Protocol of the Session on December 7, 2010

Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrages zum Haushaltsplan des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2010 (Nach- tragshaushaltsgesetz - NHG - 2010) (Drucksa- che 14/300)

Vorlage der Regierung des Saarlandes betreffend: Ergänzung zu dem Entwurf des Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2010 (Nachtragshaushaltsge- setz 2010) (Drucksache 14/339)

Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2010 (Drucksache 14/301)

(Abg. Rehlinger (SPD) )

Vorlage der Regierung des Saarlandes betreffend: Ergänzung zu dem Entwurf des Gesetzes über die Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2010 (Haushaltsbegleitgesetz 2010) (Drucksache 14/340)

Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2011 (Haushaltsgesetz - HG - 2011) (Drucksache 14/302)

Vorlage der Regierung des Saarlandes betreffend: Ergänzung zu dem Entwurf des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2011 (Haushaltsgesetz 2011) (Drucksache 14/341)

Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) (Drucksache 14/303)

Vorlage der Regierung des Saarlandes betreffend: Ergänzung zu dem Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (Haushaltsbegleit- gesetz 2011) (Drucksache 14/342)

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 2011, Ausgaben auf den Prüfstand - aber fair (Drucksache 14/357)

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 2011 (Drucksache 14/358)

Bevor wir mit den Beratungen über die einzelnen Gruppen beginnen, erteile ich dem Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzen und Haushaltsfragen, Herrn Abgeordneten Reinhold Jost, das Wort zur Erstattung des Grundsatzberichtes des Ausschusses für Finanzen und Haushaltsfragen zum Gesamthaushalt 2011 und den Nachtragsgesetzen 2010.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegenstand der anstehenden Beratungen sind neben dem von der Landesregierung am 25. November 2010 eingebrachten Haushaltsgesetz 2011 und dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 das ebenfalls in der Landtagssitzung am 26./27. Oktober 2010 in Erster Lesung beratene Nachtragshaushaltsgesetz und das Gesetz zur Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes des Jahres 2010.

Der Haushaltsplanentwurf ist geprägt von der erstmals 2011 greifenden Schuldenbremse, die das Saarland verpflichtet, das strukturelle Defizit im Landeshaushalt jährlich um 10 Prozent zu verringern. Die aufgrund der Ergebnisse der jüngsten Steuerschätzung vom November erwarteten Steuermehreinnahmen in Höhe von 110 Millionen Euro will die Landesregierung nutzen, um bestehende Haushaltsrisiken zurückzuführen. Sie hat dazu in einem Nachtragshaushaltsgesetz für das laufende Jahr das Sondervermögen „Zukunftsinitiative“ in seiner Zweckbestimmung erweitert, um die Belastungen aus dem Sondervermögen in Höhe von 55,5 Millionen Euro abdecken zu können und dadurch den zur Einhaltung der Schuldenbremse notwendigen Defizitabbau nicht zu gefährden. Die gesetzliche Grundlage dazu wurde in Artikel 10 des Haushaltsbegleitgesetzes geschaffen.

Darüber hinaus soll im Rahmen des Nachtragshaushaltsgesetzes ein Sondervermögen „Zukunftsinitiative III - Hochschulfonds“ mit einem Gesamtvermögen in Höhe von 35,4 Millionen Euro geschaffen werden, um in den nächsten Jahren strukturelle Verbesserungen im Bereich der Universität und der Hochschule für Technik und Wirtschaft zu realisieren. Schließlich wird in Artikel 11 des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 vor dem Eindruck der schwierigen Haushaltslage der saarländischen Städte und Gemeinden eine frühzeitige Teilhabe der Kommunen an den Steuermehreinnahmen des Jahres 2011 ermöglicht. Zur Verstetigung des kommunalen Finanzausgleichs wird die Finanzausgleichsmasse für das Jahr 2010 im Vorgriff auf die endgültige Spitzabrechnung im Jahre 2012 bereits im laufenden Jahr auf der Basis der Ergebnisse der regionalisierten Steuerschätzung von rund 22 Millionen Euro nach oben angepasst. Im Ergebnis führt dies unter Berücksichtigung aller im Nachtragshaushaltsgesetz 2010 vorgesehenen Änderungen dazu, dass sich das Haushaltsvolumen um 80 Millionen Euro erhöht, die Nettokreditaufnahme kann um 30 Millionen Euro zurückgeführt werden.

