Protocol of the Session on April 24, 2013

Vor allem aber öffnet es der Willkür Tür und Tor. Es gibt eben kein gleiches Recht für alle, dass zu Beginn des Monats festgesetzt wird: In diesem Monat haben alle Gefangenen ein Anrecht auf zwei Stunden oder alle haben ein Recht auf zwei Stunden plus zwei bei Besuchen durch Kinder. Vielmehr wird individuell entschieden, es kann nach Gutdünken gesagt werden: Dem gestehe ich zehn Stunden zu, den kann ich gut leiden. Der andere, den kann ich sowieso nicht leiden, der kriegt nur eine Stunde.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Genau diese Willkür ist der Grund, weshalb ich dem Antrag nicht mehr zustimmen kann. Wie gesagt, ich hatte ursprünglich gedacht, eine liberalere Regelung als das, was jetzt im Gesetz steht, ist immer noch besser. Aber hier entsteht gleichzeitig der Aspekt der Willkür, und das kann ich nicht mittragen.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Deshalb werden wir dem Antrag der GRÜNEN zustimmen, insbesondere aufgrund der Datenschutzaspekte, die dort vollumfänglich berücksichtigt sind. Über die eine Woche anstatt 48 Stunden kann man streiten, aber wie gesagt, die vier Wochen sind für mich vollkommen aus der Diskussion.

Den Antrag, der jetzt Antrag des Ausschusses ist, werden wir ablehnen. Für das Gesetz selbst hängt es von der Entscheidung ab, ob der Antrag der GRÜNEN hier im Plenum Zustimmung findet. Wenn nicht, werden wir auch das Gesetz ablehnen. - Danke schön.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hubert Ulrich.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute über die Zweite Lesung des Gesetzes zur Neuregelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe im Saarland. Nachdem die Föderalismusreform im Jahre 2006 den Strafvollzug zur Ländersache gemacht hat, sind Gesetzesänderungen notwendig geworden. Der Entwurf, der heute vorliegt, beruht auf einem Musterentwurf von zehn Bundesländern. Vom Grundsatz her geht er auch in die richtige Richtung, aber - das wurde eben auch kritisiert in einigen Teilbereichen geht er eben nicht so weit, wie er gehen könnte, und das ist schade; denn das Thema Strafvollzug in seiner Ausrichtung insgesamt, insbesondere das Thema Resozialisierung wird das wissen wir alle - in der Öffentlichkeit immer noch sehr kritisch diskutiert. Aber gerade die Debatte um die Resozialisierung hat eine ganz große gesellschaftliche Relevanz, eine viel größere, als es von vielen Seiten wahrgenommen wird. Das Ziel der Resozialisierung ist verfassungsrechtlich verankert, und der Staat hat eine ganz wichtige Rolle, wenn es darum geht, dieses Ziel umzusetzen, um die Menschen im Lande vor Rückfalltätern zu schützen.

Strafvollzug kostet Geld, das wissen wir alle. Aber gerade wenn es um Resozialisierung geht, ist dieses Geld gut investiert und gut eingesetzt, weil es mit Blick auf die Gesamtgesellschaft positiv zurückkommt in dem Maße, in dem man in Zukunft weniger Polizisten und kleinere Gefängnisse braucht, in dem die Resozialisierung zu dem Erfolg geführt worden ist, zu dem man sie führen kann.

Ich habe es in der letzten Debatte bereits gesagt: Man muss die Systeme einmal vergleichen. Unser deutsches, mitteleuropäisches Resozialisierungsstrafrecht ist unter dem Strich für die gesamte Gesellschaft weitaus erfolgreicher als das reine Repressionsstrafrecht im US-amerikanischen Raum, das zu immer größeren Gefängnissen, immer brutaleren Gewalttaten und vielen anderen negativen Folgen für die Gesellschaft führt.

Im Grunde sind wir uns ja einig. Hier geht es nur um die Ausgestaltung, aber diese Ausgestaltung - das ist das Problem - ist abhängig von Geld, und in einem Haushaltsnotlageland ist das immer eine schwierige Diskussion. Trotzdem muss man sie genau an dieser Stelle führen, vor dem Hintergrund der zu erwartenden Folgen, wenn man eine falsche Richtung einschlägt.

