Es ehrt Sie, Herr Kollege Hein, dass Sie sich sofort korrigiert haben. Das nehmen wir gern und dankend an. Trotzdem verweise ich gern noch einmal darauf, dass wir hier jahrhundertelang beheimatet sind und Sie sich darauf verlassen können, dass wir hier auch bleiben.
Aber das ist nicht das eigentliche Thema, sondern uns wurde vorgeworfen, wir übernähmen immer alles aus Dänemark: „Ihr kommt doch immer mit guten Beispielen“. – In der Tat kommen wir immer gerne mit den guten Beispielen, aber wir sind durchaus auch Dänemark gegenüber kritisch, man denke nur an die Grenzkontrollen, da waren wir die Hammer-Kritiker. Das war auch in Ordnung. Übri
gens haben wir da auch eine große Gemeinsamkeit geschaffen, was ich irgendwie auch gut finde. Wir gehen auch keinem Konflikt aus dem Weg,
egal ob hier oder mit unseren dänischen Freunden in Dänemark. Es gehört zur Politik, dass man sich eine eigene Meinung bildet und diese eigene Meinung auch entsprechend vertritt. Insofern nehmen wir das auch für uns in Anspruch.
Wir finden, auch in Dänemark –das sagen wir unseren dänischen Freunden in Dänemark auch – machen CCS oder Fracking keinen Sinn. Es ist einfach nur ein Verschieben des Problems. Unsere Sorge ist, dass genau das jetzt passiert: Der Ministerpräsident schmeißt etwas auf den Markt, und alles fängt auf einmal an zu hüpfen.
Das ist nicht in Ordnung: Wenn man etwas verändern will, muss man vorher die Diskussion geführt haben. Und dann mag man vielleicht irgendwann mit einem Vorschlag kommen. Aber dass ein Vorschlag – „Hej, ich hätte es gerne in der Außenwirtschaftszone“ – dazu führt, dass wir jetzt darüber diskutieren, ist eigentlich der falsche Weg. Wenn man ganz ehrlich ist, dann wissen wir, was der Grund ist, nämlich dass man merkt, dass man wenig Bock auf die Konflikte hat, die man bekommt, wenn man das gesamte System ändert. Das ist das Problem. Das ist das Problem, das wir hier haben, und es ist nicht in Ordnung, dass wir das so machen,
weil sich die Energie- und die Umweltschutzprobleme so nicht lösen lassen werden. Die Leute werden sich zurücklehnen. Das ist übrigens genauso wie mit LNG: Wenn ich weiß, dass ich 40 Jahre lang LNG bekomme, dann sage ich: Wunderbar, dann kann ich meine Gasheizung auch noch 40 Jahre betreiben, dann brauche ich mich nicht zu bewegen, dann brauche ich mir keine Rübe zu machen.
Genau das passiert bei diesem Thema auch. Das, was wir eigentlich diskutieren sollten, ist doch: Wie bekommen wir es hin, dass wir möglichst wenig CO2 ausstoßen? Diese Diskussion ist aber heute hier nicht geführt worden. Das ist das eigentliche Problem, das wir haben. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die deutschen Klimaziele, die der Europäischen Union und insbesondere die von Schleswig-Holstein sind eindeutig: Wir wollen so schnell wie möglich klimaneutral werden, um die Erderwärmung zu stoppen. Die klare Priorität muss es sein, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Wir wollen und wir müssen so engagiert und so schnell wie möglich in Richtung Klimaneutralität kommen.
Das gilt gerade für uns in Schleswig-Holstein, wo wir bis 2040 erstes klimaneutrales Industrieland werden wollen und damit noch ambitionierter sein werden als der Bund. Für diese Landesregierung, für diese Koalition ist klar: Die CO2-Einsparung hat höchste politische Priorität. Genau das unterstreicht auch der Antrag von CDU und Grünen, den ich ausdrücklich begrüße.
Wir sind das führende Energiewendeland, wir werden diesen Standortvorteil ausbauen und saubere Energie in die Bereiche Industrie, Verkehr und Wärme bringen. Das bleibt die vordringliche Aufgabe der kommenden Jahre.
International besteht unter den Klimaforschenden des IPCC weitgehend Einigkeit: Das 1,5-Grad-Ziel lässt sich nur noch erreichen, wenn wir unsere Emissionen drastisch reduzieren und gleichzeitig der Atmosphäre aktiv CO2 entziehen. Weltweit wird an Methoden geforscht und gearbeitet, CO2 aus der Atmosphäre zu holen, auch bei uns in SchleswigHolstein.
Unser Geomar-Helmholtz-Zentrum forscht seit Längerem an der Frage, wie und mit welchen Folgen CO2 tief unter dem Meeresboden gespeichert werden könnte. Das Verfahren als solches ist nicht neu: CO2 in geeigneten unterirdischen Formationen tief unterhalb der Nordsee und der Barentssee zu speichern, wird von Norwegen seit über einem Vierteljahrhundert im industriellen Umfang praktiziert.
Demnächst werden es unsere beim Klimaschutz schon sehr weit vorangekommenen dänischen Nachbarn anwenden. Das dänische Parlament bewertet die Technologie als unverzichtbare Methode für das Erreichen der nationalen Emissionsziele und will künftig bis zu 8 Millionen Tonnen CO2 sicher speichern, was einem Viertel aller dänischen Emissionen entspräche.
Ich meine, wenn sich länderübergreifend Wissenschaftlerinnen und Ingenieure für CCS aussprechen, dann sollten auch wir in Deutschland dieses Thema diskutieren.