Im Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2011 sinken die Ausgaben um 1,5 Prozent auf 3,559 Milliarden Euro. Die im Kernhaushalt ausgewiesene strukturelle Nettokreditaufnahme liegt bei 726,1 Millionen Euro. Hinzu kommen jahresbezogene Nettokreditaufnahmen der Sondervermögen in einer Größenordnung von rund 420 Millionen Euro.

Die Landesregierung hat zur Einhaltung der Schuldenbremse ein einschneidendes Sparprogramm beschlossen, das deutliche Einschnitte bei den Personalausgaben vorsieht, insbesondere durch eine Nullrunde für Beamte und Versorgungsempfänger, eine einjährige Wiederbesetzungssperre bei frei werdenden Stellen, eine Absenkung der Eingangsbesoldung im gehobenen und im höheren Dienst sowie

(Präsident Ley)

eine sozial gestaffelte Kostendämpfungspauschale bei der Beihilfe. Aber auch im Baubereich wurden Einschnitte vorgenommen. So wurde von den ursprünglich geplanten neuen Baumaßnahmen in Höhe von rund 44 Millionen Euro etwa die Hälfte zeitlich gestreckt oder gänzlich gestrichen, wie zum Beispiel die Erweiterung des Fraktionsgebäudes im Landtag des Saarlandes.

Dazu kommen Einsparungen aller Ressorts in Höhe von insgesamt 30 Millionen Euro und sozialverträgliche Beitragsstaffelungen beim dritten Kindergartenjahr, den Schülerbeförderungskosten und den Elternbeiträgen für Ganztagsschulen. Zur weiteren Einnahmeverbesserung dient die Anhebung der Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 4 Prozent mit erwarteten Mehreinnahmen in Höhe von 4 Millionen Euro.

Die aufgrund der aktuellen Steuerschätzung, der Erhöhung des kommunalen Finanzausgleichs und der Reduzierung der Zuführung des Landes an den Fonds „Kommune 21“, der Anpassung des Konjunkturstabilisierungsfonds und schließlich der Absenkung der Nettokreditaufnahme im Kernhaushalt um rund 36 Millionen Euro notwendigen Veränderungen haben in einer Ergänzungsvorlage zum Haushalt 2011 ihren Niederschlag gefunden. Im Haushaltsbegleitgesetz 2011 und der dazu beschlossenen Ergänzungsvorlage wurden die für die Umsetzung des Sparprogramms der Landesregierung notwendigen gesetzlichen Änderungen vorgenommen.

Der Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen hat zu diesen den gesetzlichen Änderungen zugrundeliegenden Sparmaßnahmen den Deutschen Gewerkschaftsbund, den Deutschen Beamtenbund, den Heilpraktiker-Verband und die Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen für den öffentlichen Dienst angehört. Die beabsichtigten Änderungen im Beihilferecht, vor allem die Streichung der Leistungen für Heilpraktiker sowie die Einführung einer Kostendämpfungspauschale stießen dabei auf zum Teil heftige Kritik. Insbesondere der Heilpraktiker-Verband wertete die Folgen der gesetzlichen Änderungen als für diesen Berufszweig existenzgefährdend. Als logische Konsequenz sieht der Verband bei einem Wegfall der Beihilfeleistungen für Heilpraktiker einen deutlichen Kostenanstieg der allgemeinen Beihilfekosten im Krankheitsfall. Diese Einschätzung wurde von den Mitgliedern des Ausschusses unwidersprochen geteilt.