Was wir bei dem Gesetzentwurf auch bedauern, ist das unangemessene Tempo, mit dem er hier durch

(Abg. Augustin (PIRATEN) )

gepeitscht wird. Wir hatten die Anhörung am 11.04., und das ist ein verdammt kurzer Zeitraum, um die Dinge sachgerecht zu beraten. Man hätte einen solchen Zeitdruck nicht wirklich gebraucht, ein bisschen mehr Luft wäre möglich gewesen. Das ist ein Verfahrenspunkt, den wir kritisieren.

Wir haben auch einen Abänderungsantrag gestellt, Teile davon wurden eben bereits von dem Kollegen der PIRATEN ins Feld geführt. Ich will deshalb noch einen wesentlichen Punkt herausgreifen, um den es in unserem Abänderungsantrag geht, nämlich die Mindestbesuchszeit. Die Mindestbesuchszeit ist ein Punkt, der natürlich einen Teil der Resozialisierungsarbeit darstellt. Gefangene müssen nach einer gewissen Zeit zumindest Schritt für Schritt wieder an die Gesellschaft herangeführt werden. Und da spielt die Besuchszeit schon eine Rolle, insbesondere dann, wenn Kinder im Spiel sind. Da gibt es jetzt zwar einen nachgeschobenen Antrag der Großen Koalition, der aber nur eine Kann-Regelung beinhaltet. Das ist zu schwach, das ist zu wenig. Wir wollen, dass zumindest das, was im Musterentwurf der anderen Bundesländer enthalten ist, nämlich zwei Stunden Mindestbesuchszeit, in das Gesetz hineingeschrieben wird. Die Große Koalition ist leider nicht bereit, diesem Anliegen zu folgen. Das hat die Abstimmung im Ausschuss gezeigt und das ist auch der Grund, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen werden. Wir werden uns deshalb enthalten, weil wir zwar Verbesserungen sehen, aber die reichen uns bei Weitem nicht aus. Die Mindestbesuchszeit von zwei Stunden wäre die Untergrenze dessen, was wir uns hier vorstellen.

Aber man muss sich immer klarmachen, warum das im Saarland so in das Gesetz hineingeschrieben wird. Und da bin ich bei dem Punkt, den ich eben erwähnt habe, denn es geht hier eigentlich um die Finanzen. Das muss man offen sagen. Das ist einfach ein Zugeständnis an die viel zu geringe personelle Ausstattung in unseren saarländischen Gefängnissen und das hat zur Folge, dass Resozialisierung im Saarland nicht in der Art und Weise gehandhabt wird, wie es eigentlich notwendig und sinnvoll wäre. Hier hat die Große Koalition einfach einen kurzfristigen Denkansatz, eine sogenannte verkürzte Rationalität. Kurzfristig wird hier gespart, aber langfristig wird die saarländische Gesellschaft wegen höherer Rückfallquoten bei Straftätern dafür Geld in die Hand nehmen müssen. Vor dem Hintergrund eines Überstundenberges von 40.000 Überstunden, der in den saarländischen Gefängnissen von den Bediensteten vor sich her geschoben wird, wird klar, dass hier einfach mehr Personal an den entsprechenden Stellen her muss, um die saarländischen Finanzen und die Gesellschaft mittelfristig zu entlasten. Vor diesem Hintergrund werden wir uns bei der Abstimmung zu dem Gesetzentwurf enthalten. - Vielen Dank.

Vielen Dank Herr Abgeordneter Ulrich. - Das Wort hat nun Roland Theis von der CDU-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Bereits in der Ersten Lesung dieses Gesetzentwurfes haben wir gemeinsam festgestellt, dass nur wenige Regelungsmaterien in der Gesetzgebungskompetenz der Länder so stark mit Grundrechtseingriffen verbunden sind wie das Strafvollzugsrecht. Es ist nicht nur so, dass wir dadurch wesentliche Grundrechte der Strafgefangenen einschränken können, vielmehr ist es auch so, dass die Eingriffsintensität, insbesondere hinsichtlich der Länge des Eingriffs, der teilweise über jahrzehntelange Zeiträume umfassen kann, besonders hoch ist. Diese Grundrechte sind für das Vollzugsrecht von Relevanz, aber sie sind nicht alleine von Relevanz. Grundrechtsrelevanz besteht im Strafvollzug nicht nur für die Häftlinge, sondern auch in Bezug auf potenzielle und tatsächliche Opfer und deren verletzte beziehungsweise bedrohte Grundrechte. Das Grundgesetz und die Verfassung des Saarlandes statuieren nicht lediglich Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat, sondern eben auch einen Schutzauftrag des Staates für die Grundrechte seiner Bürger. Und dieser Aufgabe kommen wir als Land unter anderem mit den Mitteln des Strafvollzugs nach. Auch dem müssen wir als Gesetzgeber gerecht werden. Für mich ist es ein Ergebnis der Anhörung zu dem Gesetzentwurf, dass das neue saarländische Strafvollzugsrecht dieser Aufgabe gerecht wird, und zwar gerade - auch das ist deutlich geworden - in den Regelungen in Bezug auf die Opfer, in denen unser Gesetz vom Musterentwurf der übrigen neun Bundesländer abweicht.

