Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute in Zweiter Lesung die Verfassungsänderung zur Gemeinschaftsschule. Die letzte schulpolitische Verfassungsänderung war, wie Ihnen bekannt sein dürfte, der Schulkompromiss von 1996, mit dem die Hauptschule und die Realschule zur Erweiterten Realschule zusammengefasst wurden.
In Vorbereitung zur Ersten und Zweiten Lesung der heute anstehenden Verfassungsänderung habe ich die Plenarprotokolle zum Schulkompromiss von 1996 studiert und dabei einige erstaunliche Parallelen festgestellt. Erstens: Damals wie heute streben wir eine strukturverändernde Verfassungsänderung an, um saarländische Schulen an geänderte Umstände anzupassen. Das Wort „Demografie“ ist hier an erster Stelle zu nennen. Zweitens: Die Verfassungsänderung wird auch diesmal nur ermöglicht, weil fast alle Parteien nicht ihre schulpolitischen Überzeugungen aufgegeben haben, sondern zu einem Kompromiss im Sinne der Schüler bereit waren. Leider kann man dies von einer Partei nicht behaupten, die 1996 noch mit an Bord war: von der SPD. Drittens: Das Gymnasium ist auch diesmal nicht Teil der Verfassungsänderung. Für das Gymnasium gilt auch zukünftig, was der damalige SPDAbgeordnete Reiner Braun am 28. Februar 1996 sagte: Es ist eine Wahlschule. Demgegenüber ist die Gemeinschaftsschule die Pflichtschulform. Sie
tritt an die Stelle der beiden bisherigen Pflichtschulformen Gesamtschule und Erweiterte Realschule.
Der Unterschied zu heute ist also gering. Wir haben nicht mehr zwei, sondern nur noch eine Pflichtschulform neben der Wahlschulform Gymnasium. Natürlich sind die die Verfassungsänderung tragenden Parteien und Fraktionen an einer hohen Qualität der Gemeinschaftsschule interessiert. Die notwendigen Maßnahmen werden unternommen. Die Gemeinschaftsschule muss als Pflichtschule attraktiv sein, um nicht als Restschule zu verkommen. Wir sind uns alle einig. Deshalb werden wir neben der Verfassungsänderung auch die Verbesserung durchführen.
In der Frage des Gymnasiums gibt es keine Änderung zu 1996. Das Wesen des Gymnasiums bleibt nach dem Wunsch der verfassungsändernden Mehrheit erhalten. Es gilt weiterhin, was die CDU-Abgeordnete Monika Beck am 27. März 1996 in der Einbringungsrede zur damaligen Verfassungsänderung vortrug: „Zum Wesen des grundständigen Gymnasiums beispielsweise gehört, dass es mit der Klassenstufe 5 beginnt, dass es eine vertiefte allgemeine Bildung vermittelt und dass der Unterricht mindestens bis einschließlich Klassenstufe 10 im Klassenverband stattfindet und dass es zur allgemeinen Hochschulreife führt. Außerdem gehört es zum Wesen des grundständigen Gymnasiums, dass jedes Gymnasium, das eine Sekundarstufe I hat, seine eigene Oberstufe hat.“ - Auch heute noch definiert diese Erklärung den Willen der die Verfassungsänderung tragenden Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/GRÜNE, LINKE und FDP zum Wesen des Gymnasiums. Diese Erklärung ist eine verbindliche Inhaltsbestimmung des Begriffs Gymnasium aus der Verfassung des Saarlandes. Wir werden hier und heute eine historische Verfassungsänderung beschließen, die die saarländische Schullandschaft für die nächsten Jahre zukunftsfähig und demografiefest macht. Deshalb werbe ich um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist von meinen Vorrednern bereits gesagt worden, dass wir heute in der Tat vor einer besonderen Abstimmung stehen, vor einer Abstimmung über eine Verfassungsänderung und damit vor einer Abstimmung, die nicht jeden Tag stattfindet. Es ist zudem eine Verfassungsänderung zu den Schulstrukturen und damit eine historische Änderung. Es ist wesentlich mehr als das, was vonsei
