Vieles ist schon gesagt worden. Die Grundsteuerreform bleibt weiterhin ein aufwendiges und umfangreiches Thema und Verfahren. Für uns liegen inzwischen – das sagte ich gerade – die Bescheide nach dem neuen Berechnungsakt vor, und nicht wenige Eigentümer und Mieter müssen deutlich mehr zahlen als zuvor und fühlen sich in Teilen in ihrer Immobilie ungerecht bewertet und behandelt. Das ist also eine Gefühlslage, die dort draußen existiert. Das müssen wir einfach anerkennen. Wir wissen auch, dass das letzte Wort an der Stelle noch nicht gesprochen ist, denn es sind nach wie vor viele Klagen anhängig, unter anderem vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Reform als solche.
So weit, so vorhersehbar, will ich sagen. Wir haben hier zahlreiche kontroverse Debatten und Ausschusssitzungen zu diesem Thema geführt. Ich darf heute das erste Mal dazu sprechen, Frau Ministerin, Sie haben das schon öfter getan. Insgesamt muss man sagen, dass die Reform aus unserer Sicht leider mindestens als unglücklich bezeichnet werden
muss. Schauen wir uns die einzelnen Punkte an: Die Finanzministerin hatte es kürzlich noch mal bekräftigt, dass man sich sehr bewusst für das werteorientierte Bundesmodell entschieden habe, und natürlich zieht die Ministerin, so sie es jetzt kann, eine einigermaßen positive Bilanz. Das kann hier nicht überraschen. Doch diese Einschätzung – ich habe es eben gesagt – entspricht nicht der Wahrnehmung und der Realität vieler Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Wir sehen stattdessen teilweise massive gefühlte Ungerechtigkeiten, steigende Belastungen für private Haushalte und einen wachsenden Unmut bei Eigentümern und Mietern.
Die Grundsteuerreform sollte ursprünglich für mehr Gerechtigkeit und Transparenz sorgen. Das ist so. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild.
Viele Eigentümer und insbesondere Menschen in Wohngebieten sehen sich mit erheblichen Belastungen konfrontiert. Das liegt – das muss man sagen – maßgeblich doch am gewählten Bundesmodell. Demzufolge zahlen Wohngebiete drauf, während Gewerbegrundstücke in der Summe profitieren.
Die Berechnung auf Basis von Bodenrichtwerten führt dazu, dass in Wohnlagen die Grundsteuer deutlich steigt, während in Gewerbegebieten mit teilweise seltenen Verkäufen die Steuerlast oft sinkt. Flensburg ist dafür ein gutes Beispiel. Hier werden nun insbesondere Ein- und Mehrfamilienhäuser stärker belastet.
In Flensburg gibt es eine Verschiebung von den Gewerbegrundstücken zu den Wohngrundstücken im Umfang von 1,8 Millionen Euro.
Die Reform trifft damit auch sehr viele Haushalte mit vornehmlich mittleren und niedrigen Einkommen. Diese Problematik war in der Praxis durchaus vorhersehbar. Darauf hatte auch mein Vorgänger Lars Harms von diesem Rednerpult mehrfach hingewiesen. Vielleicht war das Bundesmodell, wie wir das seinerzeit schon gesagt haben, doch nicht das klügste Modell für Schleswig-Holstein.
batten gesorgt hat, ist das Wort aufkommensneutral. Wir haben es schon gehört: Aufkommensneutralität bedeutet eben nicht, dass jeder gleich viel zahlt wie vorher. Das ist klar. Es bedeutet nur, dass die Summe der Einnahmen für die Kommunen insgesamt gleichbleiben soll – in der Praxis nun allerdings auf Kosten vieler Haushalte, die künftig höhere Steuern zahlen müssen. Besonders betroffen sind damit auch, wenn wir an den Geschosswohnungsbau denken, gerade Familien, Rentner und Alleinerziehende, die sich steigende Kosten eh kaum leisten können.
Die versprochene und womöglich sogar eingehaltene Aufkommensneutralität ist für den einzelnen Bürger, der individuell künftig deutlich stärker belastet wird, also wenig tröstlich.
Hinzu kommen Unsicherheiten im Hinblick auf die Rechtssicherheit der Reform sowie weitere Kosten, die auf Hauseigentümer und Mieter noch zukommen.
Ich erinnere gerade an die andere Debatte, weil der energetische Sanierungsstau noch lange nicht abgebaut ist. Sobald eine – da sind wir uns offenbar noch nicht ganz einig – umfassende Sanierungsmaßnahme aber abgeschlossen ist,
hat das wiederum möglicherweise Auswirkungen – in Teilen vielleicht sogar erhebliche – auf einen neuen Grundsteuerbescheid.
Höchstwahrscheinlich wäre es also sinnvoller gewesen, von Anfang an eine eher landesspezifische Lösung zu erarbeiten, die auf die besonderen Gegebenheiten von Schleswig-Holstein eingeht.
Es gab auf dem Weg der Umsetzung durchaus Vorschläge, Interventionen und Ideen, wie man die Umsetzung einfacher und in der Summe dann wohl gerechter und noch transparenter hätte gestalten können. Diese Chance ist jetzt vertan; die hat die Landesregierung an dieser Stelle vertan. Der Holzweg ist beschritten. Nun bleibt abzuwarten, ob ein Gericht oder mehrere Gerichte hier noch Korrekturen anmahnen.
Wir können an der Stelle nur noch einmal an die Kommunen appellieren – das ist das, was wir als Opposition hier machen können –, die Spielräume,
die sie haben, sinnvoll und zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger zu nutzen und Instrumente wie das Transparenzregister nicht wertlos zu machen. – Herzlichen Dank.
Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 20/2938 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Es ist kein Antrag gestellt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.
Ich eröffne jetzt den Nachmittagsteil der Sitzung. Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, habe ich die Freude und die Ehre, nochmals neue Gäste zu begrüßen. Das sind zum einen Polizeianwärter und ‑anwärterinnen. – Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Es ist mir eine ganz besondere Freude – auch weil ich viele von Ihnen und euch noch kenne –, Gäste der SPD-Fraktion zu begrüßen. Dies sind Rolf Fischer, ehemaliges MdL und Staatssekretär, Bernd Heinemann, ehemaliges MdL und Landtagsvizepräsident, die ehemalige Abgeordnete Anna SchlosserKeichel und die ehemaligen Abgeordneten Wolfgang Baasch, Peter Eichstädt, Jürgen Weber, Thomas Rother, Andreas Beran und Professor Dr. Heiner Dunckel.