Protocol of the Session on December 7, 2010

Nein, das ist sie nicht. - Ich möchte zu zwei Bereichen heute Stellung beziehen. Aber bevor ich dazu komme, noch zu der Zahlentrickserei des Herrn Minister mit seinem Durchschnitt. Ein schönes Beispiel, Herr Minister. Wir beide kaufen uns ein Hähnchen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Vorsicht, Frau Ries, ich kann rechnen!)

Ich esse es alleine. Im Durchschnitt hat jeder von uns ein halbes Hähnchen gegessen, aber Sie sind immer noch hungrig. So viel zur Aussagekraft von Durchschnittszahlen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Schumacher (DIE LINKE) : Das muss man denen erklären, das haben die nicht verstanden.)

Die UN-Behindertenrechtskonvention, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss auch im Saarland umgesetzt werden. Das wissen wir. Die SPD-Landtagsfraktion hat schon drei Anhörungen dazu durchgeführt mit über 40 Verbänden. In Rheinland-Pfalz ist die UN-Konvention, der Landesbehindertenplan, schon ein Jahr in Kraft und wird schon ein Jahr umgesetzt. Wir doktern noch daran herum. Wir sind gerade erst in die Puschen gekommen, obwohl die Menschen im Saarland natürlich auch einen Rechtsanspruch auf Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention haben.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Gerade bei Behinderten und bei von Behinderung bedrohten Kindern sind die Kürzungen für die ambulante Frühförderung und die heilpädagogischen Hilfen im frühen Kindesalter - die müssen hier angesprochen werden, weil die etwas damit zu tun haben, wie der spätere Schulalltag auszusehen hat von insgesamt 3 Millionen Euro im Sozialhaushalt eine Katastrophe. 1,5 Millionen im Kindesalter, 0,5 Millionen in Kindergärten und 1 Million bei der ambulanten Hilfe zur Schulbildung und Ausbildung - damit werden die Bemühungen zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention geradezu torpediert. Das heißt, im Ministerium werden die Grundlagen verschlechtert, dass behinderte Menschen ordentlich beschult werden können. Davon betroffen sind die Arbeitsstellen für Integration in den Kindergärten und in den Schulen und die sogenannten Integrationshelfer.

Jetzt komme ich wieder zu den GRÜNEN. 2008 hat Frau Willger-Lambert zum Haushalt - das kann jeder

nachlesen - noch gesagt, man brauche mehr Integrationshelfer in den Regelschulen.

(Abg. Willger-Lambert (B 90/GRÜNE) : In den Regelschulen wird nicht gekürzt.)

Die dürfen nicht nur nicht gekürzt, die müssen ausgebaut werden. Wenn ich mehr Integration habe, brauche ich mehr Integrationshelfer. Im Ausschuss hat Herr Seiwert deutlich gemacht, dass in beiden Bereichen darüber nachgedacht wird zu kürzen.

(Abg. Willger-Lambert (B 90/GRÜNE) : Von wegen.)

Sie können ja gerne mal erklären, wie das gehen soll, weil die nämlich nicht nur in der Schule unterstützen, sondern auch bei pflegerischen Tätigkeiten. Die meisten behinderten Kinder brauchen solche Unterstützung. Da hilft es auch wenig, wenn dann der Finanzminister kaltherzig hier Zahlenspiele vorstellt und sagt: Das kann doch gar nicht sein, wir haben weniger Einwohner als andere Bundesländer, aber mehr Behinderte, folglich kann das nicht stimmen. Dann werden einfach die Hilfen gekürzt und die Konsequenz ist, wir haben dann auch weniger Behinderte.

(Abg. Kramp-Karrenbauer (CDU) : Wo war euer Abänderungsantrag?)

Das heißt, Fallzahlen in der Frühförderung werden gedeckelt und damit werden die Fälle einfach wegdiagnostiziert.

(Heftige Zurufe von der CDU.)