ten des Herrn Commerçon ausgeführt wurde, wonach es nur um das Auswechseln von Türschildern gehe, sondern es ist etwas, was wir in einer fast zweijährigen Diskussion in einem sehr breiten Kreis miteinander besprochen haben. Wir haben es in der Bevölkerung und mit denjenigen diskutiert, die von der Gestaltung von Schule beteiligt und betroffen sind. Es sind Veränderungsbedarfe diskutiert worden, die wir anerkennen und sehen müssen und die uns tatsächlich zur Verfügung stehen. Wir haben darüber gesprochen, wie wir diese Dinge am besten miteinander umsetzen. Es ist bedauerlich, dass vieles davon völlig an den Sozialdemokraten vorbeigegangen ist. Statt mitzugestalten erfahren wir bis heute Verbitterung und Ablehnung. Egal, ob es um die Beobachtung durch den Verfassungsschutz geht oder darum, dass Eltern sich beim Schulwahlverhalten erst die Gehaltszettel der Lehrerinnen und Lehrer vorlegen lassen, mit solch wüsten Unterstellungen wird argumentiert, um die ablehnende Haltung deutlich zu machen. Vieles von dem, was wir heute gehört haben, geht in Richtung Klamauk. Das ist alles andere als seriös und verantwortungsbewusst.
Die SPD verabschiedet sich aus der Gestaltung von Bildungspolitik. Sie verpasst eine historische Chance, die hier und heute gegeben ist. Sie verpasst Verantwortung, die in einem Bundesland zu tragen ist, in dem die Schulstrukturen in der Verfassung geregelt sind und in dem eine breite und übergreifende Mehrheit im Parlament notwendig ist, wenn es um die wichtige Frage von Schulstrukturen geht. Bildungsdebatten finden ohne die SPD statt - und das bei einem der wichtigsten landespolitischen Themen. Das ist bedauerlich, aber wir müssen es so hinnehmen. Heute zeigen wir, dass wir trotz allem in der Lage sind, ein zukunftsfähiges Bildungssystem innerhalb unserer Verfassung zu verankern. Der Blick über die Landesgrenzen hinweg und auch die Diskussionen im Ausschuss zeigen, dass das Saarland in bildungspolitischen Strukturen Vorreiter wird. Das ist das Ergebnis der Anhörung und der breiten Debatte der letzten zwei Jahre.
Diese Reform hat entscheidende Vorteile. Wir schaffen eine gleichwertige Schulform neben dem Gymnasium und haben in den unterschiedlichen Papieren dargelegt, wie dieses Zwei-Säulen-Modell mit den beiden gleichwertigen Schulformen aussieht. Es geht darum, dass der Schulfrieden langfristig stabilisiert wird und die Konkurrenz, die zwischen der Erweiterten Realschule und der Gesamtschule bis heute besteht, beendet wird. Es geht uns um die Verbesserung von Bildungsgerechtigkeit. Das ist ein ganz zentrales Ziel, auf das wir uns verständigt haben. Es geht uns darum, dass soziale Herkunft und Bildungsabschlüsse weiter und sehr viel mehr voneinander entflechtet werden. Es geht uns aber auch
- und das ist insbesondere im Eckpunktepapier deutlich geworden - um mehr individuelle Förderung, und zwar unabhängig von den angestrebten Schulabschlüssen. Auch das ist ein ganz wichtiges Ziel. Es geht ebenfalls darum, dass wir ganz entscheidend mitwirken bei der Frage, wie wir auf demografische Veränderungen reagieren können. Wir eröffnen Chancen gerade für kleinere Schulstandorte. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung.
