Protocol of the Session on January 26, 2012

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Herr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute in 60 Tagen werden Landtagswahlen stattfinden. Deshalb ist es verständlich, dass dieser Tag auch zum Schaulaufen genutzt wird. Deshalb will ich Ihnen, Kollege Hartmann, heute nur ins Stammbuch schreiben: Sie haben recht, dieses Land hat kein Theater verdient. Deshalb ist die Koalition beendet worden.

(Beifall bei der CDU.)

Damit ist schon alles gesagt. - Ich erlaube mir auch den Hinweis, Frau Kollegin Willger, wenn man in der Regierung einer Reform zugestimmt hat, sollte man zumindest eine Woche warten, bevor man sich von dem absetzt, was man mitbeschlossen hat. Das wäre hilfreich.

(Beifall bei CDU und SPD.)

Kollege Maas, Sie haben sicherlich viel Zutreffendes gesagt, aber ich meine, bei der Bewertung von zweieinhalb Jahren Regierungszeit sollten Sie unterscheiden zwischen den Zerwürfnissen in einer Partei und einer Regierung, die gut funktioniert hat und dies auch nachgewiesen hat, im Bereich der Schulpolitik, der Industriepolitik, in allen Politikbereichen. Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie zunächst nicht bereit waren - dies sogar im Unterschied zu den LINKEN -, in die Mitverantwortung zu gehen,

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Hört, hört!)

als es darum ging, der demografischen Entwicklung Rechnung zu tragen und eine Schulreform zu machen.

(Vereinzelt Beifall.)

Deshalb bin ich froh, dass jetzt offensichtlich ein neuer Weg beschritten wird.

Ich will Ihnen ein Zweites ins Stammbuch schreiben. Wer der Regierung sagt, dass sie den Namen „Regierung“ nicht verdient hatte, selbst aber bis Oktober 2011 gebraucht hat, um die Realitäten zu akzeptieren - worüber wir sehr froh sind, weil dies eine Basis für eine Koalition sein kann -, nämlich die Schuldenbremse, hat zumindest vor diesem Termin auch nicht bewiesen, dass er regierungsfähig war. Deshalb würde ich mich an Ihrer Stelle etwas zurückhalten, wenn Sie die Arbeit der Regierung, die zweieinhalb Jahre hier im Amt war, bewerten.

(Abg. Maas (SPD) )

(Beifall bei der CDU.)

Kollege Lafontaine, was Ihren Beitrag heute betrifft, möchte ich mich gerne dem Kollegen Maas anschließen. Gäbe es eine Festlegung auf Rot-Rot, wäre das legitim und Sie würden jubeln. Gibt es eine Aussage, dass es gut möglich ist, dass eine Große Koalition kommt, ist das Betrug am Wähler. Insofern ist mir klar: So wie es passt, wird es dann bewertet.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das ist so nicht gesagt worden.)

Wenn Sie sich Gedanken machen über die Frage, ob es genügend Schnittmengen gibt, wäre es vielleicht auch einmal spannend, bei den Schnittmengen etwas zu differenzieren. Wo haben Sie die großen Schnittmengen? Zwischen LINKEN und der SPD auf der Ebene, auf der wir nichts zu entscheiden haben, auf der Bundesebene.

(Zuruf: Das ist auch falsch.)

Das muss man sehr genau auseinanderhalten. Und wo bestehen die Schnittmengen im Lande? Zwischen SPD und CDU, dort wo es darum geht Verantwortung zu tragen. Dort sind Sie nicht dabei.

(Beifall bei der CDU.)

Deshalb überlassen Sie es am besten den einzelnen Parteien zu definieren, wo Schnittmengen liegen und wie dieses Land in den nächsten fünf Jahren verantwortlich geführt werden kann.

