Protocol of the Session on September 21, 2011

Darauf gebe ich Ihnen gleich Antwort, lieber Herr Kollege. - Allein der Einnahmesicherung dient die Strafvorschrift im Steuerrecht, nichts anderem. Es geht nicht darum, zu kriminalisieren.

(Weitere Zurufe von den Oppositionsfraktionen.)

Nein, es geht nicht darum, zu kriminalisieren. Es geht darum, diejenigen zu bestrafen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen wollen und nicht nachkommen. Es geht doch nicht darum, diejenigen zu bestrafen, die ihre Steuern ordentlich zahlen!

Daher können wir doch alle gut damit leben, dass nun Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Ich bin sehr dankbar, dass der Kollege Schmitt das auch explizit ausgeführt hat. Künftig werden wir in dieser Frage eine korrekte Besteuerung haben. Klar, es bleibt ein unangenehmer Beigeschmack, wenn Steuersünder im Ausland gegenüber Steuersündern im Inland strafrechtlich bessergestellt werden. Keine Frage. Nichtsdestotrotz ist das Abkommen richtig, da es nun einmal im Ausland nicht die Strafverfolgungsmöglichkeiten wie im Inland gibt. Es wird insoweit nur eine der Realität angepasste Lösung geschaffen.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Ja, so kann man das wohl auch sehen.)

Die Landesregierung aufzufordern, die Umsetzung des Abkommens zu verhindern und damit auf Einnahmen in Milliardenhöhe zu verzichten, stellt eine destruktive Blockadepolitik dar. Das ist eine Politik zulasten der deutschen Bürger. Damit machen Sie sich zum Genossen der Steuerhinterzieher.

(Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das musst du mir noch mal erklären, das habe ich nicht verstanden!)

Ich appelliere an Ihren gesunden Menschenverstand: Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass das Abkommen die Durchsetzung bundesdeutscher gesetzlicher Steueransprüche auf dem Hoheitsgebiet eines fremden Staates in voller Höhe - in voller Höhe! - gewährleistet. Und ebenso wichtig: Der Schutz der Privatsphäre von Bankkunden bleibt gemäß den Gesetzen und Vorstellungen des entsprechenden Staates auf dessen Hoheitsgebiet gewährleistet. Es

handelt sich so gesehen um einen Beitrag zur Unterbindung der Steuerhinterziehung und auch zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen ohne dass gleich die Kavallerie ausrückt.

Übrigens: Nicht alle Kapitalanlagen deutscher Bürger im Ausland sind unversteuertes Geld beziehungsweise, wie Sie es nennen, „Schwarzgeld“.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Sondern?)

Tatsächlich trachten auch viele steuerehrliche Bürger danach, ihr Geld in vertrauenswürdigen Volkswirtschaften und Staaten sicher anzulegen. Das ist einer bei uns seit Jahren unsicheren Haushaltspolitik und der mangelhaften Haushaltsführung in Deutschland zu verdanken.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Also Schwarz-Gelb!)

Gerade auch Sie mit Ihren ständigen unbezahlbaren Forderungen nach Ausweitung des Sozialstaates tragen Verantwortung für das Misstrauen der Bürger in Währung und Geldsicherheit.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wir sind also schuld, dass die die Steuern nicht zahlen! - Lachen bei den Oppositionsfraktionen.)

Vertrauenswürdige Finanzpolitik und faire Steuern halten deutsches Kapital in Deutschland. Damit würden sich die hier diskutierten Fragen von allein erledigen.

