Protocol of the Session on August 28, 2020

Auch wenn uns zum Beispiel noch nicht ganz klar ist, wie ein ohnehin stark gefordertes Landesamt für Soziale Dienste zusätzliche Ausweise schnell und unbürokratisch ausstellen soll oder ob ein weiteres amtliches Dokument das Problem wirklich löst, weil ja offenbar weder Schwerbehindertenausweise oder ärztliche Atteste immer anerkannt werden, gehen die Anträge der SPD und der Jamaika-Koaliti

(Dennys Bornhöft)

on absolut in die richtige Richtung. Wir können also beiden Anträgen zustimmen.

Aber wir stehen natürlich weiterhin vor der Herausforderung, gleichzeitig schnell zu helfen und gründlich abzuwägen, wie wir das am besten hinbekommen. Noch dazu muss klar sein, dass wir dabei nicht nur die Menschen mit Behinderung in den Einrichtungen, sondern auch ihren Beauftragten einbinden. Doch trotz dieser Herausforderung bin ich grundsätzlich zuversichtlich, dass wir hier bald zu Verbesserungen im Sinne der Betroffenen kommen werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst gilt auch mein ausdrücklicher Dank für diese Debatte. Auch wenn ich den vorgeschlagenen Lösungsansatz nicht teile - ich sage auch gleich, warum nicht -, ist diese Debatte dringend notwendig; denn das, was Sie geschrieben haben, Herr Abgeordneter Baasch, ist bedauerlicherweise Realität.

Zur Eindämmung der SARS-CoV-2-Pandemie haben wir bereits Ende April in bestimmten Bereichen eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung eingeführt; das wissen Sie. Dazu gehören beispielsweise der Einzelhandel oder auch die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dient sowohl dem Schutz von anderen als auch dem eigenen Schutz und ist vor allem immer dann sinnvoll, wenn Mindestabstände nicht eingehalten werden können.

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren - das haben verschiedene Vorrednerinnen und Vorredner bereits ausgeführt -, gibt es Menschen, die aufgrund einer körperlichen, einer geistigen oder einer psychischen Beeinträchtigung eben keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können. Das können beispielsweise Menschen mit einer chronischen Lungen- oder Herzerkrankung sein. Das können Menschen sein, die beispielsweise ihre Arme nicht ausreichend bewegen können. Es kann sich auch um Personen handeln, die unter Angstzuständen leiden

oder Panikerkrankungen haben. Das sind nur einige Beispiele, weil es weitere Gründe gibt, die das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unmöglich machen.

Dieser Tatsache hat die Landesregierung im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie von Anfang an Rechnung getragen. Es war absolut richtig, und es war vor allem notwendig; denn als Gesundheitsminister des Landes Schleswig-Holstein trage ich nicht nur Verantwortung für die Gesundheit der Menschen in unserem Lande, sondern gleichermaßen auch dafür, dass Teilhabemöglichkeiten beispielsweise von Menschen mit Handicap in dieser Pandemie nicht eingeschränkt werden, sodass diese Menschen dauerhaft diskriminiert werden.

Ohnehin bin ich der Auffassung, dass sich Teilhabe und Gesundheit überhaupt nicht voneinander trennen lassen. Letztlich handelt es sich hier um zwei Seiten einer Medaille.

Wir haben stets ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass an einen Nachweis zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gerade keine hohen Anforderungen zu stellen sind, dass Menschen mit Behinderung nicht noch einmal zum Amt laufen müssen, um ein weiteres Dokument abzufordern. Unsere Regelungen sehen beispielsweise vor, dass ein Schwerbehindertenoder beispielsweise ein Allergikerausweis als Nachweis, verbunden mit der Glaubhaftmachung des Betroffenen, völlig ausreichen kann, dass dieser oder diese aufgrund einer körperlichen, medizinischen oder psychischen Beeinträchtigung keine MundNasen-Bedeckung tragen kann.

Auch eine ärztliche Bestätigung benötigen die Betroffenen explizit nicht. Wenn sie aber eine solche besitzen, dann ist diese bereits als Bescheinigung ausreichend.

Wir haben diese Regelung so auch in die CoronaBekämpfungsverordnung aufgenommen. Denn wir haben uns damals bewusst für ein einfaches, unbürokratisches und auch ein praxisnahes und schnell umsetzbares Verfahren entschieden, das überwiegend ganz gut funktioniert.

Der Abgeordnete Baasch und andere haben es berichtet, und auch an mich sind von verschiedenen Stellen Beschwerden herangetragen worden, dass beispielsweise Geschäfte des Einzelhandels in ihren Räumlichkeiten trotz der eben zitierten geltenden Regelungen mitunter keinerlei Ausnahmen zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zugelassen haben und auf das Tragen einer solchen Bedeckung

(Christian Dirschauer)

bei allen Personen bestehen, die ihr Geschäft betreten möchten. Menschen mit einer Beeinträchtigung, die davon zu Recht ausgenommen sind und das auch bescheinigen können, wird somit der Zutritt zu solchen Geschäften verweigert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will das sehr deutlich sagen und die Gelegenheit dazu auch nutzen: Es ist nicht zu akzeptieren, dass Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen dürfen, solche Nachteile erfahren müssen und entsprechend diskriminiert werden.