Wenn Sie hier das Wort „Betrugsmanöver“ in den Mund nehmen, ist das geradezu abenteuerlich. Wer hier seit zweieinhalb Jahren so tut, als könnten die Probleme der Welt, Europas, Deutschlands und des Saarlandes über die Vermögenssteuer gelöst werden, wer so tut, als könnte die Vermögenssteuer auf Bundesebene dazu führen, dass wir die Schuldenbremse einhalten, wer verschweigt, dass die Vermögenssteuer davon abhängig ist, wie die Mehrheitsverhältnisse auf Bundesebene sind und dass eine Veränderung dieser Mehrheitsverhältnisse noch etwas dauern wird - die nächste Bundestagswahl ist 2013 -, wer niemandem erklärt, was bis dahin gemacht werden soll, um die Schuldenbremse einzuhalten und wie wir dann die 260 Millionen Euro jährlich erhalten sollen, wer so agiert und alles offen lässt, der gaukelt den Menschen etwas vor. Wer hier behauptet, man könnte mehr ausgeben, man könnte das Personal im öffentlichen Dienst halten, man könnte Leistungen erbringen, so viel man nur will im Himmel ist Jahrmarkt -, und gleichzeitig sagt, die Schuldenbremse halten wir ein, das Land bleibt selbstständig, der gaukelt den Menschen etwas vor, und zwar nicht erst seit heute, sondern seit zweieinhalb Jahren. Das muss und wird im Wahlkampf demaskiert werden, darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der CDU.)

In dem Zusammenhang möchte ich nur noch einmal einen Punkt aufgreifen. Man stelle sich einmal vor, es argumentiert jemand in der jetzigen Situation, bei 32.000 Arbeitslosen darf kein Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst verloren gehen. In einer Zeit, als wir über 50.000 Arbeitslose hatten - das war Ihre Regierungszeit, Herr Lafontaine -, da war das kein Problem; da sind Tausende von Bediensteten bei den Lehrern, bei der Polizei und in anderen Bereichen nach Hause geschickt worden. Das muss man sich einmal vor Augen halten! Derselbe Politiker gaukelt heute den Menschen vor, bei zurückgehender Schülerzahl, bei zurückgehender Bevölkerungszahl könnten wir in allen Bereichen das Personal auf dem jetzigen Stand halten und wahrscheinlich gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten. Damit werden die Menschen glattweg belogen. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU.)

Deshalb sage ich Ihnen, dieser Landtag, die Wählerinnen und Wähler sind nicht dafür da, Ihr Schaulaufen für bundespolitische Ambitionen zu begleiten.

(Erneuter Beifall bei der CDU.)

Wir sind da - und es kann gut sein: gemeinsam mit der SPD -, um saarländische Interessen wahrzunehmen. Uns geht es um unser Land, nicht darum, ein Schaulaufen für die Bundesebene zu veranstalten. Deshalb ist es, meine ich, schon eine Offenbarung, wenn derjenige, der so gaukelt, uns vorwirft, wir würden den Menschen nicht die Wahrheit sagen. Das muss man sich einmal vorstellen!

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Du bist der Obergaukler.)

Wir haben einiges gegenüber der Bevölkerung vertreten. Ich nenne nur das Beispiel öffentlicher Dienst. Dort haben wir Nullrunde gemacht, Beihilfe gekürzt, Beförderungsbudget gekürzt. Ich sage es nicht gerne hier, weil es nicht populär ist, weil jeder weiß, dass man damit keine Stimmen gewinnt, sondern verliert. Wenn so etwas gemacht wird, wird es aus Verantwortung für unser Land gemacht. Wenn dann demjenigen, der solche Wahrheiten nicht nur verkündet, sondern auch durchgeführt hat, hier vorgehalten wird, wir würden den Bürgerinnen und Bürgern nicht die Wahrheit sagen, denn gebe ich Ihnen heute zur Antwort: Wir werden im Wahlkampf den Menschen sagen, was wir aus Verantwortung für dieses Land machen. Wir wollen natürlich auch den öffentlichen Dienst mitnehmen, aber mit ehrlichen Aussagen. Und wenn jetzt bei der Polizei eine große Mehrheit zustande gekommen ist für eine Reform, die beides zusammenbringt, nämlich eine Konzeption, die auf Dauer Sicherheit gewährleistet, aber auch Zugeständnisse an die Herausforderungen der Schuldenbremse, ist das ein sehr positives Beispiel, das nichts mit Annäherung zu tun hat, sondern