Ich fasse die wesentlichen Vorteile des Abkommens kurz zusammen. Erstens: Das Steuerabkommen sieht für die Zukunft eine Abgeltungssteuer vor. Für künftige Kapitalerträge und Kapitalgewinne soll ein einheitlicher Steuersatz von 26,375 Prozent gelten. Dies entspricht dem Abgeltungssteuersatz in Deutschland. Die vollständige Gleichbehandlung ist also gewährleistet. Damit gewährleistet das Abkommen die Durchsetzung berechtigter Steueransprüche so, als ob sich das Kapital in der Bundesrepublik Deutschland befände.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen kurzen Exkurs zur Abgeltungssteuer. Mit der Abgeltungssteuer wird für Kapitalerträge, ähnlich wie bei der Lohnsteuer, ein sogenanntes Quellenabzugsverfahren angewandt. Die Erbringer der Kapitalerträge beziehungsweise die auszahlenden Stellen, zum Beispiel Banken oder Finanzdienstleister, behalten die Steuer ein und führen sie direkt an das Finanzamt ab. Durch die Abgeltungssteuer ist es also unmöglich, Kapitalerträge vor dem Fiskus zu verheimlichen. Und nur darum muss es uns gehen: Das Verheimlichen von Einkünften muss unmöglich gemacht werden.

Das Argument, die Abgeltungssteuer sei ungerecht und vor allem für Steuerzahler mit einem Steuersatz höher als 25 Prozent von Vorteil, da diese eben nur den Abgeltungssteuersatz zahlen müssten, geht fehl. Denn für alle, die einen niedrigeren persönli

(Abg. Hinschberger (FDP) )

chen Steuersatz haben, gibt es die Möglichkeit, sich die Differenz über die Steuererklärung vom Finanzamt zurückzuholen. Dadurch fördert der Staat die private Vermögensbildung und die private Altersvorsorge, dies unabhängig von der Höhe des persönlichen Einkommens.

Zweitens. Es kann zukünftig besser verhindert werden, dass neues Schwarzgeld in der Schweiz angelegt wird. Zu diesem Zweck können deutsche Behörden im Sinne eines Sicherungsmechanismus Auskunftsgesuche stellen. Diese bedürfen jedoch eines plausiblen Anlasses, um sogenannte Fishing Expeditions auszuschließen. In der Tat: Die Vereinbarung von 500 Auskünften muss man im Rahmen der Durchführung dieser Maßnahmen noch einmal dahingehend werten, ob das ausreichend ist. Gegebenenfalls muss auch hier noch einmal nachverhandelt werden.

Drittens, und das ist besonders wichtig: Es wird die Möglichkeit einer Vergangenheitsbesteuerung geben. Für Personen mit Wohnsitz in Deutschland werden bestehende Bankbeziehungen in der Schweiz im Nachhinein versteuert. Die Höhe dieser Steuerbelastung wird zwischen 19 und 34 Prozent liegen. Sie wird festgelegt auf der Grundlage der Dauer der Kundenbeziehung sowie des Anfangsund des Endbetrages des Kapitalbestandes. Anstelle einer solchen Zahlung wird aber auch die Möglichkeit bestehen, die Bankbeziehungen in der Schweiz gegenüber den deutschen Behörden offenzulegen. Das Abkommen gewährleistet damit die Durchsetzung berechtigter Steueransprüche auch für die Vergangenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Nicht zuletzt ist der gefundene Weg wenig personalintensiv und löst die Hehlerproblematik, zu der es beim Kauf von steuererheblichen Daten, die nicht rechtmäßig beschafft wurden, kommt. Der Ankauf von Steuer-CDs erübrigt sich dann ganz einfach und ist deshalb auch ausgeschlossen. Für uns Liberale ist das eine gute Lösung, sie trifft das, was wir hier zum Ankauf der Steuer-CDs immer wieder gesagt haben.

(Zuruf von der LINKEN: Ja, für die FDP! - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das glaube ich sogar. Für die Liberalen!)

Eines will ich ganz deutlich sagen: Die Alternative zu diesem Steuerabkommen wäre, alle Steuerflüchtigen ungeschoren davonkommen zu lassen und auf mehrere Milliarden Euro an Steuereinnahmen für die Vergangenheit, aber auch für die Zukunft zu verzichten. Meine Damen und Herren von der LINKEN, mit Ihrem Antrag machen Sie sich tatsächlich zum Genossen der Steuerhinterzieher. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab und sagen: Lieber mehr als 26

Prozent von X als 100 Prozent von nix. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsfraktio- nen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das war gar nix! - Abg. Hinschberger (FDP): So ist es doch! So ist die Realität, Herr Kollege. - Zuruf von der LINKEN: Ehrlich und mutig! So ist die FDP.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun Markus Schmitt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So viel vorweg: Wir werden Ihren Antrag „Keine Amnestie für Steuerflucht“ ablehnen. Nicht, weil wir GRÜNE dieses Abkommen mit der Schweiz unbedingt wollten, sondern weil wir, verglichen mit Ihren Positionen, andere Vorstellungen bezüglich der Alternativen haben.