Auch der Saarländische Städte- und Gemeindetag sowie der Landkreistag Saarland haben ihre gemäß Artikel 124 der Verfassung des Saarlandes eingeräumte Möglichkeit wahrgenommen und zu den uns zur Beschlussfassung vorliegenden Gesetzentwürfen Stellung genommen. Der Saarländische Städteund Gemeindetag hat betont, dass seine Gremien bei ihren Überlegungen sowohl von der Haushalts

notlage des Landes als auch von der exorbitant schlechten Haushaltsnotlage der saarländischen Städte und Gemeinden geleitet worden seien. Um die von im Ausschuss detailliert umschriebenen negativen Entwicklungen zu stoppen oder gar umzukehren, hat der Saarländische Städte- und Gemeindetag vorgeschlagen, im Nachtragshaushaltsgesetz 2010 sicherzustellen, dass im Rahmen strukturfördernder Sondervermögen insbesondere kommunale Maßnahmen nicht gefährdet und Zuweisungen an Kommunen nicht ihrem vorgesehenen Verwendungszweck entzogen werden.

Zum Haushaltsgesetz 2011 hat der Verband darauf hingewiesen, dass bei gleichbleibendem kommunalem Aufgabenbestand und dynamisch wachsenden Ausgaben insbesondere im Sozialbereich die daraus resultierenden Lasten von den Städten und Gemeinden nicht geschultert werden können. Ohne flankierende Maßnahmen durch das Land müssten die Einnahmerückgänge im Wesentlichen durch die Aufnahme neuer Liquiditäts- und Kassenkredite ausgeglichen werden. Für dringend erforderlich hält der Saarländische Städte- und Gemeindetag die Konsolidierung der kommunalen Haushalte, insbesondere die Rückführung der auf rund 1,5 Milliarden valutierenden Liquiditätskredite, und fordert ähnlich wie in anderen Bundesländern die Auflage eines Entschuldungsfonds, der sich durch eine Beteiligung der saarländischen Kommunen an den Finanzhilfen des Bundes und die Aufhebung und Rückzahlung des kommunalen Sanierungsbeitrages zum Landeshaushalt in Höhe von jährlich 25 Millionen Euro finanzieren soll. Gleichzeitig hat der Verband gefordert, bereits im Haushaltsjahr 2011 durch eine Ausbringung entsprechender Haushaltsmittel und Verpflichtungsermächtigungen den Landesanteil an der Finanzierung der notwendigen, gesetzlich vorgeschriebenen Betreuungseinrichtungen darzustellen.

Der Landkreistag des Saarlandes hat die im Haushaltsgesetzentwurf 2011 vorgesehene Kürzung der Finanzausgleichsmasse um 34 Millionen abgelehnt und stattdessen vorgeschlagen, die Finanzausgleichsmasse an der realen Haushaltssituation der saarländischen Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken zu orientieren, das heißt, den kommunalen Finanzausgleich aufgabengerecht zu gestalten und auskömmlich zu verstetigen, die saarländischen Landkreise und den Regionalverband Saarbrücken an den für 2011 erwarteten Steuermehreinnahmen von 110 Millionen Euro entsprechend zu beteiligen und daraus resultierend den Mittelansatz der Titelgruppe 71 im entsprechenden Kapitel des Haushaltsentwurfes 2011 sowie den Regelungen des § 6 KFAG analog anzupassen.

Der Landkreistag des Saarlandes hat betont, dass ungeklärt sei, wie die Kommunalverbände die Kosten für den Ausbau und den Betrieb eines Systems

(Abg. Jost (SPD) )

der Schulbuchausleihe für 2010 in einer Größenordnung von 5,3 Millionen Euro tragen können. Er schlägt daher vor, dass das Land die Ausgaben für die Schulbuchausleihe alleine übernimmt. Darüber hinaus forderte der Landkreistag das Land auf, seinen Finanzierungsanteil von 40 Prozent für Krippenplätze und 30 Prozent für Investitionen in Kindergärten aufrechtzuerhalten und im nächsten wie im folgenden Haushaltsjahr ausreichend Finanzmittel einzustellen, um den Ausbau und die Verbesserung von Krippenplätzen im benötigten Umfang bis zum Jahr 2013 sicherzustellen. Schlussendlich hat der Landkreistag vor dem Hintergrund der bekannten Haushaltsnotlage der kommunalen Ebene im Saarland nunmehr wiederholt angeregt, durch die Schaffung eines finanziellen Anreizsystems die interkommunale Zusammenarbeit zu fördern und auszuweiten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen hat den Landeshaushalt in insgesamt 13 Sitzungen beraten. Die Koalitionsfraktionen, die SPDLandtagsfraktion und die Landtagsfraktion DIE LINKE haben nach Abschluss der Einzelplanberatungen im Ausschuss eine Vielzahl von Abänderungsanträgen eingebracht.