(Abg. Meiser (CDU) )

schlichtweg mit Verantwortung. Wenn Sie das hier kritisieren, kann ich das nicht verstehen - tut mir leid. Das war doch ein sehr gutes Beispiel dafür, dass es möglich ist, gemeinsam für dieses Land Verantwortung zu tragen.

Und ich ziehe heute die Bilanz, dass Sie im Regierungshandeln von CDU, GRÜNEN und FDP offensichtlich vieles gut gefunden haben. Die LINKEN haben die Schulpolitik mitgetragen - sogar eine Verfassungsänderung -, die SPD hat die Polizeireform mitgetragen. Das sind doch beste Beispiele dafür, dass es keinen Raum dafür gibt, die Politik der letzten zweieinhalb Jahre zu diffamieren.

Deshalb sage ich auch mit Blick auf die Zukunft, wir wollen die Basis, die in diesen zweieinhalb Jahren geschaffen wurde, nutzen, um unser Land fortzuentwickeln. Wir stehen dazu, dass es stabile Verhältnisse und einen klaren Kurs geben soll. Ein klarer Kurs heißt: Wir haben jetzt ein Zwei-Säulen-Modell in der Schule und dazu stehen wir. Das ist fortzuentwickeln. Wir werden natürlich im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten auch versuchen, die Qualität noch zu verbessern. Wir haben in der Koalition mit GRÜNEN und FDP klargemacht, dass wir ein Industrieland sind und bleiben wollen und dies in Einklang mit ökologischen Bedingungen bringen wollen und vieles andere mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Weg, den wir gemeinsam aus Verantwortung für unser Land eingeschlagen haben, gehen wir, um einen klaren Kurs und stabile Verhältnisse für die Menschen in unserem Land zu haben. Deshalb ist es logisch und gut, dass wir uns dem Votum der Wählerinnen und Wähler am 25. März stellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU.)

Das Wort hat Ministerpräsidentin Annegret KrampKarrenbauer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der saarländische Landtag wird heute über eine Auflösung entscheiden, die den Weg für Neuwahlen frei macht. Die Entscheidung, die heute ansteht, ist auch das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, der in den letzten beiden Wochen stattgefunden hat. Sie ist das Ergebnis von zweierlei Entscheidungen. Zum einen gab es die Entscheidung mit Blick auf die Verantwortung für dieses Land und im Hinblick auf stabile Verhältnisse eine Koalition zu beenden, die deshalb nicht mehr tragfähig war, weil es einen Partner gegeben hat, der sich selbst zerrüttet hat. Das ist der Befund des heutigen Tages. Und daran ist überhaupt nichts zu

rückzunehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU.)

Der Landtag steht heute vor dieser Entscheidung, weil in den Sondierungen klar geworden ist, dass neben der Frage, wie breit die inhaltliche Grundlage ist, auch die Frage entscheidend ist, ob eine Regierung, wenn sie ohne Neuwahlen zusammenkommt, von Anfang an handlungsfähig ist für das, was dieses Land braucht. Eine Regierung, die einen Übergangscharakter für ein Jahr hat und die alle wichtigen Entscheidungen dann auf die Zeit nach der Bundestagswahl schiebt, ist nicht das, was die Menschen in diesem Land unter dem Begriff Große Koalition verstehen. Das ist nicht das, wofür sich die CDU in einer Großen Koalition hergeben würde. Und deswegen ist der Weg zu Neuwahlen alternativlos, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU.)

