Protocol of the Session on September 25, 2020

(Lasse Petersdotter)

Viertel welche Mieten zu erwarten sind. Das bedeutet, wir haben hier eine sehr ausdifferenzierte Möglichkeit, den jeweiligen Wert zu ermitteln. Auf der anderen Seite haben wir auch die Daten, die wir brauchen. Dass das alles aber dann in der Umsetzung und in der Datenmigration viel komplizierter ist, als ich mir das wünsche, sei auch gesagt; denn die Verwaltung wird so oder so einen Wahnsinnsaufwand haben, um eine anständige Grundsteuer zu ermitteln.

Ja, es kommt zu Veränderungen. Das war auch klar. Es wird auch zu Erhöhungen der Grundsteuer an der einen Stelle und zu Senkungen der Grundsteuer an der anderen Stelle kommen. Das ist nur logisch, wenn es am Ende aufkommensneutral sein soll. Dieser Aufkommensneutralität bedarf es unbedingt; denn es ist eine der wenigen konjunkturunabhängigen Einnahmequellen, die eine Kommune haben kann. Gerade die letzten Monate haben gezeigt, wie wichtig das ist. Deswegen möchte ich sehr an Sie appellieren, dass wir schnell zu einem Ergebnis kommen, einem Ergebnis, das gerecht, aber auch rechtssicher ist.

Ich freue mich auf die weitere Debatte. Wir werden in dieser Debatte aber zu einem Beschluss kommen müssen, und zwar zeitnah. Ich bin der Auffassung, das Bodenrichtwertmodell aus Baden-Württemberg läuft nirgendwo aus dem Ruder, sondern ist ein gutes Modell für uns alle, und hoffe, dass auch die FDP sich dem anschließen kann. Wir werden es sehen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Annabell Krämer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin, zunächst einmal herzlichen Dank für den Bericht. Dass Sie mir die Chance geben, hier mehr als 5 Minuten über dieses Thema zu reden,

(Zuruf: Man muss es nicht ausnutzen!)

zeigt, was für ein gutes Klima wir in dieser Koalition haben; denn wenn die Ministerin nicht gewollt hätte, dass wir uns dazu ausführlich äußern, hätte sie es definitiv knapp gehalten.

Die Grundsteuerreform begleitet uns ja schon seit einiger Zeit. Sie alle wissen - wir haben nie einen Hehl daraus gemacht -, dass wir als Koalitionspart

ner unterschiedliche Auffassungen dazu haben, wie die Grundsteuer ab 2025 idealerweise auszusehen hat. Niemand kann uns verübeln, dass wir unterschiedliche politische Präferenzen haben und gemeinsam um die beste Lösung für unser Land ringen.

Ich glaube - das darf ich hier auch einmal sagen -, es ist das maßgebliche Verdienst der FDP-Bundestagsfraktion, dass den Ländern mit der sogenannten Öffnungsklausel überhaupt die Möglichkeit eingeräumt wurde, bei der Grundsteuer vom Bundesmodell abzuweichen.

(Beifall FDP)

Jetzt sehen wir auch, wie wichtig das war. So können die Länder jetzt und in Zukunft nämlich eigene Wege beschreiten und für die beste Lösung werben. Wir wissen ja, der Wettbewerb ist nicht immer die schlechteste Variante auf der Suche nach der besten Lösung.

Mit einem eigenen Grundsteuergesetz können länderspezifische Präferenzen und Besonderheiten berücksichtigt werden. Der Föderalismus ist somit an wichtiger und hier auch geeigneter Stelle gestärkt worden. Es freut uns zu sehen, welch eine Vielzahl von Grundsteuermodellen unser Föderalismus schon nach wenigen Monaten hervorgebracht hat.