Durch die Möglichkeit selbstständiger Entscheidung, was breit gestaffelt ist, stärken wir die pädagogischen Herausforderungen und schaffen wesentlich mehr Möglichkeiten. Wir wünschen uns Schulen, die für jeden Einzelnen während der gesamten Schulzeit Verantwortung übernehmen. Auch dafür legen wir heute einen Grundstein. Es geht um bessere Förderung und mehr individuelle Betreuung. Das müssen wir uns leisten, denn dies ist eine der wichtigsten Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft. Wir brauchen ein gutes und ausreichend finanziertes öffentliches Schulsystem. Wir müssen alle Möglichkeiten ausnutzen. Jede Schule muss eine gute Schule sein und die Heterogenität aller Schülerinnen und Schüler wertschätzen und bewusst nutzen. Wir sind mit unseren Möglichkeiten und den Abstimmungen auf einem sehr guten Weg, diesen wichtigen und ganz zentralen Herausforderungen gerecht zu werden. Ich freue mich, dass wir diesen Weg so weit miteinander gegangen sind und bitte ebenfalls um Zustimmung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das saarländische Landesparlament hat heute abschließend in Zweiter und Dritter Lesung über eine Verfassungsänderung im Schulbereich zu entscheiden, die weit mehr ist als eine einfache Rechtsregelung zur Neuordnung der saarländischen Schullandschaft. Die Entscheidung, die heute getroffen wird, ist eine Richtungsentscheidung in der saarländischen Schulpolitik, von ähnlicher Tragweite wie die letzte Verfassungsänderung im Jahre 1996. Damals, vor 15 Jahren, verständigte man sich mit großer Mehrheit darauf, das Schulsystem zu straffen, die Hauptschule aus der Verfassung herauszunehmen, die Erweiterte Realschule einzuführen und neben der Gesamtschule auch alle anderen Schulformen in der Verfassung zu verankern.
Auch damals gingen der Veränderung heftige Richtungskämpfe voraus, um nicht zu sagen: auch ideologische Glaubenskämpfe. Alle Richtungskämpfe
hatten sich allerdings am Ende auch an der Elternnachfrage nach Schulformen zu orientieren. Die Elternnachfrage war damals geprägt durch die mangelnde Akzeptanz der Hauptschule bei gleichzeitig gestiegenen Ansprüchen an und Bedürfnissen nach Schulformen, die auch höhere Abschlüsse zu vergeben haben, und dies natürlich möglichst wohnortnah. Dieser Situation trug, meine Damen und Herren, die damalige Schulreform, die als „historischer Schulkompromiss“ in die Geschichte einging, Rechnung.
Wenn wir uns heute wieder im Zuge einer Verfassungsänderung mit der Neugliederung unseres Schulwesens befassen, so muss es dafür Gründe geben, die erheblich sind und Beschlüsse mit solch großer Tragweite rechtfertigen. Und diese Gründe gibt es! Ich will im Wesentlichen drei Gründe anführen.
Erstens. Die Ergebnisse der PISA-Tests seit dem Jahr 2000, die zwar nicht die Strukturfrage in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt haben, uns allerdings eine intensive Qualitäts- und auch Gerechtigkeitsdiskussion von erheblichem Ausmaß bescherten, dies auch mit Blick auf den internationalen Vergleich. Durch entsprechende Maßnahmen sind wir zwar hinsichtlich der Bildungsqualität mittlerweile besser geworden, geblieben ist aber die enge Kopplung der Bildungschancen junger Menschen an die soziale Herkunft. Auch insoweit besteht also nach wie vor Handlungsbedarf, auch im Hinblick auf den Zugang zu den verschiedenen Schulformen, ihre Durchlässigkeit und ihr Bildungsangebot.
Den zweiten Grund für die Verfassungsänderung und die damit verbundene Neuordnung der saarländischen Schullandschaft bietet das veränderte Schulwahlverhalten der Eltern. Die Eltern haben zunehmend die Bedeutung der Bildung für ihre Kinder sowie die Notwendigkeit des Erwerbs von höherwertigen Abschlüssen erkannt. Im Grunde ist das eine positive Entwicklung. Wir müssen dabei zur Kenntnis nehmen, dass die Eltern Schulen wünschen, die möglichst alle Abschlüsse anbieten, die die Bildungslaufbahn möglichst lange offenhalten, die ein komplexes Fördersystem für alle Schülerinnen und Schüler anbieten, sowohl für die starken als auch für die schwachen, und die zudem ein hohes Maß an Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Bildungsgängen aufweisen.
