Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem Sie mich so freundlich aufgefordert haben, Ihnen hier einige Argumente vorzutragen, will ich Ihrer Aufforderung gerne nachkommen und die Argumente vortragen.
Zunächst einmal, Sie haben völlig recht: Ginge es nur um die juristische Frage und würden alle Argumente, die von Ihrer Seite vorgetragen worden sind, zutreffen, hätten wir die Möglichkeit, einen neuen Ausschuss einzusetzen. Diese Möglichkeit müssen wir uns dann eben überlegen.
Aber, meine Damen und Herren, es geht hier nicht um eine juristische Frage. Das ist ja der Fehler in Ihrer ganzen Argumentation. Es geht um eine eminent politische Frage, die derzeit in der ganzen Bundesrepublik diskutiert wird,
keineswegs nur hier, in diesem Saar-Parlament. Es ist ja nicht so, dass hier eine besondere Situation gegeben wäre. Beispielsweise wird jetzt von der dpa in der ganzen Republik ein Kommentar verbreitet, der sich damit befasst, inwieweit sich die Unternehmer heutzutage ihre eigenen Gesetze kaufen können. In dem Kommentar wird darauf hingewiesen, dass sich zum Beispiel die Atom-Lobby, die Energiewirtschaft, ihr Gesetz selbst gestalten konnte. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Banken in Deutschland, und das ist ja überhaupt nicht mehr zu bestreiten, ihre Gesetze machen.
Und es wird darauf hingewiesen, dass das Hotelgewerbe in der Lage war, durch Spenden eine gewisse Vergünstigung für sich zu bewirken. Die dpa hat in diesem Kommentar darauf hingewiesen, dass es die Grundlagen unserer Demokratie gefährde, wenn sich Unternehmer mit Geldzuwendungen Gesetze oder Entscheidungen der Parlamente kaufen können. Darum geht es hierbei, nicht um irgendwelche
juristischen Ausführungen, wie Sie sie hier vorgetragen haben. Die mögen zutreffen oder auch nicht, darum geht es hierbei letzten Endes nicht.
(Beifall von der LINKEN und bei der SPD und Zu- rufe von der LINKEN: Bravo! - Zuruf des Abge- ordneten Theis (CDU).)
Sie sagten, es sei mit dieser Frage eine reine Privatangelegenheit angesprochen. Das ist nicht einfach nur lächerlich, meine Damen und Herren, was Sie hier vortragen, denn nicht umsonst hat die Französische Republik in ihrem Wahlgesetz festgelegt, dass Private nur in ganz begrenztem Umfang spenden dürfen. Das ist so festgelegt, weil es in der Französischen Republik selbstverständlich ist, dass sich Privatleute nicht einfach über große Geldspenden Politik kaufen können. Eben darum geht es aber doch auch in unserem Antrag.
Wenn man das Ganze einmal allein „von der Schulbank“ her analysiert, kann man darauf hinweisen, dass die Überschrift „Unternehmerische Einflussnahme“ zumindest offenlässt, ob es vielleicht nicht nur um einen Unternehmer gehen soll. Das wäre zumindest die Erkenntnis in der Grundschule. Aber wir brauchen da offensichtlich eine Verbesserung der Ausbildung, das zeigt Ihr Vortrag.
Lassen Sie mich doch mal ausreden! Sie können ja nachher noch reden. In der Grundschule wäre ganz klar gewesen, dass mit dem Stichwort „unternehmerische Einflussnahme“ nicht e i n Unternehmer gemeint war. In dem Fall hätten wir „Einflussnahme eines Unternehmers“ geschrieben.
Nun haben Sie völlig recht mit der Feststellung, dass im Fokus der Auseinandersetzung zunächst einmal der Unternehmer Ostermann stand. Das hatte schließlich auch Gründe. Aber, meine Damen und Herren, Ihre Nervosität verrät ja, dass Sie wissen, dass Sie auch hierbei ein schlechtes Gewissen haben müssen.
Ich komme nun auf den einen Unternehmer zu sprechen, den wir auch bitten wollten, auszusagen. Dieser eine Unternehmer hat ein völlig ungewöhnliches Verhalten an den Tag gelegt.
Sagt ein Unternehmer vor einer Wahl, dass er seinen Firmensitz verlagern werde, sollte eine ihm nicht genehme Regierung ins Amt kommen, so ist das eine unglaubliche Anmaßung, die von allen Demokraten zurückgewiesen werden müsste. Ja, wo sind wir denn hier eigentlich!?
(Zurufe von der LINKEN: Genau! - Beifall von der LINKEN und bei der SPD. - Abg. Meiser (CDU) : Aber sagen kann er das trotzdem!)