Die Abänderungsanträge der Koalition wurden in der Sitzung des Ausschusses am 01. Dezember in der überwiegenden Zahl mit Stimmenmehrheit und der von allen Fraktionen des Hauses eingebrachte Antrag, mit dem der mehrjährige Beitrag des Saarlandes an der Stiftung Auschwitz-Birkenau im Einzelplan des Landtags etatisiert wird, einstimmig angenommen.

Die von den Oppositionsfraktionen eingebrachten Anträge wurden durch die Ausschussmehrheit von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mehrheitlich abgelehnt und werden auf Wunsch der Einbringer nicht mehr im Plenum zur Abstimmung gestellt. Die Oppositionsfraktionen haben stattdessen Globalanträge über den Gesamthaushalt eingebracht, über die im Anschluss an die folgende Grundsatzdebatte abgestimmt wird. Im Hinblick auf die durch das Erweiterte Präsidium beschlossene Zeitvorgabe verzichte ich darauf, inhaltlich auf diese Anträge einzugehen. Sie werden im Rahmen der Grundsatzdebatte durch die antragstellenden Fraktionen erläutert werden. Die Ausführungen der Berichterstatter des Ausschusses zu den Einzelplanberatungen der Übersichten 1 bis 9 sollen durch den Beschluss des Erweiterten Präsidiums zur zeitlichen Straffung des Verfahrens nicht vorgetragen, sondern zu Protokoll gegeben werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ausschuss empfiehlt dem Plenum mehrheitlich sowohl die Annahme des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 (Drucksache 14/300), die Annahme des Ge

setzes zur Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2010 (Drucksache 14/301) unter Berücksichtigung der dazu angenommenen Ergänzungsvorlagen als auch des Haushaltsgesetzes 2011 (Drucksache 14/302) unter Berücksichtigung der angenommenen Ergänzungsvorlage und Abänderungsanträge sowie die Annahme des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (Drucksache 14/303) unter Berücksichtigung der angenommenen Ergänzungsvorlage in Zweiter und letzter Lesung.

Lassen Sie mich an dieser Stelle ganz herzlich Dank sagen für die Hilfestellungen, Leistungen und Arbeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen, der Mitglieder des Ausschusses und den Vertretern der Ministerien, die diese Haushaltsberatungen begleitet haben. Sie waren gekennzeichnet von vielen zusätzlichen Gesetzen, aber ich denke, dass die Arbeit, die dort geleistet wurde, hochwertig war. Sie war auch deswegen hochwertig, weil sie insbesondere durch die Landtagsverwaltung durch Herrn Ministerialrat Schaar - hervorragend vorbereitet und begleitet wurde. Deswegen möchte ich Ihnen an dieser Stelle ganz ausdrücklich Dank für diese Begleitung sagen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall des Hauses.)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Grundsatzdebatte. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Reinhold Jost.

So schnell kann es gehen. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Wenn man eine Umschreibung für diesen Haushalt 2011 finden sollte, dann wäre der Begriff konsequente Inkonsequenz der richtige. Heute Morgen haben wir vor dem Landtag vor Augen geführt bekommen, wohin es führen kann, wenn man einerseits oben der Auffassung ist, dass man unten sparen muss, aber oben selbst nicht dazu beiträgt. Dann darf man sich nicht wundern, wenn die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu Hunderten auf die Straße gehen und diese Inkonsequenz anprangern, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Einsparungen unten fordern, aber oben noch für Ausweitungen sorgen - das ist in der Tat ein Problem, das man den Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst schlecht erklären kann. Man verlangt von denen den Verzicht, aber gleichzeitig gibt es oben mehr Staatssekretäre, mehr Minister und man schafft in den Büros, die dort zuarbeiten, die Kolleginnen und Kollegen aus den einzelnen Parteien unter - auf Saarländisch gesagt. Gleichzeitig wird