Eine Besonderheit - Frau Kollegin Berg hat darauf hingewiesen - des zukünftigen saarländischen Strafvollzugsrechts bleibt wie bisher auch in Zukunft die besondere Rolle der Opferperspektive. Gerade die Opferschutzverbände, aber auch die Vertreter der Bewährungshilfe, haben besonders positiv hervorgehoben, dass dieser Gedanke an mehreren Stellen des Gesetzentwurfs zum Ausdruck kommt. So sagt § 3 des Gesetzentwurfes, dass zentraler Bezugspunkt für die Arbeit mit den Gefangenen ihre Straftaten sowie die Folgen für die Opfer bleibt. Gerade die Perspektive der Opfer von Straftaten muss damit auch in Zukunft bei der Gestaltung des Vollzugs im Mittelpunkt bleiben. Der Straftäter muss sich mit den Konsequenzen des Unrechts, das er verursacht hat, auseinandersetzen. Und auch in Zukunft bleiben die Opferverbände im Vollzug in einer wichtigen Rolle. Im Unterschied zu den Regelungen in vielen anderen Bundesländern werden die Opferschutzverbände bei der kriminologischen Forschung und Evaluie

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

rung des Vollzugs zur Zusammenarbeit eingeladen und können dort eine wichtige Rolle spielen. Und auch an vielen anderen Stellen spielt die Opferperspektive eine Rolle. Eine davon ist von Frau Kollegin Berg bereits genannt worden. Hierbei geht es um die Information der Opfer von Straftätern, die Lockerungen wie Hafturlaub erhalten. Damit soll vermieden werden, dass es zu der Situation kommt, dass das Vergewaltigungsopfer den Straftäter in der Bahnhofstraße plötzlich unerwartet antrifft. Das ist eine Besonderheit des Saarländischen Strafvollzugsgesetzes und auf diese Regelung, meine Damen und Herren, können wir als saarländischer Gesetzgeber in Zukunft Stolz sein. Davon bin ich jedenfalls fest überzeugt.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Für uns ist wichtig, dass auch die Opfer während und nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe nicht vergessen werden. Denn auch nach Beendigung der Strafe bleiben die Folgen der Tat für die Opfer manchmal ein Leben lang. Auch das muss im Vollzug eine Rolle spielen. Lassen Sie mir die Gelegenheit, zu dem einen oder anderen Punkt unseres Abänderungsantrages Stellung zu beziehen und etwas zu der Kritik zu sagen, die daran und zum Gesetzentwurf im Allgemeinen geäußert wurde. Neben den redaktionellen Änderungen, die wir beantragt haben, möchte ich insbesondere zu der Frage der Mindestbesuchsregelung Stellung beziehen. Wir halten an der Mindestbesuchsregelung von einer Stunde im Monat fest, weil wir diese im Grundsatz für ausreichend halten. Angesichts der Tatsache, dass die Gefangenen mittlerweile viele stärker als früher auch telefonisch in Kontakt mit ihrem Umfeld außerhalb der Anstalt stehen können und in Anbetracht des Vollzugsaufwands - das gebe ich offen zu - halten wir die bestehende Regelung für ausreichend. Denn auch bisher - das ist vielleicht im Rahmen der Debatte etwas zu kurz gekommen - kann die Anstaltsleitung, das ist jetzt gerade das Wesen einer Mindestbesuchsregelung, Besuch über eine Stunde hinaus zulassen.