Dazu gehören - jeder von Ihnen weiß es - nicht nur das von uns Freien Demokraten favorisierte Flächenmodell, das Bayern jetzt umsetzen will, sondern auch eine Reihe von Mittelwegen, bei denen die Grundstücksfläche mit einem vereinfachten Lagefaktor kombiniert wird. Ich nenne an dieser Stelle aufzählend Hamburg, Niedersachsen und Hessen, die übrigens - das ist auch interessant - bei völlig unterschiedlichen Regierungskonstellationen einen solchen Mittelweg beschreiten. Baden-Württemberg hingegen wird mit seinem Bodenwertmodell das Gebäude bei der Ermittlung ganz außen vor lassen und stellt lediglich auf den Wert des Grundstücks ab. Hierauf komme ich später noch einmal zurück.

Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist kein Geheimnis, dass unsere beiden Koalitionspartner lange nicht dazu bereit waren, noch einmal über ein anders Modell zu reden oder auch vom Bundesmodell abzuweichen. Und Sie alle wissen, dass das nichts mit einem Koalitionskrach zu tun hat. Ich weiß gar nicht, wer versucht, das zu stilisieren. Der ganz normale Gang ist: Ohne Einigung auf ein anderes Modell greift automatisch das Grundsteuermodell des Bundes. Hierzu bedarf es keines Koalitionsbe

(Lasse Petersdotter)

schlusses; das ist die Faktenlage, die von keinem hier infrage gestellt wird.

Mittlerweile liegen jedoch konkrete Alternativen vor, die es uns wert sein sollten zu überlegen, ob wir uns nicht vielleicht doch auf ein gemeinsames Modell einigen könnten. Das wäre ein anderes Modell als das komplizierte des Bundes, das - wollen wir doch einmal ehrlich sein - kaum ein Bürger versteht und das - nicht nur durch die Einbeziehung der Bodenwerte als Wertfaktor, sondern zusätzlich von Listenmieten - voraussichtlich eine Steuererhöhungsspirale in Gang setzen wird. Ich danke dem Kollegen Koch deshalb ausdrücklich, dass er noch einmal Kritik an den Mietzonenstufen angebracht hat. Wir haben uns insbesondere über die Fälle, die du heute hier angebracht hast, schon unterhalten.

Pardon, Frau Abgeordnete. Ich musste eine Lücke suchen.

(Heiterkeit - Annabell Krämer [FDP]: Ach so! Ich habe es nicht gesehen! Entschuldi- gung!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Raudies?

Ich wusste, dass das Wort „Bodenwert“ ein Trigger sein würde. - Ja, gerne.

Sehr geehrte Frau Kollegin Krämer, Sie haben gesagt, der Bürger, die Bürgerin würde dieses neue Modell nicht verstehen. Sind Sie der Auffassung, dass die Bürgerinnen und Bürger die Grundstücksbewertung, wie sie heute nach Bewertungsgesetz erfolgt, verstehen? Das wäre quasi der Umkehrschluss aus Ihrer Aussage.

- Ich möchte gleich darauf zu sprechen kommen, dass ein Bodenwertmodell auch nicht das ist, was wir befürworten. Ich möchte einen noch viel einfacheren Weg gehen, den ich gleich erläutern möchte. Ich werde auch gleich sagen, warum ich der Meinung bin, dass das Bodenwertmodell von BadenWürttemberg ein bisschen „tricky“ ist. Auf der einen Seite ist es problematisch zu ermitteln, auf der anderen Seite beinhaltet es auch soziale Ungerechtigkeiten.

(Ole-Christopher Plambeck [CDU]: Das ist falsch!)

Insofern ist es nicht meine favorisierte Wertkomponente, den Bodenwert in den Vordergrund zu stellen. Es wird immer auf die Gutachterausschüsse Bezug genommen, aber wir haben ja gar nicht für jedes Grundstück einen Bodenwert.

(Ole-Christopher Plambeck [CDU]: Boden- richtwert!)

Und vor allen Dingen: Wie ermittelt man denn den Bodenwert? Sie wissen, dass er aus den Verkäufen der Vergangenheit resultiert. Was ist nun, wenn in einem Gebiet über Jahre keine Veräußerung stattgefunden hat? Wir alle wissen, wie sich die Bodenpreise in den letzten Jahren entwickelt haben. Jetzt ist in einem Gebiet die letzte Veräußerung 2010 erfolgt und in einem anderen, prosperierenden Gebiet fanden in den letzten Monaten mehrere Veräußerungen statt. Das heißt, der Bodenwert dort, wo es keine Veräußerungen gab, ist uralt, kann nicht ermittelt und muss gegebenenfalls aus irgendwelchen Veräußerungen geschätzt werden. Das ist aber nicht vergleichbar mit einem anderen Gebiet, in dem ich durch Veräußerung diverse neue Werte festgestellt habe. Das ist streitanfällig.

