Protocol of the Session on September 24, 2020

90 Millionen € investieren wir pro Jahr. Alle haben gesagt: Das schafft ihr doch nie! - Ich sage Ihnen heute: Schauen Sie sich um in Schleswig-Holstein, es geht voran. Wenn wir heute Behinderungen im Verkehr haben, dann wegen Baustellen, nicht wegen Schlaglöchern und Wurzelaufbrüchen. Wir beseitigen den jahrzehntelangen Sanierungsstau und hinterlassen kommenden Generationen eine intakte Wegeinfrastruktur.

(Zurufe und Beifall FDP - Widerspruch SPD)

Mit der Radstrategie Schleswig-Holstein 2030 und den Schwerpunkten Modal Split, Radtourismus, Vision Zero - Null Tote im Straßenverkehr - gehen wir noch ein Stück weiter.

Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir drei Jamaika-Parteien viele Gemeinsamkeiten, aber auch unterschiedliche Prioritäten ha

(Ministerin Karin Prien)

ben. Für mich als FDP-Mann ist der Modal Split zum Beispiel eher eine Frage der Attraktivierung alternativer Verkehre. Ich verbinde damit auch ganz stark den Schienenpersonennahverkehr.

Was mir wirklich wichtig ist - weil wir als FDP Schleswig-Holstein es den Wählerinnen und Wählern in unserem Wahlprogramm versprochen haben -, das sind die Unterstützung des Tourismus und die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Uns von der FDP - das teilen wir mit unseren JamaikaPartnern - geht es darum, dass es den Menschen in Schleswig-Holstein gut geht. Tourismus sichert den Menschen hier den Wohlstand, und Verkehrssicherheit rettet Leben.

(Beifall FDP und Hans-Jörn Arp [CDU])

Um diese großen Ziele zu erreichen, müssen wir mit ersten Schritten beginnen. Wir wollen zum Beispiel wissen: Wie sind die Zustände der Radwege in Schleswig-Holstein? Wir wollen gleiche Qualität und gleiche Ausbaustandards. Dazu entwickeln wir das Landesweite Radverkehrsnetz, LRVN, weiter. Wir wollen die Chancen nutzen, die uns die Digitalisierung bietet, indem wir eine App für die Meldung von Mängeln auf den Weg bringen. Wir binden die Radlerinnen und Radler mit ein. In die Genese der Radstrategie eingebunden haben wir auch alle Akteure im Bereich für Radverkehr: aus der Verwaltung, den Interessensverbänden und der Politik. Das Verfahren heißt BYPAD - wir haben die Beteiligten zum Teil hier heute auf der Tribüne.

Das heißt: Wir alle zusammen haben an der Weiterentwicklung des Radverkehrs gearbeitet oder hatten jedenfalls die Möglichkeit dazu. Diese Gemeinsamkeit wollen wir uns auch im weiteren Prozess erhalten und uns beim Runden Tisch Radverkehr weiterhin austauschen.

Tourismus sorgt in unserem Land für Wohlstand, das weiß hier jeder. Viele Familien verbessern ihr Einkommen oder leben sogar ganz von unseren Gästen. Vernünftige Radwege und schöne Tourenmöglichkeiten werden immer mehr ein Faktor, nach dem sich die Gäste ihre Destination aussuchen. Deswegen werden wir uns auch um Radfernwege kümmern.

Weil wir auch wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem schönen Land schnell in den Genuss von konkreten Verbesserungen kommen, werden wir als Sofortprogramme Selfservice-Stationen und Fahrradbügel installieren.

(Beifall FDP)

Leider ist Verkehrspolitik oft symbolisch. Es wird viel Aufregung um keinen Nutzen produziert. Das ist nicht unser Weg. Wir wollen, dass die Radstrategie die Menschen in Schleswig-Holstein tatsächlich voranbringt. Leider ist Verkehrspolitik oft Gängelei, Schikane und Umerziehung. So etwas wollen wir nicht. Die Radstrategie fördert das Radfahren, ohne andere Mobilitätsformen zu diskriminieren.

