Protocol of the Session on January 16, 2013

(Heiterkeit im Saal und Beifall bei der LINKEN.)

Weil es in keinem anderen Bundesland ein absolutes Rauchverbot gibt, sollten auch wir im Saarland auf einen Kompromiss hinarbeiten. Man sollte den Zustand von 2008 wiederherstellen. Ich könnte noch mehr Zitate von SPD-Politikern bringen, denn die SPD war, wie die LINKE, für einen vernünftigen Nichtraucherschutz und gegen ein totales Rauchverbot. Die CDU hat vor der Landtagswahl 2009 ein Rauchverbot mit Augenmaß versprochen. Das haben wir auch, genauso wie die Kolleginnen und Kollegen der SPD.

(Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜ- NE).)

Es will ja niemand, dass in allen Gaststätten geraucht wird, Herr Kollege Ulrich, sondern man muss das machen, wie es die CDU damals gesagt hat, mit Augenmaß. Man muss kleineren Gruppen zu ihrem Recht verhelfen, soweit das möglich ist.

Herr Kollege Linsler, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön, Herr Kollege.

Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Linsler, jetzt provozieren Sie mich doch zu einer Zwischenfrage. Wir beide saßen doch vor drei Jahren zusammen mit Herrn Lafontaine und Herrn Bierbaum zu Sondierungsgesprächen an einem Tisch, erinnern Sie sich daran? Es ging um Rot-RotGrün. Unsere Forderung war: Wenn diese Koalition zustande kommt, dann wird es im Saarland ein absolutes Rauchverbot geben. Sie saßen auf der an

deren Seite mit Herrn Lafontaine und Herrn Bierbaum, da hieß es: Kein Problem, das machen wir mit! - Das passt jetzt nicht ganz zu dem, was Sie uns hier erzählen! Sie müssen mir diese Diskrepanz schon erklären.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU). - Heiterkeit.)

Langsam, Herr Kollege Theis, Sie kennen doch den Kollegen Ulrich. Sie wissen doch, wie der Kollege Ulrich diskutiert, wenn es darauf ankommt. Er behauptet jetzt etwas, stellt es in den Raum und es stimmt nicht.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Ist das nicht wahr? Heiterkeit und Sprechen.)

Die SPD war auch dabei. Soweit ich mich erinnern kann, haben wir bei den Sondierungsgesprächen gesagt, nach Augenmaß. Was das heißt, wäre ja dann gegebenenfalls in weiteren Gesprächen klar geworden.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Okay, ich habe verstanden!)

Ich auch! Wir LINKE stehen zu unserem Versprechen und fordern weiterhin Ausnahmen für kleine, inhabergeführte Kneipen und die Möglichkeit, in separaten und gut gelüfteten Nebenräumen zu rauchen. Unsere Argumente sind dieselben wie vor vier Monaten. Inzwischen haben wir die merkwürdige Situation, dass die Regierungsparteien CDU und SPD an einem Gesetz festhalten, dass sie gar nicht haben wollten. Ich kann viel verstehen, aber das verstehe ich wirklich nicht. Wir waren uns immer einig gewesen, bis dieser Kleinstkoalitionspartner in die Jamaika-Regierung gekommen ist. Da hat sich die CDU umstimmen lassen.

(Heiterkeit und Sprechen. - Zurufe des Abgeord- neten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Jetzt hätten wir wirklich die Möglichkeit, das zu machen, was wir - die Fraktionen der CDU, der SPD und der LINKEN - damals gemeinsam tun wollten, ohne jemandem wehzutun. Die PIRATEN nenne ich deshalb nicht, weil sie damals noch nicht im Parlament waren. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Rauchverbot eine total überzogene Forderung ist. Es ist ein Kneipenvernichtungsgesetz. Natürlich müssen Nichtraucher geschützt werden, ich habe das vorhin schon gesagt, aber ein Schutz wäre auch gegeben, wenn es eigene Raucherräume geben würde und bei kleinen Kneipen der Wirt selbst entscheiden könnte, ob bei ihm geraucht werden darf oder nicht. Das hat früher funktioniert, warum soll es jetzt nicht funktionieren? Die Leute waren damals in der Mehrzahl mit dem Gesetz 2008 und mit der Nachbesserung 2009 einverstanden. Sie waren zu

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

frieden, bis zu dem Zeitpunkt, den ich jetzt nicht mehr zu zitieren brauche, als Jamaika sich darüber unterhalten hat.