Bodenwerte sind ein relativ gefährliches Pflaster. Kein Modell außer dem einfachen Flächen-LagenModell wird komplett ohne auskommen. Aber je weniger dieser Faktor nach oben gehoben wird, umso rechtssicherer, meine ich, wird ein Modell sein.

(Beifall FDP)

Es gibt den Wunsch nach einer Nachfrage der Abgeordneten Raudies.

Ich möchte nur darauf hinweisen: Es gibt auch die Möglichkeit, solche Debatten in den Ausschüssen zu führen.

(Heiterkeit und Beifall CDU und FDP)

Weil Sie so fachlich-speziell sind, wollte ich dies in Erinnerung rufen. - Aber nun habe ich verstanden, dass die Abgeordnete Raudies ihre Bemerkung machen darf.

Okay, Herr Präsident, dann werde ich jetzt nichts zum Bewertungsgesetz ausführen,

(Beifall Hans-Jörn Arp [CDU])

das ich ja einmal gelernt habe. - Kollegin Krämer, ich bezog mich tatsächlich auf Ihre Aussage, das neue Modell sei von den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu verstehen. Mei

(Annabell Krämer)

ne Frage, ob Sie der Meinung sind, dass die Bürgerinnen und Bürger das jetzige Bewertungssystem verstehen, haben Sie nicht beantwortet.

Nein, aber es ist doch unsere Aufgabe, das Neue besser zu machen, oder nicht?

(Lebhafter Beifall FDP und CDU - Beate Raudies [SPD]: Ah, das ist einmal eine Ansa- ge!)

Habt ihr das verstanden? Ich nicht.

Jetzt hat der Kollege Petersdotter noch gesagt, es sei egal. Wir müssten vergleichen, wie es innerhalb einer Kommune sei. Aber wir wissen doch alle, dass derjenige, der die Steuer erhebt, der Staat, oft klebrige Hände hat. Man glaubt doch nicht allen Ernstes, dass es dort, wo Zonen mit hoher Miete sind, das Erste ist, was die Ratsversammlung macht, die Hände für geringere Hebesätze zu heben. Das ist doch nicht realistisch, Herr Kollege Petersdotter.

(Beifall FDP - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Kleb- rige Hände? Was machen denn die Kommu- nen mit dem Geld? - Weitere Zurufe)

Herr Kollege Petersdotter, einen habe ich noch: Sie sprachen noch von der Mieterlobby und haben viele Verbände aufgezählt.

(Zuruf: Vermieterlobby!)

- Entschuldigung. Sie sprachen von der Vermieterlobby. Alle - der Deutsche Mieterbund, der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen, Haus & Grund und so weiter - sagen: Ja, das Scholz-Modell wird dazu beitragen, dass die Mieten steigen. Die Lösung unseres geschätzten Koalitionspartners lautet, man könne ja die Umlagefähigkeit der Grundsteuer herausnehmen. Aber das ist doch - wie nennt sich das? - Sand in die Augen des Wählers streuen.

(Zurufe SPD)

Wenn ich vermiete, dann kalkuliere ich doch, was mich meine Immobilie kostet, und dann beziehe ich doch sämtliche Kosten, auch die Grundsteuer, mit ein. Und dann haue ich eine Risikomarge drauf, und dann vermiete ich mein Grundstück. Wenn ich das nicht über die Nebenkosten umlegen darf, dann einmal ehrlich - schlage ich es doch auf die Bruttokaltmiete. Man darf doch dem Wähler nicht erzählen, alles sei gut, wenn man die Umlagefähigkeit der Grundsteuer entfernte. Das ist doch utopisch. Insofern hilft uns das nicht weiter.