Auch wir sind gegen eine Amnestie für Steuerflüchtige. Auch wir setzen uns konsequent für Steuergerechtigkeit ein. Und auch wir sind für die Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Wir wollen eine gerechtere Besteuerung der Kapitaleinkünfte. Wir wollen Regelungen, die die Erbschaftssteuer einbeziehen. Vor allem aber wollen wir eine gesamteuropäische Lösung. Im Zeitalter globaler Finanzmärkte und hochflexibler Kapital- und Geldströme ist eine bilaterale Lösung der falsche Weg. Ein automatischer Informationsaustausch, wie ihn die EU-Zinsrichtlinie vorsieht, ist der richtige Weg.

Wir hätten uns gewünscht, die Bundesregierung hätte in den Verhandlungen erreicht, dass die Schweiz von ihrem traditionellen Standortvorteil „Bankgeheimnis“ abrückt. Diesbezüglich wollen wir einfach mehr. Optimal wäre es gewesen, wäre die Schweiz ebenso wie Österreich und Liechtenstein dem Informationsaustausch beigetreten. „Legalität statt Anonymität“ beschreibt hier die vernünftige Lösung.

Man muss aber auch sehen, dass wir eine Lösung brauchen, denn der jetzige Zustand ist nachvollziehbar unhaltbar. Pragmatisch müssen wir jede Verbesserung diskutieren. Ein Schritt nach vorn bleibt ein Schritt nach vorn, auch wenn er nicht gleich über die Ziellinie führt. 50 Jahre ohne Regelung kann ich nun auch nicht als Erfolg betrachten.

Es ist auch keine Form der Steuergerechtigkeit, wenn wir darauf hoffen, dass mal wieder eine Steuer-CD im Finanzministerium auftaucht und daraufhin vermutlich nur die Spitze des Eisbergs nachzahlt. Die, die starke Nerven haben und die, die nicht auf der CD sind, kommen ungeschoren davon. Ist das dann Steuergerechtigkeit?

(Abg. Hinschberger (FDP) )

Auch ein anderes Argument muss betrachtet werden. Wir müssen unsere Einnahmesituation verbessern. Als Folge des Abkommens werden wir einen zweistelligen Milliardenbetrag erhalten. Und der wird gezahlt, egal wie hoch der Faktor X von Herrn Hinschberger ist. Das ist weniger, als dem Staat durch die Steuerflüchtlinge entgeht, aber mehr, als die CDs uns gebracht haben. Würden diese Mittel nach dem üblichen Schlüssel zwischen Bund und Ländern verteilt, würde dies auch für das Saarland eine entsprechende Summe bedeuten. Und ich bin in erster Linie gewählt, um die Interessen der Saarländerinnen und Saarländer zu vertreten, das sage ich Ihnen hier ganz deutlich.