Wir wollen ein vernünftiges Nebeneinander von Rauchern und Nichtrauchern. Ich selbst bin seit 30 Jahren Nichtraucher. Ich habe mich wirklich nicht daran gestört, wenn in meinem Bistro in der Talstraße geraucht wurde. Ich wusste genau, von den zwölf Leuten an der Theke rauchen etwa sieben. Ich bin hingegangen, genauso wie der Kollege Ulrich in seinen „Humpen“. Das macht er heute noch.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Die Interessenlage war damals genau die Gleiche. Sie sind in Ihre Kneipe gegangen, ich in meine, weil ich das wollte. Warum sollte man das bei einer reinen Raucherkneipe nicht weiterhin zulassen? Man kann darüber diskutieren, das machen wir gerade. Die Interessen von Nichtrauchern, Gaststätten zu besuchen und Gaststätten zu betreiben, müssen ausgewogen berücksichtigt werden. Nach unserer Auffassung soll wieder geraucht werden dürfen in Kneipen mit separatem und belüftetem Nebenraum, in Kneipen, die kleiner als 75 Quadratmeter sind das Verfassungsgericht im Saarland hat das betont und in Kneipen, die vom Inhaber selbst geführt werden. Alles andere, Kollege Ulrich, ist reine Ideologie und reiner Antiraucherwahn, da führt kein Weg daran vorbei. Die Zeche dafür bezahlen unter anderem die Wirte selbst. Ich habe es vorhin schon angedeutet. Das Landesverfassungsgericht hat ja zu bedenken gegeben, dass das totale Rauchverbot - Frau Präsidentin, ich zitiere - einen „schwerwiegenden Eingriff in die Gewerbefreiheit der Gastwirte“ darstellt. Das hat das Landesverfassungsgericht vor nicht allzu langer Zeit betont. Daran sollten sich die Fraktionen, die früher anderer Auffassung waren, erinnern.

Wir können es nicht hinnehmen, dass Existenzen vernichtet werden, weil eine Kleinstpartei verbissen ihren Willen durchgesetzt hat und bei dem Willen bleiben wird. Die Demokratie funktioniert in meinen Augen anders. Sie funktioniert so, wo die Mehrheit ist. Das war bei Jamaika so, jetzt sind die Mehrheiten anders. Sie müssen nur ein bisschen über die Hürde springen und dann würden wir das Gesetz ändern. So einfach ist das.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wie in Bayern bei der Volksabstimmung. Da waren zwei Drittel der Menschen für das absolute Rauchverbot.)

Zu der Volksabstimmung ist heute schon viel gesagt worden. Wenn die zuständigen Fraktionen da schneller gearbeitet hätten - die hatten ja einmal angedeutet, dass man das mit einer Volksabstimmung machen will, Raucher und Nichtraucher -, dann hätten wir uns anschließen können. Trotzdem, man muss nicht unbedingt, wenn es so wäre, die erste

Volksabstimmung im Saarland für Raucher oder Nichtraucher machen. Aber wenn es sein soll! Es kann aber nicht so lange dauern, dass wir immer wieder warten und noch einmal warten. Das dauert uns, zumindest was die LINKEN angeht, zu lange.

Saarländische Gastwirte haben jetzt einen deutlichen Wettbewerbsnachteil, weil es etwa in Rheinland-Pfalz kein derartiges strenges Rauchverbot gibt. Kollege Ulrich, Rheinland-Pfalz grenzt an das Saarland. Bayern ist ein bisschen weiter weg. Auch in Baden-Württemberg gibt es Ausnahmen für Raucher. Dort gibt es eigene Raucherräume, die wir auch verlangen. Weder Schwarz-Gelb noch RotGrün haben das geändert.

Inzwischen haben wir durch diese überzogene Regelung noch ganz andere Probleme. Immer mehr Anwohner beschweren sich über Lärm, weil Raucher nicht mehr in den Kneipen rauchen dürfen, sondern nur noch vor den Kneipen. Das Bild kennt jeder, hat jeder vor Augen. Das ist in Saarlouis so, Herr Kollege Ulrich, wie in Saarbrücken. Das mit dem Lärm ist für die Anwohner fast nicht mehr zu ertragen. Für dieses Problem habe ich Verständnis. Die, die rauchen, sind außerdem in der Gefahr, dass sie sich noch andere Krankheiten zuziehen, wenn sie in der Kälte herumstehen müssen. Das ist überzogen.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE). Abg. Schmidt (SPD): Genau!)

Der Kollege Schmidt ist Raucher, er hat mehr als recht.

(Lachen und Beifall bei den Regierungsfraktio- nen.)

Das überzogene Totalverbot muss jetzt geändert werden und nicht irgendwann, vielleicht. Wir beantragen, dass das an den Ausschuss für Soziales und Gesundheit überwiesen wird.

(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) : Gesundheit!)

Es ist fast keiner mehr von der Presse da, dann könnte man ja auch deutlicher werden: Das wäre doch der richtige Weg! Jetzt einmal an die Regierungsfraktionen: Das habt Ihr doch vorher auch gesagt. Wir geben es in den Ausschuss. Dann kann sich der Ulrich einbringen, er kann dann reden und diskutieren. Wir können alle gemeinsam diskutieren. Dann bekommen wir auch als Parlament etwas hin. Wir wollen - das wissen Sie genauso gut wie wir - ja nicht, dass die Nichtraucher nicht zu ihrem Recht kommen, im Gegenteil.