Sehr geehrter Herr Augustin, ich fand es hoch interessant, von Ihnen noch einmal dargelegt zu bekommen, warum Sie im Ausschuss anders abstimmen als hier. Ich glaube, ganz verkürzt hätte man zusammenfassen können, weil Sie das im Ausschuss nicht verstanden hatten und jetzt hier anscheinend gemerkt haben, dass es doch anders war. Nichtsdestotrotz, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Vollzug deshalb, weil es eine Ermessensvorschrift gibt, zu unterstellen, dass dort Willkür gegenüber den Gefangenen ausgeübt wird, das ist eine Unverschämtheit gegenüber den Menschen, die dort arbeiten und nach bestem Wissen und Gewissen Ermessen ausüben. Das meine sehr verehrten Damen

und Herren, muss an dieser Stelle klar zum Ausdruck gebracht werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir möchten vielmehr eine Idee aufgreifen, die die Anhörung von Professor Heike Jung im Ausschuss erbracht hat. Professor Jung hat dort nämlich ein Familienprivileg in die Debatte eingebracht. Und es ist richtig, auch dadurch entsteht in Zukunft keine neuer Anspruch auf ein Mehr an Besuch, aber wir geben als Gesetzgeber an die Beamten im Strafvollzug den Hinweis, dass im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Gewährung von zusätzlichen Besuchszeiten, der Kontakt zu den Kindern - ich füge hinzu, selbstverständlich soweit das dem Kindeswohl nicht widerspricht, denn auch das ist von Relevanz - und zur Familie besonders gefördert werden soll. Denn auch Kinder von Straftätern sind Opfer der Straftaten und sie sollen nicht bestraft werden. Und deshalb ist diese Vorschrift meines Erachtens zwar keine, die einen neuen Anspruch der Strafgefangenen bringt, aber eine, die sehr wohl Sinn macht. Der Gesetzgeber führt damit eine Familienprivilegierung bei zusätzlichen über den Anspruch hinausgehenden Besuchszeiten ein. Und das ist sehr wohl auch im Sinne der Resozialisierung.

Ich möchte noch zu dem einen oder anderen Punkt etwas sagen, der aufgegriffen worden ist. Frau Kugler, ich empfehle Ihnen den Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu dem Vorschlag des Juristinnenbundes hinsichtlich der geschlechterspezifischen Benennung. Den haben wir aufgegriffen. § 14 Abs. 1 Satz 1 setzt bisher den Genitiv singular masculinum „des“ und wird in Zukunft durch den Genitiv plural feminimum beziehungsweise den gemeinsamen Genetiv plural, das ist nämlich das Gleiche, nämlich „der“ ersetzt. Damit ist es geschlechterspezifisch genannt. Ich wollte nur einmal darauf hinweisen. Es macht ja manchmal Sinn, die Dinge, die man kritisiert, auch vorher zu lesen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Hubert, ich erkläre es dir nachher in der Pause, wenn du willst. - Ein zweiter Kritikpunkt ist die Speicherfrist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten hierzu eine andere Auffassung vertreten, man muss sich jedoch vor Augen führen, welchem Schutz die Videoüberwachung dient. Sie dient nämlich insbesondere dem Schutz der Gefangenen vor gewalttätigen Übergriffen durch andere Gefangene; das ist eines der zentralen Schutzgüter dieser Vorschrift. Wenn uns aber die Bediensteten im Vollzug sagen, dass wir dieses Ziel mit einer kürzeren Frist nicht mehr erreichen können, dann ist es doch gerade im Sinne der Gefangenen, dass wir eine längere

(Abg. Theis (CDU) )

Frist einsetzen. Deshalb halten wir an dieser Regelung fest.

Ich komme zum letzten Kritikpunkt, dem Tempo. Sehr geehrter Herr Kollege Ulrich, Sie haben sich beschwert, dass wir das zu schnell machen. Vielleicht liegt es daran, dass Sie in der vergangenen Legislaturperiode mit der Kollegin Willger eine kompetente Sprecherin im Bereich des Strafvollzugs hatten und es deshalb an Ihnen vorbeigegangen ist. Der Ausschuss hat sich zum ersten Mal im Jahr 2011 mit dem Musterentwurf und damit mit den wesentlichen Teilen des heute vorliegenden Entwurfes befasst, durch einen Bericht des damaligen Staatssekretärs Schild. Seitdem war das Strafvollzugsrecht sozusagen permanentes Thema, nicht nur im Ausschuss, sondern auch im Plenum und zumindest in meiner Fraktion. Deshalb kann man nicht sagen, dass unbotmäßig auf die Tube gedrückt worden ist. Vielleicht muss man sich innerhalb der einen oder anderen Fraktion etwas besser organisieren. Wir jedenfalls konnten unseren Änderungsantrag stellen. Wir werden dem auch zustimmen, wie im Übrigen dem gesamten Gesetz. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Theis. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion hat mit der Drucksache 15/439 einen Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages Drucksache 15/439 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/439 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Der Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung hat mit der Drucksache 15/441 einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages Drucksache 15/441 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/ 441 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE und PIRATEN, enthalten hat sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 15/386. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/386 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/386 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE und PIRATEN, enthalten hat sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Gesetz zur Bestandsdatenauskunft im Bundesrat ablehnen (Drucksache 15/431 - neu)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Michael Hilberer das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Man muss sich fast dafür entschuldigen, dieses Gesetz zur Bestandsdatenauskunft im Landtag zum Thema zu machen, denn eigentlich hätte man darauf vertrauen dürfen, dass der Bundesgesetzgeber zu einer sinnvollen und verfassungsmäßig einwandfreien und verhältnismäßigen Regelung kommt. Zumal die ursprüngliche Regelung im Telekommunikationsgesetz durch das Verfassungsgericht gekippt beziehungsweise zur Verbesserung angemahnt wurde.

