Protocol of the Session on February 27, 2025

Vieles ist schon gesagt worden. Die Grundsteuerreform bleibt weiterhin ein aufwendiges und umfangreiches Thema und Verfahren. Für uns liegen inzwischen – das sagte ich gerade – die Bescheide nach dem neuen Berechnungsakt vor, und nicht wenige Eigentümer und Mieter müssen deutlich mehr zahlen als zuvor und fühlen sich in Teilen in ihrer Immobilie ungerecht bewertet und behandelt. Das ist also eine Gefühlslage, die dort draußen existiert. Das müssen wir einfach anerkennen. Wir wissen auch, dass das letzte Wort an der Stelle noch nicht gesprochen ist, denn es sind nach wie vor viele Klagen anhängig, unter anderem vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Reform als solche.

So weit, so vorhersehbar, will ich sagen. Wir haben hier zahlreiche kontroverse Debatten und Ausschusssitzungen zu diesem Thema geführt. Ich darf heute das erste Mal dazu sprechen, Frau Ministerin, Sie haben das schon öfter getan. Insgesamt muss man sagen, dass die Reform aus unserer Sicht leider mindestens als unglücklich bezeichnet werden

(Beate Raudies)

muss. Schauen wir uns die einzelnen Punkte an: Die Finanzministerin hatte es kürzlich noch mal bekräftigt, dass man sich sehr bewusst für das werteorientierte Bundesmodell entschieden habe, und natürlich zieht die Ministerin, so sie es jetzt kann, eine einigermaßen positive Bilanz. Das kann hier nicht überraschen. Doch diese Einschätzung – ich habe es eben gesagt – entspricht nicht der Wahrnehmung und der Realität vieler Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Wir sehen stattdessen teilweise massive gefühlte Ungerechtigkeiten, steigende Belastungen für private Haushalte und einen wachsenden Unmut bei Eigentümern und Mietern.

Die Grundsteuerreform sollte ursprünglich für mehr Gerechtigkeit und Transparenz sorgen. Das ist so. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild.

Viele Eigentümer und insbesondere Menschen in Wohngebieten sehen sich mit erheblichen Belastungen konfrontiert. Das liegt – das muss man sagen – maßgeblich doch am gewählten Bundesmodell. Demzufolge zahlen Wohngebiete drauf, während Gewerbegrundstücke in der Summe profitieren.

Die Berechnung auf Basis von Bodenrichtwerten führt dazu, dass in Wohnlagen die Grundsteuer deutlich steigt, während in Gewerbegebieten mit teilweise seltenen Verkäufen die Steuerlast oft sinkt. Flensburg ist dafür ein gutes Beispiel. Hier werden nun insbesondere Ein- und Mehrfamilienhäuser stärker belastet.

In Flensburg gibt es eine Verschiebung von den Gewerbegrundstücken zu den Wohngrundstücken im Umfang von 1,8 Millionen Euro.

(Annabell Krämer [FDP]: Aber hallo!)

Das trifft die Mieterinnen und Mieter und die Eigenheimbesitzer an der Stelle hart.

(Beifall Annabell Krämer [FDP] und Sybilla Nitsch [SSW])

Die Reform trifft damit auch sehr viele Haushalte mit vornehmlich mittleren und niedrigen Einkommen. Diese Problematik war in der Praxis durchaus vorhersehbar. Darauf hatte auch mein Vorgänger Lars Harms von diesem Rednerpult mehrfach hingewiesen. Vielleicht war das Bundesmodell, wie wir das seinerzeit schon gesagt haben, doch nicht das klügste Modell für Schleswig-Holstein.

(Beifall Sybilla Nitsch [SSW] und Annabell Krämer [FDP])

Ein weiteres Wort, das in Verbindung mit der Grundsteuerreform von Beginn an für hitzige De

batten gesorgt hat, ist das Wort aufkommensneutral. Wir haben es schon gehört: Aufkommensneutralität bedeutet eben nicht, dass jeder gleich viel zahlt wie vorher. Das ist klar. Es bedeutet nur, dass die Summe der Einnahmen für die Kommunen insgesamt gleichbleiben soll – in der Praxis nun allerdings auf Kosten vieler Haushalte, die künftig höhere Steuern zahlen müssen. Besonders betroffen sind damit auch, wenn wir an den Geschosswohnungsbau denken, gerade Familien, Rentner und Alleinerziehende, die sich steigende Kosten eh kaum leisten können.

