Protocol of the Session on September 25, 2020

Ich habe mich sehr gefreut und gesagt: Gut so, prima, dass es entschieden ist. Es war höchste Zeit, dass die von der Coronakrise gebeutelten Kommunen bei der Grundsteuer Klarheit bekommen. Wir haben hier schon mehrfach darüber geredet, was es mit der Kröte Länderöffnungsklausel auf sich hat. Frau Finanzministerin, Sie haben selber gesagt, diese Kröte mussten wir schlucken.

Deswegen finde ich die Kritik am Bund nicht ganz gerechtfertigt. Die Länder haben auf dieser Klausel bestanden, das war ihre Bedingung für die Zustimmung im Bundesrat. Sie haben selbst gesagt, das sei die Kröte gewesen, die man habe schlucken müssen, damit es überhaupt weiter eine Grundsteuer gibt. Die Verantwortung nun beim Bundesgesetzgeber abzuladen, ist vielleicht etwas kurz gesprungen.

Ich und meine Fraktion finden: Es wäre gut, wenn die Villa in Kampen nicht die gleiche Bemessungsgrundlage hätte wie das Mietshaus in Kiel-Gaarden. Frau Finanzministerin, Sie haben es selbst einmal so wunderbar formuliert: In der Regel sind diejenigen leistungsfähiger, die sich in guter Lage ein Häuschen gebaut haben, als diejenigen, die in einfacher Lage eine Wohnung mieten. - Das ist für niemanden ein Geheimnis, für uns Sozialdemokratin

nen und Sozialdemokraten heißt es immer: Starke Schultern sollen mehr tragen als schwache.

(Beifall SPD)

Deswegen, liebe Frau Heinold und liebe GrünenFraktion: Lassen Sie sich nicht in dieser Haltung beirren! Bleiben Sie stur! Bleiben Sie bitte, bitte stur!

(Christopher Vogt [FDP]. Das habt ihr ges- tern aber noch anders gesagt! - Heiterkeit - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Da hat der Kollege recht, ich verstehe das auch nicht!)

- Ja, ich weiß auch nicht, was der Kollege meint. Das sind wahrscheinlich die Nachwirkungen des fehlenden Nachtschlafs.

Vor einem Monat hatten wir das Thema auf der Tagesordnung. Wir haben es dann geschoben, und schwuppdiwupp! - lasen wir dann die Pressemitteilung der Kollegin Krämer und ein paar Tage später die der CDU, die der staunenden Öffentlichkeit verkündeten, dass die Entscheidung, die die Finanzministerin im Namen der Landesregierung verkündet hatte, nicht mehr gilt. - Was soll das denn? Haben Sie sich vorher nicht beraten, oder lassen Sie Ihre Finanzministerin jetzt im Regen stehen beziehungsweise stellen Sie sie einfach in den Regen? Und dann tragen Sie diesen Streit auch noch über Pressemitteilungen in der Öffentlichkeit aus?

(Zurufe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Jamaika-Koalition: „Good Vibrations“ sind etwas anderes. Das ist ein peinliches Schauspiel, das Sie uns hier vorführen.

(Beifall SPD und SSW)

Die Grundsteuer ist und bleibt die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen, wir wiederholen es regelmäßig und immer wieder. Gerade in der Pandemie hat sich die Grundsteuer als krisenfest erwiesen. Mehr als 470 Millionen € fließen unseren Städten und Gemeinden in Schleswig-Holstein aus ihr zu, Geld, das dringend für die Zahlung der kommunalen Leistungen und in der Infrastruktur gebraucht wird, für Kitas, für Schulen, für Schwimmbäder, für Feuerwehr, Sport und Straßen. Deswegen, meine Damen und Herren von den Jamaika-Fraktionen, fordere ich Sie auf, jetzt endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Das, finde ich, sind Sie den Kommunen im Land schuldig.

Ich habe es eben schon gesagt, und ich mache es jetzt gern noch einmal deutlich: Ich mache keinen Hehl daraus, dass für die SPD-Fraktion eine Umset

(Beate Raudies)

zung des Bundesmodells die gewünschte Option ist - genauso wie für unsere Kommunen.

(Beifall SPD)

Den bürokratischen Aufwand, der jetzt sicherlich gleich in den Reden wieder als großes Hindernis angeführt wird, werden wir bei jedem Modell haben. Die Frau Finanzministerin hat es gesagt; denn schließlich werden alle Grundstücke in diesem Land neu bewertet. Jede Akte wird aus dem Schrank gezogen und wird in die Hand genommen. Das muss man machen, egal, wie viele Parameter man hereinrechnet oder nicht.

Ich wünsche mir jedoch ganz besonders, dass wir bei der Neugestaltung der Grundsteuerreform eine Sache umsetzen, die mich als Kommunalpolitikerin immer extrem gestört hat. Wenn ich einen neuen Wert für die Grundsteuer feststelle, ist es wichtig, dass die Kommune diesen auch möglichst zeitnah bekommt und nicht erst mit vier Jahren Verspätung. Da hat es nicht immer die entsprechende Priorität in den Finanzämtern gegeben, weil es ja „nur“ Gemeindesteuern waren. Wenn wir es im Zuge dieser Umstellung hinbekommen, die Messbeträge zügig an die Kommunen zu übermitteln, dann sind wir auf jeden Fall einen großen Schritt weiter.