Trotzdem ging eine Novellierung mit hoher Geschwindigkeit durch den Bundestag und entgegen dem Rat der Sachverständigen im Hinblick auf Detailfragen auch durch die entsprechenden Ausschusssitzungen im Bundesrat. Deshalb müssen wir jetzt - das ist unser Ziel - die Landesregierung dazu auffordern, im Bundesrat bei diesem zustimmungspflichtigen Gesetz eine Mehrheit zu finden, um den Gesetzentwurf in den Vermittlungsausschuss zu bringen, um dort an entscheidenden Stellen nachzubessern.

Ich möchte kurz auf unsere Forderungen eingehen, an welchen Stellen wir eine Nachbesserung verlangen müssen. Es findet nach dem jetzigen Entwurf keine explizite Nennung der Abrufbefugnis bei staatlichem Zugriff auf Kommunikationsdaten statt. Aktuell werden die Behörden, die diese Abrufbefugnis haben, nur aufgrund ihrer Aufgaben beschrieben, aber nicht klar benannt. Für den Telekommunikati

(Abg. Theis (CDU) )

onsanbieter stellt sich an dieser Stelle die Frage, welche Behörde wirklich auskunftsberechtigt ist. Außerdem ist es auf diese Art und Weise in der Zukunft möglich, weitere Behörden durch einfachgesetzliche Normen außerhalb des Telekommunikationsgesetzes zu ermächtigen, ebenfalls Zugriff auf diese sensiblen Daten zu bekommen. Das ist dem Schutzbedarf der persönlichen Daten nicht angemessen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Bei einem Grundrechtseingriff diesen Ausmaßes ist es ganz wichtig, dass klargestellt wird, welche Befugnisse an welcher Stelle erteilt sind. Die Lösung wäre einfach, die berechtigten Behörden explizit im Gesetz zu benennen.

Ein weiterer sehr stark kritisierter Punkt ist der der IP-Adressen, der ebenfalls bei Netzpolitikern aller Parteien stark in der Kritik steht. Lediglich die FDP hat sich etwas zweideutig dazu geäußert. IP-Adressen sind die Nummern, die ein Computer im Internet erhält, wenn er sich mit dem Internet verbindet. Diese Adressen haben eine besondere Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24.01.2012 noch einmal klargestellt, dass es eine besondere Schutzwürdigkeit gibt, wenn man eine Datenauskunft über den Anschlussinhaber haben möchte, der über diese IP-Adresse identifiziert ist. Denn es handelt sich dabei um einen Eingriff in den Schutzbereich nach Artikel 10 des Grundgesetzes. De facto ist es so, dass die IP-Adresse kein Bestandsdatum, sondern ein Verkehrsdatum ist. Die IP-Adresse ist nicht die „Telefonnummer" des Internets, sondern über die IP-Adresse kann man Rückschlüsse ziehen, was im Internet gesucht oder mit wem kommuniziert wurde, im schlimmsten Fall über Monate hinweg.

Was macht der Bundesgesetzgeber an dieser Stelle? Er erklärt die IP-Adresse per Gesetz zu den Bestandsdaten und erlaubt damit sogar Zugriff bei einfachen Ordnungswidrigkeiten. Die Folge ist, dass bereits ein minimaler Rechtsverstoß eine Inhaberabfrage durch einen beliebigen Polizeibeamten ermöglicht. Ich möchte das mit einem plakativen Beispiel erläutern: Wenn Sie falsch parken, ist bereits damit die Ermittlung Ihrer persönlichen Daten über Ihre IPAdresse möglich und damit gegebenenfalls die Offenlegung ihres Kommunikationsverhaltens über die letzten Monate. Das darf nicht sein!