Frau Kramp-Karrenbauer, Sie müssen sich gar nicht aufregen. Sie wissen doch genau, dass frühe Hilfen das A und O im Kleinkindalter sind, um Behinderung abzuwenden, zu mindern und um Folgen zu mildern.

(Weiterhin heftige Zurufe von der CDU. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Das hat überhaupt keine Substanz, was Sie hier sagen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat unsere Kollegin Isolde Ries.

Wenn das keine Substanz hat, wundert es mich, dass Sie sich so aufregen, Herr Ulrich.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wenn man hier spart, dann wird man später an anderer Stelle viel mehr Geld in die Hand nehmen müssen. Minister Kessler wird sich sicherlich noch mal zu Wort melden und dann wird er uns deutlich machen können, wie er mit fehlenden Sonderpädagogen und weniger Integrationshelfern mehr Kinder und Jugendliche in Regelschulen integrieren und da

mit die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen will.

Aber auch an den Förderschulen wird es bei fehlenden Lehrern und Integrationshelfern noch schwerer werden, als es jetzt schon ist. Auch dort werden noch größere Klassen, weniger Betreuung und weiterer Unterrichtsausfall die Folge sein. Nämlich auch dort gibt es mittlerweile Unterrichtsausfall, wie uns GEW und SLLV mitgeteilt haben. Bedauerlich ist, dass die Jamaika-Fraktionen hier nicht nachgebessert haben, obwohl Ihr Staatssekretär Körner das noch großspurig in der Saarbrücker Zeitung angekündigt hat. Aber ich sehe, „Jamaika“ ist schwierig. Noch bevor die Palmen zu wedeln beginnen, ist der Winter eingekehrt und damit die nackten Tatsachen.

Wir waren einmal wirklich Spitze bei der Integration von behinderten Kindern und Jugendlichen. 1986, als das Schulordnungsgesetz im Saarland geändert wurde, war das bundesweit ein Vorzeigemodell. Heute freuen wir uns wie kleine Kinder, wenn die Bertelsmann-Stiftung sagt, das Saarland habe die meisten Integrationen. Wir liegen an dritter Stelle mittlerweile, Schleswig-Holstein und Bremen sind weit vor uns. Außerdem hat die Bertelsmann-Stiftung nur die Anzahl bewertet, aber nicht die Klasse, die dahinter steht, nicht die Qualität der Integration. Genau das ist aber sehr wichtig. Ich bestreite gar nicht, dass die Anzahl gestiegen ist. Sie sind seit elf Jahren an der Regierung. Es wäre doch verdammt noch mal schlimm, wenn die Zahlen in elf Jahren nicht angewachsen wären. Sie müssen doch in Ihrer Regierungszeit irgendwas geschaffen haben!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Aber wie sieht die Qualität aus? In den Schulen haben die Kinder gerade mal 1,5 Stützstunden im Durchschnitt, um überhaupt am Unterricht teilnehmen zu können, während in unserer Regierungszeit die Integrationen noch mit sieben bis acht Stunden gefördert wurden und in nicht wenigen Fällen über zehn Stunden betrugen. Die KMK hat laut Statistik ganz aktuell festgestellt, dass im Saarland auch immer weniger Kinder in weiterführenden Schulen integriert werden, während das in unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz steigend ist. Das wundert mich gar nicht. Sie hatten nämlich damals schon in Ihrem Regierungsprogramm stehen, dass Sie erstens mal keine geistig behinderten Kinder integrieren wollen, und zum Zweiten haben Sie gesagt, Sie wollen Kinder nicht in weiterführenden Schulen integrieren. Wegen der Proteste der SPD und der einzelnen Organisationen haben Sie das nicht mehr öffentlich gemacht, aber umgesetzt haben Sie das sehr wohl. Nachweislich gibt es nämlich ganz wenige Kinder und Jugendliche, die in weiterführenden Schulen noch integriert werden.

