtschaftsunternehmen gekommen ist. Das bedeutet, dass auch Betriebe aus dem Saarland mittels Wirtschaftsspionage in ihrer wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten angegriffen werden. Somit werden diese Unternehmen ihrer innovativen Ideen und auch wesentlicher Wettbewerbsvorteile beraubt.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich betone heute, in dieser Plenarsitzung: Dies ist schlichtweg skandalös.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dass Wirtschaftsspionage auch durch sogenannte befreundete Staaten erfolgt, ist spätestens seit den Erkenntnissen des EU-Parlamentes zum Kommunikationsabhörsystem Echelon im Jahr 2001 bekannt. Immerhin musste aufgrund dieser Erkenntnisse im Jahre 2004 eine Abhöreinrichtung in Bayern geschlossen werden. Allerdings - und das ist bedauerlich - sind weitere Maßnahmen auf europäischer Ebene nicht mehr erfolgt. Gefühlt wussten wir schon

(Abg. Strobel (CDU) )

lange, dass Staaten wie China systematisch versucht haben, sich Wettbewerbsvorteile durch staatlich unterstützte Wirtschafts- und Industriespionage zu verschaffen. Real scheint dies jetzt allerdings auch massiv durch sogenannte befreundete Staaten zu geschehen.

Hier besteht Handlungsbedarf in Berlin, meine Damen und Herren, und ich will nicht verhehlen, dass es mir kein gutes Gefühl von Sicherheit vermittelt, wenn unsere Bundeskanzlerin in einem Interview der ZEIT sagt, sie habe von PRISM aus den Medien erfahren. Ich meine, wir müssen uns heute die Frage stellen: Wo liegt das eigentliche Sicherheitsrisiko in unserer Gesellschaft überhaupt?

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wie hoch der Schaden ist, von dem unsere Wirtschaft betroffen ist, ist allerdings sehr schwer abzuschätzen. Die Zahlen und Untersuchungen hierzu sind aus meiner Sicht mit extremer Vorsicht zu genießen, weil Unternehmen selbstverständlich kein Interesse daran haben, sich als Opfer von Spionage darzustellen.

Eine Studie aus dem Jahre 2004 geht davon aus, dass es einen bundesweiten Schaden von 8 Milliarden Euro pro Jahr gibt. Nun wissen wir allerdings, dass diese Studie nicht mehr zutreffend ist, sondern dass seit 2004 eine erhebliche Zunahme von Spionagetätigkeit in unserem Land zu verzeichnen ist. Nach einer Studie von Corporate Trust aus dem Jahr 2012 sind dabei insbesondere mittelständische Unternehmen stark gefährdet. Die Unternehmen sind zwar imstande, mit einfachen Maßnahmen durch Basistechnologien wie Firewall oder Passwortschutz einzelne Hackerangriffe abzuwehren, aber klar ist doch, dass diese traditionellen Sicherheitsinstrumente keinen wirksamen Schutz vor staatlich gelenkter Wirtschaftsspionage bieten. Und für die Zukunft merken nahezu alle Unternehmen an, dass eine dringende Notwendigkeit besteht, die IT-Sicherheit im eigenen Betrieb auszubauen.

Unabhängig davon müssen wir diskutieren, welche Maßnahmen darüber hinaus entwickelt werden können und müssen, um Wirtschaft und Industriespionage zu verhindern. Dabei ist die Situation so, dass große Unternehmen zumeist Strategien zur Verhinderung von Spionageangriffen entwickelt haben und besitzen. Wir wollen aber - und das machen wir in unserem Antrag deutlich -, dass die saarländischen Wirtschaftsinstitute und die kleinen und mittelständischen Unternehmen einen bestmöglichen Schutz vor Überwachung und Spionage erfahren. Hierzu scheint die in unserem Antrag formulierte Informationsoffensive zur Unterstützung sehr sinnvoll. Wir wollen, dass die Landesregierung gemeinsam mit den einschlägigen Wirtschaftsinstituten unseres Landes und der IHK Informationen zusammenstellt,

wie sich Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen gegen Spähangriffe von außen schützen können.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die Landesregierung soll den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensicherheit unter Hinzuziehung des Ausschusses für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung umfassend informieren. Auch der Ausschuss für Datenschutz und Informationsfreiheit muss bei dieser Debatte mit einbezogen werden. Ich persönlich bin der Meinung, dass diese Frage wirklich eine heftige Diskussion verdient hat. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und freue mich schon auf die Debatten im Ausschuss. - Herr Hilberer, machen Sie sich keine Sorgen, die Koalitionsfraktion schläft nicht. Wir sind auch nicht jetzt erst aufgewacht. Sie brauchen als PIRATEN nicht allein als Sachwalter dieser Unternehmen aufzutreten. Es gibt auch uns noch. Folgen Sie unserem Antrag! - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Strobel, ich war eben schon etwas überrascht über die Art und Weise Ihres Umgangs mit diesem Antrag. Sie haben so getan, als würden wir heute über ein Thema reden, das ein bisschen lächerlich oder nebensächlich wäre. Sie haben den PIRATEN und indirekt auch uns vorgeworfen - weil wir uns ja diesem Antrag angeschlossen haben, den die PIRATEN ursprünglich initiiert haben -, dass da nur abgeschrieben worden wäre und so weiter und so fort. Herr Strobel, wie ich eben vernommen habe, wird die Große Koalition diesen gemeinsamen Antrag von PIRATEN und GRÜNEN ablehnen. Das ist schon der erste Punkt, den ich nicht verstehen kann. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel - dort gibt es eine rot-grüne Landesregierung und die Christdemokraten sind dort in der Opposition - ist dieser Antrag einvernehmlich von allen Parteien, also von der Regierung und der Opposition, angenommen worden. Das heißt, inhaltlich kann dieser Antrag so verkehrt nicht sein.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)