Auch diesbezüglich gibt es, meine sehr geehrten Damen und Herren, Handlungsbedarf, denn nicht alle Schulformen bieten heute alle Abschlüsse an. Zudem müssen wir feststellen, dass zwischen der Erweiterten Realschule und der Gesamtschule ein Systemwettbewerb herrscht, den wir uns aus pädagogischen, aber auch aus finanziellen Gründen auf Dauer nicht leisten können.
Als dritten und wichtigsten Grund für eine Verfassungsänderung nenne ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, die demografische Entwicklung. Bei einem jährlichen Schülerrückgang von 2 bis 3 Prozent während der kommenden zehn Jahre - man muss sich vor Augen führen, dass das allein im Bereich der allgemeinbildenden Schulen 20.000 Schülerinnen und Schüler weniger sind - benötigen wir ein Schulsystem mit gleichwertigen Schulformen allein schon deshalb, damit sich die Schülerströme gleichmäßiger verteilen und die Eltern ein überschaubares, umfassendes und wohnortnahes Bildungsangebot zur Auswahl haben.
Aufgrund der demografischen Entwicklung muss klar sein, dass von uns ein dreigliedriges - eigentlich haben wir ja sogar ein viergliedriges - Schulsystem in den kommenden zehn bis 15 Jahren nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Bedenkt man dann noch Aspekte wie Chancengerechtigkeit und das Bildungswahlverhalten der Eltern, so ist doch eigentlich der Handlungsbedarf in der Strukturfrage unübersehbar. Und die Landesregierung ist bereit zu handeln! Dies nicht aus ideologischen Gründen, sondern ganz einfach aus pragmatischen Gründen, um das Schulsystem im Saarland für mindestens die kommenden 15 Jahre zukunftsfest zu machen und qualitativ hochwertig abzusichern. Das geht eigentlich nur über die Einführung eines Zwei-Säulen-Modells im Bereich der allgemeinbildenden Schulen, bestehend aus einerseits dem Gymnasium und andererseits der Gemeinschaftsschule.
Mit der heutigen Verfassungsänderung und den dazugehörigen Rechtsänderungen im Schulordnungsgesetz definieren wir formalrechtlich zwei gleichwertige Schulformen, die beide zur allgemeinen Hochschulreife führen, wenn auch in unterschiedlichen Organisationsformen und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Beide Schulformen, sowohl das Gymnasium als auch die Gemeinschaftsschule, werden verfassungsrechtlich abgesichert und erhalten so eine dauerhafte Bestandsgarantie. Ich würde mir wünschen - Oskar Lafontaine hat das ja angesprochen -, auf diesem Wege in diesem Land auch einen dauerhaften Schulfrieden zu erreichen.
Nach wie vor werbe ich bei allen im Landtag vertretenen Parteien, natürlich insbesondere bei der SPD, diesen Schritt vom dreigliedrigen beziehungsweise viergliedrigen Schulsystem zum zweigliedrigen Schulsystem mitzugehen und sich mit uns gemeinsam mit Blick auf ganz Westdeutschland an die Spitze einer solchen Schulreform zu stellen. Andere Länder setzen ebenso auf die Gemeinschaftsschule, mit dem perspektivischen Blick auf ein zweigliedriges Schulsystem. Ich nenne sie einmal: SchleswigHolstein, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Berlin und neuerdings auch Baden-Württemberg. In diesen Ländern geschieht das häufig noch in Ergänzung
bestehender Schulformen, zusätzlich zu den bestehenden Schulformen, auch nicht überall mit der Option einer eigenen gymnasialen Oberstufe. Vor diesem Hintergrund sage ich einmal ganz selbstbewusst: Da sind wir im Saarland bereits ein Stück weiter!
Und insoweit möchte ich auch Oskar Lafontaine korrigieren: Nicht wir orientieren uns an dieser Stelle an anderen Ländern, sondern andere Länder sind in dieser Hinsicht eher auf dem Weg, sich an dem kleinen, aber feinen Saarland zu orientieren. Darauf sollten wir doch eigentlich stolz sein!