(Abg. Ries (SPD) )

Dann fordern wir in diesem Haushalt 24 zusätzliche Lehrerstellen, Sie haben 16 eingestellt für den Förderschulbereich. Hier haben wir eine Steigerung bei den Schülern von 3,4 Prozent, Herr Kessler. Wenn Sie 16 Lehrer neu einstellen, können Sie lediglich eine Steigerung von 2,1 Prozent abdecken. Also reicht das hinten und vorne nicht. Deshalb fordern wir Sie auf, unseren Antrag zu unterstützen. Wir müssen auch die Lehrerweiterbildung verbessern, was wir auch in unserem Antrag fordern.

Aber etwas finde ich ganz perfide und skandalös. Ich habe eine Anfrage im Landtag gemacht. Da wurde festgestellt, dass die Anzahl der sprachbehinderten Kinder von 1986 bis heute um 800 Prozent gestiegen ist, in den letzten fünf Jahren um 350 Prozent. Sie haben das auch zugegeben. Aber anstatt die Situation in der Sprachförderung zu verbessern, gehen Sie hin und streichen Mittel in der Sprachförderung. Mein Kollege Eugen Roth hat gestern von einem Lehrer aus Illingen berichtet, der Ihrer Partei angehört, ihr aber wahrscheinlich den Rücken kehren wird, weil er es für so schlimm empfindet, dass gerade bei den Ärmsten diese Gelder gekürzt werden. Wir fordern Sie auf, das zurückzunehmen, zumal wir wissen, dass ambulante Sprachförderung in den Schulen fast gar nicht mehr stattfindet.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ein weiteres Stiefkind ist die berufliche Bildung. Hier möchte ich eine Zahl nennen, die ganz entlarvend ist, weil Sie immer wieder sagen, wie toll Sie sind. 1998 haben wir pro Schüler in der beruflichen Bildung 3.200 Euro ausgegeben. Das sind Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die Sie nachlesen können. Heute geben Sie nach dem Bildungs-Finanzbericht 2010, der am 01. Dezember veröffentlicht worden ist, 3.000 Euro pro Schüler aus, das sind pro Schüler 200 Euro weniger als 1998. Im Bundesdurchschnitt wurden damals 2.600 Euro ausgegeben, im Saarland - wie gesagt - schon 3.200, also 600 mehr. Heute geben wir 3.000 Euro aus und im Bundesdurchschnitt 3.600 Euro. Das heißt, im Saarland sind die Berufsschüler - das sind immerhin 40.000 - 600 Euro weniger wert als im Bundesdurchschnitt.

Wir fordern Sie auf, statt 54 Berufsschullehrer mindestens noch 40 zusätzlich einzustellen. Wenn der Minister hier zugibt, dass die Fehlstunden von 1.800 auf 1.500 reduziert wurden, heißt das, wir bräuchten alleine 60 Lehrer, um den strukturellen Fehlbedarf zu decken. Da wir aber die Krankheitszeiten noch gar nicht abgedeckt haben, brauchen wir mehr Lehrer. Durch die Absenkung der Eingangsbesoldung wird das Saarland nicht attraktiver für Berufsschullehrer. Deshalb fordern wir Sie auf, nicht nur bei den Förderschullehrern eine Ausnahme zu machen, sondern auch im berufsbildenden Bereich. Nur das hilft. Wir können im Saarland nur selbstständig bleiben