(Abg. Jost (SPD) )

von denen Verzicht verlangt, die sich unten nicht wehren können. Das, meine Damen und Herren, hat mit Fairness überhaupt nichts zu tun. Das ist nichts anderes als schamlos, insbesondere dann, wenn man von den anderen Verzicht verlangt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich sage das auch angesichts der Tatsache, dass es im Frühjahr schon einmal entsprechend dargelegt wurde, was man an Einsparungen vornehmen wolle. Der Irrwitz dabei war, dass man gesagt hat, wir als Regierung sparen bei den Fahrern; man macht einen Fahrerpool. Das mag an der einen oder anderen Stelle vielleicht sinnvoll sein, aber nur dann, wenn nicht diejenigen, die gefahren werden, immer mehr werden. Dann ist das den Hohn auf die Spitze getrieben. Es kann nicht sein, dass diejenigen, die die Fahrer darstellen, weniger werden, aber die, die gefahren werden, immer mehr werden. Das passt nicht zusammen. Das ist konsequente Inkonsequenz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Thema konsequente Inkonsequenz betrifft auch andere Bereiche. Man sagt, wir sind ja für Gegenvorschläge offen und wir sind bereit, an der einen oder anderen Stelle zu überlegen, ob man nicht an gemachten Vorschlägen Veränderungen vornimmt, wenn unter dem Strich die Summe stimmt. Ich will ein Beispiel nennen. Heute Morgen waren hier vor der Tür auch Vertreterinnen und Vertreter des Landesjugendrings, die jetzt - so munkelt man - einen Betrag von 25.000 Euro einsparen müssen. Das hört sich nicht nach viel an, aber weil er für die zentralen Führungsaufgaben gezahlt wird, wird die Struktur nachhaltig beschädigt. Man zieht ihnen letztendlich den Teppich unter den Füßen weg. Wir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen - auch ich persönlich - dafür eine Alternativfinanzierung vorgeschlagen, wenn man diese 25.000 Euro sparen will und wenn es um den Betrag ginge. Man hat diese Alternativfinanzierung noch nicht einmal hinterfragt. Es war schnurzpiepegal. Deswegen habe ich die Vermutung, dass es nicht um die 25.000 Euro Einsparung ging. Es ging um den Versuch der Disziplinierung eines kritischen Jugendverbandes. Auch das ist aus meiner Sicht konsequente Inkonsequenz. Wenn man eine entsprechende lebendige Jugendkultur will, dann darf man sie nicht beschneiden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das geht dann weiter. Vor einem halben Jahr haben wir hier im Landtag über das Thema „Behindertenhilfe“ diskutiert. Wir waren allesamt stolz, als die zuständige Ministerin darauf hingewiesen hat, dass wir in Fragen der Behindertenhilfe im Vergleich mit anderen Bundesländern ganz vorne liegen. Und da ist es konsequente Inkonsequenz, wenn man sich das,

was man an positiven Beispielen hat, selbst zerschneidet. Wo man eigentlich stolz darauf sein könnte, Vorreiter zu sein, nimmt man dreieinhalb Millionen Euro weg. Ich meine die Werkstätten für Behinderte. Man kann sich nicht montags auf die Schulter klopfen und sagen, wie gut man sei, und donnerstags denen, für die man glaubt, etwas Gutes getan zu haben, das Geld wieder wegnehmen. Daran ändern auch Taschenspielertricks nichts, wie sie vom Ministerpräsidenten oder vom Finanzminister an den Tag gelegt wurden, nach dem Motto: Die bekommen ja nichts gekürzt; sie bekommen nur weniger mehr. Solche Tricks kenne ich von Hütchenspielern aus der Bahnhofstraße. Da können Sie sich vielleicht einmal bewerben. Aber lassen Sie die Finger von den Behindertenwerkstätten! Wir werden es noch bereuen, dass wir dort die Kürzung um dreieinhalb Millionen Euro durchgezogen haben. Wir können nicht von denen nehmen, die es in diesem Leben wirklich schwer haben. Die dreieinhalb Millionen Euro wären in anderen Bereichen relativ leicht einzusparen gewesen, insbesondere dort, wo sich der Speck in den letzten zehn Jahren angesetzt hat: in der Ministerialbürokratie, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)