Ich habe mich daher am Anfang dieser Woche in einem Schreiben an die großen Verbände und Organisationen des Einzelhandels und der Gastronomie mit der eindringlichen Bitte gewendet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen Betrieben erneut im Hinblick auf die bestehenden Ausnahmen zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu sensibilisieren und bei der Anwendung von Pflichten und Ausnahmen das gebotene Augenmaß walten zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Problem aus meiner Sicht ist, glaube ich, nicht ein zusätzliches amtliches Dokument; denn der Schwerbehindertenausweis ist ein amtliches Dokument. Das Problem besteht ja nicht darin, dass dieses amtliche Dokument ihnen dann den Zutritt ermöglicht, sondern dass es schlichtweg an den Türen beispielsweise nicht akzeptiert wird.

Ich unterstelle jetzt niemandem Böswilligkeit, sondern glaube vielmehr, dass wir noch häufiger und vielleicht auch besser kommunizieren müssen, dass es genau diese Ausnahmemöglichkeiten und eine ganze Reihe von Nachweismöglichkeiten gibt, über die die Betroffenen verfügen.

Wir brauchen auch und gerade in der Pandemie mehr gesellschaftliche Akzeptanz für Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine Mund-NasenBedeckung tragen können oder sogar dürfen.

In diesem Zusammenhang will ich sehr deutlich sagen, dass wir die Teilhabe von Menschen mit Handicap während der Krise auch in anderen Bereichen selbstverständlich weiterhin fest im Blick haben werden; denn, wie ich bereits ausgeführt habe, hat Teilhabe nicht nur etwas mit Chancengleichheit, sondern auch mit Gesundheit zu tun. Deswegen kommt diese Initiative, Herr Brodehl, in der Tat ich würde es einmal freundlich sagen - ein bisschen spät; denn wir haben bereits zum 15. Juni 2020 Betretungsverbote für gemeinschaftliche Wohnangebote der Eingliederungshilfe gelockert und schließ

lich in Besuchsrechte gewandelt, was die logische Konsequenz aus dem Infektionsgeschehen und dem ständigen Dazulernen in dieser Pandemie ist.

Abschließend will ich Ihnen noch eines sagen. Ich will Ihnen jetzt nicht den Freitagnachmittag verderben, aber ich kann nicht ausschließen, dass es nicht irgendwann wieder eine Pandemie gibt, und ich sage Ihnen: Wenn es wieder ein Virus sein sollte, über das wir am Anfang genauso wenig wissen wie bezüglich des SARS-CoV-2, dann würde ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass nicht wieder sehr beherzt und schnell gehandelt wird - genau das ist ja am Anfang passiert -, um dann im weiteren Verlauf die Erfahrungen, die Wissenschaft, Gesellschaft und Politik machen, in die weiteren Handlungsempfehlungen, die dann umgesetzt werden, einfließen zu lassen.

Unser Ziel lautet eindeutig, das Besuchskonzept auch weiterhin so auszurichten, dass es so viele Teilhabeleistungen wie möglich und so wenig Einschränkungen wie nur irgend möglich für die Betroffenen beinhaltet. - Ich bedanke mich fürs Zuhören.

(Beifall FDP und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Herr Minister hat die vereinbarte Redezeit nur um 3 Minuten überzogen. Das würde jetzt auch allen anderen Fraktionen zur Verfügung stehen. Wie ich sehe, nimmt das aber keiner für sich in Anspruch. Dann liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, und ich schließe die Beratung.

Wir stimmen zuerst über den Antrag der SPD-Fraktion ab. Diesbezüglich ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer also den Antrag Drucksache 19/2323 (neu) dem Sozialausschuss überweisen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen dann zum Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 19/2341. Diesbezüglich ist von Herrn Brodehl Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Mitglieder der AfD-Fraktion und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. - Wer ist dagegen? - Das ist der Rest des Hauses. Damit ist das abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/2341, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Minister Dr. Heiner Garg)

- Das sind die Mitglieder der AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten bis auf die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein, die sich enthält. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2364, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP, CDU und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. - Wer ist dagegen? - Das sind die Mitglieder der AfD. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Hochschulgesetz - HSG)

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2339

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 19/2363

Ich erteile das Wort dem Herrn Berichterstatter des Bildungsausschusses, dem Abgeordneten Peer Knöfler - wenn er denn da ist. Wer erstattet sonst Bericht?

(Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Als Stellvertreterin!)

Frau Abgeordnete Strehlau.

Ich verweise auf die Vorlage.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete, für den Bericht. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf Drucksache 19/2339 anzunehmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP und CDU, die AfD-Fraktion jetzt auch und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Damit ist das einstimmig. - Das hätten Sie mir auch einfacher machen können.

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 51 auf:

Tätigkeit des Petitionsausschusses in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis 31. März 2020

Bericht des Petitionsausschusses Drucksache 19/2288

Ich erteile dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, dem Abgeordneten Hauke Göttsch, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Heute stelle ich Ihnen den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses zum ersten Quartal 2020 vor. Lassen Sie mich kurz zu den Zahlen des Berichts ausführen: Im ersten Quartal 2020 sind beim Petitionsausschuss 91 neue Petitionen eingegangen. Er hat in diesem Zeitraum 66 Petitionen abschließend behandelt. Der Ausschuss hat einen Ortstermin und eine Anhörung durchgeführt. Mit sehr gutem Erfolg fand am 20. Januar 2020 eine Bürgersprechstunde in Husum statt. Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Tietze; es gab eine große Resonanz.

(Zuruf: Er war als Bürger da, oder?)