Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau diese Vorhaltekosten sind auch in anderen Bereichen der akutstationären Versorgung ein Grundproblem. Aus diesem Grund sage ich mit vollem Ernst, auch im Hinblick auf Kollegin Schwesig, mit der ich viel gemeinsam habe, was die Aufstellung der Versorgungsstrukturen anbelangt - wir haben uns gemeinsam darum bemüht, einen bundeseinheitlichen Basisfallwert zu bekommen; das ist schon lange her, gut zehn Jahre -: Das System der Krankenhausfinanzierung bedarf einer grundlegenden Reform, die genau bei den Vorhaltekosten ansetzt.
Auf der Gesundheitsministerkonferenz im vergangenen Jahr haben deswegen meine Kolleginnen und Kollegen gemeinsam mit mir einstimmig beschlossen, entsprechend tätig zu werden. Die Länder haben Anfang dieses Jahres eine länderoffene Arbeitsgemeinschaft gebildet, was ebenfalls auf der Gesundheitsministerkonferenz im vergangenen Jahr beschlossen wurde. Schleswig-Holstein hat den Vorsitz dieser Arbeitsgruppe inne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in dieser Arbeitsgruppe noch nicht so weit gekommen sind, wie wir eigentlich kommen wollten, hat eine Ursache, die Sie alle kennen: Sämtliche Länderkolleginnen und -kollegen hatten in den vergangenen sieben Monaten über das übliche Tagesgeschäft hinaus noch einiges zu tun.
Die Überlegungen, wie wir uns eine künftige Krankenhausstrukturreform vorstellen, die ich anfangs dieses Jahres, am 28. Januar 2020, in der Schleswig-Holsteinischen Landesvertretung in Berlin vorgestellt habe - auf eine Basisfinanzierung für Vorhaltekosten, die jedes Krankenhaus hat, setzen komplett neu justierte Fallpauschalen auf -, haben nichts an Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil, auch die heutige Debatte zeigt, dass diese Strukturreform dringend notwendig ist.
Wir wollen an diesem geordneten und, wie ich meine, zielgerichteten Verfahren festhalten. Mein Ziel ist es, das Vergütungssystem für die Erbringung stationärer Leistungen grundlegend zu reformieren. Wir wollen die leistungsbezogene Abrechnung nach Fallpauschalen durch eine leistungsunabhängige Vergütungskomponente ergänzen, die die Vorhaltekosten der Häuser wirklich abdeckt.
Was ich kritisch sehe - das weiß Kollegin Schwesig auch -, ist das Herausnehmen eines einzelnen Bereichs, das heißt Sonderregelungen für einzelne Fachabteilungen. Es spielt übrigens keine Rolle, welche es ist. Am Beispiel der Pädiatrie will ich es verdeutlichen: Das würde in Wahrheit neue Probleme schaffen. Was das System der DRG angeht, so können Sie ja in ihrer jeweiligen Fraktion eine Umfrage machen, wer dieses unglaubliche, kaum noch zu durchschauende, komplexe Regelwerk innerhalb von 3 Minuten wirklich erklären kann. Durch die Herausnahme einzelner Bereiche würde es noch komplizierter werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich appelliere und schlage vor, dass wir die Versorgungsstrukturen in der Kinder- und Jugendmedizin grundsätzlich verbessern. Insbesondere im ländlichen Bereich müssen die Kinderkliniken in die Lage versetzt werden, verstärkt ambulante und auch tagesklinische Leistungen zu erbringen, die entsprechend vergütet werden.
Die Voraussetzungen dafür - das will ich auch sehr deutlich sagen - sind in Schleswig-Holstein gut. Wir haben derzeit elf Standorte mit einer notfallversorgenden allgemeinen Kinderklinik. An diesen Standorten werden insgesamt 400 Betten bereitgehalten und jährlich circa 25.000 junge Patientinnen und Patienten versorgt. Wir verfügen zudem über vier Sozialpädiatrische Zentren und vier Tageskliniken, wobei bald eine fünfte hinzukommt.
Ich sage das deswegen so deutlich, weil viele Flächenländer uns seit Jahren um dieses System aus elf kinderärztlichen Anlaufpraxen beneiden.
Wir haben in Schleswig-Holstein 208 niedergelassene Kinderärztinnen und Kinderärzte, was - derzeit jedenfalls noch - wesentlich zu einer flächendeckenden Versorgung beiträgt. Zudem verfügen viele Kinderärztinnen und Kinderärzte in den Krankenhäusern über eine sogenannte Ermächtigung, also eine Zulassung für eine spezialisierte ambulante Versorgung.
Aus der Analyse der Versorgungsstrukturen in Schleswig-Holstein haben wir unter anderem den Schluss gezogen, dass die tagesklinische Behandlung und die Diagnostik eine sinnvolle und auch eine notwendige Ergänzung an den Standorten sein können. Wenn es krankenhausentgeltrechtlich möglich und krankenhausplanerisch sinnvoll ist, werden wir vorhandene Tageskliniken ausbauen und weitere Tageskliniken aufbauen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Letzter Punkt: Wir brauchen außerdem - auch das haben die Rednerinnen und Redner vorhin zum Teil schon angesprochen - eine viel stärkere Vernetzung der Sektoren, wenn gleichzeitig die Versorgung in der Fläche aufrechterhalten werden soll. Die Kinderheilkunde bedarf daher einer wesentlich stärkeren sektorenverbindenden Versorgung, als es bislang der Fall gewesen ist.
Ziel ist es, die vorhandenen Strukturen an vielen Klinikstandorten, die neben der stationären und der tagesklinischen Versorgung auch die Ermächtigung von Kinderärztinnen und Kinderärzten sowie die kassenärztlichen Anlaufpraxen umfassen, zu einer sektorenverbindenden Struktur zusammenzufassen.
Die Abgeordnete von Kalben hat darauf hingewiesen: Wir prüfen derzeit gemeinsam mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung die Möglichkeit eines Modellversuchs in Schleswig-Holstein, und zwar im Sinne einer echten sektorenverbindenden Versorgung in der Kinderheilkunde. Das wäre ein unglaublich schönes und unglaublich wichtiges Projekt, um zeigen zu können, worum es in Wahrheit geht: In Wahrheit geht es darum, dass sich die medizinische Versorgung auch bei Kindern und Jugendlichen nicht um irgendwelche Sektoren dreht. Im Zentrum aller Überlegungen stehen die Kinder und Jugendlichen, nicht aber irgendwelche Organisationsstrukturen. Für diese Kinder und Jugendlichen muss die jeweils beste medizinische Versorgung angeboten und organisiert werden. - Vielen Dank. Ich habe nur 3 Minuten überzogen.
Der Minister hat die vorgesehene Redezeit um 3 Minuten erweitert. - Ich sehe aber nicht, dass eine Fraktion davon Gebrauch machen möchte. Weitere Wortmeldungen liegen mir nämlich nicht vor. Ich schließe deshalb auch die Beratungen.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/2325 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/2365 (neu) dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse zunächst abstimmen über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 19/2325. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Damit ist der Antrag Drucksache 19/2325 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, AfD und der Stimme der Abgeordneten von SaynWittgenstein gegen die Stimmen von SPD und SSW abgelehnt.
Ich lasse dann abstimmen über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW.
Ich lasse dann abstimmen über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/2365 (neu). Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe. Enthaltungen? - Einstimmig, wunderbar!
Ich unterbreche die Tagung bis morgen früh, 10 Uhr, und wünsche allen einen wunderbaren Feierabend. Es ist ja auch schon spät.