Protocol of the Session on February 20, 2020

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So ist es!)

Das ist ein Rückschritt gegenüber der vorherigen Regelung, bei der die Dinge vorgeschrieben waren und es gleichen Wettbewerb gab.

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ein weiterer Punkt: Kontrolle. Kontrolle haben wir in der Tat nicht. Wir haben in der Tat gesagt, dass wir das nicht im Gesetz regeln wollen. Wir wollten keine staatliche Behörde haben, die öffentliche Vergaben kontrolliert. Wir haben allerdings Vergabekammern, die das bei Widersprüchen durchaus machen. Es ist vielmehr Aufgabe des Auftraggebers zu kontrollieren, ob der Auftrag so erfüllt wird, wie man es gern haben will.

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: So ist das!)

So ist das immer in der Welt - ob ich ein Haus baue, ob ich mir ein Auto kaufe. Als derjenige, der die Kohle dafür ausgibt, kontrolliere ich. Und, oh Wunder, das machen die Ausschreibenden immer noch. Sie gucken immer noch, wenn sie Ausschreibungen machen und Angebote bekommen, glatt in die Unterlagen rein und kontrollieren, ob das, was sie haben wollen, auch wirklich erfüllt wird. Das haben wir damals in Bezug auf Tariftreue oder auf ökologische Standards ins Gesetz geschrieben. Also so ganz unkontrolliert war das auch nicht, meine Damen und Herren.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Lieber Kollege Vogt, was ganz wichtig ist - das ist ein Mythos, mit dem ich gerne aufräumen möchte -: Es ist nicht so, dass die Leute nicht an Ausschreibungen teilgenommen haben, sondern es war so, dass kleine und mittlere Betriebe tatsächlich eine echte Chance gegen Großbetriebe gehabt haben, die Dumpinglöhne gezahlt haben, oder auch Betriebe, die aus anderen Staaten kamen, die ein niedrigeres Lohnniveau hatten. Auf einmal hatten unsere Unternehmen

Herr Abgeordneter.

- eine Chance, einen Auftrag zu bekommen, und das war genau der richtige Effekt dieses Gesetzes.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Joschka Knuth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dem Thema Tarife im ÖPNV ist alles gesagt worden; das spare ich mir. Es ist mir aber wichtig, hier noch einmal zwei Sätze zum Thema vergabefremde Kriterien zu verlieren. Da geht es mitnichten nur um Umweltstandards, Sozialstandards und so einen Bla, sondern es geht um wirklich fundamental wichtige Themen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wenn wir bei den vergabefremden Kriterien beispielsweise darüber reden, dass Sozialstandards in anderen Staaten, in Nicht-EU-Staaten bei der Produktion von Lebensmitteln und anderen Produkten eingehalten werden, dann geht es dabei darum, dass zum Beispiel keine Kinderarbeit an diesem Produkt beteiligt ist, dann geht es darum, dass die Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, sich in Gewerkschaften zu organisieren. Das sind Basis-ILO-Kernarbeitsnormen, die wir da beispielsweise abfordern können. Das darf kein Blabla sein, sondern ist ganz zentral.

(Beifall SPD)

Deshalb ist es mir wichtig, noch einmal klarzustellen: Das haben wir mitnichten einfach nur abgeschafft. Vielmehr gibt es weiterhin Regelungen auch im Tariftreue- und Vergabegesetz sowie neuerdings auf Bundesebene - großes Lob! -, auf die wir verweisen, die die Einhaltung dieser Kriterien ermöglichen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei aller Komplexität haben wir auch festgestellt, dass wir im Land Gemeinden hatten, die sich auf den Weg gemacht haben, praktikabel die Einhaltung dieser Standards zu ermöglichen und einen Nachweis dafür zu haben, indem zum Beispiel nicht mehr jedes einzelne Kriterium per Beleg nachgewiesen werden muss, sondern über Siegel oder Ähnliches. Da gibt es gangbare Wege mit externer Zertifizierung, auf denen das vertrauenswürdig gemacht werden kann.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damit das weiterhin möglich ist, haben wir im Tariftreue- und Vergabegesetz stehen, dass Gemeinden oder auch das Land vergabefremde Kriterien abfordern können. Und wir haben im Land Schleswig-Holstein extra Folgendes eingerichtet: Seit Ende letzten Jahres arbeitet eine Kompetenzstelle für nachhaltige öffentliche Beschaffung.

Wir haben festgestellt, dass die Verfahren komplex sind und es Unterstützung braucht. Das ist auch eine Folge der Debatten, die wir in den letzten Jahren hier geführt haben. Ich bin sehr froh, dass wir das bei der GMSH, beim Finanzministerium angesiedelt haben und dass wir den Gemeinden weiterhin dabei helfen, solche existenziell wichtigen Standards einzufordern und die Einhaltung dieser Standards zu kontrollieren. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Weiter Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen sehe ich nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 19/1978 mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD gegen die Stimmen von SPD und SSW abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Neuregulierung des Glücksspiels

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1984

Wir das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Hans-Jörn Arp.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu: Für mich ist das heute ein besonderer Tag. Seit nunmehr 16 Jahren beschäftigen wir uns in der Fraktion mit dem Thema. Dann ist zum Glück die

(Lars Harms)

FDP dazugekommen, dann der SSW. Die Grünen sind schon lange in der Nähe unserer Meinung. Es ist nicht selbstverständlich, dass man so lange an einem Thema arbeitet. Man weiß, in der Politik soll man dicke Bretter bohren. Aber das war nicht nur ein dickes Brett, sondern das waren schon richtige Balken.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Zuhören hilft manchmal. Sie haben es in all den anderen Jahren auch nicht verstanden.

