Protocol of the Session on September 23, 2020

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als vor dem Reichstagsgebäude in einem linkspopulistischen Spektakel 13.000 Stühle aufgestellt wurden, war dem vernünftigeren Teil der bundesdeutschen Politik klar, was nun kommen würde: Die griechischen Flüchtlingscamps würden das Thema der Stunde sein, schon bald würde man die Aufnahme weiterer Migranten fordern.

Da nun aber Stühle allein nicht genug Druck aufzubauen vermögen, brauchte es noch etwas mehr, um das sinnbildliche Feuer der Aufnahmewilligkeit zu entfachen. Zufall oder nicht, wenige Stunden später kam es zu den ersten Brandstiftungen im Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Bald darauf war das Camp dem Erdboden gleichgemacht. Die Täter stammten laut griechischen Behörden aus dem Camp selbst, bei Löscharbeiten seien sogar Feuerwehrleute vor Ort angegriffen und mit Steinen beworfen worden.

Und wie bestellt, so schien es, gellten in Deutschland die ersten linkspopulistischen Rufe nach einer schnellen Aufnahme von Menschen aus Moria. So auch hier im Hause. Aber es waren auch andere Stimmen zu vernehmen, Stimmen, die die Position der AfD stärkten und darin bestätigen, eine Aufnahme abzulehnen, so zum Beispiel Stimmen aus Griechenland selbst.

Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis erklärte dazu etwa - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis -:

„Es besteht kein Zweifel, dass Moria von einigen hyperaktiven Flüchtlingen und Migranten verbrannt wurde, die die Regierung erpressen wollten, indem sie Moria niederbrannten und ihre sofortige Umsiedlung von der Insel forderten.“

Der ehemalige griechische Regierungssprecher Evangelos Antonaros erklärte im Deutschlandfunk ich zitiere erneut -:

„Wenn man zu viele Menschen auf den Inseln weiterreisen lässt, dann ist das auch ein Signal an die Türkei und an die Millionen Flüchtlinge, die in der Türkei leben, weiterzukommen. Dann wird das dahin gehend interpretiert, dass sie Europa doch erreichen können.“

Beide Aussagen beschreiben damit quasi eine Erpressung, die zumindest in Deutschland zunächst zum Erfolg geführt haben dürfte. Und tatsächlich erfolgten die ersten öffentlichen Erklärungen, wonach die Brandstiftungen in Moria als „richtiges Handeln“ sogar als eine Art „Notwehr“ gegen die erbarmungslose Migrationspolitik der EU zu betrachten und somit gerechtfertigt seien.

Der Erfolg zeugt Nachahmer, wie wir nun auch an den verschiedenen weiteren Brandlegungen - wie zum Beispiel auf Samos - erkennen konnten. Hier hat sich eine vollkommen widersinnige Migrationspolitik im deutschen Alleingang gleichsam als Brandstifter ausgewirkt, Herr Dr. Steger.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist doch rechts- radikale Hetze, was Sie hier betreiben!)

Dass sich nun Brände in griechischen Auffanglagern häufen würden, war doch für jeden, der einigermaßen bei Sinnen ist, klar und absolut zu erwarten. Auch wir haben genau davor gewarnt, und das ist so eingetreten. Nun blickt Europa auf die EU und stellt fest:

(Dennys Bornhöft [FDP]: Was ist Ihre Lö- sung?)

Die EU funktioniert nicht, schon wieder nicht. Eine gemeinsame EU-Migrationspolitik ist nicht in Sicht. Genauer gesagt, Europa will sich nicht den deutschen Weg hinein in die Utopie einer grenzenlosen Gesellschaft aufzwingen lassen. Europa rückt mehr und mehr von Deutschland ab. Auch diese

(Jan Marcus Rossa)

Isolation ist ein Ergebnis merkelscher Migrationspolitik.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Österreichs Kanzler Kurz erklärte sehr schnell: Wenn wir diesem Druck jetzt nachgeben, riskieren wir, dass wir dieselben Fehler machen wie im Jahr 2015.

Meine Damen und Herren, unter den Fehlern aus dem 2015, dem Alleingang einer Kanzlerin Merkel,

(Zurufe Dr. Ralf Stegner [SPD] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

leidet noch heute das ganze Land; und damit muss endlich Schluss sein.

(Beifall AfD)

Dass dies nicht mit einer Regierung unter CDU, SPD, den Grünen oder gar den Linken zu erwarten ist, beweisen Sie heute hier im Haus erneut.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Aber wie?)

Solange Medien und Presse zu Ihren linken Träumen passende Bilder und Meinungen liefern, mag Ihr Kalkül auch aufgehen. Aber erste Trendwenden in der öffentlichen Meinungsbildung sind bereits erkennbar, und sie geben uns recht.

Herr Schaffer, gestatten Sie eine Zwischenfrage

- der Abgeordneten Eka von Kalben?

Das Hohe Lied der bedingungslosen, überwiegend auch grundlosen und damit rechtswidrigen Aufnahme von Migranten unter dem Deckmantel des Asylrechts und der Überführung in den zumeist alimentierten Daueraufenthalt singen doch längst nicht mehr alle mit. So sind es auch erste Presseberichte und Kommentare, die kritisch mahnen, hier einer solchen Erpressung nicht zu folgen.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was ist Ihre Antwort?)