Sicher, jeder kann sagen, was er will. Beispielsweise kann dieser Unternehmer nun aber letzten Endes auch nicht ausschließen, will öffentlich nicht ausschließen, dass er an der Finanzierung der anonymen Anzeigenkampagne beteiligt war. Ich muss nun aber doch darauf hinweisen, dass die Finanzierung anonymer Anzeigenkampagnen letztendlich einen Umgehungstatbestand darstellt. Denn es soll ja so sein, dass offengelegt wird, so zumindest geltendes Recht, wer welche Partei unterstützt. Daher kann man nicht einfach mit anonymen Kampagnen den ganzen Wahlkampf in eine Richtung bestimmen. Daher kann man sich nicht einfach so finanzieren lassen.
Herr Kollege Ulrich, ich wäre in dieser Frage an Ihrer Stelle ganz bescheiden. Ganz bescheiden! Man kann auch durch anonyme Anzeigenkampagnen und durch Spenden fremdgesteuert sein, Herr Kollege Ulrich. Schreiben Sie sich das mal hinter die Ohren!
Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Lafontaine, sind wir zumindest an der Stelle einer Meinung, dass mit dieser Anzeigenkampagne im Saarland eine einzige Partei unterstützt wurde, und das ist die LINKE? Können wir uns darauf einigen?
Sie meinen, die Anzeigenkampagne sei so dumm gewesen, dass sie die LINKE noch gestützt hat? Dann haben Sie aber die Leute schlecht beraten. Das ist dann Ihre Schuld.
Letzten Endes ging diese Anzeigenkampagne gegen Rot-Rot. Das war doch auch der Hinweis darauf, dass Sie falschgespielt haben. Wenn Sie mich schon darauf ansprechen: Als die Anzeigenkampagne nur gegen Rot-Rot ging, war mir klar, dass Sie im anderen Lager waren. Insofern, was Ihre Intention anging, war die Anzeigenkampagne sehr verräterisch. Deshalb haben wir auch den Wahlkampf so geführt, wie wir ihn geführt haben.
Ich komme nun zum zweiten Punkt. Eine der ehemaligen Mitarbeiterinnen des Unternehmers von Boch ist ja bei dieser anonymen Anzeigenkampagne genannt worden. Da kann man doch die Frage stellen, inwieweit dieser Unternehmer vielleicht doch nachgeholfen hat, um seine Wünsche durchzusetzen.
Meine Damen und Herren, auch wenn das ganz schwer zu verstehen ist, wenn das vielleicht aus dem Blickfeld geraten ist: Die Demokratie beruht eigentlich auf dem Prinzip, dass jede Wählerin und jeder Wähler - und darum geht es wirklich -, einen gleichgewichtigen Einfluss auf die Zusammensetzung der Parlamente hat. Es darf nicht sein, dass durch die Hintertür das Dreiklassenwahlrecht wieder eingeführt wird. Es darf nicht sein, dass reiche Leute praktisch bestimmen, wie Parlament und Regierung zusammengesetzt sind.
(Beifall von der LINKEN und bei der SPD. - La- chen der Abgeordneten Schmitt (CDU) und Meiser (CDU).)
Sollten Sie noch ein Argument brauchen? Sie haben es doch alle gelesen. Ich wundere mich jetzt auch ein wenig über Ihre Einstellung. Ich würde Sie mal gerne erleben, wenn Sie in der Zeitung lesen müssten, dass ein Unternehmer zu einer dubiosen Agentur reist, um mit dieser Agentur Verhandlungen zu führen, ob man den Spitzenkandidaten einer Partei vielleicht ausspionieren und sein Privatleben im Wahlkampf gegen ihn verwenden sollte. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie sich an dieser Stelle einmal in irgendeiner Form dazu äußern würden. Das würde die Fairness in diesem Hause eigentlich gebieten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich wünsche Ihnen jedenfalls nicht, jemals in eine solche Situation zu geraten.
(Abg. Meiser (CDU) : Dann stellen Sie doch einen Antrag für einen neuen Ausschuss! Das ist mir zu (Abg. Lafontaine (DIE LINKE))
dumm! Primitiver geht es doch nicht mehr! - Abg. Linsler (DIE LINKE): Herr Meiser, derjenige, der dummschwätzt, sind Sie! - Weitere heftige Zurufe.)
Ich habe Ihnen das ja bereits gesagt. Sie sind sehr nervös, Herr Meiser. Ich verstehe das auch sehr gut. Ich verstehe sehr gut, dass Sie nervös sind. - Ich habe Ihnen gesagt, dass es schlicht und einfach um eine politische Frage geht. Worüber werden wir hier an der Saar auch in den kommenden Monaten streiten? Wir wollen es nicht zulassen, dass Unternehmer über Geldzuwendungen den Ausgang von Wahlen beeinflussen können und sich letztendlich Regierungen zusammenkaufen können. Das wollen wir nicht. Das müssen wir im Interesse der Demokratie aufklären.
(Anhaltender Beifall von der LINKEN und bei der SPD. - Abg. Schmitt (CDU) : So verhält man sich, wenn man das Wahlergebnis nicht akzeptieren kann!)