Am Anfang möchte ich darstellen, dass mein besonderer Dank dem Ministerpräsidenten und dem Chef der Staatskanzlei gilt.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Beide haben von Anfang an in dieser Koalition dazu gestanden. Herr Ministerpräsident, häufig waren Sie allein mit Ihrer Meinung - bis jetzt die anderen 15 Regierungschefs gesagt haben: Hätten wir schon einmal früher auf Sie gehört!

Das ist auch das Ergebnis der Bemühungen des Chefs der Staatskanzlei, der häufig ganz persönlich eingegriffen hat.

Exekutive und Legislative haben gemeinsam über Bande gespielt. Denn wir waren in den drei Fraktionen plus SSW einer Meinung. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich der SSW in der Oppositionsrolle an einem Gesetzentwurf beteiligt. Es war wichtig, dass wir diesen Gesetzentwurf hatten.

Eines war klar: Wenn diese Veranstaltung am Tegernsee mit den Chefs der Staatskanzlei gescheitert wäre, hätten wir am Montag einen eigenen Gesetzentwurf aus der Schublade gezogen, und zwar in Zusammenarbeit mit Hessen und Bayern. Das war die Stärke, das war das Druckmittel, das der Chef der Staatskanzlei den anderen Ländern vorweisen konnte. Es war klar: Sie mussten weitestgehend auf unsere Forderungen eingehen - sie haben nicht alle übernommen -, anderenfalls wären wir einen Sonderweg gegangen, und zwar nicht wie damals 2011 allein, sondern mit Hessen und Bayern an unserer Seite. Wir hatten gemeinsam eine Position, die stärker war. Alle wussten: Wenn wir alleine gehen, werden wir am Ende diejenigen sein, die den Erfolg haben.

Warum haben wir es überhaupt gemacht, liebe Freundinnen und Freunde? Es gibt eigentlich schon „seit 500 Jahren“ die Ziehung der Lottozahlen. Das ganze System Lotto war immer in Monopolhänden. Wie innovativ solch ein Monopol ist, wissen Sie al

le. Sie haben es geschafft, neben der Samstagsziehung sogar die Mittwochsziehung einzuführen. Bei den Sportwetten gab es nur die Pferdewette, weil Fußball und Handball in der Gesellschaft überhaupt nicht anerkannt waren. Das waren Randsportarten. Also gab es legitimiert nur die Pferdewetten. Alles andere wurde nicht anerkannt. Später kam Oddset als Sportwette hinzu. Da durfte man am Freitag tippen, ob ein Verein gewinnt, verliert oder unentschieden spielt. Das war das Innovativste, was gemacht wurde.

Vor 25 Jahren änderte sich das. Seit 25 Jahre gibt es das Internet. Mit dem World Wide Web kam auf einmal Konkurrenz zu dem Monopol auf. Und was hat das Monopol, was haben wir alle gesagt? - Die verbieten wir einfach.

Es hat sich aber kein Mensch an das Verbot gehalten. Das war mit europäischem Recht nicht mehr vereinbar. Das war die Situation.

Nach wie vor haben wir alle gemeinsam diesen Markt viel zu lange ignoriert, einen Markt, der heute 30 Milliarden € Umsatz hat. Das ist die Realität. Nachdem wir 2004 und danach immer wieder darauf hingewiesen haben, dass dieser Markt im Sinne des Jugendschutzes, im Sinne des Spielerschutzes und im Sinne der Abgaben an den Staat kontrolliert werden muss, ist es jetzt so weit, dass dieser Weg gegangen wird. Er wird auf Initiative SchleswigHolsteins gegangen. Heute sagen auch andere Bundesländer - beispielsweise Hessen tut das -, sie hätten die Initiative ergriffen. Es ist am Ende egal, wer die Initiative ergriffen hat.

Der Erfolg hat viele Väter. Aber ich weiß: Wir haben neue Akzente gesetzt und das gemeinsam in diesem Parlament geschafft. Dafür gab es hier eine breite Basis, und darauf können wir alle stolz sein.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Erlauben Sie mir auch, darauf einzugehen - das ist die Frage des Kollegen Lars Harms -, wo die Regulierungsbehörde ihren Sitz haben wird. Sie wäre 2011 nach Schleswig-Holstein gekommen. Nach dem Regierungswechsel hat man den Unternehmen ganz deutlich gesagt, was man von ihnen hält. Insbesondere Sie, Herr Dr. Stegner, haben sich entsprechend geäußert. Ich will das nicht wiederholen; es ist alles im Protokoll nachzulesen, wie Sie diese Unternehmen tituliert und was Sie ihnen unterstellt haben. Das war nicht Ausdruck einer Willkommenskultur. Dort, wo die Regulierungsbehörde ist, werden sich auch die Firmen ansiedeln. Glückstadt, Glücksburg, Norderstedt, Kiel - sie alle hatten sich

(Hans-Jörn Arp)

darauf gefreut. Die Unternehmen sind natürlich nicht gekommen. Daher sind wir jetzt im Wettbewerb mit 15 anderen Standorten, die alle diese Regulierungsbehörde haben wollen.