Die versprochene und womöglich sogar eingehaltene Aufkommensneutralität ist für den einzelnen Bürger, der individuell künftig deutlich stärker belastet wird, also wenig tröstlich.

(Zuruf Annabell Krämer [FDP])

Hinzu kommen Unsicherheiten im Hinblick auf die Rechtssicherheit der Reform sowie weitere Kosten, die auf Hauseigentümer und Mieter noch zukommen.

Ich erinnere gerade an die andere Debatte, weil der energetische Sanierungsstau noch lange nicht abgebaut ist. Sobald eine – da sind wir uns offenbar noch nicht ganz einig – umfassende Sanierungsmaßnahme aber abgeschlossen ist,

(Zuruf Annabell Krämer [FDP])

hat das wiederum möglicherweise Auswirkungen – in Teilen vielleicht sogar erhebliche – auf einen neuen Grundsteuerbescheid.

(Beifall SSW und FDP)

Höchstwahrscheinlich wäre es also sinnvoller gewesen, von Anfang an eine eher landesspezifische Lösung zu erarbeiten, die auf die besonderen Gegebenheiten von Schleswig-Holstein eingeht.

(Beate Raudies [SPD]: Wer hätte das denn machen sollen?)

Es gab auf dem Weg der Umsetzung durchaus Vorschläge, Interventionen und Ideen, wie man die Umsetzung einfacher und in der Summe dann wohl gerechter und noch transparenter hätte gestalten können. Diese Chance ist jetzt vertan; die hat die Landesregierung an dieser Stelle vertan. Der Holzweg ist beschritten. Nun bleibt abzuwarten, ob ein Gericht oder mehrere Gerichte hier noch Korrekturen anmahnen.

Wir können an der Stelle nur noch einmal an die Kommunen appellieren – das ist das, was wir als Opposition hier machen können –, die Spielräume,

(Christian Dirschauer)

die sie haben, sinnvoll und zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger zu nutzen und Instrumente wie das Transparenzregister nicht wertlos zu machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall SSW und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratung.

Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 20/2938 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Es ist kein Antrag gestellt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung: 13:13 bis 15:01 Uhr)

Ich eröffne jetzt den Nachmittagsteil der Sitzung. Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, habe ich die Freude und die Ehre, nochmals neue Gäste zu begrüßen. Das sind zum einen Polizeianwärter und ‑anwärterinnen. – Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Nun habe ich eine sehr umfangreiche Liste bekommen.

(Heiterkeit)

Es ist mir eine ganz besondere Freude – auch weil ich viele von Ihnen und euch noch kenne –, Gäste der SPD-Fraktion zu begrüßen. Dies sind Rolf Fischer, ehemaliges MdL und Staatssekretär, Bernd Heinemann, ehemaliges MdL und Landtagsvizepräsident, die ehemalige Abgeordnete Anna SchlosserKeichel und die ehemaligen Abgeordneten Wolfgang Baasch, Peter Eichstädt, Jürgen Weber, Thomas Rother, Andreas Beran und Professor Dr. Heiner Dunckel.

(Anhaltender Beifall)

Ihr Besuch wird uns Ansporn sein für eine lebendige Debatte, liebe Kollegen.

(Heiterkeit)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Gemeinnützige Vereine und Verbände von GEMA-Gebühren befreien

Antrag der Fraktionen von SSW und SPD Drucksache 20/2926 (neu)

GEMA-Gebühren für gemeinnützige, ehrenamtliche Vereine und Organisationen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 20/2997

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Christian Dirschauer vom SSW.

(Zurufe – Christian Dirschauer [SSW]: Ich gebe mir Mühe! – Heiterkeit – Zuruf)

Der Kollege hat gesagt, ich soll mir Mühe geben!

(Zurufe: Mikro an!)