Wir wollen allerdings, dass auch die Rechte der Minderheiten - Raucher sind momentan in der Minderheit, wie ich das einschätze - einigermaßen gewahrt bleiben. Ich bitte Sie deshalb, machen Sie dem Wahnsinn ein Ende! Lassen Sie uns gemeinsam zur

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

alten Regelung der CDU zurückkehren für eine saarländische Lösung ohne missionarischen Übereifer, im Sinne der Gastwirte und im Sinne der Lebensfreude im Saarland. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Linsler. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Pia Döring von der SPD-Landtagsfraktion.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Jetzt spricht die Raucherin!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es wieder um die unendliche Geschichte des Nichtraucherschutzgesetzes im Saarland, die hoffentlich in diesem Jahr ein Ende findet, mit dem alle Bürgerinnen und Bürger im Saarland leben können. Das Thema Nichtraucherschutzgesetz ist ein emotionales Thema, das die Menschen bewegt und eine Gratwanderung zwischen der Selbstbestimmung der Menschen und staatlicher Bevormundung ist.

Es ist schwierig, bei einem solchen Thema den richtigen Mittelweg zu finden. Es geht um die Gesundheitsbeeinträchtigung der Menschen. Wie steht das im Verhältnis zur Freiheit und zum Selbstbestimmungsrecht der Menschen? Endet dieses Recht dort, wo es andere gesundheitlich gefährdet? Auf die unterschiedlichste Art und Weise wurde und wird dieser Interessenkonflikt diskutiert, wie man ein vernünftiges Nebeneinander von Rauchern und Nichtrauchern gestaltet. Es gibt nichts, was zu diesem Thema nicht schon gesagt wurde.

Auf der einen Seite geht es um die Interessen der Gewerbetreibenden und Vereine sowie die der Raucher, die die Rückkehr zum Nichtraucherschutzgesetz Stand 2008 fordern und sich in ihrem Recht auf Selbstbestimmung stark beschnitten und bevormundet fühlen. Ihrer Meinung nach führt das totale Rauchverbot in der Gastronomie nur zu einer Spaltung der Gesellschaft und zu Existenzvernichtungen. Auf der anderen Seite geht es um den Schutz der Nichtraucher, die Gefahren des Passivrauchens sowie die Gefahren auch für Raucher und vor allem für Jugendliche und Kinder. Die gesundheitlichen Gefahren sind unbestritten und oft genug diskutiert worden.

Wir wollen bei diesem schon sehr kontrovers diskutierten Thema keine Erziehung der Menschen per Gesetz, keine Gängelei mündiger Bürgerinnen und Bürger, keine staatliche Reglementierung und Bevormundung durch die Regierung. Wir vertrauen auf

mündige Bürgerinnen und Bürger beim Nichtraucherschutzgesetz, selbst entscheiden zu dürfen. Aus diesem Grund werden wir das Volksabstimmungsgesetz in der Verfassung des Saarlandes ändern und mehr direkte Demokratie wagen, um durch eine aktive Bürgergesellschaft und Mitbestimmung eine dauerhafte Akzeptanz unseres Gemeinwesens zu sichern.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Mit dem heutigen Tage haben wir die Voraussetzungen für ein Volksbegehren und die Änderung des Volksabstimmungsgesetzes auf den Weg gebracht und werden zügig ins Verfahren einsteigen, damit die Bürgerinnen und Bürger frei entscheiden können, ob das Nichtraucherschutzgesetz noch einmal geändert wird oder so bleibt, wie es ist. Wir überlassen es den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, darüber abzustimmen, wie in Zukunft das Nichtraucherschutzgesetz in diesem Land aussehen soll. Wir halten es für wichtig, dass die saarländische Bevölkerung nach diesem Hin und Her in dieser umstrittenen Frage selber für Klarheit sorgt. Wir lehnen den Antrag ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Döring. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Jasmin Maurer von der Fraktion der PIRATEN.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Zuerst einmal: Ich bin Nichtraucher.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Bravo! Abg. Pauluhn (SPD): Nichtraucherin!)

Ich denke, dass Rauchen ungesund ist, das wissen wir alle, dazu brauchen wir keine Rede im Plenum. Rauchen erhöht das Risiko von Herzinfarkten und Hirnschlägen und ist auch für ein erhöhtes Auftreten von Lungenkrebs verantwortlich. Aus diesem Grund wurde in der letzten Legislaturperiode, in der Jamaika regiert hat, ein Gesetz verabschiedet, welches das damals bestehende Nichtraucherschutzgesetz massiv verschärfte. Der vorliegende Entwurf der LINKEN möchte zur vorherigen Regelung zurückführen. Gehen wir dies der Reihe nach durch.