Aber, und das ist mein letzter Satz, egal für welches Modell Sie sich hoffentlich irgendwann einmal entscheiden, es wird Zeit, dass wir in Schleswig-Holstein mit der Arbeit jetzt langsam anfangen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, der Abgeordnete Tobias Koch.

(Tobias Koch [CDU] führt ein Gespräch mit Präsident Klaus Schlie)

- Zehn Minuten sind richtig, und Ihre Anmerkung zur Sache auch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin, zunächst einmal herzlichen Dank für Ihren Bericht. Lassen Sie mich versichern, bei unsachlichen Angriffen von Verbänden, egal, welcher Verband es sein sollte, stehen wir solidarisch an Ihrer Seite. Als CDU-Fraktion sind wir nicht als Lobbyisten für bestimmte Verbände hier tätig, sondern wir entwickeln unsere eigenen Positionen. Da mag es Schnittmengen geben.

(Zuruf SPD)

- Aber Ihre Kritik teilen wir explizit nicht.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Ministerin hat zutreffend ausgeführt, dass die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen für unsere Kommunen ist. Lassen Sie mich daher gleich zu Beginn feststellen, dass die Höhe des Grundsteueraufkommens, also die Steuereinnahmen, nicht davon abhängen, für welches Modell wir uns entscheiden sollten. Alle in der Diskussion befindlichen Modelle sind ausschließlich dafür relevant, auf welchem Weg die Steuerbemessungsgrundlage ermittelt wird. Erst die darauf angewendete Steuermesszahl und der Hebesatz der Kommune führen dann zum tatsächlichen Steueraufkommen.

Mit jedem Modell, egal ob flächen- oder wertbasiert, lässt sich das gleichhohe Steueraufkommen erzielen wie bisher. Die Nutzung der Länderöffnungsklausel hat daher keine finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen - weder positiv noch negativ.

Meine Damen und Herren, was spricht gegen das Bundesmodell von Olaf Scholz? - Drei entscheidende Punkte will ich hier nennen. Erstens. Die darin enthaltene Diskriminierung privater Vermieter, zweitens die Ungerechtigkeit der Mietstufen und drittens der bürokratische Aufwand.

Private Vermieter werden diskriminiert, indem kommunalen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften ein pauschaler Steuerrabatt von 25 % eingeräumt wird und zwar auch dann, wenn es sich überhaupt nicht um geförderten Wohnungsbau handelt.

(Beifall CDU und FDP)

Der Mieter eines privaten Vermieters muss also mehr Grundsteuer bezahlen als der Mieter im Nachbarhaus, wenn dieser bei einer kommunalen Wohnungsgesellschaft wohnt. Das ist nicht nur ungerecht, das wird mit Sicherheit auch zu zahlreichen Klagen von privaten Vermietern führen.

(Beifall CDU, FDP und Lars Harms [SSW])

Dann ist das Gesetz genauso schnell auf der Kippe wie das alte Gesetz und schafft nicht die erforderliche Sicherheit für unsere Kommunen.

Das zweite Problem sind die Mietniveaustufen. Kollegin Raudies schrieb in ihrer Pressemitteilung vom 7. September 2020 und hat es dankenswerter

(Beate Raudies)

weise heute in ihrer Rede noch einmal so schön wiederholt. Ich zitiere:

„Mit der SPD ist … kein Modell zu machen, wo für die Villa in Kampen genau die gleiche Bemessungsgrundlage gilt wie für das Mietshaus in Kiel-Mettenhof.“

Das klingt eingängig.

Dieser Wunsch wird vom Scholz-Modell auch erfüllt. Schauen wir uns einmal an, wie er das erfüllt. Zur Bewertung von Wohnungen wird das Ertragswertverfahren verwendet. Dazu wird die Wohnfläche mit der Nettokaltmiete multipliziert, und zwar mit der durchschnittlichen Nettokaltmiete, die für das ganze Land einheitlich gilt. Bis dahin würde die gleiche Bemessungsgrundlage in Kampen und in Kiel-Mettenhof erfüllt sein. Deshalb kommt jetzt im Scholz-Modell noch die Mietniveaustufe hinzu, die zu Zu- oder Abschlägen führt und die gewünschte Differenzierung herbeiführt.

Schauen wir uns einmal an, Frau Kollegin Raudies, wie diese Differenzierung aussieht. Die Villa in Kampen liegt bekanntlich im Kreis Nordfriesland. Der Kreis Nordfriesland hat die Mietniveaustufe 2. Das führt zu einem Abschlag von 10 %. Die Mietwohnung in Mettenhof liegt in der Stadt Kiel, und Kiel hat die Mietniveaustufe 5. Das führt zu einem Zuschlag von 20 %. Das Ziel ist erreicht, die Bemessungsgrundlage ist anschließend unterschiedlich.

(Zuruf CDU: Es ist aber anders herum!)

Die schreiende Ungerechtigkeit besteht doch darin, dass die Grundsteuer für die Villa in Kampen niedriger ist als für die Mietwohnung in Mettenhof.

(Beifall CDU, FDP und Lars Harms [SSW])

Das ist doch die Wahrheit. Wenn das von Ihnen gewollt ist, dann ist Ihnen Ihr soziales Gewissen endgültig abhandengekommen.

(Beifall FDP)

Man kann doch nun wirklich nicht die Villa in Kampen besserstellen als die Mietwohnungen in Kiel.

(Zuruf: Das wurde in Berlin beschlossen!)

Aber genau das macht Olaf Scholz mit seinem Modell.