und die Zukunft gewinnen, wenn wir mehr in die Bildung investieren. Deshalb fordern wir Sie auf, das auch zu tun.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Frau Abgeordnete Dagmar Heib.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war etwas erstaunt, als ich die Verwunderung der Frau Kollegin Ries erlebt habe, dass der Minister überhaupt davon ausgehen könne, dass der Haushalt heute verabschiedet wird. Soweit ich das parlamentarische Verfahren verstehe - liebe Frau Kollegin, Sie sind viele Jahre länger im Landtag als ich -, ist es doch so, dass über die Anträge im Ausschuss für Haushalt und Finanzen abgestimmt wurde. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass nach der Entscheidung im zuständigen Ausschuss verfahren wird. Mir ist nicht jede Haushaltsdebatte präsent, die im saarländischen Landtag stattgefunden hat, als es noch eine SPD-Regierung gab. Mir ist nicht bekannt, dass es dort immer wieder neue Abstimmungsverfahren zu den entsprechenden Anträgen gab. Ich glaube, dem wird nicht so gewesen sein, auch wenn ich es selber nicht mitverfolgt habe.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Lassen Sie mich zu Ihren Ausführungen einige Anmerkungen machen. Sie haben vorhin zum Einzelplan 05 gesprochen, den wir gestern diskutiert haben. Ich habe dazu Ihre gestrige Wortmeldung zu dem entsprechenden Etat verpasst. Ich habe extra noch einmal alle Anträge durchgeschaut, die im entsprechenden Ausschuss seitens der SPD-Fraktion vorlagen. Bei der Fraktion scheint es angekommen zu sein, dass in diesem Bereich etliche Maßnahmen erfolgen. Es wird so gearbeitet, dass es entsprechend gute Leistungen im Haushalt gibt. Liebe Frau Kollegin, das scheint bei Ihnen aber nicht angekommen zu sein, denn es gab keine Haushaltsanträge in diesem Bereich seitens Ihrer Fraktion. Das erstaunt mich in dem Fall.

(Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Lassen Sie mich nur zwei Stellen nennen. Bei den heilpädagogischen Maßnahmen in den Kindertagesstätten gab es 2010 einen Ansatz von 9,75 Millionen. Im Jahr 2011 haben wir einen Ansatz von 11,64 Millionen. Bei der Frühförderung hatten wir 2010 einen Ansatz von 10 Millionen. Im aktuellen, zu beratenden Haushaltsentwurf haben wir einen Ansatz für 2011 von 10,57 Millionen. Von daher verstehe ich nicht, wie Sie dazu kommen, dass wir hier Kürzungen vornehmen. Dadurch ist es verständlich, dass kein Änderungsantrag erfolgt ist.

(Abg. Ries (SPD) )

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es scheint auch nicht bei Ihnen angekommen zu sein, dass es Gespräche des Ministeriums mit den AfI-Stellen und den Frühförderungsstellen gibt. Man ist in einem guten Kontakt, um zwei Modellprojekte auf den Weg zu bringen, die entsprechend entscheiden, wie die speziellen Fälle - die Kinder, um die es geht - beurteilt werden und wie die richtige Therapie angebracht wird. Es geht doch darum, dass wir näher hinschauen wollen. Wir wollen genau schauen, welches Kind welche Therapie und welche Förderung braucht.

(Sprechen bei der SPD.)

Es gibt genauso gut Kinder, denen es möglich ist, in einer Gruppentherapie vielleicht sogar besser gefördert zu werden als in einer Einzeltherapie.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dann ist es sinnvoll, dass das Geld für die Kinder investiert wird, die die Einzelförderung brauchen. Das ist doch ein intelligentes Umgehen mit den vorhandenen Mitteln. Ich denke, das Ministerium ist auf einem guten Weg, das voran zu bringen. Zu Ihrer Anmerkung zur Sprachförderung. Jedem Kind im Saarland, das eine Sprachförderung dringend braucht, wird eine solche gegeben werden. Wir haben die Logopäden; die haben einen anderen Kostenträger. Wir haben dann die Krankenkassen. Wir haben die Logopäden, die in dem Bereich arbeiten, und wir haben die Frühförderungen. Es ist sinnvoll, dass diese Stellen gemeinsam arbeiten, um den Kindern, die es nötig haben, ihre Therapien zu geben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen machen zu den Stellen, die Sie angesprochen haben; zu den 70 Stellen, die Sie bei den Berufsschullehrern fordern - wenn ich das akustisch richtig verstanden habe.

(Zuruf.)