(Beifall FDP)

Unsere Politik - auch unsere Verkehrspolitik - ist modern, der Zukunft zugewandt,

(Martin Habersaat [SPD]: „Der Zukunft zu- gewandt“, das passt ja! - Heiterkeit)

wir wollen optimistisch die Chancen unserer Zeit nutzen.

Erlauben Sie mir diesen Hinweis: Auch im Straßenund Wegebau brauchen wir dringend ein beschleunigtes Planungsrecht, um die Bremsen lösen zu können und um unser Land in eine moderne Zukunft führen zu können.

(Beifall FDP, SSW und Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich bin froh, dass wir mit dieser Radstrategie Schleswig-Holstein 2030 ein Papier geschaffen haben, das echte Ergebnisse zeitigt, den Menschen in unserem Land hilft, echte Verbesserungen bringt und das nicht mit moralinsaurer Miene, mit Zeigefinger und Gängelung, sondern positiv, mit Akzeptanz aller Mobilitätsmöglichkeiten und gegenseitiger Rücksichtnahme. So wollen wir das haben, und so gestalten wir unser Schleswig-Holstein. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und Burkhard Peters [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ich kann mich noch ganz gut an das erste Gespräch erinnern, Herr Buchholz, das wir hatten. Es war wirklich ein schöner Tag, an dem Sie mit Blick auf die Förde die Ziele formuliert hatten, die aus Ihrer Sicht dringend angegangen werden sollten. Der Fahrradverkehr gehörte dazu. Das hat mich damals wirklich gefreut.

(Kay Richert)

Aus heutiger Sicht muss ich sagen: Schwupp! 40 Monate später geht es nun schon los.

(Zuruf: Zack!)

Die Landesregierung hat eine Strategie entwickelt. Lieber spät als nie, scheint nun die Devise. Ich will nicht leugnen, es ist schon besser, einen Plan - oder wie Kay Richert es eben gesagt hat: ein Papier - zu haben als gar keine Ziele,

(Heiterkeit und Beifall Beate Raudies [SPD])

doch an diesen Zielen werden Sie sich nun auch messen lassen müssen. Bisher lassen mich Ihre Aussagen und Taten daran zweifeln.

(Christopher Vogt [FDP]: Das meinst du doch nicht so, oder?)

Wer Radverkehr fördern will, muss die Radwege und deren Sanierung auch finanzieren. Da ich wirklich viel mit dem Fahrrad unterwegs bin und mir coronabedingt auch ein Rennrad zugelegt habe und dadurch weite Strecken schaffe, habe ich, so denke ich, einen ganz guten Überblick über die Fahrradwege hier in Schleswig-Holstein. Das Land hat einen umfangreichen Ausbau an Radwegen, das will ich überhaupt nicht leugnen, doch an über 4.000 km Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen gibt es keinen Radweg. Hier leben Fahrradfahrer richtig gefährlich, wenn sie von Autofahrern wenig geschätzt werden.

Dass die Grünen nun auf Ebene des Bundesrates erreicht haben, dass noch nicht einmal die Regelung von 1,5 m Abstand beim Überholen gilt, finde ich schon sehr bemerkenswert. Die Fahrradfahrer können sie bei der Blockade jedenfalls nicht im Blick gehabt haben.

Die Haushaltsmittel für das Jahr 2020 für die Radwegsanierung lassen an einem Fahrradland Schleswig-Holstein zweifeln. Wir hatten bereits für den laufenden Haushalt 27 Millionen € an Mitteln für Radwegsanierungen und Ausbau eingeplant. Dieses wurde von Ihnen abgelehnt.

(Beate Raudies [SPD]: Genau!)