Dies alles muss abgewogen werden. Wir brauchen ein Konzept, eine Strategie und eine wirkliche Lösung. Das fehlt mir bei Ihrem Antrag, und deswegen lehnen wir ihn heute ab. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der SPD-Abgeordnete Reinhold Jost.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich darf erst einmal zu kategorisieren versuchen, was bei den einzelnen Jamaika-Koalitionären die Begründung für die Ablehnung unseres Antrags ist. Ich weiß nicht, welche abenteuerlicher oder geistreicher ist oder ob das Eingeständnis der Ehrlichkeit höher zu bewerten ist. Bei den GRÜNEN ist es klar und deutlich die Koalitionsraison, nichts anderes. Die Aussagen der GRÜNEN auf Bundesebene und auch in anderen Landesverbänden, Kollege Schmitt, stehen in diametralem Gegensatz zu dem, was Sie hier gerade vorgetragen haben. Die sagen nämlich ganz genau das Gleiche wie wir in unserem Antrag. Das, was hier passiert, ist nicht nur verfassungswidrig, es ist letztendlich ein Schlag ins Gesicht des ehrlichen Steuerzahlers. Der Ehrliche wird hier der Dumme sein, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Bei den GRÜNEN ist es die Koalitionsraison, die dazu führt, dass sie unseren Antrag nicht unterstützen können. Bei der FDP ist es Realitätsverweigerung. Es ist nämlich nicht so, Kollege Hinschberger, wie Sie sagen, die Alternative hieße „nix“, sondern die Alternative ist die Aufforderung, dort beharrlich weiterzumachen, wo damals in der Großen Koalition insbesondere Peer Steinbrück den Hebel angesetzt hat. Man muss Druck ausüben!

(Lachen bei den Koalitionsfraktionen - Zurufe der Abgeordneten Schmitt (CDU) und Ulrich (B 90/ GRÜNE). - Sprechen.)

Alle die, die jetzt lachen, wissen ganz genau, dass dieser Druck, dass diese Auseinandersetzungen mit dem schäbigen Schweizer System - ich nenne es so, wie es ist -, nämlich Kasse zu machen mit Schwarzgeld und darauf sein System aufzubauen, dazu führen wird, dass es letztendlich so nicht haltbar sein wird. Es war richtig, hier Druck auszuüben. Dieser Druck fehlt bei Schäuble, weil er sich damit letztlich eine billige Nummer erkaufen will. Das ist die Realitätsverweigerung der FDP.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Abg. Schmitt (CDU) : Was hat Steinbrück denn erreicht?)

Dann kommt die CDU, die offen eingesteht, dass sie aus Unkenntnis dessen, was in dem Abkommen mit der Schweiz steht, unserem Antrag nicht zustimmen kann. Gut, das ist auch eine Möglichkeit, sich aus der Affäre zu ziehen. Aber ich sage Ihnen: Damit kommen Sie nicht weit.

Dieses Eingeständnis geht locker leicht über das hinweg, was hier zu behandeln ist. Es geht niedrig geschätzt um 150 Milliarden Euro an Schwarzgeldkapital - die Zahl stammt von der Deutschen Steuergewerkschaft -, die in der Schweiz liegen. Das ist Geld, das in Deutschland erwirtschaftet wurde, über das schäbige Schweizer System in die Banken eingepreist wurde und hier vorsätzlich dem System vorenthalten wird. Das ist Geld, das allen staatlichen Ebenen fehlt. Geld, das nicht für Bildung, Infrastruktur und auch die Schuldenbegrenzung vorhanden ist. Geld, das über Jahre und Jahrzehnte - ich nenne es beim Namen - mit großer krimineller Energie von teilweise schwerreichen Straftätern unter Beihilfe der Schweizer Banken dem deutschen Fiskus vorenthalten wurde. Wer dies abstreitet, leugnet die Realität und verschließt die Augen vor der Wirklichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Abg. Schmitt (CDU) : Damit habe ich aber noch keinen müden Euro versteuert.)

Der Kollege Schmitt ruft dazwischen, damit habe man noch keinen müden Euro versteuert.

(Abg. Schmitt (CDU) : So ist es!)

Ich sage Ihnen: Das ist falsch! Der Druck, den wir ausgeübt haben, hat doch seine Wirkung gezeigt. Es ist doch nicht so, als wären wir jetzt erst am Anfang der Debatte. Nein, wir sind mittendrin! Die Steuer-CDs, die uns zugespielt worden sind, die dem saarländischen Fiskus - Herr Finanzminister, vielleicht können Sie mir weiterhelfen, vielleicht kennen Sie die Zahlen für das Saarland - 50 oder 60 Millionen mehr an Nachzahlungen eingebracht haben, zeigen doch, dass sich der Druck lohnt. Wenn wir diesen Druck nun entweichen lassen, indem wir ein solches Ablasshandel-Abkommen mit der