Ich möchte an dieser Stelle mit Blick auf die Einlassungen des Kollegen Hartmann eines deutlich sagen. Die Liberalen im Saarland und die Liberalen in der Bundesrepublik Deutschland haben eine große Tradition und haben vieles zum Gelingen dieses Staatswesens beigetragen. Sie waren Anfang der Achtzigerjahre, als Sie bereit waren, die Koalition zu wechseln, der Garant dafür, dass außenpolitisch mit dem Nato-Doppelbeschluss die richtigen Weichen gestellt wurden, als die SPD als verlässlicher Kantonist ausgefallen war, weil sie damals ihren eigenen Bundeskanzler im Stich gelassen hatte. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer heute hier die Einlassungen des Kollegen Hartmann gehört hat, der muss und kann nur feststellen, dass das eine Bankrotterklärung für die liberale Politik in diesem Land war. Das, was Sie heute Morgen hier gesagt haben, war eine Bankrotterklärung!

(Beifall bei der CDU.)

Angesichts der auch von Ihnen in den letzten Wochen produzierten Schlagzeilen würde ich mich mit Schuldzuweisungen und mit dem Vorwurf, dass in den Ministerien nichts mehr funktioniert, sehr zurückhalten. Die Ministerien in diesem Land sind Dank der harten Arbeit der Kolleginnen und Kollegen vor Ort auch heute gut aufgestellt. Ich bin sehr dankbar, dass wir auf diesen funktionierenden Apparat zurückgreifen können, denn das ist es, was die Saarländerinnen und Saarländer brauchen. Das hat überhaupt nichts mit Wahlkampf zu tun. Wer so denkt, der zeigt wes Geistes Kind er ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU.)

Und natürlich ist es angesichts der Debatten der letzten Wochen und angesichts der Tatsache, sehr geehrter Herr Kollege Lafontaine, dass Sie sich viel

(Abg. Meiser (CDU) )

leicht einen Tick zu früh aus dem Spiel genommen haben, verständlich, dass Sie alles andere als begeistert sind über die Entscheidung, dass es Neuwahlen geben wird. Ich will an dieser Stelle aber ganz offen sagen, dass wir hier einen fundamentalen Unterschied haben. Ich war schon immer der Auffassung, dass der Bundesrat vor allem ein Instrument ist, um saarländische Interessen durchzusetzen und dass der Bundesrat nicht dazu taugt, um ein parteipolitisches Schaulaufen zu machen. Über die Fragen Vermögenssteuer, Spitzensteuersatz und Mindestlohn wird im Jahr 2013 im Zuge der Bundestagswahl entschieden. Und deswegen sage ich: Die Menschen in diesem Land wählen bei einer Landtagswahl Politikerinnen und Politiker, damit sie ihre Hausaufgaben hier im Land erledigen. Die sollen kein Schaulaufen auf Bundesebene veranstalten. Das war zwar immer Ihre Auffassung, aber mein Amtsverständnis ist das nicht. Und mit meinem Amtsverständnis stelle ich mich den Saarländerinnen und Saarländern zur Wahl.

(Beifall bei der CDU.)

Es führt kein Weg daran vorbei. Die Realitäten in diesem Land sind so, wie sie sind. Wir unterliegen der Schuldenbremse und wir müssen sie einhalten, weil daran auch die entsprechenden Bundeshilfen hängen. Das hat nichts damit zu tun, dass man irgendwo in irgendwelchen Zirkeln theoretisch darüber diskutieren kann, wie man die Welt rettet. Das hat etwas damit zu tun, dass ich im September vor dem Stabilitätsrat stehe und dass ich Punkt für Punkt nachweisen muss, wie das Konzept aussieht. Es geht darum, die Bundeshilfen für dieses Land zu erhalten. Das ist Verantwortung für dieses Land. Das ist die Anerkennung der Realität. Wir stehen zu dieser Realität, Sie verschließen davor die Augen.

(Beifall bei der CDU.)