Klug wäre es, wenn Sie dort, wo Sie Straßen sanieren, parallel auch eine Sanierung des Radweges durchführten. Auch wenn Kay Richert es eben angemerkt hat: Man ärgert sich als Fahrradfahrer schon, wenn Sie, wie zum Beispiel ich letztens auf der L 49, auf eine frisch sanierte Straße blicken, als Fahrradfahrer aber weiterhin über Baumwurzeln hoppeln oder der Radweg ständig weggeschreddert und mit Split versehen ist.

(Beifall SPD und SSW - Beate Raudies [SPD]: Oh oh!)

Wenn Radwege dann zeitweilig nach einem Jahr schon wieder von Baumwurzeln aufquellen, zeugt das auch nicht von besonders nachhaltiger Sanierung.

Dem Antrag des SSW auf eine zusätzliche Förderung im innerstädtischen Bereich werden wir zustimmen. Wenn eine Straße saniert wurde, der Radweg aber nur außerhalb der Ortschaften, dann läuft hier wirklich etwas falsch.

(Christopher Vogt [FDP]: Ihr habt weder das eine noch das andere saniert!)

Aus eigener Erfahrung aus der Kommunalpolitik weiß ich, dass hier wirklich das Geld fehlt. Klug ist, wenn es keiner hohen Finanzierung der Kommunen bedarf; denn dafür fehlen meist die finanziellen Spielräume, und Radwege sind dort besonders schlecht.

Das Thema Verkehrssicherheit ist mir besonders wichtig. Das ist doch eines Ihrer Oberziele, wie der Radstrategie zu entnehmen ist. Bis zum Jahr 2030 soll Schleswig-Holstein unter die Top 2 der Flächenländer mit den niedrigsten Zahlen an Unfalltoten gelangen. Das ist gut. Doch warum lehnen Sie alle Vorschläge zur Senkung der Unfallzahlen ab? Verringerung von Geschwindigkeiten vor Schulen Ablehnung; denn es gibt ja nicht genügend Unfälle. Einschränkung beim Überholen von Schulbussen Ablehnung, denn es gibt nicht genügend Unfälle. Leitplankenunterschutz - Ablehnung. Verkehrsbeeinflussungsanlagen: Das wird nachher von Ihnen auch abgelehnt und in einen Prüfauftrag umgewandelt; denn es gibt ja kaum Unfälle. Wer es ehrlich mit der Sicherheit von Fahrradfahrern nimmt, braucht mehr als einen Plan. Er braucht den Willen, und diesen sehe ich aktuell noch nicht. Schade.

(Beifall SPD und SSW)

Der Radstrategie allerdings stimmen wir zu. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD und SSW - Heiterkeit BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze das Wort.

(Kai Vogel)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Ich bin heute sehr zufrieden.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wir auch!)

Fahrräder sind on top, sind voll im Trend. Meine Damen und Herren, seit 15 Jahren steigen die Umsätze im Fahrradhandel und verdoppeln sich auf 3 Milliarden € in Deutschland. Im Jahr 2019 gingen 4,3 Millionen Räder über den Tisch, das waren über 3 % mehr als im Jahr 2018. Die Zahlen für das Jahr 2020 in der Coronazeit zeigen: Fahrräder sind in Schleswig-Holstein ausverkauft. Wenn Sie ein schönes E-Bike kaufen wollen, müssen Sie ein halbes Jahr warten.

Meine Damen und Herren, auch die Qualität der Räder steigt. E-Mobilität ist hier das Stichwort. Jedes dritte neue Rad ist elektrisch, 5,4 Millionen Stück stellen die Akku-Autos weit in den Schatten. Es gibt neue City-Flitzer, die bis zu 70 % verkauft werden; auch Lastenräder sind unterwegs, die gerade für Familien und den Einzelhandel interessant sind. Die Deutschen lassen sich ein Rad im Schnitt 982 € kosten. Räder sind tatsächlich in. Ich sage Ihnen: Da läuft ein Umbruch. Da findet ein interessanter Wandel statt.