Die Gemeinschaftsschule wird eine echte Alternative zum G 8-Gymnasium sein, man wird an ihr nach neun Jahren zum Abitur kommen können. Gemeinschaftsschulen werden, wie bereits mehrfach gesagt, dort eine eigene Oberstufe erhalten, wo genügend Schüler für ein Kurssystem vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, werden sie untereinander beziehungsweise mit Gymnasien oder auch Berufsbildungszentren kooperieren. Unter diesem Blickwinkel sehe ich die heutige Verfassungsänderung mit der Einführung der Gemeinschaftsschule ab dem Schuljahr 2012 als einen Meilenstein in der saarländischen Schulgeschichte an.
Die Wegstrecke, die wir bis heute zurückgelegt haben, war eine lange und anstrengende Wegstrecke. In zahlreichen Verhandlungsrunden haben sich die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen mit den Oppositionsparteien zu verständigen versucht. Es wurde versucht, sich aufeinander zuzubewegen. Nach meiner Wahrnehmung hat sich unsere Seite weit bewegt. Auf der Grundlage des überarbeiteten Eckpunktepapiers vom 23. Februar 2011 haben wir zur Gemeinschaftsschule noch ergänzende Maßnahmen zur Umsetzung der Schulreform angeboten. Diese Maßnahmen betreffen beispielsweise die Schulentwicklungsplanung, die Anerkennung der Abschlüsse, auch die Verkleinerung der Klassen, die Fortbildung der Lehrkräfte, die Funktionsstellenstruktur und die Gleichwertigkeit der Schulsäulen.
Bedauerlicherweise hat die SPD unseren Vorschlägen eine Absage erteilt und damit signalisiert, dass sie einen Schulkompromiss und damit - das sage ich in aller Deutlichkeit - auch einen Schulfrieden in diesem Land nicht mitzutragen gedenkt. Am Schluss hatte ich sogar den Eindruck, und die heutige Debatte bestätigt das auch wieder ein wenig, dass Forderungen erhoben werden, die entweder nicht erfüllbar, weil unrealistisch, oder auch nicht finanzierbar sind.
Betrachten wir das Thema „Klassengrößen“. Am Beispiel der Diskussion um den Klassenteiler wird deutlich, welche Politik die SPD verfolgt. Im Wahlprogramm der SPD stand noch die Absenkung des
Klassenteilers von 29 auf 27. Ich erlaube mir, aus dem "Regierungsprogramm der SPD Saar" vom 09. Mai 2009 zu zitieren. Unter der Überschrift: „Wir machen’s“ ist zu lesen -: „ (...) den Klassenteiler in einem ersten Schritt auf 27 in den weiterführenden Schulen abzusenken“. Daraus wurden später 25, dann 24, und irgendwann ist die SPD bei 23 gelandet. Allein die Forderung nach einem Klassenteiler von 25 Schülerinnen und Schülern für alle Schulformen würde zusätzliche Kosten von 17 Millionen Euro bedeuten. Ich sage in aller Deutlichkeit: Das könnte selbst die SPD nicht finanzieren. Bleiben Sie realistisch!
Ich möchte noch etwas zu dem sagen, was gestern in der Saarbrücker Zeitung stand bezüglich der Position der Arbeitskammer. Ich finde diese Position, zumindest wie ich sie der Saarbrücker Zeitung entnommen habe, nicht unvernünftig, weil sie sich nämlich unserem Vorschlag, den wir in den Verhandlungsrunden unterbreitet haben, nähert. Wir haben uns verabschiedet vom landesweiten Angebot einer durchschnittlichen Klassengröße und haben in den Verhandlungen angeboten, eine durchschnittliche Klassengröße auf die Schulstandorte bezogen festzulegen - in der Größenordnung von 26, weil wir das finanzieren könnten - und zwar gleichberechtigt für die Schulformen Gemeinschaftsschule und Gymnasium! Das ist ein Weg, den können wir weiterverfolgen. Aber auch diesen Weg hat die SPD abgelehnt. - Ich möchte der Arbeitskammer aber in einem anderen Punkt widersprechen: Wir können es uns nicht leisten, das Gymnasium bezogen auf den Klassenteiler schlechter zu stellen als die Gemeinschaftsschule. Das geht nicht! Eine Gleichbehandlung der Säulen schließt auch eine Gleichbehandlung bei den Klassenteilern ein!