Ich rate dazu, dass wir uns in dieser Diskussion an die Erkenntnisse derjenigen halten, die mögliche Umweltrisiken der CO2-Speicherung unter dem Meer in einem großen europäischen Verbundprojekt umfassend und über Jahre untersucht haben. Wir würden uns damit in der Klimakrise ebenso rational und wissenschaftsgeleitet verhalten wie in der Coronakrise, als wir uns auf die Expertise der Wissenschaft gestützt haben.
Auch die Umweltbewegung fordert doch zu Recht immer wieder ein, dass wir auf die Argumente der Wissenschaft hören. Also schauen wir auf die vom Kieler Geomar-Professor Klaus Wallmann geleiteten Projekte, an denen alle großen Meeresforschungseinrichtungen aus Europa beteiligt gewesen sind. Das Ergebnis der gesammelten Kompetenz lautet in Kürze: CCS ist gut beherrschbar, und die Risiken sind lokal sehr begrenzt.
Demnach lassen die Daten den Schluss zu, dass nur wenige Tonnen CO2 pro Jahr entweichen können – mit sehr überschaubaren Auswirkungen am Meeresgrund. Bislang allerdings wurden keine CO2-Leckagen beobachtet. Auch das ist wichtig zu erwähnen. Klar ist auch: Wenn wir unterirdisch Kohlendioxid speichern sollten, geht das mit guten Überwachungstechniken für mögliche Leckagen einher. Nur so lässt sich Vertrauen in die Technologie aufbauen, meine Damen und Herren.
Die Forscher um Professor Wallmann kommen zu dem Ergebnis, dass sehr wahrscheinlich mehr als 99 Prozent des gespeicherten CO2 dauerhaft im Untergrund verbleiben. Die Forschenden sind sich einig: CCS kann weit draußen und tief unter dem Meeresboden ein signifikanter Beitrag zum Erreichen der Klimaziele in Deutschland sein. Der Kli
marat sagt sogar: Ganz ohne CCS geht es nicht. Das ist aus meiner Sicht die Faktenlage, auf deren Grundlage wir diskutieren sollten. Ich freue mich über ganz viel zusätzliches CO2, was wir einsparen. Dennoch werden wir in der Industrie und anderen Bereichen Prozesse haben, bei denen der Ausstoß nicht vermieden werden kann. Dauerhaft solches CO2 unter Böden in anderen Ländern zu speichern, ist keine ehrliche Lösung. Es führt zu neuen Abhängigkeiten. Es hat für mich auch wenig damit zu tun, Verantwortung für die eigenen Emissionen zu übernehmen.
Aber, Herr Losse-Müller, die Grünen zu kritisieren, aber selbst zu sagen: „Wir haben eine Lücke, die wir nicht schaffen zu schließen“, und trotzdem hier zu feige zu sein, Stellung zu beziehen, und damit davon ablenken zu wollen, dass Sie sich nicht positionieren wollen, ist aus meiner Sicht schlicht verantwortungslos.
Bei allem darf CCS uns nie zur Bequemlichkeit verleiten. Das Reduzieren der Treibhausgase muss Vorrang haben. Das sehen auch die Experten so. CCS kann nur für die absolut unvermeidbaren Emissionen an Kohlendioxid infrage kommen,
Ich kenne natürlich die bisherige Position des Landtages. Ich habe sie selbst mitgetragen und ihr zugestimmt. Es bleibt auch dabei: Das Einlagern von CO2 an Land und innerhalb der Zwölfmeilenzone schließen wir aus. Doch wenn die Klimaprognosen so dramatisch sind, muss eine vorbehaltlose Diskussion möglich sein, wie wir unsere Klimaziele erreichen können.
Wir stehen vor der vielleicht größten Herausforderung der Menschheit. Die Klimakrise ist real. Politik muss sich entsprechend der Fakten ausrichten. Das kann und muss nach meinem Politikverständnis dazu führen, dass wir unsere Positionen anhand wissenschaftlicher Fakten hinterfragen. Gerade wir in Schleswig-Holstein, die wir ehrgeizigere Ziele als die Bundesebene haben, sollten ohne Scheuklappen diskutieren können.
Es wäre natürlich am einfachsten und vielleicht auch am populärsten, wenn wir als Parlament unser generelles Nein zu CCS immer wieder unreflektiert erneuerten. Doch für mich bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, differenzierte und abgewogene Debatten zu führen. Diese Debatte müssen wir sachlich führen.
Deshalb ist es mir auch so wichtig deutlich zu machen: Wir dürfen das nicht mit Fracking verwechseln; dass wäre klimaschädliches CO2. Das wollen wir stattdessen klimaneutral verwenden und auch entsprechend unter der Erde pressen.
Es geht hier nicht um einen schleswig-holsteinischen Sonderweg. Die Zeit drängt, den weltweiten Temperaturanstieg zu begrenzen. Es geht darum, dass der Bund die rechtlichen Möglichkeiten schaffen darf, damit auch in der Deutschen Nordsee diese Technologie erprobt werden kann.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse unseres GEOMAR-Helmholtz-Zentrums sind dabei äußerst hilfreich. Sie geben mir keinen Grund, beunruhigt zu sein. Wirklich beunruhigend sind für mich dagegen die Folgen für uns und unsere Kinder, wenn wir im Kampf gegen den Klimawandel versagen. Das sollten wir uns bei der Abwägung vor Augen halten, meine Damen und Herren.
Der Ministerpräsident hat die Redezeit um drei Minuten und 29 Sekunden überzogen. Diese Zeit stünde jetzt auch allen anderen zur Verfügung. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.