Wenn allein menschliches, gesundheitliches oder wirtschaftliches Elend zur Grundlage einer Aufnah

me gemacht wird, müssten wir doch alle Menschen, die unter einem solchen Elend leiden, bei uns aufnehmen.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was ist Ihr Ansatz?)

Diesen moralisierenden Ansatz kann doch niemand ernsthaft vertreten, der an dem sozialen Frieden in unserem Land noch irgendein Interesse hat.

Auch der Ruf nach einer europäischen Lösung ist doch nicht zum ersten Mal zu hören. Aber es ist Griechenland, und Griechenland ist ein europäischer Partner, der an einer europäischen Außengrenze einen Gutteil der Migrationslast auch für uns trägt. Dieser Partner braucht die Unterstützung der Europäer und auch unsere, um genau dieser Aufgabe Herr zu werden. Helfen wir also den Griechen tatkräftig mit allem, was wir können, aber helfen wir ihnen vor Ort. Eine Aufnahme von Migranten aus Moria hilft niemandem, das ist der falsche Weg. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass ich mich bei dem geistigen Brandstiftertum anstecke, meine Damen und Herren. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Schaffer, niemand in der Bundesrepublik Deutschland leidet unter der Flüchtlingspolitik.

(Widerspruch AfD)

Unsere wirtschaftliche und soziale Lage war noch nie so gut wie heute, und es ist unsere verdammte Pflicht, Menschen, die es nicht so gut haben, Hilfestellung zu geben, und das hat auch etwas mit der Aufnahme von Flüchtlingen zu tun.

(Beifall SSW und SPD)

Menschenrechtsorganisationen warnen schon lange vor den Zuständen in den Zeltlagern an den EU-Außengrenzen, übrigens nicht nur in Griechenland, in denen Geflüchtete monatelang verharren müssen, bis sie möglicherweise irgendwann eine Chance haben, weiterzukommen. Wir konnten aus weiter Entfernung dabei zusehen, wie sich eine humanitäre Katastrophe ankündigte. Neulich habe ich einen ziemlich kurzen Kommentar gelesen, in dem stand: Moria brennt seit Monaten, jetzt brennt es buch

(Claus Schaffer)

stäblich. - Das hat für mich genau den Punkt getroffen.

In Moria gab es Kapazitäten für 2.800 Menschen, und zeitweise waren dort 20.000 Leute in einem Zeltlager untergebracht. Im Winter ist es da nicht besonders warm. Da gab es nicht genug Betten, da gab es keine Gesundheitsversorgung, und da gab es noch nicht einmal für alle fließend Wasser.

Jetzt nimmt Deutschland insgesamt etwa 2.750 Geflüchtete von den griechischen Inseln auf. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen. Es sind 1.553 Menschen, die in Griechenland schon als schutzberechtigt anerkannt worden sind, die haben also schon Asylstatus, außerdem bis zu 150 unbegleitete Minderjährige, ungefähr 50 davon sind bereits angekommen. Dazu kommen noch 243 behandlungsbedürftige Kinder, also Kinder, die krank sind, mit ihren Kernfamilien, was ungefähr 1.000 Menschen bedeutet. Ich finde, es ist nicht eine einzige Gruppe dabei, die es nicht verdient hätte, bei uns aufgenommen zu werden.

Über diese Zahlen hinaus jedoch, so hieß es vom Regierungssprecher, setze sich die Regierung für eine weitergehende europäische Lösung mit anderen aufnahmewilligen Staaten ein. Das sind leider nicht so fürchterlich viele geworden.

Wir konnten in den letzten Jahren wiederholt beobachten, dass die Staaten an den EU-Außengrenzen einfach mit der Anzahl der Menschen, die dort ankamen, völlig überfordert waren. Die Dublin-Verordnung ist höchst umstritten, und dass sie generell reformiert werden muss, denke ich, ist inzwischen jedem klar. Und wenn wir schon dabei sind: Das EU-Türkei-Abkommen gehört eigentlich auch reformiert.

Aus Sicht des SSW brauchen wir innerhalb der EU ein ganz anderes Regelwerk. Wenn wir nicht endlich zu einer neuen gemeinsamen Politik kommen, laufen wir weiter Gefahr, immer wieder unkoordiniert reagieren zu müssen. Doch muss man sich fragen: Ist ein gemeinsamer Weg der EU überhaupt möglich? Ist eine gemeinsame EU-Asylpolitik bei den so unterschiedlichen Regierungen überhaupt realistisch? - Ich muss allerdings auch sagen: Meine Vorstellung einer menschenwürdigen Asylpolitik ist nicht die von Viktor Orban. Auch der „Schutz der Außengrenzen“ lässt sich sehr unterschiedlich interpretieren. Es kann also durchaus passieren - das müssen wir wissen, wenn wir von einer europäischen Lösung sprechen -, dass europäische Standards deutsche Standards möglicherweise unterlaufen.

Vielleicht wird es daher eher auf einen Zusammenschluss derjenigen Regierungen hinauslaufen, die sich in der Tradition europäischer Ziele und Werte sehen, die sich dazu bekennen, dass die Europäische Union nicht nur eine Wirtschaftsunion ist, sondern von Beginn an auch den Zweck hatte, Frieden, Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte zu sichern. Womöglich wird die Reform der EUAsylpolitik aber zur Hauptaufgabe der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Denn dass diese Asylpolitik gescheitert ist, wird an den EU-Außengrenzen offenkundig. Aber das ist ein Langzeitziel. Vorrangig geht es uns doch darum, jetzt Handlungsmöglichkeiten zu bekommen.