Manche tragen ja die Klassengröße wie eine Monstranz vor sich her. Hier möchte ich grundsätzlich anmerken: Natürlich ist es wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir vernünftige Klassengrößen haben. Wir werden uns auch weiter darum bemühen, die Klassen zu verkleinern. Das ist allein schon aus pädagogischen Gründen wichtig. Allerdings ist die Frage der Klassengröße per se keine Frage der Schulstrukturreform. Kleinere Klassen garantieren allerdings noch lange keine andere Unterrichts- und Förderkultur! In diesem Sinne hat sich Deutschlands PISA-Papst - so möchte ich Professor Baumert einmal bezeichnen - vergangene Woche in Hannover auf der Kultusministerkonferenz geäußert, ich zitiere ihn sinngemäß: "Die Vorstellung, durch die Verkleinerung der Klassen leistungsschwächere Schüler zu fördern, ist eigentlich utopisch. Entscheidend ist die systematische Förderung im Schulsystem insgesamt." Im Grundsatz heißt das: Wir brau
chen zwar vernünftige Rahmenbedingungen wie kleinere Klassen, aber ohne eine Veränderung der Lehr- und Lernkultur in Richtung individuelles Lernen und ohne einen positiven Umgang mit heterogenen Lerngruppen werden eigentlich nur bescheidene Erfolge erzielt. Mit dem Aufbau der Gemeinschaftsschule wollen wir den Unterricht deutlich stärker individualisieren, so steht es in unserem Eckpunktepapier, und dazu neue pädagogische und methodische Wege gehen. Dazu bieten wir den Lehrkräften Fortbildungsmaßnahmen an.
Selbstverständlich stimmt es - da hat Oskar Lafontaine Recht -, dass die kleineren Klassen noch nicht der Weisheit letzter Schluss sind, sondern wir benötigen auch Maßnahmen zur Reduzierung des Unterrichtsausfalls, wie wir sie im Übrigen auch im beruflichen Bereich ergriffen haben. Dazu gehören einerseits Lehrereinstellungen und andererseits der Ausbau der Lehrerfeuerwehr beziehungsweise der mobilen Lehrerreserve. Dies werden wir so umsetzen.
Dazu brauchen wir aber auch für die Schulen mehr Eigenverantwortung, mehr Selbstständigkeit. Die Schulen erhalten die Möglichkeit, ein Förderkonzept selbst zu konzipieren. Sie erhalten die Möglichkeit, im Rahmen der erweiterten Eigenverantwortung ein Differenzierungsmodell selbst zu bestimmen. Die Schulkonferenz bleibt das entscheidende Steuerungsgremium für die Organisation der Schule. Hier haben neben den Lehrern die Eltern, aber auch die Schülerinnen und Schüler, Mitbestimmungsrechte. Gleichwohl bin ich der Auffassung - insofern wird das jetzt auch geändert -, dass diejenigen, die die pädagogische Arbeit in der Schule zu leisten haben, nämlich die Lehrerinnen und Lehrer, in der Gesamtkonferenz die Vorschläge für die Schulkonferenz zu erarbeiten haben. Insofern unterstütze ich den Abänderungsantrag des Ausschusses, der praxisorientiert die realen Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt und vor die Schulkonferenz den Beschluss der Gesamtkonferenz legt, damit die Gesamtkonferenz die Linie vorgeben kann, an der sich die Schulkonferenz zu orientieren hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seitens der SPD ist auch kritisiert worden, dass die Gleichwertigkeit der beiden Schulsäulen nicht vorhanden sei. Ich halte dem entgegen, dass die Gleichwertigkeit in der Verfassungsformulierung zum Ausdruck gebracht worden ist. Es bleibt weiteren Rechtsregelungen vorbehalten, dies natürlich noch zu konkretisieren. Sie verlangen zum jetzigen Zeitpunkt, Prüfungsverfahren zu vereinheitlichen. - Herr Commerçon, hören Sie mal kurz zu,